Eine Rezension von Alexander “Tiff” Kaiser
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Ich gebe zu, man wird sicher mittlerweile überschwemmt von Rezensionen zu diesem Film mit Chris Pine und Michelle Rodriguez. Zu Recht! Denn, das will ich vorweg nehmen, der Film ist kurzweilig, witzig, spannend, aufregend, super inszeniert, gut durchdacht, und vieles mehr.
Aber beginnen wir mit dem Offensichtlichen. Beginnen wir mit einer kurzen Rezension des Films.
Am Anfang steht ein ehemaliger Harfner, einer Geheimorganisation, die dezentral und in Zellen oder einzeln versucht, die Welt vor dem Bösen zu beschützen. Das hat Edgin Darvis nicht davon abgehalten, mit seiner Kampfgefährtin Holga Kilgore, einer Barbarenkriegerin, sowie weiteren Verbündeten, die Tafel der Erweckung zu stehlen. Das Ergebnis: Bis auf Forge Williams und die Magierin Sofina landet die Gruppe wegen Einbruchs im Gefängnis.
Nach zwei langen Jahren, bei der Bewährungsanhörung, die durchaus positiv für Edgin und Holga verläuft, geht dieser lieber auf Nummer sicher und bringt einen der Magistrate, einen flugfähigen Drachen, in seine Gewalt und bricht zusammen mit Holga aus.
Sein erster Weg führt ihn zurück nach Hause, wo seine Tochter auf ihn warten sollte. Sie ist fort. Aber es gibt Hinweise, dass Forge sich ihrer angenommen hat. Dieser ist mittlerweile Lord von Niewinter und plant die Wiederaufnahme der gefährlichen, jedoch beliebten Spiele, einer Art Teamkampf durch magisch erschaffene Dungeons. Aber abgesehen davon, dass er nun eine große Nummer ist und Sofina immer noch an seiner Seite hat – es war ihr Zauber, der die beiden in den Knast beförderte – redete er Kira, seiner Tochter, erfolgreich ein, Edgin hätte es auf die Tafel des Reichtums abgesehen, diese gefunden und sie dann zurückgelassen. Edgins Beteuerungen, dass er die Tafel der Wiedererweckung gesucht hat, um Kiras Mutter, seine Frau, wiederzuerwecken, die von Harfnerfeinden getötet wurde, fruchten nicht. Doch die Tafel, sie muss in Niewinter sein, genauer gesagt in der Schatzkammer des Lords. Edgin und Holga beschließen, einen neuen Coup zu starten, und der muss diesmal erfolgreich sein. Dafür brauchen sie Verbündete. Alte loyale Freunde oder solche, die Niewinter und Forge im Besonderen hassen, gibt es einige.
Während sich also die Stadt auf die Spiele vorbereitet und Edelleute und Gold und Reichtum für das parallel laufende Casino-Geschäft anzieht wie die Scheiße die Fliegen, versuchen Edgin, Holga, der Magier Simon und die Druidin Kira ein Artefakt zu beschaffen, welches ihnen Zugang verspricht: Der Helm der Auftrennung, welcher seinem Träger Macht und Unsichtbarkeit beschert. Der wurde zuletzt in einer Schlacht gesehen. Was sie auf Umwegen nicht nur auf die Spur des Helmes bringt, sondern auch zur Bekanntschaft des Paladins Xenk Yendar führt, einem berühmten, geachteten Abenteurers, denn der hat den Helm nach der Schlacht versteckt. In einem Dungeon. Einem gefährlichen Dungeon. Und als wäre das noch nicht genug, haben die Roten Magier, die einst Edgins Frau getötet haben, sich auf seine Fährte gesetzt, denn der ehemaliger Harfner stört ihre Pläne. Pläne, die sie mit den Spielen und mit der Stadt haben.
An dieser Stelle breche ich die Rezension ab. Anstelle die ganze Handlung nachzuerzählen, möchte ich lieber eine ganze Menge Dinge bewerten, die den Film so sehenswert machen. Oh, ich wünsche mir eine Fortsetzung. Es muss nicht mit der gleichen Besetzung sein, obwohl das grandios wäre, denn in den Forgotten Realms gibt es sehr viel zu erleben. Es muss halt nur dort spielen, und jede beliebige Abenteurergruppe würde mit so einer Regie und so einem Drehbuch einen wunderbaren Film abliefern.
Aber zurück zur Rezi. Ja, der Film hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich hatte nie das Gefühl, eine Szene passt nicht hinein, oder der Film wird in sich unstimmig. Fragen, die man sich stellt, beantwortet der Film später. Und er strotzt nur so vor Humor.
Beginnen wir mit Edgin. Mitglied der Geheimorganisation Harfner. Ein kleiner Dieb und schlechter Sänger mit großem Herzen und Sinn für Gerechtigkeit, einer netten Frau und einer süßen Tochter. Ein kleiner Fehltritt, als er bei der Verhaftung eines Roten Magiers einen Goldbarren mitnimmt, beschert ihm den Tod seiner Frau. Denn die Roten Magier markieren ihre Schätze, und als sie für den Goldbarren kamen, war er nicht Zuhause, jedoch seine Frau. Zum Glück interessierte diese Leute nur das Gold und die Rache, sodass seine neugeborene Tochter in einem Versteck überlebt hat.
Ziemlich zerstört und am Boden fängt ihn ausgerechnet die Barbarenkriegerin Holga wieder auf. Eine mürrische, fast eklige, bärenstarke und kampfgewandte Frau, die schon mal zum Schmerz im Arsch von Edgin werden kann, die Rolle als Kiras Ersatzmutter aber mit Liebe und Hingabe übernommen hat. Sie muss einen extra großen Narren an Vater und Tochter gefressen haben, denn sie unterstützt Edgin sogar beim Versuch, die Tafel der Auferweckung zu stehlen und geht sogar mit ihm in den Knast.
Der nächste Charakter ist Forge, ein Wendehals, ein Opportunist, einer von den Dieben, die nicht jemandes Taschen leeren, sondern dessen Konto. Also perfekt geeignet für das Amt des Lords von Niewinter, der Prototyp eines populistischen Politikers. Warum er Kira nach dem misslungenen Raubzug – fast misslungen, denn er hat die Tafel ja – aufnahm und selbst zwei Jahre lang groß zog, als Tochter des Stadtlords, weiß man nicht. Vielleicht alte Loyalität, vielleicht Angst, allein zu sein, vielleicht auch nur, weil er wenigstens etwas Gutes tun will. Auf jeden Fall verhindert er mit Lügen und Intrigen, dass Kira die Wahrheit erfährt und plant auch später, mit ihr zu fliehen.
Sofina, die sich – SPOILER! – als Rote Magierin entpuppt, hat ihre ganz eigenen Pläne, vor allem mit einem anderen Artefakt aus dem desaströsen Raub. Und es stellt sich heraus, dass sie und Forge sich in einer Art Ehre unter Schurken gegenseitig respektierend gegenseitig ausnutzen, ohne den anderen zu vernichten.
Simon ist ohne jeden Zweifel ein hochbegabter Magier der Extraklasse. Leider ist sein Selbstwertgefühl das eben nicht. Somit ist er sich selbst das größte Hindernis. Und zwar ein sehr erfolgreiches Hindernis.
Doric, die Druidin mit der Fähigkeit, Tierkörper anzunehmen, ist ein heller Kopf, eine schnelle Denkerin. Sie fügt sich relativ schnell in die Vierergruppe ein, hat aber vor allem ein eigenes Ziel, nämlich den nahen Wald vor dem Einfluss von Niewinter zu beschützen. Den hiesigen Stadtlord zu schwächen tut genau das, und genau deshalb schließt sie sich der Gruppe an. Aber zweifellos der interessanteste Charakter ist der Paladin Xenk Yendar. Er entkam in der Nation von Thay dem großen Massaker, bei dem die Stadtherren mithilfe des roten Nebels ein Heer williger und unsterblicher Zombies erschufen, die ihnen dienten. Diese einschneidende Erfahrung, bei der er seine gesamte Familie verlor, hat ihn geprägt, sodass er das heilige Gelübde ablegte, dem Guten zu dienen und den Schwächsten zu helfen. Bewundert, berühmt und bei seinen Feinden gefürchtet. Beinahe ist es ein Wunder, dass er sich der Quest anschließt, um den Dieben zu helfen, zu stehlen, was sie stehlen wollen. Aber von vorne herein sieht er etwa in Edgin, was dieser selbst in sich nicht mehr sieht, oder nicht mehr sehen will.
Was hat mir besonders gefallen? Wieder SPOILER!
Während die Gruppe den Helm jagt, befragt sie einen Toten der Schlacht, in der er verschwand. Fünf Fragen, dann ist er wieder tot. Die Szene sollte morbide sein, aber sie ist vor allem eines. Nämlich verdammt witzig, denn wenn die Toten ihre fünf Fragen nicht gestellt kriegen, bleiben sie lebendig. Und umgekehrt. Da der erste Tote den Helm zwar gesehen hat, aber auf wirklich jede Frage antwortet, die er hört, ist er ein Fehlschlag und wieder tot. So dauert es einige Zeit und mehrere Tote, bis die Gefährten auf der richtigen Spur sind.
Als die Gruppe nach dem Helm sucht, kommt einem der Dungeon irgendwie bekannt vor. Unübersehbar wurden hier Anleihen von WoW übernommen, aber nicht als Diebstahl, eher als Hommage. Auch als Xenk sich seinen ehemaligen Mitbürgern von Thay stellt, kommt es zu einem interessanten Moment. Sie respawnen, sodass nach seinem Sieg nur eine gewisse Zeit bleibt, bis der Mist von vorne losgeht.
Der Ausbruch aus dem eisigen Gefängnis ist eigentlich unnötig, denn ihr Plädoyer trifft auf wache Ohren. Dennoch gehen Edgin und Holga das Risiko ein, mit Hilfe des geflügelten Magistraten zu fliehen. Unfreiwilliger Hilfe. Das ist nicht nur ein witziger Moment, sondern am Ende des Films steckt Forge ebenfalls in diesem Knast, steht vor der Anhörungskommission, und versucht, mit unfreiwilliger Hilfe des gleichen Magistrats auf die gleiche Weise zu fliehen. Nur hat man mittlerweile das Fenster zugemauert.
Um in die Burg einzudringen – ja, es ist immer noch SPOILER – versucht sich Edgin an einer Ablenkung. Ein Spiegelbild von ihm wird erschaffen, das mehr schlecht als recht ein Lied singt, um die Wachen abzulenken. Der Zauber versagt, sein Abbild vergeht auf spektakuläre Weise, aber wenigstens werden ab da unsere Ohren geschont. Ein Harfner, der nicht singen kann, jedenfalls nicht gut. Ein Zauber, der kollabiert. Ein toller Humor, weil die Szene gut umgesetzt ist.
Im Dungeon findet die Gruppe einen Hüben-Drüben-Stab, der wie bei Portal über eine Distanz von vierzig Metern den Transfer ermöglicht. Nicht nur, dass dieser Stab noch wichtig wird, die Grenzen dieser Magie werden während des Films aufgezeigt, und das auf sehr spektakuläre Weise. Hier will ich wirklich nicht zu viel verraten, aber alleine der Hüben-Drüben-Stab ist für einige wirklich lustige, spannende und gut durchdachte Szenen verantwortlich.
SPOILER Ende
Was soll ich sagen? Wer Fantasy mag und hier nicht zumindest mal reingeschaut hat, dem ist nicht zu helfen. Tolle Charaktere, tolle Story, schlüssige Handlung, ein Background, der grinsen lässt. Als Xenk die Gruppe verlässt, geht er einen Strand hinab, stur wie ein Panzer. Einen Fels im Weg umrundet er nicht, sondern geht stur drüber weg. Eine grandiose, geradezu phantastische Anspielung an Non Player-Charaktere. Ich werde den Film wohl noch fünf-, sechsmal ansehen müssen, um alle derartigen Anspielungen zu finden.
Deshalb von mir, Leute, eine klare, klare Empfehlung: Schauen.