Umweltangepasste im frühen Perryversum.
Als ich vor 50 – nein, mittlerweile 51 – Jahren zum ersten mal Perry Rhodan las, habe ich einiges ohne großes Hinterfragen einfach hingenommen.
Natürlich ist es Unsinn, jede Kleinigkeit sezieren zu wollen, denn es ist ja Science-Fiction. Moderne Märchen. Da muss nicht alles perfekt stimmen.
Einiges stößt allerdings schon auf.
Das sind zum Beispiel so manche Umweltangepasste.
Ich muss noch vorausschicken, ich bin kein Biologe.
Ich bin überhaupt kein Wissenschaftler.
Was ich über Biologie weiß, passt mit einer dicken Feder geschrieben auf ein Post-it. Ich habe ich es von Dokus im Fernsehen – also Phönix, Arte, ZDF Info und ähnliche Öffentlich Rechtliche. Doktor G, Anwälte der Toten, Leschs Kosmos, Spacetime – was es halt so in der Richtung gibt.
Ja, ich weiß schon, das sind diese Leute, die immer noch behaupten, dass die Erde eine Kugel ist, der Mensch auf dem Mond war und diese Streifen am Himmel harmlos sind. Wo man doch nur…
Wie auch immer, ich bin ein Laie, der ein wenig an der Oberfläche kratzt. Aber einiges ist mir dann später im Laufe der Zeit schon bei einigen Umweltangepassten des Perryversums aufgefallen.
Ich möchte jetzt nicht über die Hautfarben reden, obwohl ich mich schon manchmal frage, wie eigentlich das Grün in die Haut einiger menschlicher Subspezies kommt.
Es grünt so grün wenn – man Siganesen deftige Witze erzählt.
Ich kenne jetzt zwar kein Säugetier, das grüne Haut hätte, aber sie gesagt, mit Hyper- Para- oder Hypostrahlen im Sonnenspektrum kann man ja jede Pigmentierung erklären. Und die ersten Außerirdischen mit grüner Haut waren die überschweren Mehandor, die man damals noch Springer nannte. Ob wohl die Redewendung mit den ‚kleinen grünen Männchen’ bei der Kreation Pate gestanden hat? Oder die Batterie bei dem Geheimdienst Tu’Ra’Cel? Ich hoffe es beinahe, und ich hoffe, sie haben dabei schallend gelacht – es macht die Autoren menschlich.
Obwohl – heute wissen wir ja, dass die kleinen grünen Männchen eher blaugrau sind…
Oder wie kommt denn das Violett in die Haare?
Ja, okay, Flasche auf, einmassieren, einwirken lassen, spülen, föhnen. Schon gut. Außerdem ist das die andere Abteilung.
Aber – wie kommt das Rot der Haare in die Springer-Genetik? Ich meine, die Springer stammen von den Arkoniden ab – und ein über die halbe Galaxis verstreutes Volk erlebt überall die gleiche Mutation von blütenweiß zu rot? Okay – Hyper- Para- Hypostrahlen. Überlichtschnell, überall gleich. Wieso werden dann nicht alle raumfahrenden Arkoniden rothaarig? Und wieso sind alle Springer irgendwie schmuddelig geschildert? Und die Freihändler auch? Gibt es nur an Bord der terranischen Schiffe Duschen? Oder liegt es daran, dass sie Zivilisten sind? Ohne militärische Disziplin keine Sauberkeit? Echt jetzt? Ich sehe schon die Person am Abfertigungsterminal eines Raumhafens schnuppern. „Ach, da ist wieder ein Schiff vom Planeten Olymp und zwei Springer gelandet!“
Aber auch das ist jetzt eine andere Sache. Kehren wir noch einmal zu den Überschweren zurück. 1,6 Meter groß und ebenso breit. Angepasst an eine Schwerkraft von 2 G.
Also – rund 8.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung herrscht ein harter Krieg zwischen Arkon den Proto-Maahks, und Atlan verschlägt es auf die Erde. Später gewinnen die Arkoniden – und erst danach können sich Sippen von Arkoniden bei den zurück gelassenen Raumschiffen der ‚Methanatmer‘ bedienen. Sie beginnen sich zu verändern und werden zu Mehandor. 8.000 vor der Zeitrechnung – da war der moderne Mensch von der Evolution her schon so ziemlich fertig.
Aber egal – der Punkt ist, dass die Überschweren schon ziemlich lange im Geschäft sind. Also von Otto Normalarkoniden zum 2 Gravo-Typen in weniger als 8.000 Jahren? Ziemlich flott, aber zumindest irgendwie denkbar. Wenn ein Springerschiff auf einem Planeten mit doppelter Schwerkraft abstürzt, dann – na ja, zwei G kann man eine Zeit aushalten. Ein 80 Kilo-Mann (oder Frau) wöge 160. Das kann man überleben. Vielleicht nicht lange und nicht alle, aber einige unter Umständen zumindest so lange, bis sie sich fortgepflanzt haben. Wahrscheinlich in vitro, denn bei 2 Gravo…? Lassen wir das.
Wenn sie keine größeren Anstrengungen unternommen haben – aber für die Arbeit hatten sie ja ohnehin ihre Roboter. Na ja, irgendwann haben dann erfolgreiche Mutationen überlebt und diese Mehandor-Sippe sich an 2 Gravo angepasst, und wenn dann einmal eine andere Sippe dort gelandet ist – nicht undenkbar.
Dann wären die Überschweren aber alle ziemlich eng miteinander verwandt. Wie dem auch immer sei – einige tausend Jahre sind eine lange Zeit, da kann sich eine Spezies schon entwickeln und ausbreiten.
Abgesehen von ihrer grünen Haut sind die Überschweren – und die gleich gebauten Epsaler aus dem terranischen Imperium, jedenfalls eine ziemlich gelungene ‚Konstruktion’. Sie sind klein und breit, was es dem Herzen erspart, das Blut sehr weit nach oben zu transportieren.
Allerdings dürften sie ein Problem haben, wenn sie eine für uns normale Umgebung aufsuchen wollten. Damit meine ich nicht die Schwerkraft, sondern den Luftdruck. Wenn wir annehmen, dass doppelte Gravitation auch in etwa doppelten Luftdruck hervorbringt, dann würden sich Überschwere und Epsaler auf der Erde fühlen, als stünden wir etwa auf dem Kilimandscharo in etwa 5.400 Meter. Ja, Messner hat sogar den Mount Everest ohne Sauerstoffflasche bestiegen und einige nach ihm auch, und der ist sogar ein 8.000er. Aber wie lange waren die auf dem Berg, wie lange haben sie sich vorher angepasst und – ganz wichtig – wie leistungsfähig war ihr Gehirn zu dieser Zeit? Da haben wir bei den Überschweren kein großes Problem, die halten sich in ihrer gewohnten Umgebung auf.
Aber Epsaler?
Epsaler verrichten ihren Dienst in terranischen Raumschiffen mit terranischem Luftdruck. Wie lange können sie das aushalten?
Es ist leicht, darauf zu vergessen. In meiner kleinen Fan-Fiction-Story über Rhodans Tochter mit Thora (Nachzulesen auf FanFiction.de oder – mit etwas Glück ab jetzt auch illustriert – auf world-of-cosmos.de) machte ich noch den selben Fehler.
Aber gut, ja, es gibt einen Präzedenzfall – die Andenindianer leben auch in großen Höhen und sind sicher nicht dumm.
Wenden wir uns also den nächsten ‚Umweltangepassten’ zu.
Den Ertrusern.
Erinnern wir uns. Ertrus ist ein Planet mit 3,4 G. Die Ertruser sind 2,5 Meter groß, 2 Meter breit, haben eine rotbraune Haut und tragen eine ‚Irokesenfrisur‘. Sie sind nicht ‚natürlich‘ entstanden, sondern durch Gentechnik. Gut und schön, trotzdem bleiben ein paar Fragen offen.
Es ist mit den Technologien der Arkoniden sicher nicht unmöglich, ein Wesen gewissermaßen ‚nach Maß’ herzustellen, auch wenn die absoluten Profis auf diesem Gebiet, die Aras, noch immer Probleme damit hatten, ein komplexes Wesen zu kreieren. Vielleicht haben sie es aber auch nur nicht zugegeben. Egal. Aber wenn man die Möglichkeit hat, ein Wesen zu erschaffen, das sich auf einer Welt wie Ertrus wohl fühlt, warum macht man dann einen ‚Riesen‘ daraus? Damit das Herz gegen eine dreieinhalb höhere Schwerkraft das Blut möglichst hoch hinauf pumpen muss, um das Gehirn zu versorgen? Es muss ja das Blut auch noch von den Extremitäten wie den Zehen den ganzen Weg wieder hochgeholt werden. Was für ein Herz muss so ein Ertruser in seiner Brust haben? Das von einem Elefanten? Oder gibt es statt eines einzelnen Herzens gar ein paar vereinfachte Pumpmuskeln über den Körper verteilt?
Ja, es gab Riesenwuchs auf der Erde – aber immer nur bei einem einzigen Gravo.
Wie ist das damals eigentlich mit den Eltern gewesen? Also, klein Melbar oder Oro benötigten eine Schwerkraft von 3,4 G. Mama Masut und Papa Kasom waren noch ganz normale Menschen – falls es bei Menschen so etwas wie ‚Normal‘ überhaupt gibt. Trugen jetzt die Eltern ständig einen Antigrav, wenn sie mit ihren Kindern zusammen waren, oder hatten die Kinder einen Mikrograv in der Windel? Oder sonst irgendwo? Wurden die Ertruser vielleicht über einige Generationen in künstlichen Habitaten mit steigender Gravitation gezüchtet? Wurden sie von Robotern großgezogen wie Mowgli von den Wölfen und Tarzan von den Affen?
Das Problem mit dem Luftdruck ist hier noch schwerwiegender als bei den Epsalern. Wenn ein Ertruser auf der Erde sein Raumschiff mit der leer gefutterten Speisekammer öffnet, steht er in einem Luftdruck, der – auf Menschen und Erde umgelegt – wirklich in etwa dem auf dem Mount Everest entspricht. Im wahrsten Sinne des Wortes dünne Luft. Ganz dünne Luft. Zu dünn, um auf Dauer handlungsfähig zu bleiben. Oder benützen Ertruser vielleicht getarnte Sauerstoff-Flaschen, wenn sie auf einem Terra-Schiff Dienst machen? Ich weiß es nicht, Perrypedia bietet da leider auch überhaupt keine Informationen an.
Umgekehrt könnten Menschen den Luftdruck auf Ertrus vielleicht eine Zeit aushalten – aber dann muss die Gewöhnung an den normalen Druck unendlich langsam erfolgen. Die Caisson-Krankheit ist tödlich.
Wir hätten dann auch noch die Oxtorner im Angebot. Das Extrem, Oxtorne ist so richtig komfortabel. Satte 4,8 Gravos. Der achtfache Luftdruck – 1 bar ist für einen Oxtorner wie für eine Menschen die Reiseflughöhe eines Jets – runde 18 Kilometer Höhe. Temperaturen von Plus 100 bis minus 120 Grad Celsius. Stürme bis 1.000 Stundenkilometer. Die Oxtorner überstehen das alles, sind 700 Kilogramm schwer und halten den Beschuss mit einer Faustfeuerwaffe aus – die wahren Superhelden des Perryversums.
Ist das überhaupt möglich? 1.000 Stundenkilometer und der achtfache Luftdruck – bleiben da Oxtorner noch auf dem Boden? Immerhin sind die 1.000 Stundenkilometer mehr als das doppelte der irdischen Rekordsturmböen, und dazu noch die dicke Luft – reichen 700 Kilogramm, um nicht davon gewirbelt zu werden? Oder gelten die 700 kg bei Erdschwerkraft? Dann wiegt ein Oxtorner auf seiner Heimatwelt 3.360 Kilogramm. Ein Auto der Mittelklasse wiegt im Durchschnitt etwa 1.500 Kilogramm und wird bei weit schwächeren – im Vergleich zu oxtornischen – Orkanen davon gewirbelt. Ich denke, bei diesem Wetter bleibt sogar ein Omar Hawk ganz gerne in seinem gemütlichen Terkonitbunker. Es heißt ja BIS, und nicht ständiger Wind.
Aber trotzdem.
Das mit dem Aushalten eines Treffers mit einer Handfeuerwaffe ist auch etwas – schwer zu schlucken. Ein mittlerer Handthermostrahler entwickelt mehrere 100.000 Grad – Zitat Perrypedia. Wo kommt die Energie hin, wenn sie auf die Haut trifft? Wohin verteilt sie sich? Nach den Gesetzen der Thermodynamik, so wie ich es verstanden habe, geht Energie nicht verloren, sie wird nur umgewandelt. (Wie ist das eigentlich mit den Uniformen? Ich meine, da wird ein Oxtorner mit einer Thermowaffe getroffen, die Energie verteilt sich – zuerst einmal natürlich auf die Kleidung. Asche rieselt zu Boden und die Anatomie des Oxtorners liegt offen zu Tage. Sauna-Outfit sozusagen.) Und diese Haut, die so einen massiven Hitzeschock aushält, ist noch elastisch genug, damit die Person beweglich bleibt?
Hm… ich gestehe meine Bedenken. Physik gewinnt eigentlich immer!
Und noch eine Eigenschaft der Haut fällt einem wie mir auf, der ich das Glück hatte, in einer Zeit aufzuwachsen, die ausnahmsweise keine Prüderie in der Öffentlichkeit verlangte. Diese enorm widerstandsfähige Haut – hat die keine Nerven? Arme Oxtorner, wenn sich alle erogenen Zonen nur unter der Haut befinden. Aber falls sich Nerven an der Oberfläche der Haut befinden, ist dann nicht schon der Hitzeschock tödlich? Der Schmerz von mehreren 100.000 Graden, die sich rund um den Körper verteilen, weil die Energie den Körper ja nicht durchschlägt und irgendwo bleiben muss?
Ernsthaft?
Hier fällt mir dann Lady Hamilton ein, die zu ihrem Geliebten Admiral Nelson gesagt haben soll: „Sir, alles was man treiben kann, kann man auch übertreiben.“
Bei den Imartern muss ich schon fragen – ist es auf Imart eine Atmosphäre mit wenig Druck oder wenig Sauerstoff in der Luft. Perrypedia lässt da beide Schlüsse zu. Aber egal.
Ich komme jetzt zur finalen Frage. WARUM muss man solche Extremwelten besiedeln. Gut, Oxtorne war nicht beabsichtigt, aber Ertrus und Epsal? Also, als terranischer Irgendwas für Auswanderung und Kolonisierung fremder Planeten würde doch zuerst einmal nach Planeten zwischen 0,8 bis 1,2 Gravos, einem Luftdruck von rund 1 Bar auf Meereshöhe und einer durchschnittlichen Temperatur von etwa 13 bis 17 Grad Celsius suchen und besiedeln. Mit Menschen, die mit der Umgebung bereits von Haus aus einigermaßen kompatibel sind.
Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte von Migration. Einzelne Personen und ganze Völker sind schon immer gewandert, um sich eine neue Heimat zu suchen. Bei jedem von uns ist nicht die Frage ob, sondern nur wann die Vorfahren aus Afrika hier eingewandert sind. Und über welchen Umweg.
Warum?
Auswanderung erfolgt, weil der Bevölkerungsdruck aus irgend einem Grund zu groß wird. Zu viele Menschen, zu wenig Ressourcen. Also macht man sich auf den Weg und sucht diese anderswo. Die zu Hause gebliebenen kommen nun wieder mit dem aus, das der Boden hergibt – und die Auswanderer vielleicht auch.
Aber bei genetisch Veränderten? Auf Planeten außerhalb der Komfortzone wandern sicher nicht genug Leute aus, um einen Unterschied zu machen.
Lohnt sich also der ganze Aufwand? Was gibt es denn dort, dass man nicht ein Habitat zur Kontrolle von Schürfrobotern errichtet, sondern Menschen für diese Umwelt extra maßschneidert.
Was – außer Supersoldaten – hat das Solare Imperium denn von diesen Extremwelten und ihrer Bevölkerung.
Und diese gezüchteten Supersoldaten – wie ‚menschlich’ sind die noch? Anders gefragt – wenn Epsaler Menschen sind, warum sind es dann nicht auch die Sippen der Überschweren? Warum nicht mit denen Verträge schließen? Mannschaften anheuern? Mehandor sind ihren Kameraden auf den Schiffen und ihrem Patriarchen treu – warum also diese Leute ausschließen?
Wie gesagt, ich bin kein Wissenschaftler, sondern nur ein neugieriger Mensch. Meine Bildung ist zwar breit gestreut, aber eher flach. Vielleicht finden ja Spezialisten eine Antwort auf meine Fragen. Und damit will ich Euch, die Ihr das hier lest, gar nicht den Spaß an der Freude nehmen. Wenn sich in Romanen und Filmen Werwölfe und Elfen tummeln, darf man auch einen Oxtorner erfinden. Man darf aber auch Fragen stellen. ‚Was wäre wenn..?‘ oder ‚Wie und warum und wohin?‘ und ‚Wieviel ist zuviel‘. Denn das macht ja einen Menschen auch aus – die Phantasie.