DIE TODESSCHWADRON:
Naboo
„Ja, Herr“, sagte Vader. „Es war nur ein übermütiger junger Mann in einem antiken Schiff. Revan ist nicht wiedergekehrt.“
Der dunkle Lord kniete auf der Übertragungsplattform und berichtete seinem Meister von den Ereignissen der letzten Tage und Wochen.
Wenn der Imperator von den Ergebnissen von Vaders Nachforschungen enttäuscht war, dann ließ er sich das nicht anmerken.
„Lord Vader“, sagte der Imperator und sah auf seinen Schüler hinab. „Begebt Euch nach Naboo. Meine Spione berichten, dass man dort einen Aufstand vorbereitet. Findet die Rebellen und vernichtet sie.“
Vader widersprach.
„Das führt die Todesschwadron fort von ihren Zielen im Tion-Cluster, derer wir uns annehmen wollten.“
Außerdem führte es ihn in die Nähe von IHR. Padmé Amidala. Seine erste Frau. Die, die ihn verlassen hatte. Irgendetwas sagte ihm, dass er einer Begegnung nicht aus dem Weg gehen können würde.
Palpatine winkte ab.
„Das ist jetzt unwichtig. Der Tion-Cluster kann warten, bis Eure Aufgabe auf Naboo abgeschlossen ist.“
Vader wusste, wenn er sich dem Imperator geschlagen geben musste.
„Ja, Herr“, sagte er ergeben und verneigte sich. „Wie Ihr wünscht.“
„Warum redet Ihr überhaupt noch mit dem Imperator, wenn Ihr danach so eine Scheißlaune habt?“, fragte ich.
Vader hielt inne und drehte sich halb herum, die Hand belehrend erhoben. Dann gab er ein undefinierbares Geräusch von sich und ging weiter. Gespräche mit dem Imperator hatten auf den dunklen Lord häufig diesen Effekt.
Wir betraten den Turbolift, der zur Hauptbrücke der Executor führte. Die Kabine fuhr eine Weile.
Dann machte Vader eine Geste mit der Hand und der Turbolift hielt rumpelnd.
„Man bereitet auf Naboo einen Aufstand vor“, sagte er.
Naboo. Ausgerechnet. Die Heimatwelt von Vaders erster Frau. Ich empfand einen eifersüchtigen Stich. Dann verdrängte ich diesen Impuls.
„Schon wieder ein Aufstand?“
Solange ich Vader kannte, eilte er von einem Aufstand, von einer Rebellion zur anderen.
Leute, die rebellierten, weil ihre Heimatwelten von galaxisweit operierenden Konzernen ausgeplündert wurden, konnte ich verstehen.
Aber wogegen rebellierte man auf Naboo? Diese Welt lag in einer Region, in der es nur zu wenigen Konflikten kam, darüber hinaus gehörte auf Naboo praktisch alles dem Rudel reicher einheimischer Familien, die den Planeten im Konsens regierten. Eine Oligarchie reinsten Wassers.
Vader schwieg lange, bevor er antwortete.
„Sie rebellieren gegen das Imperium“, sagte er dann.
Naboo ist eine fruchtbare Welt mit einer reichen Flora und Fauna und einem intakten Ökosystem. Betrachtet man Naboo aus dem Orbit, entsteht der Eindruck eines blau-grünen Paradieses, das von gelegentlichen Wolkenformationen umgeben ist.
Die abgeschiedene Lage im Mittleren Rand macht es einerseits schwierig, am Wohlstand der Welten entlang der galaktischen Handelsrouten teilzuhaben, andererseits blieb der Planet damit weitestgehend von charakter- und umweltzerstörender Profitgier verschont, wie sie für wirtschaftlich und politisch entwickeltere Welten symptomatisch ist.
Wirklich arm waren die Naboo trotzdem nicht, sie exportieren verschiedene als Delikatessen gehandelte landwirtschaftliche Produkte wie z.B. Shaak-Fleisch, Milla-Blumen und Tarul-Wein sowie Kunsthandwerk aller Art.
Der Planet wurde aber nicht nur von Menschen, sondern auch von einer amphibischen Spezies, den Gungan, bewohnt, die in großen Unterwasserstädten lebten. Da Menschen und Gungan diametral entgegengesetzte Lebensräume bevorzugten, begegneten sie einander nur selten und pflegen ansonsten die Fiktion, nicht aufeinander angewiesen zu sein.
„Die Naboo wollen einfach nicht machen, was sie sollen“, sagte der Leiter des Imperialen Verbindungsbüros, Colonel Whigg. „Man sollte nicht glauben, dass dieser Planet die Heimatwelt des Imperators ist.“
Ein Fakt, der in weiten Teilen des Imperiums nur wenig bekannt war. Die Naboo galten als über alle Maßen harmoniebestrebt, friedliebend und künstlerisch begabt. Warum ausgerechnet sie sich so vehement einer eher belanglosen Sache widersetzten, war mir ein Rätsel.
„Der Imperator sprach von einem Aufstand, den die Naboo vorbereiten“, sagte Vader.
„Davon ist mir nichts bekannt.“
Das so unverblümt zuzugeben, war ein Fehler.
„Es ist ihre Aufgabe als Leiter des Imperialen Verbindungsbüros, über solche Dinge informiert zu sein.“
Whigg schluckte hart.
„Ich brauche mehr Männer. Für die Überwachung.“
Vader wartete, die Daumen hinter seinen Gürtel gehakt.
„Die Naboo verstehen es, vor uns eine Kulisse der Harmonie aufrecht zu erhalten.“
„Tun sie das?“, fragte der dunkle Lord.
Die Naboo konnten auf jeden Fall auch anders als friedfertig: es verband sie eine kriegerische Vergangenheit mit den Gungan, und die planetaren Sicherheitskräfte besaßen trotz ihrer geringen Mannstärke die beste Ausrüstung, die man für Credits kaufen konnte.
Der Colonel begann zu schwitzen, als er erkannte, dass weder ein „ja“ noch ein „nein“ eine gute Antwort auf Vaders Frage war. Vader ließ ihn noch ein wenig zappeln, bevor er ihn vom Haken ließ.
„Ich werde mich dessen annehmen.“ Enttäuschen auch Sie mich nicht noch einmal …
„Sio Bibble“, sagte Königin Mialeena. „Glauben Sie, dass er von unseren Plänen weiß?“
Die Königin und ihr Rat saßen im Großen Saal im Palast von Naboo und sprachen über die Heimsuchung, die sie gerade eben wieder verlassen hatte.
„Das steht zu befürchten“, sagte der ältere Herr, der schon sehr lange den Königinnen von Naboo als Berater diente. „Lord Vader wäre nicht hier, wenn sie nicht zumindest einen Verdacht hegen würden. Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass Naboo die Heimatwelt des Imperators ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass wir unter besonderer Beobachtung stehen.“
Die Königin traf eine Entscheidung.
„Der Plan darf nicht weiter verfolgt werden.“
Sio Bibbe war bestürzt.
„Aber Milady“, rief er. „Allein die vielen Vorbereitungen, die wir getroffen haben …“
Königin Mialeena hob die Hand und Sio Bibble verstummte.
„Ich werde keinerlei Maßnahmen billigen, die uns in einen Krieg gegen das Imperium führen. Wie lange, glauben Sie, könnten unsere Sicherheitskräfte gegen einen Imperialen Sternenzerstörer bestehen?“
Ich betrat Vaders Quartier und fand ihn, wie er mit gesenktem Kopf in der Meditationskammer saß und in die Macht lauschte. Ich trat zur Seite und setzte mich still. Schließlich geruhte er, mich zur Kenntnis zu nehmen.
„Die Naboo schmieden viele Pläne“, sagte er. „Und die allerwenigsten davon werden dem Imperator gefallen.“
Padmé stand auf der Veranda ihres Elternhauses und starrte ins Firmament. Sie beobachtete, wie die Dämmerung sich herabsenkte und schließlich der Dunkelheit wich. Dabei war sie so konzentriert, dass sie die Kühle der Nacht kaum spürte, nicht bemerkte, wie ihr Cape unbeachtet zu Boden geglitten war.
„Padmé“, rief eine Stimme von drinnen, „Padmé! So komm doch!“
Doch Padmé fühlte nichts, hörte nichts, all ihre Sinne waren auf den hell erleuchteten Supersternenzerstörer gerichtet, der als permanente Drohung hoch über Theed am Firmament stand. Sie bemerkte auch nicht, wie ihre Schwester neben sie trat.
„Padmé“, sagte Sola, „Komm‘ doch wieder rein.“
Padmé reagierte nicht.
Sola ergriff ihre Schwester am Arm.
„PADMÉ!“
Padmé wandte den Kopf und sah ihre Schwester an, als wäre sie gerade erst aus einem tiefen Schlaf erwacht.
“Ist es nicht eigenartig?”, sagte Padmé. „In der Nacht erscheint dieses Schiff wie ein Licht in der Dunkelheit.”
„Padmé?“, fragte Sola, die ihre Sorge um die Schwester nur schwer verbergen konnte.
Padmé starrte wieder hinauf.
„ER ist auf diesem Schiff“, sagte sie.
„Wer?“, fragte Sola.
„Anakin“, flüsterte Padmé.
„Anakin ist tot.“
Betrachtet von einem gewissen Standpunkt aus …
„Wenn Sie etwas gegen das Imperium planen, dann halten sie es gut vor uns verborgen.“
Vader hatte Colonel Whigg mehr Männer zur Verfügung gestellt, doch auch mit diesen zusätzlichen Kräften war es nicht möglich gewesen, etwas Belastendes zu finden.
„Vielleicht haben sich die Spione des Imperators geirrt?“, fragte ich.
Palpatine wäre nicht der erste Herrscher, der irgendwann überall nur noch Verschwörungen und Umsturzpläne sah.
„Nein“, sagte Vader. „Irgendetwas geht hier vor sich. Ich kann es spüren.“
Ich fragte mich, wer diese Spione eigentlich waren. Existierten sie überhaupt? Oder war das ein perfider Plan von Palpatine? Vader hierher nach Naboo zu bringen? Damit er sich wieder seiner ersten Frau erinnerte? Sich ihr zuwandte?
„Wenn Ihr diese Spione persönlich befragt?“
Vader winkte ab.
„Das würde sie gegenüber den Naboo kompromittieren.“
Dann hielt er plötzlich überrascht inne.
„Ihr seid eifersüchtig. Auf Padmé Amidala.“
Ich würgte die Worte „das ist nicht wahr“ hinunter, bevor sie meine Lippen verließen.
Vader anlügen war keine gute Idee. Ich musste auf diese Bemerkung nicht antworten und er überging sie.
„Ich werde Colonel Whigg anweisen, einen Empfang zu geben und einige bedeutende Naboo einzuladen.“
Vader glaubte also, dass der Empfang die Pläne der Naboo beschleunigen würde …
„LASST MICH ALLE IN RUHE!“, schrie Padmé und warf das Kleid, welches man ihr herausgesucht hatte, zu Boden.
Das sorglose Geplapper ihrer Dienerinnen erstarb, Sola und Jobal sahen schockiert auf.
„Aber Kind …“, setzte Jobal an.
„Nein, Mutter.“
Jobal wich zurück, als sie die plötzliche Härte und Entschlossenheit in den Augen ihrer Tochter sah.
„Ich werde nicht zu dem Empfang bei Colonel Whigg gehen und ich werde mich auch nicht daran beteiligen, Ana … Lord Vader in eine Falle zu locken!“
„So eine Gelegenheit bekommen wir vielleicht nie wieder!“
Jobal verstand den plötzlichen Sinneswandel ihrer Tochter nicht.
„Padmé!“
„Selbst wenn es uns gelingt, Lord Vader gefangen zu nehmen und zu halten – wie wird wohl das Imperium darauf reagieren?“
Jobal und Sola schwiegen.
„Wenn die Todesschwadron mit uns fertig ist können wir von Glück reden, noch einen bewohnbaren Planeten zu haben …“
Vader reichte mir eine kleine Kapsel, nicht größer als eine Tablette.
„Was ist das?“, fragte ich.
„Das ist ein Peilsender“, sagte er.
Ich musterte die unscheinbare Kapsel argwöhnisch.
„Runter damit“, befahl er. „Der Sender wird Euren Körper auf die herkömmliche Weise durchlaufen.“
„Ihr erwartet Schwierigkeiten“, stellte ich fest.
„Ich forciere sie.“
Ich wog die Kapsel in der Hand. Und ich war dabei der Lockvogel …
„Und deshalb müssen Kommandant Jir und Kommandant Praji diesmal an Bord bleiben.“
Das war keine Frage. Vader nickte knapp.
„Q will seinen Sender wiederhaben. Er enthält eine neue Technologie, die es nahezu unmöglich macht, ihn ohne die geeigneten Ortungsgeräte aufzuspüren.“
Das wurde immer besser …
Padmé saß an ihren Frisiertisch, den Kopf in die Hand gestützt, und starrte ihr Spiegelbild an, ohne es wirklich wahrzunehmen.
„Du liebst ihn noch immer, nicht wahr?“
Padmé schreckte zusammen. Solas Anwesenheit hatte sie völlig vergessen. Padmé wandte sich ihrer Schwester zu und schwieg lange Zeit. Dann nickte sie mit gesenktem Blick. Sie liebte ihn immer noch …
„Du hast ihn verlassen“, sagte Sola.
„Ich weiß“, flüsterte Padmé.
„Im Palast des Imperators flüstert man, dass er sich eine neue Frau genommen hat.“
Padmé nickte stumm.
„Eine, die ihn überallhin begleitet.“
Das hätte sie sein können. Mit der nötigen Subtilität hätte sie es sein können, die dieses Monster zähmte und lenkte, zum Wohle der Galaxis. Und Naboos, natürlich.
„Vielleicht freut es dich zu hören, dass der Plan geändert wurde“.
Padmé sah verwundert auf.
„Die Königin sagte, dass der Plan nicht weiter verfolgt werden darf.“
„Die Königin hat den Plan Sio Bibbles nicht gebilligt“, sagte Sola. „Jetzt haben wir einen neuen Plan. Einen Plan, von dem die Königin nichts weiß.“
Padmé erhob sich.
„Was wollt ihr tun?“
Sola trat ihrer Schwester entgegen und nahm deren Hände in die ihren.
„Wir werden seine Frau entführen. Wenn er dieser Kilian die gleiche Art von Anhänglichkeit entgegenbringt, die er dir gegenüber gezeigt hat, dann haben wir ihn.“
„WAS?!“ Padmé entzog Sola abrupt ihre Hände. „Seid ihr wahnsinnig geworden? Vader wird uns alle töten …“
Der Empfang fand in der Villa von Colonel Whigg statt und es waren tatsächlich viele der geladenen Gäste anwesend, nur wenige hatten sich entschuldigen lassen. Die Naboo wussten, wann sie gute Miene zum bösen Spiel machen mussten …
Ich trug meine beste Uniform, stand artig neben Vader und zeigte Loyalität, indem ich ebenfalls weder aß noch trank.
Es war eigenartig zu beobachten, wie immer ein Radius von mindestens zwei Metern um uns herum frei blieb.
Das änderte sich auch nicht, wenn Vader sich durch die Menge bewegte.
Auch wenn dieses Phänomen vermutlich in erster Linie darauf zurückzuführen war, dass die Menschen den dunklen Lord fürchteten – man kam sich auf gar nicht so subtile Weise vor wie ein Paria.
Was machte das eigentlich mit einen Menschen, wenn er dem dauerhaft ausgesetzt war? Und was hatte es mit Vader gemacht?
„Sie geht nicht von ihm weg“, sagte Panaka. „Wir werden die Aktion abblasen müssen.“
„Ich könnte versuchen, sie wegzulocken“, entgegnete Typho.
„Nein, das ist zu riskant. Es darf keiner von uns in ihrer Nähe gesehen werden, nur dann kann die Königin glaubwürdig abstreiten, etwas damit zu tun haben.“
„Kilian“, sagte Vader, „Ihr habt mehr als ausreichend Loyalität bewiesen.“
„Ich soll mich unters Volk mischen, damit sie Gelegenheit erhalten, mich zu entführen?“
Wer sich in Vaders Gegenwart aufhielt, lebte gefährlich … Ich holte mir einen Drink und ließ mich in ein paar belanglose Gespräche verwickeln, dann schlenderte ich durch den Garten der Villa, grüßte hier und grüßte da und ließ mich schließlich in einem abgelegenen Pavillon nieder.
Was nun?
Brauchten sie eine Extra-Einladung oder hatten sich Palpatines Schergen doch geirrt?
„Der Plan ist aufgegangen“, sagte Whigg. „Kilian ist entführt worden.“
„Haben Sie sich schon geoffenbart oder Forderungen gestellt?“
„Bisher nicht, mein Lord.“
Der Colonel zögerte.
„Die Auswertung der Daten läuft. Sie haben Kilian auf eines der Weingüter außerhalb Theeds gebracht. Wir haben die KomLinks der Personen in ihrer Nähe erfasst und checken gerade alle Kontakte und Verbindungen.“
„Gut“, sagte Vader. „Lassen Sie diese Personen verhaften, sobald sie die Daten vollständig ausgewertet haben.“
Ich öffnete die Augen. Ich lag auf einer Couch und irgendjemand hatte nachlässig eine Decke über mich gebreitet. Der Raum war nur schwach erleuchtet. Ich sah mich um. Ein Gefängnis war das nicht. Der Raum ähnelte mehr einem … Keller? Mein Kopf schmerzte unangenehm. Dann fiel es mir wieder ein: da waren plötzlich zwei Männer gewesen und einer von ihnen hatte mich niedergeschlagen …
Soweit hatte Vaders Plan funktioniert.
Falls die Naboo glaubten, dass sie jetzt Forderungen stellen konnten, nur weil sie mich hatten, dann waren sie im Irrtum.
Der Sender, den ich im Körper mit mir herumtrug, würde nicht nur verraten, wo ich mich aufhielt, sondern es auch ermöglichen festzustellen, wer sich in meiner unmittelbaren Umgebung aufgehalten hatte …
„Aber Hoheit“, sagte Vader. „Euer engster Berater befand sich im Austausch mit den Personen, die meinen persönlichen Adjutanten entführt haben.“
Die Königin widersprach.
„Sio Bibble genießt diplomatische Immunität.“
„Die genießt er, solange er keines Verbrechens verdächtigt wird.“
Königin Mialeena fragte sich, ob es eine gute Idee gewesen war, dem Drängen ihres ältesten und vertrautesten Beraters nachzugeben und die Vertreter der Allianz für die Widerherstellung der Republik empfangen zu haben. Deren und Sio Bibbles Ideen und Vorschlägen Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.
Es stimmte, sie hatte die Pläne zunächst unterstützt, sie dann aber nicht gebilligt, als plötzlich Darth Vader im Thronsaal stand und nur wenig subtile Drohungen ausgesprochen hatte.
Vermutlich wusste das Imperium nicht alles, aber die Verdachtsmomente waren weitreichend genug, Darth Vader herkommen zu lassen und das Unterste zuoberst zu kehren.
Was war sonst noch an ihr vorbeigegangen, ohne dass sie es bemerkt hatte? Wie schwer wog eigentlich ihr Einfluss, wenn hier offensichtlich jeder machte, was er wollte, am angeblich so geachteten und geehrten, ja fast schon geheiligten Amt der Königin vorbei?
Ich war gefangen. Und konnte nichts tun. Hoffentlich verlor hier niemand die Nerven.
Andererseits besaß eine tote Geisel keinerlei Wert …
Ich musste eingeschlafen sein, denn ich schreckte plötzlich hoch, als sich jemand an der Türe zu schaffen machte und den Raum betrat.
Wie spät war es eigentlich?
Zunächst konnte ich nicht erkennen, um wen es sich handelte, da die Person einen langen Umhang mit Kapuze trug.
Sie trat näher.
Diese Person war sehr klein, reichte mir nicht einmal bis zum Kinn.
Ich sah ihr ruhig entgegen.
Sie strich die Kapuze zurück.
„Senatorin Amidala.“
„Nennen Sie mich nicht so, ich bin keine Senatorin mehr“, sagte sie.
„Was wollen Sie?“
„Es geht das Gerücht, dass er sich eine neue Frau genommen hat.“
„Wer?“, fragte ich.
„Ana … Lord Vader.“
Jetzt bloß nichts zugeben. Es gab auch in dieser Welt nichts Rachsüchtigeres als eine Frau, die sich abgewiesen und zurückgesetzt fühlte.
Zwar hatte Vader mir erzählt, dass Amidala ihn verlassen hatte, aber zählte das für sie?
Da ich normalerweise nicht in solchen Kategorien dachte, fiel mir etwas verspätet ein, dass eine Ehe mit Vader auch politische Auswirkungen zeitigte, Vorteile mit sich bringen konnte.
So gesehen konnten mich die Naboo eigentlich nicht am Leben lassen.
Ich verlagerte mein Gewicht und machte mich bereit, mein Leben so teuer als möglich zu verkaufen.
Doch Amidala wandte sich ab.
„Ist ja auch egal.“
Sie ging zur Tür und hielt sie auf.
„Gehen Sie. Verlassen Sie uns. Bevor Sie noch mehr Unheil über uns bringen.“
Einen Augenblick lang sahen wir einander in die Augen.
„Ich bringe Unheil über die Naboo?“
„Anakin war schon immer listenreich im Krieg“, sagte sie. „Diese Aktion trägt seine Handschrift. Und Sie helfen ihm dabei.“
„Die Naboo gaben ihm Anlass, hierher zu kommen.“
Ich bezweifelte, dass sie das auch so sah.
„Wir wollen frei sein.“
„Welche Art von Freiheit meinen Sie dann? Und für wen?“
Sie sagte nichts.
Ich wartete.
Keine Antwort ist auch eine Antwort.
Dann ging ich.
„Kilian hat sich soeben gemeldet“, meldete Colonel Whigg. „Ich habe ein Fahrzeug und ein paar Leute geschickt, um sie abzuholen.“
„Gut“, sagte Vader. „Geht es ihr wohl?“
„Es machte den Anschein, mein Lord. Sie sagte, dass man sie freigelassen habe.“
Vader schwieg. Lauschte in die Macht. Nickte befriedigt.
„Die Verhaftungen werden fortgesetzt.“
Whigg verbeugte sich knapp.
„Ja, Herr.“
Padme traf frühmorgens zuhause ein und traf ihre Mutter in heller Aufregung.
„Sie führen eine Verhaftungsaktion durch. Auch Sola ist festgenommen worden“, rief Jobal. „Padmé, Kind, du musst fliehen, schnell.“
Padmé setzte sich.
„Nein, Mutter.“
Götter, was war nur los mit dem Kind?
„Padmé ich flehe dich an!“
„Mutter!“
Jobal hielt inne.
„Ich werde nicht fliehen, und ich werde nicht weglaufen.“
„Aber …“
„Nimm Vater und verreist für ein paar Tage. Und nun geh!“
Padmé wartete.
Er würde kommen.
Nicht das erste Mal fragte sie sich, ob sie nur deshalb der Rebellion beigetreten war, um Anakin hierherzulocken. Ihn zu sehen.
„Padmé.“
„Anakin“, wisperte sie.
Er trat um sie herum.
„Anakin ist tot. Er starb irgendwann kurz vor dem Ende der Alten Republik.“
Tränen begannen in ihren Augen zu glitzern.
„Ich liebe dich“, flüsterte sie mit brechender Stimme.
„Ich hatte dich gebeten zu bleiben und du bist gegangen.“
Weil du fürchtetest, dass unsere Beziehung deine Karriere zerstören würde. Weil du mir nicht folgen wolltest. Weil dich mein Anblick mit Abscheu und Ekel erfüllt hat.
„Was ist mit den guten Zeiten, die wir hatten? Stattdessen hast du dich einer anderen zugewandt.“
Vader hörte die Anklage in ihren Worten.
„Du ließest mich im Stich, als ich dich am dringendsten brauchte.“
DIESER Schmerz war fast schlimmer gewesen als die physische Pein, die er in der ersten Zeit nach Mustafar durchleben musste.
Irgendwann hatte er aufgehört, sie zu lieben.
Sie schwiegen.
Es gab nichts weiter zu sagen.
„Es war klug von dir, Kilian freizulassen“, sagte Vader schließlich. „Du und die deinen sind nur deshalb noch am Leben, weil sie ausdrücklich darum gebeten hat.“
Vader wandte sich zum Gehen, hielt dann jedoch für einen Moment inne.
„Und um der alten Zeiten willen.“
DIE TODESSCHWADRON:
Cortosis Core Ltd.
„Was jetzt?“, fragte Black Zwei.
Das berüchtigte Black-Geschwader war Vaders persönliches Jagdgeschwader und stellte bei Bedarf seine Flügelmänner oder die Eskorte seiner Fähre.
Das Geschwader war erst mit der Indienststellung der Executor von der Devastator hierher versetzt worden, außerdem hatte es drei Neuzugänge gegeben, unter anderem Mauler Mithel, der hier den Rufnamen „Black Zwei“ geerbt hatte.
Vader versammelte in diesem Geschwader die besten Piloten der Galaxis. Die besten Piloten nach ihm selbst, hieß das.
Außerdem bekamen hier Leute eine Chance, die anderswo in erster Linie ein Problem darstellten, so z.B. Lieutenant Tycho Celchu oder Lieutenant Civé Rashon (Celchu war der Sohn eines imperiumskritischen Medienunternehmers, Rashon eine Frau).
„Wir warten auf weitere Befehle“, antwortete Black Sieben.
Plötzlich schoss ein experimenteller TIE-Advanced an ihnen vorbei, gefolgt von einem gewöhnlichen TIE-Jäger.
„Guten Morgen, meine Herren“, ertönte es aus ihren Headsets. „Hier ist Black Leader …“
„Oh, Scheiße“, flüsterte Black Zwei. Lord Vader persönlich …
Meine Ausbildung zum TIE-Piloten machte Fortschritte. Fliegen konnte ich diese Maschinen inzwischen problemlos. Allerdings hatte ich nicht das geringste Talent zum Kampfpiloten, jeder Absolvent einer Militärakademie hätte mich ohne größere Mühe vom Himmel geholt. Vader wusste das, war aber der Meinung, dass es von Vorteil sein konnte, wenn ich die gängigen Raumschifftypen fliegen konnte: Lambda-Shuttle, GR-75-Frachter, TIE-Jäger …
Heute hingegen hatte Vader etwas Besonders mit seinem persönlichen Jagdgeschwader vor, was wiederum meine Teilnahme erforderte.
„Guten Morgen, meine Herren“, sagte Vader gut gelaunt zur Begrüßung. „Hier ist Black Leader. Ein Aufständischer ist aus dem Haftblock der Executor entkommen und hat einen TIE-Jäger gestohlen. Fangt ihn. Ich will ihn lebend.“
Den Piloten eines TIEs lebend zu fangen stellte eine besondere Herausforderung dar. Dazu musste das Geschwader den Flüchtigen innerhalb eines bestimmten Radius halten und die Piloten gleichzeitig die Energie ihrer Maschinen so einteilen, dass sie noch über Reserven verfügten, wenn ihr Gegner schon im Raum trieb. Wie ein Wolfsrudel auf der Jagd.
Der hypothetische, aus dem Haftblock der Executor entflohene Aufständische – den spielte übrigens ich …
Sobald ich erfahren hatte, dass ich an dieser Übung teilnehmen sollte, hatte ich darüber nachgedacht, wie ich geübten Kampfpiloten entkommen konnte. Eigentlich war ich chancenlos. Allerdings gab es da eine winzig kleine Möglichkeit …
Ich unternahm keinen Versuch, in den freien Weltraum zu fliehen (wo sie mich auf jeden Fall erwischt hätten) und wandte mich stattdessen der Executor zu, womit ich sie schon einmal unangenehm überraschte. Dann raste ich die Längsseite des Schiffes entlang.
„Lommy“, kreischte ich ins Headset, „Ein paar wildgewordene Jockeys sind hinter mir her! Schaffen Sie sie mir von Hals!“
Lommy war Kommandant einer Frontbatterie der Executor und sowohl er als auch die Jungs an den Geschützen zeigten sich immer überaus dankbar, wenn der persönliche Adjutant Lord Vaders sich ihrer Anliegen annahm. Meist standen die Kanoniere ja ein wenig im Abseits, waren keine strahlenden Helden wie die Piloten der Spurjäger, die auf den Partys immer die Mädchen bekamen …
Deshalb und weil ich Lommy vor nicht allzu langer Zeit das Leben gerettet hatte, waren er und die Mannschaften der Geschützbatterien mehr als nur willig, den „Jockeys“, also den Kampfpiloten, ordentlich eines auszuwischen.
Das wiederum hieß, dass Lommy eine spontane Übung ansetzte und seinen Kanonieren befahl, die TIEs, die mich verfolgten, ins Visier zu nehmen und als Ziele zu markieren (womit sie als abgeschossen galten).
„Verdammt“, fluchte Black Sieben, als er das entnervende Piepen hörte, dass seinen „Abschuss“ anzeigte.
„Eh, das gilt nicht“, beschwerte sich Black Zwei.
„Das gilt“, schaltete sich Black Leader ein, „Das Schiff wurde infiltriert und der Feind sitzt inzwischen an den Frontbatterien!“
Ja nun, man muss mit allem rechnen und genau das wurde hier geübt …
Auf dem Weg zum Tion-Cluster legten wir immer wieder kurze Zwischenstopps bei unbedeutenden Planetensystemen ein und zeigten die Executor vor, worauf die planetaren Regierungen sich beeilten, dem Imperator ihre Loyalität zu versichern. Nein, ihr seid dem Imperium nicht unwichtig …
Auf diese Weise näherten wir uns unserem Ziel und ich begann damit, unser nächstes Problem zu studieren.
Die grundsätzliche Schwierigkeit lag im Tion-Cluster selbst begründet: ein dicht besiedelter Sternhaufen im Äußeren Rand, in dem die Tion-Hegemonie das Sagen hatte.
Der Cluster war einst das Herz einer stolzen vorrepublikanischen Zivilisation gewesen, konnte daran aber schon zu Zeiten der Alten Republik nicht mehr anknüpfen.
Während der Klonkriege schloss sich die Tion-Hegemonie den Separatisten an und war Schauplatz zahlreicher Schlachten mit der Alten Republik.
Der Tion-Cluster galt als technologisch rückständig, weshalb das Imperium die Tion-Hegemonie mehr oder weniger sich selbst überließ.
Eigenartiger Weise fand man dort diese faktische Unabhängigkeit als demütigend.
Die planetaren Regierungen waren schwach und viele Beamte bestechlich. Das wiederum führte dazu, dass es vor allem skrupellose Unternehmen und Kriminelle hierher zog.
Bergbau war der dominierende Wirtschaftszweig, doch die Regierungen waren nicht einmal in der Lage, die Minen mit eigenen Mitteln auszubeuten, weshalb die Tion-Hegemonie Bergbaukonzernen Konzessionen für den Abbau von Rohstoffen erteilte.
Davon hätte man gut leben und den Grund für ein Wirtschaftssystem legen können, das nicht allein auf die Förderung und den Verkauf von Rohstoffen ausgelegt war. Man hätte in Schulen, Universitäten und Krankenhäuser investieren können. In Infrastruktur und Industrie. Doch nichts davon geschah. Der Adel, der den Cluster beherrschte, war nicht daran interessiert, irgendetwas an den Verhältnissen zu ändern.
Dazu kam, dass es innerhalb des Tion-Clusters eine starke Konkurrenz zwischen den planetaren Regierungen gab. Um ihre Nachbarn zu beeindrucken, kauften etwas wohlhabendere Planeten alte Kriegsschiffe, woraufhin ihre Nachbarn es ihnen gleichtaten.
Letztendlich war der Tion-Cluster in seiner Gesamtheit nichts weiter als das, was man in meiner Heimatwelt als Drittweltland bezeichnete …
Cortosis Core Ltd. besaß die Konzession, auf Caluula eben dieses abzubauen. Cortosis ist ein seltenes Mineral, das als Legierung vielseitig eingesetzt werden kann. Es zeigt starke Beständigkeit gegen Energieimpulse aller Art und wird deshalb gerne zu (Spezial)Rüstungen und Panzerplatten für Fahrzeuge verarbeitet. Trotzdem war es ein Nischenprodukt. Cortosis war viel zu selten und schwierig abzubauen, als dass sich lohnte, es im großen Stil zu verarbeiten.
Interessierte Kreise waren allerdings bereit, exorbitante Preise für Cortosis-Legierungen zu bezahlen, was Cortosis Core Ltd. zu einem höchst profitablen, wenn auch kleinen Unternehmen machte.
Die Todesschwadron fiel über Caluula aus dem Hyperraum und ich flog mit Vader, Kommandant Jir, Kommandant Praji und einer Sturmtruppen-Einheit zum Hauptquartier der Cortosis Core Ltd. auf Caluula.
Der Planet war trocken und staubig, außer den Cortosis-Lagerstätten gab es hier nicht viel. Die geringe Bevölkerung (nicht ganz fünfzig Millionen) betrieb hauptsächlich Subsistenzwirtschaft, es gab auch nur eine Stadt, die groß genug war, um überhaupt als solche bezeichnet zu werden.
Nichtsdestotrotz hatte sich Cortosis Core Ltd. inmitten der Stadt einen opulenten Firmensitz errichten lassen. Die Botschaft war klar: hier herrschen wir …
„Was genau ist das Problem?“
Vader mochte es im Grunde nicht, Großunternehmern oder Konzernen Probleme aus dem Weg zu räumen.
Aber der Imperator hatte befohlen, dass er herkam und sich der anliegenden Probleme annahm.
Was wiederum bedeutete, dass die Cortosis Core Ltd. vermutlich jemanden aus dem Umfeld des Imperators gehörte.
Solver Vai war einer der leitenden Angestellten und kam auf Vader eher neugierig als ängstlich zu.
„Wir haben Schwierigkeiten mit unseren Arbeitern“, sagte Vai. „Es kommt immer wieder zu Streiks und neuerdings zu regelrechten Aufständen in der Bevölkerung.“
„Was genau hat die Cortosis Core Ltd. getan, um das zu rechtfertigen?“
Ich konnte mir diese Frage nicht verkneifen, Vader hakte die Daumen hinter den Gürtel und genoss die Show.
Vai hingegen brauchte einen Augenblick, um den Anwurf und die Implikationen daraus zu verstehen und sah anschließend empört zwischen Vader und mir hin und her.
„Es hat sich nichts an unserer Firmenpolitik geändert. Auch nicht an den Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Mitarbeiter. Es ist alles so, wie es immer war.“
„Wenn alles so wäre wie immer, dann gäbe es keine Streiks und Aufstände.“
Die Logik war zwingend, und dazu brauche man nicht einmal die geheimnisvolle, magische Macht …
Vader wandte sich zum Gehen.
„Kilian. Praji. Jir“, befahl er. „Finden Sie heraus, was hier vor sich geht.“
Verblüfft sahen wir Vader hinterher.
„Und Ihr Herr?“, fragte ich.
Das war natürlich keine Frage, auf die ich ernsthaft eine Antwort erwartete, doch Vader blieb stehen und sah zurück.
„Ich begebe mich auf die Executor und werde dort solange meditieren.“
Wir besichtigten mit Solver Vai eine der nahegelegenen Mienen, wozu man uns mit Schutzanzügen und Atemmasken ausstattete.
Das war auch dringend notwendig, da der bei der Förderung des Minerals anfallende feine Staub äußerst schädlich für die Atemwege war.
Verglichen mit den sonst üblichen Abbaumethoden mittels Plasmabrenner war die hier verwendete Fördermethode an sich restlos veraltet. Jedoch waren Plasmabrenner für den Abbau von Cortosis so gut wie nutzlos, die einzig praktikable Abbaumethode bestand in der Verwendung von hydraulischen Schlaghämmern. Wobei der oben erwähnte Feinstaub anfiel.
Das, die harten Arbeitsbedingungen und Schlagwetter durch immer wieder austretende Gase führten dazu, dass die Arbeiter das Rentenalter meist nicht erreichten. Was wiederum erklären könnte, warum es zu Streiks und Aufständen kam.
„Herr Vai, Sie müssen doch wenigstens eine Vorstellung davon haben, warum es zu diesen Streiks und Aufständen kommt, früher jedoch nicht?“, wiederholte ich meine Frage von heute Vormittag.
„Ich habe keine Ahnung“, sagte er. „Es ist, wie ich gesagt habe: nichts hat sich verändert, alles ist so, wie es vorher war.“
„Vielleicht hören die Arbeiter damit auf, wenn man ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern würde?“, schlug ich vor. „Atemmasken wären ein guter Anfang. Oder Messgeräte, die rechtzeitig vor Schlagwettern warnen.“
Vai sah mich zweifelnd an.
„Dann werden sie mehr wollen“, wandte er ein. „Ich habe mir schon überlegt, Kontingentarbeiter anzufordern.“
„Da werden Sie aber die Sicherheitsstandards erhöhen müssen, vielleicht sogar Wachpersonal einstellen“, sagte ich. „Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen käme der Firma langfristig billiger. Atemschutzmasken für die Arbeiter und ein paar Messgeräte in den Mienen können doch nicht so teuer sein?“
Vai war sich unschlüssig.
„Ich habe die Kultur dieses Planeten und die Ihrer Bewohner studiert. Bevor die Tion-Hegemonie hier Cortosis fand und die Bergbaulizenzen verkaufte, lebten die Caluuli als stolze, freie Nomaden und Krieger, die die Steppen durchstreifen, nicht wahr?“
„Nun ja, ich glaube schon“, räumte er ein.
„Und jetzt schuften sie hier in den Mienen für einen Hungerlohn und ruinieren sich dabei die Gesundheit. Glauben Sie nicht, dass das ein geradezu perfekter Ansatzpunkt ist, um Unzufriedenheit zu schüren?“
„Sie kamen aber von selbst auf uns zu und haben nach Arbeit gefragt“, wandte Vai ein. „Wollten keine primitiven Nomaden mehr sein. Wollten die Dinge haben, die die Außenweltler haben.“
„Und haben gemerkt, dass das ein schlechtes Geschäft ist.“
Nach der Besichtigung der Mine setzten wir uns in eine Cantina, orderten ein beliebtes einheimisches Gebräu und versuchten, an Informationen zu gelangen.
Was auf anderen Welten bisher so gut funktioniert hatte, scheiterte hier, die Einheimischen brachten uns eine latente Furcht entgegen und mieden uns. Weshalb wir austranken und wieder gingen.
Wir spazierten langsam durch die Stadt und übten uns im Brainstorming.
„Vielleicht hat Solver Vai uns angelogen und die Lebens- und Arbeitsbedingen seiner Arbeiter haben sich inzwischen verschlechtert, vielleicht sogar drastisch“, schlug Praji vor.
„Oder jemand aus der Tion-Hegemonie will die Firma günstig übernehmen und wiegelt die Arbeiter auf“, meinte Jir.
„Wir wissen eigentlich zu wenig über die Caluuli, die Firmenpolitik Cortosis Cores und die der Tion-Hegemonie“, sagte ich. „Wenn sie nicht mit uns reden, werden wir ihre Motive nicht verstehen. Man müsste Agenten einschleusen, um mehr zu erfahren.“
Was aus naheliegenden Gründen nicht ging, die Caluuli waren das, was man hier als „Fast-Menschen“ bezeichnete: Menschen so ähnlich, dass man auf den ersten Blick nicht merkte, dass sie gar keine waren, aber doch so unterschiedlich, dass ein echter Mensch unter ihnen auffiel.
Wir waren in einer Sackgasse angelangt.
„Das Firmenhauptquartier von Cortosis Core Ltd. meldet, dass sie angegriffen und belagert werden“, meldete KomScan. „Sie bitten um Hilfe bei der Niederschlagung des Aufstandes.“
„Schicken Sie Truppen hinunter“, befahl Admiral Ozzel. „Die Einheiten haben die Erlaubnis, die Angriffe und die Belagerung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu beenden.“
Als wir uns dem Stadtzentrum näherten, merkten wir, dass etwas nicht stimmte. Die Stimmung auf der Straße war aggressiv, die Leute bewegten sich unruhig und es gab eine allgemeine Strömung in Richtung Cortosis Core Ltd.
Die Blicke der Caluuli musterten uns feindselig.
Das war gar nicht gut.
Allein die Tatsache, dass wir Menschen waren und die Uniformen der Imperialen Sternenflotte trugen, machte uns zum Ziel.
Wir waren nur noch einige Straßen von der Zentrale entfernt, als wir unser Shuttle starten und wegfliegen sahen.
„Verdammt“, fluchte Praji.
Jir nickte. Praji holte seinen KomLink hervor und rief die Executor.
„Verschwinden Sie von dort“, meldete die Operationszentrale. „Der Shuttle wird außerhalb der Stadt auf Sie warten, ich übertrage jetzt die Koordinaten!“
„Schön, dass sie wenigstens an uns gedacht haben“, schimpfte Praji und marschierte los. „Wann wollten Sie uns das eigentlich sagen?“
Ich sah Praji erstaunt nach und anschließend fragend zu Jir.
„Praji hasst Gelände. Ein richtig schöner Häuserkampf, das ist sein Ding.“
Die Wohngebiete, die wir durchquerten, schienen nicht übermäßig bevölkert, was aber vermutlich lediglich bedeutete, dass die Caluuli, die auf Randale aus waren, sich inzwischen hauptsächlich in der Innenstadt und in der Nähe der Firmenzentrale aufhielten.
Trotzdem beeilten wir uns, voranzukommen. Die Stadt war nicht besonders groß und ich fing schon an mich zu freuen, bald aus ihr heraus zu sein, als wir plötzlich unter Feuer gerieten.
Praji und Jir merkte man die ehemaligen Sturmtruppler an, sie reagierten sofort und schossen zurück, nicht ohne mich vorher hinter sich zu schieben.
„Kilian, geben Sie uns Feuerschutz!“, schrie Praji, bis bei mir endlich der Groschen fiel und ich endlich meinen Blaster zog.
Während ich ihnen den Rücken deckte, hoffend, dass niemand des Weges kam, den ich erschießen musste. Ich wiederholte diesen Satz in Gedanken wie ein Mantra – als ob das jemanden davon abhalten würde, zur verkehrten Zeit am verkehrten Ort zu sein …
Die Angreifer erwiesen sich aber als Laien, machten vermeidbare Fehler und wurden deshalb von Praji und Jir erschossen.
Wir nahmen uns die Zeit, die Leichen nach ID-Chips zu durchsuchen und machten anschließend mit dem KomLink ein paar Aufnahmen, um sie später zu identifizieren.
Eigenartiger Weise handelte es sich bei ihnen nicht um Caluuli, sondern um Menschen wie uns.
„Hab ich mir doch gleich gedacht“, sagte Jir. „Einmischung von außen.“
Kaum waren wir aus der Stadt, begannen wir zu laufen. Das Gelände war offen und es gab nur wenig Vegetation, weshalb es das Beste war, sich möglichst schnell zu bewegen, im Gegensatz zur Stadt, wo man auf diese Weise nur Aufmerksamkeit auf sich zog.
Der Shuttle erwartete uns in ein paar Klicks Entfernung und wir erreichten unser Ziel ohne weitere Zwischenfälle.
Endlich in Sicherheit.
Dann pöbelte mich Jir an.
„Das nächste Mal brauchen Sie keine Extraeinladung, um uns den Rücken zu decken, verstanden?“
Praji verlegte sich auf Spott.
„War Ihr erstes Gefecht, was?“
Was glaubten die beiden eigentlich? Ich war doch kein Sturmtruppler … Zugegeben, meine Nervenenden vibrierten noch etwas. Deshalb dauerte es, bis ich in Betracht zog, dass auch Praji und Jir das Gefecht nicht so leicht nahmen, wie es zunächst den Anschein erweckte. Und es stimmte ja, Sie konnten inzwischen erwarten, dass ich mit einem Blaster umgehen und ihnen Deckung geben konnte.
Das war der Punkt, an dem ich mit absoluter Klarheit begriff, dass das hier bitterer Ernst war und ich mich selbst in diese Situation hineinmanövriert hatte.
Die Beziehung zu Vader, die Dinge, die ich durch ihn erfahren hatte und lernen durfte – die dienten natürlich einem Zweck.
Das Galaktische Imperium funktionierte wie jedes andere Imperium von dem ich jemals gehört hatte, es gab keine Menschenrechte, keine Rechtstaatlichkeit, keinen Humanismus und keine christliche Nächstenliebe.
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Die Hoffnung, das eine oder andere abzumildern oder vielleicht einmal in eine Situation zu gelangen, in der andere, meiner Meinung nach bessere Lösungen gefragt waren, hatte mich dazu veranlasst, hier mitzuziehen.
Und jetzt war ich mittendrin statt nur dabei …
Wir landeten im Hangar der Executor und der laufende Betrieb verriet uns, dass ein größerer Einsatz bevorstand – AT-AT’s und anderes schwere Gerät wurde verladen bzw. verladefertig gemacht, Sturmtruppler bestiegen Transportshuttles, TIE-Jäger kamen von Aufklärungsmissionen oder brachen zu solchen auf.
„Aufstandsbekämpfung?“, fragte Praji einen Deckoffizier.
„Yep“, meinte dieser. „Es kann ja nicht angehen, dass jeder macht, was er will.“
Im Prinzip gab ich ihm Recht. Aber die Methoden? Die hier praktizierte Aufstandsbekämpfung war denkbar simpel: Man schlug sie mit äußerster Härte und Brutalität nieder, Rädelsführer wurden ausfindig gemacht und erschossen.
Alternativ löschte man in den Unruheregionen in Abständen willkürlich Ansiedlungen aus, was solange weiterbetrieben wurde, bis die Aufständischen die Botschaft verstanden, vernünftig wurden, ihre Steuern bezahlten und Ruhe gaben. Oder es niemanden mehr gab, der einen Aufstand hätte anzetteln können.
Ich brauchte mir übrigens nichts vorzumachen. Diese Methoden waren auch in meiner Heimatwelt praktiziert worden, zu allen Zeiten, unter allen Nationen und Religionen, solange, bis man den Völkerbund gründete und übereinkam, künftig davon abzulassen …
Unter einem Vorwand setzte ich mich von Praji und Jir ab und … ja, was und? Was konnte jemand wie ich eigentlich bewirken? Ich hatte weder über den Einsatz noch über die Sturmtruppen Befehls- und Kommandogewalt, wusste nicht wirklich, was da unten im Augenblick vor sich ging.
Die Männer, die uns, Praji, Jir und mich, angegriffen hatten, ließen mir keine Ruhe.
Wer waren sie? Warum waren sie hier? Warum wiegelten sie die Caluuli auf? Waren sie wirklich nur Agenten der Tion-Hegemonie, wie Jir glaubte?
Dann traf ich eine sehr spontane, sehr impulsive und letztendlich sehr dumme Entscheidung: ich nahm Vaders persönliches Shuttle, ließ mir Startfreigabe erteilen und flog zurück auf den Planeten.
„Sir?“, fragte Captain Piett. „Ist alles in Ordnung, Sir?“
Vader erwachte aus der tiefen Trance, in die er gefallen war. Einsatzbesprechungen konnten geradezu sagenhaft langweilig sein, das war schon so gewesen zur Zeit der Klonkriege.
„Ist alles in Ordnung, Sir?“, wiederholte Piett seine Frage.
Vader rief sich zur Ordnung und nickte.
„Lady“, wandte sich Vader an die Schiffs-KI. „Wo ist Kilian?“
Piett konnte den plötzlichen Gedankensprung seines Oberkommandierenden nicht nachvollziehen und sah ihn verwundert an.
„Kilian ist nicht mehr an Bord dieses Schiffes“, antwortete der Computer. „Sie hat sich eine Startfreigabe mit Ziel Caluula-City geben lassen und den Hangar verlassen.“
Vader lehnte sich zufrieden zurück. Seine Pläne begannen sich zu entfalten: Kilian hatte gerade den ersten Schritt getan. Den ersten Schritt, der sie auf den Thron des Imperiums führen würde. Das teilte ihn die Macht gerade überdeutlich mit. Über das genaue wie und warum schwieg sie sich allerdings aus. Aber wenn seine Absicht, der Galaxis Ordnung und Stabilität wiederzugeben, sich auf diese Weise erfüllen würde, dann sollte es so sein. Kilian würde er gerne dienen. Freiwillig. Ohne Hintergedanken.
Vader kehrte wieder ins hier und jetzt zurück.
Natürlich würde er sie für diese Eigenmächtigkeit bestrafen müssen …
Beim Landeanflug sah ich eine große Gruppe Demonstranten, die sich vor dem Gebäude der Cortosis Core Ltd. versammelt hatten.
Ich landete Vaders Shuttle auf einen freien Platz in der Nähe der Sturmtruppen, die die Demonstranten in Schach hielten, sah die Scharfschützen, die auf Dächern postiert waren, die Aufklärungsdrohnen, die Panzerfahrzeuge – wenn hier jemand die Nerven verlor, würde es ein Massaker geben …
Närrin, schalt ich mich.
Das würde es so oder so geben, wenn die Demonstranten ihre Belagerung des Firmengebäudes nicht aufgeben würden.
Ich stieg aus, suchte und fand den Kommandostand.
„Ich bin Kilian“, stellte ich mich vor. „Lord Vaders persönlicher Adjutant.“
Der Kommandant nickte bestätigend.
„Ich möchte mit den Rädelsführern sprechen.“
Er begann damit, erste Anweisungen zu geben. Ich hob ich Hand.
„Nein.“
Er hielt inne.
„Ma‘am?“
„Ich gehe zu ihnen. Alleine.“
Erst als ich mich den Demonstranten näherte, fiel mir auf, dass es sich bei ihnen ausschließlich um Frauen und Kinder handelte. Sie saßen auf den Treppen, verteilten sich auf dem Vorplatz. Soweit erkennbar, hatten sie auch keine Waffen.
Mein Gott, dachte ich, das würde wahrlich ein Massaker geben, sollten sie nicht davon zu überzeugen sein, den Platz freiwillig zu räumen.
Sie musterten mich aufmerksam.
„Ich bin Kilian“, sagte ich.
Den persönlichen Adjutanten Lord Vaders unterschlug ich hier lieber.
„Wer spricht für euch?“
Die Frauen in den ersten Reihen sahen einander verwirrt an. Sprachen sie kein Basic, verstanden sie mich nicht?
Sie tuschelten miteinander.
„Man sagte uns, dass wir uns hier versammeln sollen“, sagte schließlich eine der Frauen. „Man würde uns anhören. Unsere Anliegen prüfen.“
Ich sah den Zweifel in ihren Augen. Angesichts des Truppenaufmarsches wären auch mir Zweifel gekommen …
Mir fiel auf, dass ich von oben auf sie herabsah, weshalb ich mich zu ihnen auf den Boden hockte.
„Wer hat euch das gesagt?“
Sie tuschelten erneut miteinander in einer Sprache, die ich nicht verstand, schienen aber nicht zu einem Schluss zu kommen.
„Eure Männer? Brüder? Söhne?“, spekulierte ich.
Sie zögerten. Schienen unschlüssig.
„Mädels, ich kann euch nicht helfen, wenn ihr nicht sagt, was hier los ist.“
„Sie wollen uns helfen?“, fragte die Frau, die vorhin schon gesprochen hatte und es gelang ihr nicht, den Unglauben darüber zu verbergen.
Plötzlich kam Bewegung in die Menge. Die Frauen wichen zurück, fanden aber keine Fluchtmöglichkeit, manche schoben ihre Kinder hinter sich oder stellten sich schützend vor sie.
Ich brauchte weder die gemessenen Schritte noch das Geräusch der Atemmaske zu hören. Der Schrecken, der sich auf ihren Mienen zeigte und das Entsetzen in ihren Augen war beredt genug.
Vader war gekommen.
„Lord Vader“, sagte ich und erhob mich. „Auf ein Wort.“ „Bitte.“, fügte ich hinzu, als er nichts sagte.
Irgendwie schien ich ihn verärgert zu haben … Ich ignorierte es.
„Die Caluuli werden für jemands Agenda benutzt“, sagte ich. „Vielleicht käme es diesem jemand sogar ganz gelegen, wenn das Imperium diese Frauen gewaltsam von hier entfernt. Ein kleiner Kameradroide hier, ein anderer da. Und schon haben wir erstklassiges Bildmaterial vom bösen Imperium, das einen berechtigten Aufstand brutal niederschlägt …“
Sprachlos sahen die Caluuli dabei zu wie die Menschenfrau mit dem dunklen Lord diskutierte.
Sie waren zu weit entfernt, als das sie hätten hören können, was gesprochen wurde, aber die beredte Gestik zeugte davon, dass beide eine Meinungsverschiedenheit ausfochten.
Sie redete, erklärte, stellte Vorschläge zur Diskussion, widersprach vehement.
Er hob die Hand und machte eine ablehnende Geste, tippte mit dem Finger gegen ihre Brust.
Sie ließ sich nicht einschüchtern, sprach weiter, deutete hierhin und dorthin, holte ihren KomLink hervor, zeigte ihn dem dunklen Lord, sprach weiter.
Wer war diese Frau, dass sie es wagte, diesem Monster zu widersprechen, das von der finstersten Schwärze des Alls ausgespien worden war?
Vader war der Meinung, dass man für ein Problem verantwortlich war, dessen man sich angenommen hatte.
Er selbst ging während dieser Zeit mit der Todesschwadron für ein paar Tage „ins Gelände“ und ließ sie komplexe Manöver üben …
Ich hingegen brachte die Caluuli und Cortosis Core an den Verhandlungstisch, im Ergebnis verbesserten sich die Arbeitsbedingungen für die Caluuli und das bei überschaubaren Kosten für Cortosis Core. Win-Win …
Lassen Sie sich nicht mehr von vorgeblich wohlmeinenden Dritten erzählen, was Sie zu tun und zu lassen, zu glauben, zu kaufen und zu wählen haben.
Dritten, von denen sie nicht wissen, wessen Agenda sie vertreten und die diese Welt schon längst wieder verlassen haben, während Sie noch mit den negativen Folgen zu kämpfen haben …
DIE TODESSCHWADRON:
Basis Delta Zero
Vader bestrafte mich für meine Eigenmächtigkeiten auf Caluula hart.
Zwei schreckliche Wochen lang redete er kein Wort mit mir, trainierte nicht mit mir und mied mich im Ehebett.
Vader konnte sehr kalt, sehr abweisend und sehr distanziert sein.
Wir waren im Krieg. Es gab Regeln. Eigenmächtigkeiten konnten nicht toleriert werden. Ich hätte ihn meine diesbezüglichen Pläne jederzeit unterbreiten können. Jederzeit. Auch während der Einsatzbesprechung. Der Erfolg änderte daran nichts …
Coruscant, Zentrale des ISB
Colonel Wulff Yularen betrat das Büro von Director Isard und bemerkte erst dann, dass dieser nicht alleine war.
Ysanne leistete ihrem Vater Gesellschaft. Armands Tochter, die ebenfalls beim ISB tätig war.
„Entschuldigen Sie bitte“, sagte Yularen und verbeugte sich leicht. „Mir war nicht bewusst, dass Sie Besuch haben.“
Director Isard winkte ab.
„Yularen, alter Freund, kommen Sie doch, kommen Sie doch!“
Yularen reichte Isard ein Datenpad, bevor er Platz nahm.
„Wir haben herausgefunden, wer die Männer waren, die die Arbeiter auf Caluula aufgewiegelt haben.“
Director Isard sah auf das PAD.
„Sie waren uns alle als vermutete oder bestätigte Mitglieder der Allianz für die Wiederherstellung der Republik bekannt. Ich lasse jetzt ihre Familien überwachen.“
Wo ein Rebell war, fanden sich meist noch weitere …
„Schade, dass wir sie nicht gefangen nehmen konnten“, sagte Director Isard und beschäftigte sich weiter mit dem PAD.
„Schade?“, fragte Ysanne. „Das geschieht diesen Rebellenabschaum doch ganz recht. Hat Lord Vader diesen Aufstand wenigstens niedergeschlagen?“
„Sein neuer Adjutant hat sich dessen angenommen“, sagte Director Isard.
Ysanne sah auf.
„Sein neuer Adjutant?“
„Ja. Sie hat eine Verhandlungslösung gesucht und einen Dialog zwischen den Aufständischen und Cortosis Core Ltd. initiiert.“
„Das ist doch lächerlich.“
Die junge Frau hielt inne.
„Sie?“
Armand nickte.
„Lord Vaders neuer persönlicher Adjutant ist eine Frau.“
Ysanne schnaubte abfällig.
Director Isard schüttelte missbilligend den Kopf.
„An sich wollen wir unsere Staatsbürger und Steuerzahler behalten. Idealerweise als nützliche und produktive Mitglieder der Gesellschaft.“
Director Isard sorgte sich. Woher hatte seine Tochter eigentlich dieses Gedankengut?
„Haben wir inzwischen mehr über den neuen Adjutanten Lord Vaders herausgefunden?“
Isard sah Yularen fragend an.
„Wir haben einiges an Informationen zusammengetragen, aber es fehlen immer noch entscheidende Informationen.“
„Eine geheimnisvolle Frau an der Seite Lord Vaders?“, spottete Ysanne Isard.
„Er muss sie irgendwo aufgelesen haben. Sie hat zwei Jahre in einem unserer Verteilerzentren und später im Logistikzentrum der Sternenflotte gearbeitet. Studiert nebenher an der Universität von Coruscant Alte Geschichte. Lebt unauffällig. Macht keinen Ärger. Wird von Kollegen als fleißig und hilfsbereit beschrieben. Ein wenig zu nachsichtig mit den Vertragsarbeitern. Allerdings …“
Director Isard merkte auf.
„Allerdings?“
„Sie wurde zweimal aktenkundig: als Opfer einer Entführung durch die ehemalige Jedi Ahsoka Tano und als Geisel bei einem Raubüberfall.“
„Es mag ungewöhnlich sein, zweimal hintereinander Opfer eines Verbrechens zu werden, aber …“
Yularen widersprach.
„In Ihrer Akte ist ein Vermerk, dass Lord Vader sofort informiert werden will, sollte sie verhaftet werden oder ihr etwas zustoßen.“
Director Isard lehnte sich zurück und schwieg lange.
„Dann sollten Sie die Recherchen lieber einstellen.“
Bevor der dunkle Lord sich dazu entschloss, den Colonel zu besuchen …
„Wir sind im Krieg?“, fragte ich. „Seit wann? Gegen wen? Warum?“
Vader redete wieder mit mir und musste jetzt meinen Redefluss aushalten. Wir hatten einiges nachzuholen …
„Gegen die Allianz zur Wiederherstellung der Republik“, sagte Vader. „Das geht schon seit ein paar Jahren und begann kurz bevor wir uns kennengelernt haben.“
„Warum weiß ich davon nichts?“
Ich lebte nun seit gut sechs Jahren im Galaktischen Imperium und obwohl ein Bürgerkrieg stattfand, hatte ich darüber bisher nicht einmal flüstern hören.
Und dabei gab ich einen Teil meiner Credits für die HoloNet-Kanäle aus, die die besser aufbereiteten, qualitativ hochwertigeren Nachrichten verbreiteten.
„Das würde mich auch sehr wundern“, sagte Vader. „Es gibt eine Nachrichtensperre.“
Je weiter wir in den Tion-Cluster vordrangen, desto schlimmer wurden die Zustände: wir sahen rückständige, verarmte und korrupte Systeme, in denen Bestechlichkeit und kriminelles Geschäftsgebaren verbreitet waren sowie Schmuggel und Piraterie blühten.
Und genau das war der Grund, weshalb sie nicht mehr an ihre großartige Vergangenheit anknüpfen konnten.
Dafür leisteten sie sich mehrere konkurrierende Adelshäuser, die die Bevölkerung in Armut und Elend hielten und sich selbst glitzernde Paläste errichteten.
Tion selbst war ein Planet mit viel Wasser und mildem Klima. Er umrundete einen hell leuchtenden Stern, der auch außerhalb des Clusters weithin sichtbar war und der dem Sternhaufen seinen Namen gab. Ein paar Fabrikationsstätten im Orbit und auf den drei Monden, die Tion umkreisten, ein unspektakulärer Raumhafen – das war’s.
Davon abgesehen war Tion ebenso korrupt wie der Rest des Haufens …
„Lord Tion.“
Vader war kein Mann der langen Vorrede.
„Das Imperium war Ihnen dabei behilflich hier die Macht zu übernehmen. Sie bekamen Männer, Waffen und Befehlsgewalt. Wir haben Ihnen einen Sternenzerstörer zur Verfügung gestellt. Und doch hat sich an den Zuständen hier nichts geändert.“
Lord Tion schluckte. Es war einfacher, woanders einen Aufstand niederzuschlagen als die Zustände hier zu ändern …
„Er hat einen Sternenzerstörer bekommen?“, fragte ich. „Wo ist das Schiff eigentlich?“
Gesehen hatten wir es nicht, als die Todesschwadron über Tion aus dem Hyperraum gefallen war, es hatte uns auch nicht seine Reverenz erwiesen, wie es üblich war. Lord Tion sah auf einmal aus wie das personifizierte schlechte Gewissen und man brauchte kein Machtnutzer zu sein um zu erkennen, dass hier etwas nicht stimmte.
„Das Schiff“, forderte Vader und das war keine höflich formulierte Frage mehr.
„Das Schiff“, stotterte Tion, „Ähm. Ja. Das Schiff. Ja, das Schiff. Nun, das Schiff ist bei KDY. Zur Beseitigung von Gefechtsschäden.“
„Was denn für Gefechtsschäden?“, fragte ich.
Es bedurfte noch einiger harscher Nachfragen Vaders und einigem Herumgestotteres Lord Tions bis wir verstanden, was geschehen war: Lord Tion wollte den Piraten, die sich seit Jahrhunderten im Tion-Sektor eingenistet hatten, das Handwerk legen.
Das war kein schlechter Ansatz zur Verbesserung der Lage, da diese Piraten sämtliche benachbarte Sektoren heimsuchten und terrorisierten bzw. inzwischen sogar Tribute einforderten.
Nun ja. Viele Adelshäuser blickten auf eine Vergangenheit als erfolgreiche Kriminelle zurück …
Lord Tion hatte aber die Mannstärke und die Flotte, über die die Bande inzwischen gebot, unterschätzt und dabei einen Teil seiner eigenen Streitkräfte (= der planetaren Verteidigungsflotte Tions) verloren und seinen Sternenzerstörer nur knapp retten können.
„Sie haben fast einen Sternenzerstörer verloren?!“
Lord Tion schluckte hart und wich vor Vader zurück. Ja, das war wirklich dumm gelaufen …
Ich überschlug währenddessen die Zeiträume und runzelte die Stirn.
„Als wir vor ein paar Wochen zur Klassifikation auf Kuat waren, hat da der Kuat von Kuat etwas von dieser Sache erwähnt?“
Vader hielt inne.
„Nein“, sagte Vader. „Es existiert darüber kein Bericht.“
Tion begann zu schwitzen.
Er hatte den Kuat von Kuat nicht umsonst bestochen, die Beseitigung der Gefechtsschäden an seinem Sternenzerstörer nicht weiter zu erwähnen.
Ganz besonders nicht gegenüber Lord Vader. Kuati hatten normalerweise nichts gegen einen kleinen Nebenverdienst einzuwenden. Sie waren loyal. Gegenüber KDY.
Vader wandte sich an mich.
„Ich glaube, ich habe den Kuat von Kuat schon lange nicht mehr gewürgt …“
„Lord Tion verbirgt etwas vor mir“, sagte Vader, als dieser den Besprechungsraum verlassen hatte.
Noch mehr als fast einen Sternenzerstörer verloren zu haben?
„Der Empfang heute Abend in Lord Tions Palast“, fuhr Vader fort. „Findet heraus, warum Lord Tion in dieser Sache so ungeschickt und töricht gehandelt hat.“
Eine Party mag ein eher ungeeigneter Anlass sein herauszufinden, warum Lord Tion bei seiner Auseinandersetzung mit den Piraten jegliches Gefühl für Strategie und Taktik abhandengekommen zu sein schien.
Andererseits würden auf diesem Empfang zu unseren Ehren viele Militärs und Lord Tions Verwandtschaft anwesend sein. Leute, die möglicherweise über die entsprechenden Informationen verfügten …
Da Vader seine Maske in der Öffentlichkeit niemals ablegte (obwohl er das gekonnt hätte), sah ihn die Öffentlichkeit niemals essen oder trinken. Ich zeigte bei diesen Gelegenheiten Loyalität und nahm ebenfalls nichts zu mir. Hier änderten wir das, da man leichter mit Leuten ins Gespräch kam, wenn man entspannt mit ein paar Häppchen auf dem Teller und einem Drink in der Hand herumstand.
Die indigenen Männer, ganz besonders aber die Militärs, mieden mich fast vollständig.
Aber die Ehefrau Lord Tions, seine Töchter sowie seine verehrte Frau Mutter waren nur zu gerne bereit, sich mit mir auszutauschen. Es gab ja so viele Dinge, für die sie sich interessierten: Coruscant, den Hof des Imperators, Mode …
Dankenswerter Weise konnte ich ihre Neugier zumindest teilweise befriedigen: angesagte Restaurants und Bars, die Oper …
„Nein, ich verkehrte nicht am Hof des Imperators“, sagte ich gerade. „Aber der Imperator besucht des Öfteren die Oper und ist ein Förderer von Kunst und Kultur.“
„Hach“, sagte eine von Lord Tions Töchtern, „Wie gerne würde ich nur einmal eine Nacht in Coruscant verbringen – ein angesagtes Restaurant, ein Besuch der Oper, Tanzen gehen, eine echte Bar …“
„Kind, das ist nichts für Angehörige des Hochadels.“
Die junge Frau nahm den Tadel ihrer Großmutter zwar unwidersprochen hin, aber ich sah den Widerspruch in ihren Augen aufflackern. Helfen konnte ich ihr nicht.
„Coruscants Nachtleben weist Gefahrenmomente auf“, sagte ich deshalb. „Mein Begleiter und ich kamen einmal sogar in einen Raubüberfall.“
Sie lauschte mit glänzenden Augen.
„Ein echter Raubüberfall? Was für ein Abenteuer!“
„Abenteuer sind nichts weiter als Unbill und Gefahren, meist fern von der Heimat“, warnte ich sie.
„Aber …“
Ich unterbrach sie harsch.
„Ein anderes Mal bin ich entführt worden und nur knapp mit dem Leben davongekommen.“
Ich mahnte mich zur Zurückhaltung. Nicht zu viel ausplaudern.
„Malala ist auch entführt …“
„Sei still!“
Lady Tion sah ihre Tochter böse an.
„Aber …“
„Du wirst dich in unsere Gemächer zurückziehen. Sofort!“
Die junge Frau verließ uns. Aufreizend langsam. Aber sie ging. Lady Tion wandte sich an mich.
„Ich muss für das Benehmen meiner Tochter um Entschuldigung bitten“, sagte sie. „Sie ist noch sehr jung.“
In der Tat …
Ich entfernte mich unter einem Vorwand und winkte Kommandant Jir.
Wir verließen den Empfang und flogen zurück zur Executor, dort nötigten wir Kommandant Praji, sich uns anzuschließend, obwohl er sich bereits im Freischichtmodus befand.
„Wonach suchen wir genau?“, fragte Praji.
„Alles was mit der Entführung von Lord Tions ältester Tochter Malala zu tun hat.“
„Sie ist entführt worden?“
„Ihre jüngere Schwester hat so etwas angedeutet“, sagte ich. „Und Lady Tion hat ihr sofort den Mund verboten. Beim Empfang war sie jedenfalls nicht.“
Wir ließen die Schiffs-KI die Datenbanken der lokalen Sicherheitsbehörden und die der HoloNetNews durchforsten.
„Es existieren insgesamt sechsundachtzig Files, die die Suchparameter erfüllen“, meldete die KI schließlich.
Der Bildschirm blieb jedoch leer. Wir sahen einander ratlos an.
Die KI der Executor war immer noch in einer Phase ihrer Existenz, in der sie viel lernen musste. Der hochentwickelte Computer hatte sogar ein Hobby: die Crew beobachten und Schlüsse über menschliches Verhalten ziehen … War die Maschine sich über einen Sachverhalt nicht schlüssig?
„Die Files, Lady?“, fragte ich.
„Der Zentralcomputer von Tion hat sie. Sie unterliegen einer besonderen Sicherheitsstufe und er will sie mir nicht überlassen.“
Computer konnten in dieser Welt sehr eigen sein …
„Ich glaube, sie haben etwas gemerkt“, sagte Lady Tion.
„In welcher Hinsicht?“
Lord Tion lümmelte nachlässig in seinem Lieblingssessel, einen Drink in der Hand, und machte inzwischen einen deutlich derangierten Eindruck. Lady Tion beschloss, das zu ignorieren.
„Dass Malala entführt wurde. Senya hat sich verplappert“, bemerkte Lady Tion. „Ich habe gleich gesagt, dass sie noch zu jung für diesen Empfang ist.“
Lord Tion schüttelte den Kopf.
„Ich habe sämtliche Dateien besonders schützen lassen.“
Ob das reichte? Lady Tion bezweifelte das. Erst waren Lord Vaders Adjutanten verschwunden, dann der dunkle Lord höchstselbst.
Nicht dass sie ihn vermisst hätte.
Aber es beunruhigte sie mehr, als sie zuzugeben bereit war.
Vader betrat den Analyseraum. Er mochte keine Empfänge und hatte diesen vermutlich kurz nach uns verlassen.
„Sie haben etwas entdeckt?“
„Haben wir“, sagte ich. „Die Lady behauptet, dass der Zentralcomputer Tions insgesamt sechsundachtzig Dateien hat, die sich mit Lord Tions Tochter Malala beschäftigen.“
„Lord Tions Tochter?“
„Sie ist dem Anschein nach entführt worden“, erklärte ich. „Ihre jüngere Schwester hat sich verplappert und Lady Tion hat ihr sofort den Mund verboten. Außerdem will der Zentralcomputer Tions diese Files nicht herausgeben.“
Vader ließ sich in den Sitz vor einer der Arbeitsstationen fallen, der unter seinem Gewicht bedenklich knarzte (es liefen Wetten, ob irgendwann einmal einer der Stühle seinem Gewicht und dem der Rüstung nicht mehr standhalten würde).
„Holen Sie Lieutenant San und Kelson Kresk“, befahl Vader und Praji und Jir verschwanden, um die Genannten ausfindig zu machen und Vaders Befehle weiterzuleiten.
Kurze Zeit später erschien Lieutenant San.
Mit feuchten Haaren, aber korrekt gekleidet. Vorzeigeoffizier und Computergenie. Hacken war für ihn etwas, das einer entspannenden Freizeitbeschäftigung am nächsten kam. Er verbeugte sich förmlich.
„Mein Lord.“
Nach ihm stürzte Kelson Kresk in den Raum.
Seine Haare waren grün-pink gefärbt und seine Kleidung bestand aus weiten Gewändern in schreiend bunten Farben. Atemlos ließ er sich auf den Sitz vor einer freien Arbeitsstation fallen und rieb sich erwartungsfroh die Hände. Kresk war Zivilist (= durfte so herumlaufen, solange er sich hinter einem Rechner versteckte) und ein echter Nerd.
„Was nehmen wir heute auseinander, Boss?“
Vader marschierte mit raumgreifenden Schritten durch Lord Tions Palast, so dass ich und die uns begleitenden Sturmtruppler fast rennen mussten, um hinterherzukommen.
Vader fand Lord Tion in einer Besprechung mit seinem Stab, ignorierte die Männer und packte Tion mit der Macht am Hals.
„RAUS!“, befahl er mit einer Bewegung seiner anderen Hand.
Tions Männer beeilten sich, dem Befehl des dunklen Lords Folge zu leisten.
Dann wandte er sich Tion zu, der sich vergeblich aus dem Machtgriff Vaders zu befreien suchte.
„Wann wollten Sie uns eigentlich sagen, dass sie Ihren Sternenzerstörer nur deshalb fast verloren haben, weil Ihre Tochter mit den Piraten kollaboriert hat?“
Oh ja, die Dateien, die der Zentralcomputer Tions nicht hatte hergeben wollten, enthielten viele interessante Details …
Vader ließ Tion gerade so viel Luft, dass er antworten konnte.
„Ich habe meine Tochter zurückgeholt“, presste der Lord hervor. „Jeder Vater würde das tun.“
„Und zum Dank dafür wollte sie Sie abstechen“, warf ich ein. „Sie haben nur knapp überlebt.“
Man konnte der jungen Frau lediglich zugutehalten, dass sie vermutlich unter einer Art Stockholmsyndrom litt …
„Darüber hinaus haben Sie einen Teil Ihrer planetaren Verteidigungsflotte verloren“, fuhr ich fort. „Die Sicherheit ihres Planeten gefährdet. Wo ist sie jetzt eigentlich, Ihre Tochter?“
„Unter Hausarrest, in meinem Palast.“
Vader übernahm wieder die Gesprächsführung.
„Nur eines haben wir nicht in den Dateien gefunden“, sagte er.
Und das war etwas, das uns ganz besonders interessierte.
„Was ist das, mein Lord?“
Vader hatte Tion immer noch mit Nachdruck am Hals.
„Wo sie sind …“
Lord Tion kooperierte vollumfänglich.
Er lieferte Daten, Koordinaten, vermutete Mannstärke, Anzahl, Typ und Bewaffnung der Schiffe.
Kurze Zeit später fiel die Todesschwadron aus dem Hyperraum über dem Planeten, den die Piraten als Rückzugsort gewählt hatten.
„Bereiten Sie einen Basis Delta Zero vor“, befahl Vader.
Admiral Ozzel und Captain Piett zögerten.
Basis Delta Zero war der imperiale Code zur systematischen Vernichtung eines Planeten.
Diese Operation galt als Methode, um die Bevölkerung, die Industrie und alle natürlichen Ressourcen einer Welt vollständig zu liquidieren.
Dabei wird die Planetenkruste an allen neuralgischen Punkten kilometertief aufgeschmolzen und diese teilweise bis in die Stratosphäre geschleudert, wodurch die Biossphäre entweder durch die unmittelbare Hitzeeinwirkung, das Bombardement durch die zur Oberfläche zurückstürzende Materie, die vergiftete Atmosphäre oder durch das fehlende Sonnenlicht vernichtet wird. Letztendlich bleibt nur verbrannte Erde.
„Aber das können wir doch nicht machen“, wandte ich ein. „Wir bestrafen Schuldige wie Unschuldige gleichermaßen und vernichten alles Leben.“
Vader sagte nichts, stand mit hinter dem Rückten verschränkten Armen an den Sichtluken der Exekutor und blickte auf den Planeten hinab.
Auch wenn es in diesen Aufzeichnungen streckenweise anders wirkt: mein Einfluss auf Vader ist begrenzt.
Executor. Vollstrecker. Henker.
Was für einen passenden Namen hatte ich doch für sein Schiff gewählt …
„Vielleicht hätte ich doch den Namen unterstützen sollen, den der Generalstab ursprünglich für Euer Schiff vorgesehen hatte.“
Bahamut. Den Namen eines Monsters für das Schiff eines Monsters.
Vader wandte sich mir zu und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, dass er mich mit der Macht packen oder mich schlagen würde.
Stattdessen winkte er zwei Wachen.
„Schafft sie weg!“
Was hatte ich eigentlich erwartet?
Dass ich Vaders Handlungen immer mit meinen Vorstellungen von Gerechtigkeit in Einklang bringen konnte?
Er sich immer nur mit Kriminellen beschäftigen würde?
Er sich immer dazu überreden ließ, Verräter und Aufständische am Leben zu lassen?
Er mich immer agieren ließ, nur weil ich glaubte, eine andere, bessere Lösung gefunden zu haben?
Oh, was war ich doch für eine Närrin …
Vader stand an den Sichtluken der Hauptbrücke und sah auf den namenlosen Planeten hinab, über den die Executor hinwegflog.
Kilian war ein guter Mensch. Sein Licht in der Dunkelheit. Es gab Dinge, deren Notwendigkeit sie vermutlich nie verstehen würde.
Dieser Planet bot sich für eine Demonstration nahezu unbegrenzter imperialer Macht geradezu an: Er diente Piraten als Basis und es gab nur eine geringe Besiedlung durch indigene Bevölkerung, die bisher kaum eine Zivilisation entwickelt hatte.
Kilians Worte und Gedanken gingen Vader durch den Sinn.
Wie passend der Name doch war, den sie für sein Schiff gewählt hatte.
Executor. Vollstrecker. Henker.
Besser nur der Name, den der Generalstab für sein Schiff vorgesehen hatte.
Bahamut.
Den Namen eines Monsters für das Schiff eines Monsters.
Das traf ihn fast mehr, als er bereit war, vor sich selbst zuzugeben.
Er erinnerte sich seiner eigenen Worte.
Bereiten Sie einen Basis Delta Zero vor. Vernichten Sie alles, was sich auf dem Planeten befindet, löschen Sie ihn vollständig aus.
Der Imperator mochte solche Dinge, fand, dass er, Vader, in den letzten Jahren zu milde, zu nachsichtig und zu verzeihend geworden war …
Der dunkle Lord merkte nicht, wie er in Trance fiel.
Ich habe dir Kilian geschenkt, flüsterte es durch die Macht. Damit du nicht alleine bist. Damit du ihre Fähigkeiten klug nutzt. Aber die Vernichtung einer ganzen Welt aus keinem anderen Grund als den einer Machtdemonstration wird sie dir nicht verzeihen, niemals …
Es war alles bereit.
Und doch war sich Admiral Ozzel unschlüssig, ob er den Befehl des dunklen Lords unmittelbar ausführen sollte.
Vader stand nun schon eine geschlagene Viertelstunde an den Sichtluken und starrte hinaus, ohne eine Regung zu zeigen.
Ein Basis Delta Zero war nichts, das leichtfertig befohlen wurde. Bisher nur zweimal, soweit er wusste.
Ozzel wollte sich den Befehl deshalb noch einmal ausdrücklich von Lord Vader bestätigen lassen.
Er war sich allerdings nicht schlüssig, ob er Vader ansprechend sollte.
„Lord Vader?“
Keine Reaktion. Ozzel versuchte es noch einmal, diesmal lauter.
„Lord Vader!“
Jetzt reagierte Vader und drehte den Kopf.
„Admiral.“
„Wir sind feuerbereit, Sir“, meldete Ozzel.
„Gut“, sagte Vader. „Lassen Sie niemanden entkommen, aber beschränken Sie den Basis Delta Zero auf die Piratenbasis.“
Ozzel verbeugte sich vor dem dunklen Lord.
„Ja, Herr.“
„Ihr braucht Euch nicht schuldig zu fühlen für Dinge, die nicht in Eure Verantwortung fallen und die Ihr nicht hättet verhindern können“, sagte Vader, als er mich aus der Arrestzelle holte. „Und das nächste Mal lasst Ihr mich ausreden. Ich habe lediglich einen auf das Piratenhauptquartier gerichteten Basis Delta Zero befohlen.“
Ich war mir zwar ziemlich sicher, dass dieser Befehl ursprünglich auf den gesamten Planeten angewendet werden sollte, wollte mich hier aber nicht mit Haarspaltereien aufhalten. Andererseits …
„Aber was ist mit den Personen, die gar keine Piraten waren?“, wandte ich ein. „Ihre Frauen und Kinder? Ihre Geiseln und Gefangenen?“
Vader hielt inne.
„Man kann sie nicht alle retten.“
„Aber …“
„Jeder Angehörige von Sicherheitskräften weiß das“, sagte der dunkle Lord und deutete mit ausgestrecktem Zeigefinger auf mich.
„Ihr hättet ein paar Sturmtruppeneinheiten hinunterschicken können“, sagte ich. „Vielleicht hätten wir wenigstens ein paar befreien können.“
„Ich bin meinen Männern gegenüber verpflichtet“, sagte Vader. „Die Piraten hätten Widerstand geleistet. Meine Leute getötet. Und was hätten wir im Austausch dafür bekommen? Frauen und Kinder, die uns hassen, weil wir ihre Ehemänner und Väter getötet haben. Geiseln und Gefangene, die sich inzwischen schon längst mit ihren Entführern gemein gemacht haben.“
Ich schwieg.
„Es war Lord Tions Tochter, die ihren Entführern die Codes für die Schilde des Sternenzerstörers ihres Vaters gegeben hat“, fuhr Vader fort. „Nur deshalb konnten die Piraten das Schiff so stark beschädigen, dass es in die Werften nach Kuat gebracht werden musste. Hätte sie Erfolg gehabt, wären die mehr als dreißigtausend Mann an Bord ums Leben gekommen und die Biosphäre des Planeten nachhaltig geschädigt worden.“
Alle Raumschiffe enthielten hochgradig giftige Chemikalien, ein Sternenzerstörer aufgrund seiner schieren Größe ganz besonders viele.
„Später hat sie versucht, ihren eigenen Vater zu töten“, fuhr Vader fort, „Lord Tion hat nur knapp überlebt.“
Ein Psychologe hätte bei Malala womöglich ein Stockholm-Syndrom diagnostiziert, nur interessierte das in dieser Welt niemanden.
„Und wenn ich dort unten gewesen wäre? Als eine Geisel oder Gefangene?“
„Ihr seid meine Frau. Ich hätte Euch nicht in den Händen der Piraten gelassen.“
Eine Möglichkeit, die für die Geiseln und Gefangenen der Piraten nicht existiert hatte. Stattdessen waren sie zusammen mit ihren Gefängniswärtern im Feuer der Executor ums Leben gekommen …
Die Todesschwadron verließ den Tion-Cluster und wir reisten durch das Hutt-Territorium in Richtung Ryloth.
Offiziell waren die Hutts unabhängig vom Imperium, was aber nur die halbe Wahrheit war.
Die Hutts und die von ihnen beherrschten und beeinflussten Welten waren alle nicht wirklich produktiv und verfügten kaum über die Mittel, die Ersatzteile für ihre Raumschiffe auf ehrliche Weise zu erwerben.
Von dem Luxus, mit dem die Hutts sich so gerne umgaben, war da noch nicht einmal die Rede, denn das Imperium ließ nur noch einen eng begrenzten Handel mit Drogen, Waffen und Frauen zu.
Die Hutts waren also in vielerlei Hinsicht abhängig von Imperium, und das Imperium nutzte das aus. Auch der Durchflug der Todesschwadron war etwas, mit dem das Imperium den Hutts demonstrierte, dass ihre Unabhängigkeit nur auf dem Datenpad existierte.
Nichtsdestotrotz ordnete Admiral Ozzel stillen gelben Alarm an, um gegen alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Eine gute Übung für die vielen jungen und unerfahrenen Offiziere an Bord.
„Nein“, sagte Vader gerade, „Nein das ist nicht wahr.“
Der dunkle Lord gehörte auch zu den Männern, die manche Sachen einfach nicht zugeben konnten.
Hin und wieder spazierten wir gerne durch die nächtlichen, verwaisten Korridore der Executor, sprachen, zankten oder stritten dabei über wichtiges, weniger wichtiges oder unwichtiges, als Vader plötzlich inne hielt und in die Macht lauschte.
„Kommt mit“, sagte er, wandte er sich um und hatte es plötzlich eilig, zur Brücke zu gelangen. Irgendetwas von Tragweite musste geschehen sein …
Auf der Hauptbrücke angelangt, nötigte er Lieutenant Venka, unverzüglich aus dem Hyperraum auszutreten.
„Aber Sir“, widersprach dieser, „das ist gefährlich. Die Vorschriften …“
„Vorschriften interessieren mich nicht“, knirschte Vader und hob die Hand.
Das war der Punkt, an dem der junge und unerfahrene Offizier es nicht mehr wagte, Vader weiter die Stirn zu bieten.
Weshalb der stete Hyperraumwirbel sich zunächst zu weißen Streifen wandelte und dann wieder zu Sternen verdichtete.
Erneut lauschte Vader in die Macht, legte dabei den Kopf auf diese charakteristische Weise schräg.
„Setzen Sie Kurs auf Kamino!“, befahl er dann.
„S-Sir?“, stotterte Venka.
Es war bei der imperialen Sternenflotte nicht unüblich, jungen, vielversprechenden Männern frühzeitig Verantwortung zu übertragen (wenn auch nur in der Nachtschicht), aber die Situation begann Venka offensichtlich zu überfordern.
Weshalb ich dazwischen ging.
„Gibt es ein Problem mit Kamino, Lieutenant?“
Venka griff dankbar nach der Rettungsleine, die ich ihm zuwarf.
„Ma’am“, sagte er, „es ist kein Planet oder System mit dem Namen Kamino in unseren Datenbanken verzeichnet.“
„Ja dann sagen Sie das doch Lord Vader …“
Wenn man „von oben“ auf die Sternenkarte der Galaxis sah, lag Kamino eigentlich nicht einmal in einer besonders abgelegenen Region.
Betrachtete man die Galaxis jedoch aus einer anderen Perspektive, nämlich von der Seite, dann erkannte man, dass das Kamino-System sich ein ganzes Stück außerhalb, nämlich „über“ der Galaxis befand.
Das erklärte den geringen Bekanntheitsgrad ausreichend, darüber hinaus gaben sich die Kaminoaer redlich Mühe, sich aus allen galaktischen Konflikten herauszuhalten.
Erst während der Klonkriege waren sie als Erschaffer der Klonsoldaten wieder in den Fokus getreten, nach Jahrtausenden selbstgewählter Isolation.
Danach begannen sie erneut in Vergessenheit zu geraten, und ich glaube, dass das ganz in ihrem Sinne war.
Nichtsdestotrotz schreckten wir sie doch ziemlich auf, als die Executor über ihrem Planeten aus dem Hyperraum fiel und Vader Zugang zu den Klonlabors forderte …
Die Schiffe der Todesschwadron trafen nach und nach am vereinbarten Sammelpunkt ein und warteten auf die Executor. Die aber kam nicht.
„Die Executor ist das mit Abstand schnellste Schiff der Flotte“, sagte Captain Needa. „Sie hätten eigentlich vor uns da sein müssen.“
„Und wenn das eine von Lord Vaders kurzfristig anberaumten Übungen ist? Sie könnten irgendwo auf der Lauer liegen oder versuchen, uns in einen Hinterhalt zu locken“, spekulierte Needas alter Adjutant, ein Veteran vieler Schlachten.
Needa runzelte die Stirn. Das war eine Möglichkeit, an die er noch gar nicht gedacht hatte. Aber bei Lord Vader musste man mit allem rechnen.
Obwohl Needa ja eher befürchtete, dass das Schiff den Gefahren des Hyperraums zum Opfer gefallen war und Needa wollte nicht derjenige sein, der dem Imperator berichten musste, dass das neueste und teuerste Schiff der Flotte mitsamt der Crew im Hyperraum verschollen war …
Natürlich gestatteten die Kaminoaner uns den Zugang zu ihren Klonlaboren.
Die Gesamtanlage war groß wie eine kleine Stadt und lag wie die meisten Städte der Kaminoaner entlang des Äquators.
„Hier haben sie die Klonarmee gezüchtet und trainiert“, sagte Vader.
Ich betrachtete die holographischen Bilder. Verschiedene Gebäudekomplexe ragten auf und erstaunt erkannte ich einen Venator, der inmitten der Struktur lag.
„Ist die Anlage noch in Betrieb?“, fragte ich.
„Es werden nur einzelne, kleine Bereiche mit Energie versorgt“, sagte Piett.
„Wir gehen hinunter“, bestimmte Vader. „Ich will wissen, was hier vor sich geht!“
„Sir, wir haben ein Prioritätssignal von der Executor erhalten“, meldete einer der Kommunikationsoffiziere.
Captain Wermis atmete erleichtert auf.
Er wollte nicht wissen, was der Imperator mit ihnen anstellen würde, sollten sie jemals den Verlust der Executor oder Lord Vaders melden müssen, ausgerechnet jetzt, wo seine Frau bald ihr erstes Kind erwartete …
„Meldung“, befahl Wermis.
„Lord Vader verlangt, dass wir uns unverzüglich im Orbit von Kamino einfinden sollen, sie übertragen gerade die Koordinaten.“
„Lord Vader“, sagte der Kaminoaner, der uns auf einer der Landeplattformen empfing, „wir freuen uns, Euch hier begrüßen zu dürfen.“
„Nein“, antwortete Vader, „das tun Sie nicht.“
Der dunkle Lord ignorierte den Kaminoaner und marschierte an ihm vorbei.
Eine Machtvision hatte Vader hierher geführt. Was uns hier erwartete, hatte ihm die Vision allerdings nicht gezeigt. Die Tatsache, dass sie nicht auf unsere Funkanrufe geantwortet hatten, obwohl einzelne Bereiche entgegen der Aussagen der Kaminoaner doch aktiv zu sein schienen, verärgerte Vader.
„Vielleicht halten Sie die Anlage betriebsbereit, ohne sie wirklich zu nutzen“, vermutete ich.
Vader schüttelte den Kopf.
„Nein.“
Im Inneren angelangt wies er den Sturmtrupplern einzelne Gebäudeteile zu, die diese durchsuchen sollten.
„Melden Sie alles Ungewöhnliche“, schärfte er den Männern ein. „Sie werden erkennen, wonach wir suchen, sobald Sie es finden.“
Die Truppen schwärmten aus, verteilten sich.
„Kilian“, sagte er, „Ihr bleibt hier. Seht Euch in den benachbarten Räumen um, aber geht nicht weg von hier.“
Vader wandte sich an zwei Sturmtruppler, die in meiner Nähe standen.
„Sie sind mir für ihre Sicherheit verantwortlich.“
Für wirklich gefährlich schien Vader die Lage jedoch nicht zu halten, denn sonst hätte er mich auf der Executor zurückgelassen.
Ich sah mich ein wenig in den Empfangsräumen und den angrenzenden Räumen um – Büros, eine kleine Kantine – kam mir dabei aber zunehmend blöd vor.
Wir kamen hierher, Vader wischte alle Einsprüche der Kaminoaner beiseite und durchsuchte mit seinen Truppen die Gebäude weil er glaubte, dass man hier etwas Wichtiges vor ihm verbarg. Letztendlich hatte er aber nicht mehr als ein vages Gefühl. Rechtfertigte das diesen Überfall tatsächlich?
Ich setzte mich, aktivierte einen der Bildschirme und sah mir ein paar HoloVids an, die in kurzer, für den Laien verständlicher Form die Arbeit des Klonlabors darstellten.
Dann fing ich an, mich zu langweilen.
Ich hätte mein PAD mitnehmen sollen. Oder an Bord der Executor bleiben.
Polternde Geräusche erklangen plötzlich über unseren Köpfen.
Wir sahen nach oben und die beiden Sturmtruppler schoben mich hinter sich, hoben ihre Waffen und zielten auf die Decke.
Da bewegte sich jemand in den Wartungs- und Lüftungsschächten …
Dann trat dieser jemand eine Luke auf und ließ sich aus der Öffnung fallen.
„Halt“, befahl einer der Sturmtruppler. „Auf die Knie und Hände über den Kopf.“
Der junge Mann fuhr ertappt zusammen, zögerte kurz und ließ sich dann gehorsam auf die Knie fallen und verschränkte die Hände über den Kopf.
Neugierig trat ich um die Sturmtruppler herum, um einen Blick auf den Gefangenen zu werfen. Der junge Mann wandte mir das Gesicht zu und sah mich an.
Sie werden erkennen, wonach wir suchen, sobald Sie es finden …
Nicht die Sturmtruppen. Aber ich.
Mechanisch hob ich den KomLink an die Lippen.
„Lord Vader“, sagte ich, als er sich meldete, „wir haben gefunden, wonach Ihr sucht.“
„Wer sind Sie?“, fragte ich.
Vader würde eine Weile brauchen, um wieder hierher zu gelangen.
„Ich bin Anakin“, sagte er.
Er hieß nicht nur so, sondern sah auch aus wie ein exaktes Duplikat des jungen Anakin Skywalker, trug sogar die Haare auf die gleiche Weise.
Dann fiel mir ein, wo wir uns befanden. Ein Klonlabor der Kaminoaner. Der junge Mann war vermutlich tatsächlich eine Kopie Vaders.
Sein Klon.
Natürlich war er jünger. Und ohne die Narben und den Lungenschaden, unter dem Vader bis heute litt. Das würde den dunklen Lord gewiss nicht gefallen …
„Und wer sind Sie?“, fragte er.
Eine berechtigte Frage.
„Ich bin Lord Vaders persönlicher Adjutant.“
Er dachte darüber nach.
„Wer ist das?“
„Wer ist wer?“, fragte ich.
„Lord Vader.“
„Lord Vader ist der Oberkommandierende der Sternenflotte des Galaktischen Imperiums und der zweite Mann nach dem Imperator.“
Wusste er wirklich nicht, wer Vader war?
Der junge Mann runzelte die Stirn.
„Dann ist er sicher eine wichtige Persönlichkeit.“
Mir begannen die gewählte Sprache und das für junge Leute untypische, ja fast höfische Benehmen aufzufallen.
„Weil wissen Sie“, fuhr er fort, „das ist eigenartig. Onkel Sheev und Tante Mara haben ihn nie erwähnt.“
Es dauerte zwei, drei Sekunden, bis ich die Tragweite erkannte. ONKEL Sheev und TANTE Mara?!
„Kann ich aufstehen?“, fragte Anakin.
„Ja“, sagte ich.
„Nein“, sagte der höherrangige Sturmtruppler.
„Muss das sein?“, fragte ich. „Er ist nicht bewaffnet und Lord Vader wird in Bälde hier eintreffen.“
Der Sturmtruppler dachte kurz nach und signalisierte danach sein Einverständnis, gleichzeitig behielten sie den jungen Mann aber immer noch genauestens im Auge.
Anakin erhob sich. Er sah zwar aus wie der junge Vader, bewegte sich wie Vader, sprach wie Vader – war aber trotzdem ein völlig anderer Mensch.
Das war vielleicht kein Wunder: er wuchs auf ohne Sklaverei, ohne den Verlust wichtiger Bezugspersonen, ohne die Gehirnwäsche durch den Jedi-Orden, ohne die Erfahrungen der Klonkriege und des Verrats, ohne Einsamkeit und Schmerzen …
„Ihr habt es gefunden?“, fragte Vader, als er eintraf.
Stumm wies ich auf den jungen Mann, der in einiger Entfernung stand, bewacht von den Klonsoldaten.
Vader erstarrte und musterte seinen Klon.
Eine Sekunde verging.
Anakin schien unsicher, wie er auf die Situation reagieren sollte.
Zwei Sekunden.
Eine Situation, auf die ihn offenbar niemand vorbereitet hatte.
Drei Sekunden.
Dann zückte Vader sein Lichtschwert.
„LAUF WEG!“, rief ich Anakin zu. „VERSTECK DICH!“
Jetzt schien Anakin zu begreifen, warf sich herum und lief weg.
Vader warf mir einen vernichtenden Blick zu.
„Darüber reden wir noch“, sagte er, bevor er Anakin hinterhereilte, gefolgt von den Sturmtrupplern.
Anakin verstand die Situation nicht wirklich.
Aber er erkannte, wenn ihm jemand ans Leben wollte.
Seine ganze bisherige Existenz hatte er hier verbracht, hier, in einem ehemaligen Klonlabor der Kaminoaner.
Privatdozenten und Klonsoldaten waren seine Lehrer gewesen. Bisher war er der Meinung gewesen, dass er sich ein fundiertes Wissen über die Galaxis außerhalb dieses Labors angeeignet hatte.
Jetzt lernte er, dass es Details gab, die ihm nicht nur völlig unbekannt waren, sondern ihm auch schaden konnten.
Warum der Mann in der altertümlichen Rüstung eines Generals so böse auf ihn gewesen war, dass es fast mit Händen zu greifen gewesen war?
Dann begriff er. Dieser Mann konnte die Macht wirken. Ebenso wie Onkel Sheev und Tante Mara.
Anakin erinnerte sich. An Onkel Sheevs regelmäßige Besuche, als er noch klein gewesen war. An die Enttäuschung in seinen Augen, als sich zeigte, dass er, Anakin, die Macht nicht wirken konnte. Dass er ein gescheitertes Projekt war.
Trotzdem hatte Onkel Sheev ein Raumschiff dagelassen, das ihn von hier wegbringen konnte, falls er ihn jemals zu sich nach Coruscant rufen sollte.
Coruscant, das strahlende Zentrum der Galaxis, von dem er sich so sehr wünschte, es nur einmal mit eigenen Augen zu sehen.
Anakin rief sich zur Ordnung. Erst einmal musste er diesem Monster entkommen, das seinen Tod wollte …
Glühender Zorn erfüllte den dunklen Lord. Voller Hass und Wut sah er dem Venator nach, der sich über die Stadt erhob.
Er musste zugeben, dass sein Klon ein fähiger, entschlossener junger Mann war, der es tatsächlich geschafft hatte, sich an Bord des alten Kriegsschiffes zu retten, welches hier Wacht hielt.
Nun, was konnte man anderes von einer jüngeren Ausgabe seiner selbst erwarten?
Und wer hätte gedacht, dass die Mannschaft dieses Schiffes nach den langen Jahren auf dieser friedlichen Welt einen Alarmstart wie aus dem Lehrbuch hinbekam?
Vader bedauerte, dass reale Machtkräfte ihre Grenzen hatten. Was hatte Kilian ihm erzählt? In HoloVids wurde der Eindruck erweckt, dass Machtnutzer Raumschiffe regelrecht vom Himmel ziehen konnten?
Kilian.
Mit ihr würde er sich auch noch auseinandersetzen müssen …
Der Junge hatte es geschafft, sich ihm zu entziehen. Aber noch war er nicht entkommen.
Vader griff zum KomLink.
„Captain Piett.“
Piett wand sich.
„Aber Sir, das können wir nicht machen.“
Dem Captain der Executor lief es eiskalt über den Rücken, als Vaders Stimme gefährlich leise aus dem KomLink drang.
„Und warum können wir das nicht machen?“
Piett beeilte sich mit der Antwort, wollte seinen finsteren Herren nicht warten lassen.
„Sie senden ein kaiserliches Prioritätssignal.“ Piett stählte sich. „Mir sind die Hände gebunden. Ich kann nicht auf sie feuern lassen.“
Dann verfluchte er den Tag, an dem er das Kommando über dieses Schiff angenommen hatte.
Es wäre sein sicherer Tod, sollte er ein kaiserliches Prioritätssignal ignorieren. Andererseits würde der dunkle Lord irgendwann demnächst wieder an Bord kommen …
Währenddessen beobachtete Piett den Venator, der an der Executor vorbeizog und mit Höchstgeschwindigkeit auf einen der Sprungpunkte Kaminos zulief. Ob er noch erfahren würde, warum es Lord Vader so wichtig war, dieses Schiff vernichtet zu sehen?
Falleen, Palast der Sizhran-Familie
Xizor warf das Baby hoch in die Luft und der Säugling quietschte vor Vergnügen. Der Falleen fing seinen Neffen sicher wieder auf und machte Anstalten, den Kleinen ein weiteres Mal hoch in die Luft zu werfen.
„Jetzt ist es aber genug“, schimpfte Xizors Schwester, die Mutter des Jungen. „Kommt lieber rein, das Essen ist fertig.“
Xizor klemmte sich das Baby unter den Arm und trug es ins Haus. Auch das würde seiner Schwester missfallen, aber der Kleine liebte solche Sachen …
Xizor setzte sich an den Esstisch und übergab seinen Neffen seiner anderen, jüngeren Schwester.
Ein gut gedeihender, lebhafter Säugling machte viel Mühe, und Xizor und seine jüngere Schwester unterstützten die Mutter des Kleinen bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Inzwischen waren auch der Ehemann der älteren Schwester und der zukünftige Mann der jüngeren eingetroffen. Die Familie aß und trank, sie lachten und scherzten und schmiedeten Pläne.
„Wenn ihr beiden euch jemals mit dem Gedanken tragen solltet, euch zu verändern oder die Branche wechseln zu wollen – in meiner Firma sind immer Positionen für Euch frei.“
Das Angebot galt den Männern seiner Schwestern. Xizor leitete eine der größten Transportfirmen in der Galaxis: Xizor Transport Systems. Doch beide winkten lachend ab – sie gehörten der herrschenden Oberschicht Falleens an und gingen nicht davon aus, dass Xizor dieses Angebot ernst meinte. Warum er überhaupt das Bedürfnis verspürte, einer Beschäftigung nachzugehen, verstanden sie nicht …
Das überraschende Zusammentreffen mit seinem eigenen Klon war für Vader ein echter Schock gewesen. Etwas, das ihn aus dem Gleichgewicht warf.
Anakin hingegen tat das einzig Richtige und suchte das Weite.
Wie wütend Vader alleine die Existenz seines Klons machte, konnte man daran ermessen, dass er mich stehen ließ und unverzüglich die Verfolgung aufnahm. Weshalb ich mir eine Fähre kommen und mich zur Executor zurückfliegen ließ.
Kaum dort eingetroffen, erfuhr ich, dass Anakin in dem alten Venator entkommen war, der zwischen den Türmen Timira-Citys in Bereitschaft gelegen war.
Um das zu leisten, musste die Mannschaft dieses Schiffes einen Alarmstart wie aus dem Bilderbuch hinbekommen haben. Der dunkle Lord konnte nicht mehr tun, als dem startenden Venator hinterherzusehen, war allerdings noch nicht am Ende seiner Handlungsoptionen und verlangte von Captain Piett, das Schiff abzuschießen.
Doch der Venator sendete ein kaiserliches Prioritätssignal und Piett weigerte sich deshalb, diesen Befehl auszuführen. Obwohl es mich freute, dass der Klon entkommen war, begriff ich in diesem Augenblick, dass Pietts Leben jetzt an einem seidenen Faden hing …
Ukio, Hochsicherheitslabor des CDC
„Aber es steht doch noch gar nicht fest, ob es sich tatsächlich um einen Kovola-Ausbruch handelt“, wandte der jüngere Labortechniker ein.
„Wenn wir warten, bis wir sicher sind, dann ist es zu spät. Sie wissen doch, dass ein einziger Infizierter ausreicht, die Seuche auf einem anderen Planeten zu tragen und diesen ebenfalls auszulöschen?“
Der junge Laborant schluckte. Sein Vorgesetzter hatte natürlich Recht. Kovola war eine fürchterliche Krankheit. Sie war hochgradig ansteckend, verbreitete sich durch die Luft und die Mortalitätsrate lag bei exakt einhundert Prozent. Wer sich infizierte, starb.
Natürlich gab es immer Menschen (und Nicht-Menschen), die eine natürliche Immunität besaßen und die sich nicht ansteckten.
Diese Anzahl lag jedoch, je nach Spezies, irgendwo im niedrigen Prozent- oder Promillebereich. Günstige Umweltbedingungen konnten die Ausbreitung des Virus behindern oder verlangsamen, aber selbst dann lagen die Sterberaten immer noch bei weit über neunzig Prozent …
Der Labortechniker nickte.
„Ich sehe, dass Sie verstanden haben. Wir haben gar keine andere Wahl als den Planeten sperren zu lassen. Sicherheitshalber.“
Vader betrat die Brücke der Executor und packte Piett umstandslos mit der Macht am Hals.
„Wo sind sie?“
„Wer, Sir?“, presste Piett hervor.
„Der Venator, den ich befohlen habe abzuschießen.“
„Sie sind in den Hyperraum gesprungen, nachdem sie ein kaiserliches Prioritätssignal gesendet haben“, flüsterte der kleine Captain, während er um Atem rang.
„Und Sie sind nicht auf den Gedanken gekommen, dieses Schiff mit dem Traktorstrahl zu erfassen und festzuhalten?“
Vader wäre also an Bord gegangen und hätte Anakin getötet. Und offensichtlich hatte er vor, seinen Unmut über dessen Entkommen an Captain Piett auszulassen.
Nein, das war nicht in Ordnung. Ganz und gar nicht.
„Ihr habt nichts dergleichen befohlen“, brachte Piett hervor.
„Captain Piett kann nicht zwei Herrn dienen“, sagte ich. „Dem Imperator und Euch.“
Vader warf mir einen nur schwer deutbaren Blick zu, ließ Piett aber nach einer kurzen Denkpause los.
„Darüber reden wir auch noch.“
An Bord der Nighthawk,
36.000 Klicks über Ukio
„Die ersten Tests deuten darauf hin, dass es sich um das Kovola-Virus handeln könnte. Angesichts dessen befürworte ich eine Vollsperrung des Planeten für die nächsten zehn Tage.“
Das bedeutete, dass in dieser Zeit niemand den Planeten betreten oder verlassen durfte.
Der Captain der Nighthawk nickte.
„Machen Sie das auf allen Kanälen bekannt. Wir werden jeglichen Schiffsverkehr unterbinden. Brauchen Sie weitere Unterstützung?“
„Wir sind weitgehend autark und werden zehn Tage Quarantäne problemlos überstehen“, sagte der Regierungschef.
Er sprach nicht aus, was beide Männer dachten. Sollte es sich tatsächlich um einen Ausbruch des Kovola-Virus handeln, würden die Bewohner des Planeten keine weitere Unterstützung mehr brauchen …
„Aber es kann doch keine Lösung sein, diesen jungen Mann zu töten“, wandte ich ein. „Anakin hat Euch nichts getan und ist nicht für seine Existenz verantwortlich.“
„Palpatine“, zischte Vader hasserfüllt. „Palpatine hat veranlasst, dass dieser Klon … da ist.“
Das würde Vaders Beziehung zum Imperator nicht verbessern …
„Anakin kann Euch nicht schaden“, sagte ich. „Sein Tod bringt Euch keinen Nutzen.“
Vader hielt inne.
„Kilian“, sagte er. „Alles, was Palpatine tut, hat einen Sinn und bringt ihm Nutzen. Er hat versucht, mich durch eine jüngere, stärkere, machtfähige Kopie meiner selbst zu ersetzten.“
„Ich hatte nicht den Eindruck, dass Anakin die Macht wirken kann.“
„Das kann er auch nicht“, sagte Vader.
„Das wird für den Imperator eine Enttäuschung gewesen sein“, bemerkte ich.
Vader grinste hämisch.
„Machtfähigkeiten lassen sich nicht klonen.“
Aber der Imperator arbeitete daran oder hatte es zumindest versucht …
Falleen, Palast der Sizhran-Familie
„Xizor, ich möchte mit dir reden.“
Xizor zuckte bei den Worten seiner älteren Schwester zusammen. Es verhieß nichts Gutes, wenn sie diesen Tonfall anschlug. Mindestens eine Standpauke …
Xizor setzte sich. Außerdem war seine jüngere Schwester anwesend. Das verhieß wirklich nichts Gutes …
Xizor ging im Geiste alle Verfehlungen der letzten Wochen und Monate durch, ihm fiel aber nichts ein, was den Unmut seiner Schwestern verursacht haben könnte.
„Xizor“, sagte die ältere. „Wir haben lange nichts gesagt, weil wir der Meinung sind, dass ein Mann etwas braucht, mit dem er sich beschäftigen kann.“
Xizor entspannte sich wieder. Wenn es nur um das Transportunternehmen ging …
„Xizor Transport Systems ist eine gute Idee und wir begrüßen es ausdrücklich, dass auf diesem Wege zusätzliche Mittel in die Familie gelangen.“
Xizor neigte bescheiden den Kopf.
„Auch wenn manche sagen, dass ein Transportunternehmen nicht die rechte Beschäftigung für jemanden ist, der dem Königshaus Sizhran entstammt.“
Xizor konnte den Gedanken seiner Schwester nicht so recht folgen.
„Was ist das Problem?“, fragte er.
„Vor ein paar Tagen war jemand vom Imperialen Verbindungsbüro da“, sagte sie. „Er verlangte, dass Xizor Transport Systems damit aufhört, für die Schwarze Sonne illegale Waren zu transportieren.“
Xizor lehnte sich entspannt zurück, aber seine Gedanken begannen zu rasen. Das war etwas, von dem seine Schwestern nie hätten erfahren sollen.
„Ihr werdet doch nicht glauben, was die vom Imperialen Verbindungbüro behaupten?“
„Nun“, sagte die jüngere und erhob sich. „Er hat Unterlagen dagelassen. Die wir selbstverständlich überprüft haben. Xizor Transport Systems arbeitet für die Schwarze Sonne und wir wollen, dass das aufhört.“
Er sah beschämt zu Boden, kam sich vor ein Kind, das man bei einem Streich ertappt hatte.
„Wenn die Leute sagen, dass sich ein Transportunternehmen für einen Angehörigen des Hauses Sizhran nicht schickt, dann ist das eine Sache“, fuhr seine Schwester fort. „Wenn ein Angehöriger des Hauses Sizhran für die Schwarze Sonne arbeitet, ist das eine andere. Das darf nicht bekannt werden. Niemals.“
Jegliche Ambitionen, eines Tages in der Hierarchie aufzusteigen, wären damit obsolet.
Xizor ging flüchtig der Gedanke durch den Sinn, diesen Imperialen töten zu lassen. Dann verwarf er ihn wieder. Wenn dieser Mann starb, würde ein anderer an seine Stelle treten und seine Arbeit fortführen.
Xizor nickte schwach.
„Damit das völlig klar ist“, widerholte sie, „wir bestehen darauf, dass du die Kontakte zur Schwarzen Sonne einstellst. Sofort.“
„Was gibt es, Captain?“, fragte Vader und dreht den Kopf.
„Wir haben soeben ein Prioritätssignal von der Nighthawk erhalten. Sie richten sich an alle Schiffe, die sofort verfügbar sind.“
Piett holte Luft.
„Es gibt einen vermuteten Kovola-Ausbruch auf Ukio, es ist aber noch nicht bestätigt.“
„Sollte es sich tatsächlich um einen Kovola-Ausbruch handeln, darf niemand den Planeten verlassen“, sagte Vader. „Die Nighthawk hat die Erlaubnis, jedes Schiff mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu stoppen, das schließt die vollständige Vernichtung mit ein.“
Piett nickte knapp.
„Setzen Sie Kurs auf Ukio und melden Sie der Nighthawk, dass wir unterwegs sind.“
Falleen, Palast der Sizhran-Familie
„Nein, kleiner Mann, dein Onkel kann nicht bleiben, um mit dir zu spielen.“
Das Baby gab brabbelnde Laute von sich, als Xizor es in sein Schlafkörbchen legte.
„Nein, wirklich nicht. Onkel Xizor muss los und eine Geschäftsbeziehung aufkündigen.“
Nach dem Ultimatum seiner Schwestern hatte Xizor seine Handlungsoptionen durchdacht. Am erfolgversprechendsten war ihm die Möglichkeit erschienen, die Geschäftsbeziehung zur Schwarzen Sonne aufrechtzuerhalten und seinen Schwestern gleichzeitig vorzugaukeln, dass diese nicht mehr existierte.
Das barg jedoch das unkalkulierbare Risiko, dass sie ihn aus der Familie ausschlossen, sollten sie jemals dahinterkommen.
In diesem Fall würde er weder seine Schwestern noch seinen Neffen jemals wiedersehen.
Xizor betrachtete das friedlich schlafende Baby in seinem Körbchen. Nein. Nein, das ging nicht …
„Doktor Vapasi“, sagte ich. „Ich möchte mit Ihnen reden.“
Der ältere Arzt sah von seinem PAD auf und runzelte die Stirn. Bestimmt las er wieder eine medizinische Fachzeitschrift.
Eine Tätigkeit, bei der er sich nur ungern stören ließ.
„Kilian“, entgegnete Doktor Vapasi und legte sein PAD zur Seite.
„Sie wissen doch, dass Sie jederzeit zu mir kommen können.“
Ich nickte.
„Doktor, sagen Sie, was hat es mit dem Kovola-Virus auf sich? Ich habe weder im HoloNet noch in den allgemein zugänglichen medizinischen Datenbanken etwas darüber gefunden.“
Vapasi wurde mit einem Mal ernst. Sehr ernst.
„Vader wollte es mir nicht sagen, und auch Ozzel und Piett gaben sich bedeckt …“
Vapasi sah sich um, dann stand er auf und schloss die Tür zu seinem Büro.
„Was ich Ihnen jetzt erzähle, unterliegt der absoluten Geheimhaltung.“
Ich nickte.
„Man vermutet, dass das Kovola-Virus bereits vor Jahrzehntausenden, weit vor der Gründung der Alten Republik, geschaffen wurde. Als biologisches Kampfmittel.“
„Eine Biowaffe?“
Der Doktor nickte.
„Kovola ist eine fürchterliche Krankheit. Sie zersetzt den noch lebenden Organismus. Es gibt keine Rettung. Wer sich infiziert, der stirbt.“
Ich schauderte. Wer erschuf so etwas?
„Es gibt kein Vakzin?“
Vapasi zuckte mit den Schultern.
„Wenn es jemals eines gegeben hat, dann ist es uns nicht mehr bekannt.“
„Gibt es keine Forschungen?“
„Das Virus ist so gefährlich, dass niemand es wagt“, sagte Vapasi.
„Kovola-Ausbrüche flackern immer wieder sporadisch auf“, fuhr er fort. „Glücklicherweise wurden diese im Laufe der Zeit immer seltener. Dieses Virus hat ganze Welten ausgelöscht. Es gibt nur wenige Individuen, die eine natürliche Immunität besitzen.“
„Aber warum diese Geheimniskrämerei?“, fragte ich.
„Es gibt viele harmlose Infektionskrankheiten, die in der ersten Symptomatik Kovola ähneln. Wäre Kovola breit bekannt, würden wir regelmäßige Ausbrüche von Massenpanik erleben. Hätten wir dann hingegen einen echten Kovola-Ausbruch, würde zunächst niemand an den Ernstfall glauben und es wären, Dutzende, wenn nicht Hunderte von Welten betroffen, bevor man die Situation erkennt.“
An Bord von Prinz Xizors Yacht
Xizor saß im Cockpit seiner Yacht, die ihn nach Coruscant zu einer Besprechung mit dem Unterlord und den Vigos der Schwarzen Sonne bringen sollte.
Sein Vorhaben, aus der Organisation aussteigen zu wollen, würde dem Unterlord nicht gefallen. Xizor Transport Systems war für die Schwarze Sonne inzwischen viel zu wichtig geworden, als dass sie auf die Dienstleistungen seines Unternehmens verzichten konnte.
Xizor dachte zurück an die Zeit, als man ihm eine Zusammenarbeit offeriert hatte.
Für was genau hatte er sich damals eigentlich dazu bereit erklärt, dieses Angebot anzunehmen?
Für den Kick?
Den Profit?
Dem Gefühl, dem Imperium eins ausgewischt zu haben?
Dieses elende Imperium. Überall mussten sie sich einmischen. Dabei waren sie selbst korrupt. Es gab genug Beamte, die sich bestechen ließen oder die wegsahen, denn sonst wären seine Geschäfte mit der Schwarzen Sonne in diesem Umfang gar nicht möglich gewesen.
Andererseits musste Xizor zugeben, dass das Imperium Beamte, die ZU korrupt waren und die keine vorzeigbaren Ergebnisse lieferten, gerne mal endgültig aus dem Verkehr zog.
Xizor glaubte nicht, dass der Unterlord ihn aussteigen ließ.
Wie stellten seine Schwestern sich das eigentlich vor? Er war viel zu tief in die illegalen Geschäfte der Schwarzen Sonne verstrickt … Seriös werden war bei dieser Gemengelage keine Option.
Ein Plan begann langsam in Xizors Gedanken Gestalt anzunehmen …
„Drehen Sie bei und stoppen Sie die Maschinen!“, befahl der Kommunikationsoffizier.
Die Yacht, die er angerufen hatte, ignorierte ihn jedoch weiterhin und flog unbeirrt an der Längsseite der Executor entlang.
Die drei Sprungpunkte Ukios wurden von dem Supersternzerstörer abgedeckt, die Nighthawk und die übrigen Schiffe der Todesschwadron verteilten sich um den Planeten herum, um zu verhindern, dass die Menschen versuchten zu fliehen und dabei das Kovola-Virus auf andere Welten mitnahmen.
Falls es sich tatsächlich um einen Kovola-Ausbruch handelte, was überaus schwierig festzustellen war. Letztendlich blieb nichts anderes übrig als zu warten, bis sich die Auswirkungen zeigten (oder eben nicht), und bis dahin würde niemand den Planeten verlassen. Basta.
Die Todesschwadron hatte mehrere Frachter und Yachten gestoppt und dazu gezwungen, wieder auf Ukio zu landen.
Diese spezielle Yacht war nun mehrmals geschickt ausgewichen und antwortete nicht auf Anrufe.
Das verärgerte Captain Piett und die Brückencrew. Zum Spaß machten sie das hier bestimmt nicht …
„Wie oft haben Sie sie angerufen?“, fragte Piett den Offizier an der Kommunikationskonsole.
„Vier Mal, Sir“, antwortete der junge Mann.
Piett runzelte die Stirn.
Zweimal mehr, als es Vorschrift war.
Zeit, ein Exempel zu statuieren.
„Schießen Sie sie ab!“, befahl er. „Lassen Sie feuern, sobald Sie bereit sind!“
„Vielleicht kann er uns ja nicht hören, hat einen Schaden an seiner Funkanlage?“, wandte ich ein.
„Er hat unsere Anrufe empfangen, selbst wenn er nicht antworten kann.“
Piett wandte sich ungeduldig der Brückengrube zu. „Wie lange dauert das denn noch?“
Man brauchte die Sprungpunkte nicht zwingend, um in den Hyperraum zu gelangen, man konnte einen Kurs auch manuell berechnen und dann von einem beliebigen Punkt aus springen.
Piett betätigte erneut die Sprechanlage.
„Was ist da unten los? Warum feuern Sie nicht?“
Schließlich antworteten sie.
Der Kanonier, der den Feuerbefehl erhalten hatte, weigerte sich, ihn auszuführen …
Piett stieß einen Fluch aus.
„Dann lassen Sie ihn jemanden anderen ausführen!“
In diesem Augenblick sprang die Yacht in den Hyperraum. Piett sah ihr einen Moment lang ungläubig hinterher.
„Ihnen nach!“, rief er. „Sie dürfen in keinem Fall entkommen und irgendwo landen! Informieren Sie die anderen Schiffe über diesen Vorfall und unseren Verbleib!“
Die Befehle wurden zügig ausgeführt, die Exekutor rollte einmal um ihre Längsachse, drehte sich gleichzeitig um hundertachtzig Grad und bewegte sich dabei schnell auf das Sprungfenster zu, das die Yacht hinterlassen hatte.
Es war ein beliebter Denkfehler zu glauben, dass große Objekte im Weltraum ebenso schwerfällig sind wie sie es in einer Atmosphäre wären, aber das stimmt einfach nicht. Falls die Yacht einen Infizierten an Bord hatte und einen anderen Planeten erreichte, bevor wir sie aufhalten konnten, dann hätten wir einen zweiten Planeten mit allen fürchterlichen Auswirkungen eines Kovola-Ausbruchs …
„Was haben Sie sich dabei eigentlich gedacht?“, knirschte Vader.
Der dunkle Lord hatte den Kanonier am Hals, der sich geweigert hatte zu feuern, so dass dessen Beine haltlos über den Boden schleiften.
Der junge Mann gab ein gurgelndes Geräusch von sich.
„Also ich würde antworten, wenn ich schon gefragt werde“, sagte ich.
Vader drehte den Kopf und warf mir einen dieser nur schwer deutbaren Blicke zu, dann ließ er los und die Beine des Delinquenten knickten ein, während er mit rasselndem Atem zu Boden sackte.
„Nun?“
„Aber wir können doch nicht auf ein unbewaffnetes Schiff feuern“, keuchte er.
„Diese Entscheidung steht Ihnen nicht zu“, sagte Vader und packte ihn erneut am Hals.
Befehlsverweigerung war strafbar.
Waren die Folgen der Befehlsverweigerung schwerwiegend, konnte man umstandslos erschossen werden.
Einerseits. Andererseits wollte ich dem Tod des jungen Mannes nicht tatenlos zusehen.
„Lord Vader?“
Vader hielt irritiert inne.
„Er war sich der Tragweite nicht bewusst.“
Vader sah auf den jungen Mann der zu seinen Füssen kauerte.
„Gnade vor Recht? Bitte?“
Der dunkle Lord sah mit schräg gelegtem Kopf ins Nichts.
Eine Vision?
„Herr?“
Vader kehrte wieder ins hier und jetzt zurück.
„Gnade vor Recht“, sagte er. „Hoffentlich bereut Ihr nicht eines Tages, hier und heute sein Leben erhalten zu haben.“
Falleen-City, Raumhafen
Geschafft! Die jungen Leute fielen sich lachend um den Hals. Sie hatten es geschafft! Das wäre ja noch schöner, sich von irgendwelchen dummen Militärs sagen zu lassen, ob sie starten durften oder nicht …
Das Märchen von der gefährlichen Seuche und der Sperrung des Planeten glaubten sie nicht. Da konnte ja jeder kommen und alberne Verschwörungstheorien verbreiten …
Sie gingen von Bord und durchliefen das Standard-Einreiseprozedere.
Da man ihnen keine Schwierigkeiten machte, sie weder aufhielt noch zu verhaften suchte, gingen sie davon aus, den Sternenzerstörern entkommen zu sein.
Sie waren jung.
Und leichtfertig.
Sie plapperten sorglos miteinander, lachten und scherzten.
Vermutlich rechnete die KI dieses schwerfälligen Ungetüms von Schiff immer noch um herauszufinden, wohin sie gesprungen waren. Bis dahin hatte sich das Sprungfenster längst geschlossen. Sie waren in Sicherheit …
Doch gleichzeitig fiel in einhundertsechzig Klicks Entfernung ein Supersternenzerstörer über Falleen-City aus dem Hyperraum und er sollte Tod und Vernichtung über sie bringen …
„Es ist bestätigt“, sagte Piett. „Sie haben gerade eben den Raumhafen verlassen.“
Zu spät.
Wir waren zu spät.
So knapp …
„Gehen Sie auf zwanzig Klicks und bereiten Sie einen thermonuklearen Sprengkopf der Klasse II vor. Sie haben Freigabe zum Abwurf sobald Sie bereit sind.“
Ich blickte stumm auf die Stadt unter mir, deren Bewohner ahnungslos ihren täglichen Geschäften nachgingen.
Die Stadt, ihre Bewohner und das Virus, sollte es mit an Bord der Yacht gewesen sein, würde im nuklearen Feuer vergehen …
„Es ist aber noch nicht sicher, ob es sich tatsächlich um einen Kovola-Ausbruch handelt“, wandte ich ein. „Der Tod dieser Leute hätte dann keinerlei Grundlage und wäre völlig sinnlos.“
Ich schauderte, als ich realisierte, wie kühl-rational ich inzwischen über den Tod von zwanzig Millionen intelligenter Lebewesen sprach.
„Das ist wahr“, sagte Vader. „Sollte es aber ein Kovola-Ausbruch und sollte nur ein einziger Infizierter an Bord dieser Yacht gewesen sein, dann ist ein weiterer Planet verloren und die Opferzahlen werden auch hier in die Milliarden gehen. Diese Vorgehensweise ist das einzige, die das noch aufhalten kann.“
„Das sind sehr viele Ungewissheiten für eine so weitreichende Entscheidung.“
„Jemand muss diese Entscheidung treffen. Das Leben von vielen gegen das Leben von wenigen. Dass wir nicht wissen, ob es sich überhaupt um einen Kovola-Ausbruch handelt, tut nichts zur Sache, da es keine Möglichkeit gibt, dies mit Sicherheit zu bestätigen oder auszuschließen.“
Gott, was war ich froh, solche Entscheidungen nicht treffen zu müssen …
„Aber das werdet Ihr, irgendwann“, sagte Vader. „Ihr werdet Männer wissentlich in den Tod schicken. Männer am Leben lassen, die ihr hasst. Und Männer töten, die Ihr liebt.“
„Das werde ich nicht“, sagte ich.
„Ihr werdet“, sagte Vader. „Ich habe es gesehen. Ihr werdet auf dem Thron des Imperators sitzen und diese Entscheidungen treffen müssen. Und dann werdet Ihr verstehen.“
Ungläubig beobachtete Xizor die Vernichtung Falleen-Citys auf den Bildschirmen.
Wieder und wieder.
Den grellen Blitz, der alles in Sekundenbruchteilen auslöschte.
Es war einfach zu fürchterlich, um wahr zu sein.
Zu viel, um es zu begreifen.
Zu endgültig, um es zu glauben.
Die Nachrichtensprecher verkündeten, dass es sich um ein Unglück in den Reaktorblöcken handelte, die die Stadt mit Energie versorgten.
Xizor glaubte das einfach nicht.
Jemand musste verantwortlich dafür sein.
Verantwortlich für den Tod seiner Familie.
Seiner Schwestern.
Seines Neffen.
Eines nicht einmal sechs Monate alten Säuglings.
Wer tat so etwas?
Xizor schwor Rache.
Er würde herausfinden, wer dafür verantwortlich zeichnete.
Um wen auch immer es sich handelte, dieser Jemand würde dann für seine Taten bezahlen …
DIE GALAKTISCHE KATASTROPHE:
„Ground Zero“
Achillea, Tapani-Sektor
Eine Galaxis, die so weitläufig war wie die diese, wies natürlich auch vielerlei Gefahren auf: seien es nun Asteroiden, Sonnen- und Magnetstürme, Novae, Gammablitze oder wandernde Schwarze Löcher.
Für all diese potentiell tödlichen Gefahren gab es Beobachtungsposten oder ausgefeilte Warnsysteme, die dabei halfen, größere Katastrophen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, indem man betroffene Planeten evakuierte oder ganz aufgab, so dass man wenigstens keine Verluste an Leben zu beklagen hatte.
Die Vorläufer dieser Warn- und Beobachtungssysteme gab es bereits seit Jahrzehntausenden, teilweise reichten sie bis zu den Zeiten zurück, in denen man weder über Hyperantriebe noch eine nennenswerte Raumfahrt verfügte.
Trotzdem traf die Katastrophe Achillea plötzlich und gänzlich unerwartet.
Ein scharf gebündelter Strahl reiner Energie zerstörte Achilleas Ozonschicht, durchdrang die Troposphäre und erreichte schließlich die Oberfläche. Der Strahl verbrannte in einem zentralen Bereich mit einem Durchmesser von fast einhundert Klicks alles zu Asche, was er traf: Gebäude, Menschen, Biosphäre. Zwanzig lange Minuten fräste er sich durch die Oberfläche Achilleas, während sich der Planet unter ihm hinwegdrehte.
In unmittelbarer Nähe zum Ground Zero gingen durch die enorme Hitze Wälder und Felder in Flammen auf, die Brände breiteten sich in rasender Geschwindigkeit aus und schickten Staub und Rauchgase in die bereits geschädigte Atmosphäre. Die nun tagsüber ungehindert einfallende hochenergetische Strahlung der Sonne würde weitere Schäden verursachen, die Ozonschicht würde Jahre, wenn nicht Jahrzehnte benötigen, um sich wieder zu regenerieren.
Der Strahl hatte aber nicht nur den verhältnismäßig dicht besiedelten Hauptkontinent getroffen und die planetare Hauptstadt ausgelöscht, sondern er zerstörte auch den Zentralcomputer, die planetaren Schilde, Satelliten und orbitale Habitate, die Hyperraumrelais und die HoloNet-Transmitter, so dass der Planet seine Verteidigung verlor und von der galaxisweiten Kommunikation abgeschnitten war …
„Wir haben diesen thermonuklearen Sprengkopf also vollkommen unnötig über Falleen City abgeworfen“, sagte ich.
Inzwischen lagen die Ergebnisse aus Ukio vor: es handelte sich glücklicherweise nicht um einen Kovola-Ausbruch. Zugegebenermaßen war Kovola innerhalb seiner verhältnismäßig langen Inkubationszeit schwer festzustellen, meist war es einfacher und sicherer, man verhängte über den entsprechenden Planeten eine Quarantäne und wartete ab, bis sich die fürchterlichen Auswirkungen zeigten oder eben nicht.
Bedauerlicher Weise war eine Yacht entkommen und in Falleen City gelandet, so dass Vader vor der Wahl gestanden hatte, entweder nichts zu tun und zu riskieren, dass die Krankheit sich auch auf Falleen ausbreitete und Milliarden Leben forderte oder aber, sie radikal einzudämmen, bevor die potentiellen Überträger sie verbreiten konnten. Seine Entscheidung wiederum hatte nun zwanzig Millionen Einwohnern Falleen Citys das Leben gekostet.
„Nein“, sagte Vader. „Wir haben keinen thermonuklearen Sprengkopf über Falleen City abgeworfen.“
„Haben wir nicht?“
Vader hob belehrend die Hand. „Es gab einen bedauerlichen Unfall in dem Kraftwerk, welches die Stadt mit Energie versorgt.“
„Pah! Das glaubt Ihr doch selbst nicht!“
Ich nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr und wandte mich um: Captain Piett näherte sich uns zögerlich, zeigte diese typische Mischung aus Furcht, Todesverachtung und dem Wunsch, weiterleben zu dürfen, wenn er oder andere Offiziere Vader etwas melden oder sagen mussten, von dem sie annahmen, dass es seinen Unmut erregen würde. Vaders Aufmerksamkeit begann sich auf Piett zu richten.
„Captain“, sagte Vader. „Was haben Sie?“
„Ich …“, setzte der Captain der Executor an, bevor ihn dann doch der Mut verließ. „Nichts, Sir.“
Aber es war an sich schon bemerkenswert, dass er diesen (wenn auch lahmen) Versuch unternahm, sich zwischen Vader und mich zu stellen weil er befürchtete, dass der dunkle Lord mich sonst über Bord werfen würde …
War Piett wirklich nicht bewusst, dass Vader ausdrücklich Menschen um sich herum brauchte, die es wagten, ihm ihre Meinung ins Gesicht zu sagen und nicht nur das, von dem sie annahmen, dass er es hören wollte?
Nichtsdestotrotz würde es so über die HoloNetNews verbreitet werden.
Die Menschen würden es glauben.
Und die Lüge würde zur Wahrheit werden.
„Was ich glaube, tut nichts zur Sache“, sagte Vader, jetzt wieder an mich gewandt. „Stellt Euch vor, es wäre anders gewesen. Könntet Ihr es mit Eurem Gewissen vereinbaren, wenn jetzt Milliarden Lebewesen dem Virus zum Opfer fallen würden?“
Die Antwort auf diese Frage war, soweit es mich betraf, sehr einfach: Überhaupt nicht. Und deshalb schwieg ich.
„Kilian“, sagte Vader. „Ich habe den Befehl nicht gegeben, weil es mir Freude bereitet, so viele Lebewesen sterben zu sehen. Wir wollen unsere Staatsbürger und Steuerzahler behalten, nicht vernichten.“
„Das ist mehr als wir wissen“, murmelte ich leise, sprach mehr zu mir selbst. „Oder mehr, wonach wir fragen dürfen, denn wir wissen genug, wenn wir wissen, dass wir des Königs Untertanen sind. Aber wenn seine Sache schlecht ist, so reinigt unser Gehorsam gegen den König uns von aller Schuld dabei.“
Vader sah mich fragend an.
„Shakespeare“, sagte ich. „Ein Dichter meiner Heimatwelt.“
Aber wenn seine Sache nicht gut ist, so hat der König selbst eine schwere Rechenschaft abzulegen …
Achillea, Südkontinent
Auf der Tagseite Achilleas bemerkte man zunächst nichts von dem Drama, welches sich auf seiner Nachtseite abspielte. Außer vielleicht, dass sämtliche HoloNet-Kanäle plötzlich verstummten und die Kommunikation vollständig zusammenbrach.
Andrasch Cadriaan sprach gerade mit einem Freund auf Pelagon, als die Verbindung abriss. So etwas kam gelegentlich vor und war meist magnetischen Stürmen oder ähnlichen Ereignissen geschuldet.
„Computer, stelle die Verbindung wieder her“, sagte er.
„Das ist nicht möglich“, antwortete die KI.
„Das ist nicht möglich?“, fragte er stirnrunzelnd. „Aus welchem Grund?“
„Es existiert keine Verbindung mehr zu den HoloNet-Transmittern.“
Andraschs Stirnrunzeln vertiefte sich. Keine Verbindung zu den HoloNet-Transmittern? Das war mehr als ungewöhnlich. Als nachrangiger Angehöriger der Cadriaan-Familie, die diesen Teil des Tapani-Sektors beherrschte, war er in jungen Jahren Teil der Anti-Piraten-Streitkräfte gewesen und es gewohnt, militärisch zu denken.
War das ein Angriff auf seine Familie? Durch Piraten? Konkurrierende Häuser? Das Imperium? Dann verwarf er diese Vermutungen eine nach der anderen: Es hatte schon länger keine ernstzunehmende Piratenaktivität mehr gegeben. Ein Angriff durch eines der anderen Häuser oder das Imperium schied ebenfalls aus, es bestand dazu, soweit er wusste, keinerlei Anlass. Außerdem wäre es in so einem Fall zunächst zu einer Eskalationsspirale gekommen, zunehmend schrillere Anschuldigungen, Forderungen und massiver werdende Drohungen wären ausgetauscht worden. Nein, das konnte nicht sein.
Andrasch griff nach seinem ComLink. Ach nein, die Kommunikation war ja flächendeckend ausgefallen …
Achillea, Nordkontinent
„Lady Bathos, wir müssen hier weg!“
Die alte Dame mit den edlen Zügen und den sorgsam aufgesteckten, blaugrau gefärbten Haaren machte sich nicht die Mühe, sich ihrem Sekretär zuzuwenden.
Es war sowohl ihrem mangelnden Schlafbedürfnis als auch dem Fleiß ihres Angestellten zu verdanken, dass sie beide Augenzeuge der Katastrophe geworden waren. Sie hatten noch einige Unterlagen durchgesehen, die sie für den morgigen Termin mit einem Geschäftspartner benötigten, als plötzlich ein grellweißes Leuchten über Cadriell, der planetaren Hauptstadt Achilleas, aufglomm.
Zeitgleich fielen die Energieversorgung, das HoloNet und die Telekommunikation aus.
Trotzdem saßen Lady Bathos und ihr Sekretär nicht im Finsteren, denn das Firmament erstrahlte in einem düsteren Rot, welches von grün schimmernden Polarlichtern durchzogen wurde. Das weiße Leuchten am Horizont war immer noch erkennbar, bewegte sich aber langsam in westlicher Richtung fort. Gleichzeitig waren an den Hügeln in der Ferne die ersten Brände erkennbar, die sich durch die Spacia-Wälder fraßen.
„Weglaufen?“, fragte Bathos. „Wohin? Und mit was? Dieses … Ereignis hat soeben sämtliche Elektronik und die Kommunikation zerstört. Wir haben keine Transportmittel mehr und wissen wir, wie es anderswo aussieht?“
Argumente, denen sich der Sekretär nicht verschließen konnte.
Achillea, Südkontinent
Balasch Elint beobachtete die Startvorbereitungen seines Patrouillenbootes. Die Männer arbeiteten ruhig und konzentriert, etwas anderes hatte er von seiner Crew auch nicht erwartet. Eigentlich stand kein regulärer Einsatz bevor, aber der plötzliche Ausfall der planetaren Schilde und jeglicher Kommunikation erregte sein Misstrauen.
Was, wenn sie von Piraten angegriffen wurden?
Wäre er ein Pirat und würde einen Planeten angreifen, dann wäre die Ausschaltung der Kommunikation und der planetaren Schilde eines der primären Ziele.
Er hoffte, dass die Kommandanten der anderweitig stationierten Patrouillenboote ähnlichen Gedankengängen folgten wie er und sie ihre Schiffe bemannten, um sich zumindest einen Überblick zu verschaffen.
Über wie viele Patrouillenboote verfügte Achillea doch gleich wieder? Sechs Patrouillenboote, von denen immer mindestens drei im Einsatz waren, zwei Angriffsfregatten und einen Träger der Tapani-Klasse, darüber hinaus ein hervorragendes Sensornetz, das in der Lage war, praktisch jedes Schiff zu identifizieren, das den Raum des Cadriaanischen Adelshauses passierte …
„Setzen Sie Kurs auf Ryloth“, befahl Vader. Das war die Welt, zu der wir eigentlich vom Tion-Cluster aus aufgebrochen waren, bevor Vader unbedingt einen Abstecher nach Kamino hatte machen wollen und uns der Kovola-Ausbruch auf Ukio dazwischen gekommen war.
„Was ist es denn diesmal?“, fragte ich. „Schützen wir wieder einmal die Interessen eines galaxisweiten Konzerns? Die eines lokalen Adeligen? Oder schlagen wir nur einen kleinen, unbedeutenden Aufstand gegen das Imperium nieder?“
„Nichts dergleichen“, sagte Vader. „Der Handel mit Ryll nimmt inzwischen Formen an, die nicht mehr tolerabel sind. Das ISB vermutet, dass einflussreiche Twi’lek-Clanführer mit den Hutten kooperieren. Ich werde das beenden.“
Achillea, Südkontinent
Wenn das HoloNet nicht mehr funktionierte, dann gab es nur noch eine weitere Möglichkeit, den gewünschten Gesprächspartner zu erreichen: man musste ihn persönlich aufsuchen. Zuvor jedoch wollte er sich einen Überblick darüber verschaffen, was geschehen war.
Andrasch Cadriaan fand die Mannschaft seiner Yacht am Strand, wo sie sich mit einem Strandball-Spiel die Zeit vertrieben. Dass irgendetwas geschehen war, infolgedessen keinerlei Kommunikation mehr funktionierte, hatten sie noch gar nicht mitbekommen.
„Wo fliegen wir hin?“, fragte der Captain.
„Zu Lady Bathos“, sagte Andrasch. „Sie hat außer ihrem Palast in Cadriell mehrere Domizile auf dem Hauptkontinent.“ In einem dieser würde er sie finden …
Achillea
36.000 Klicks über dem Nordkontinent
Balasch Elint und die Crew des Patrouillenbootes blickten fassungslos auf die Zerstörung, die sich ihren Augen bot.
Sie waren über den südlichen Pol gekommen und fanden im Orbit entweder nur noch Trümmerteile oder Schiffe und Raumstationen, die ohne Energie dahintrieben.
Das galt auch für die HoloNet-Transmitter, die Hyperraumrelais, die hier stationierten Patrouillenboote und sogar die planetaren Schilde. Ein Angreifer hätte jetzt freie Bahn …
Noch schlimmer schien die Situation auf dem Hauptkontinent. Etwas schien Cadriell direkt getroffen und sich anschließend hunderte Klicks durch die Planetenoberfläche gefräst zu haben. Hier existierte nichts mehr …
Um diese Zone herum breiteten sich Brände aus, aber auch weiter entfernt war die Oberfläche energetisch tot. Die komplette Elektronik schien ausgefallen, was erklärte, weshalb er keine Verbindung mit dem Zentralcomputer bekam.
Achillea, Nordkontinent
„Tante! Ihr lebt!“
Andrasch war erleichtert, dass seine Tante (eigentlich eher eine entfernte ältere Verwandte, aber fast alle jüngeren Familienmitglieder nannten sie so) noch am Leben war.
„Andrasch, nicht wahr?“
Die alte Dame besaß ein vorzügliches Gedächtnis, so dass sie sich auch an einen jüngeren Verwandten erinnerte, den sie eigentlich nur zu Familienfeiern oder Geschäftsterminen zu Gesicht bekam.
„Tante, wir müssen hier weg“, drängte der jüngere Mann und warf einen besorgten Blick auf die Feuerwalze, die sich auf das Anwesen zu bewegte.
Lady Bathos nickte und erteilte ihren Bediensteten Anweisungen. Kurze Zeit später betraten sie und das halbe Dutzend Bedienstete, das hier für sie tätig war, zügig Andrasch‘ Yacht. Sie führten nur leichtes Gepäck mit sich und beeilten sich mit dem Verladen.
Lady Bathos sah auf die wenigen Menschen um sie herum. Niemals hätte sie es ausgesprochen, aber sie war froh, dass ihre Bediensteten, wie es hier üblich war, keine Verwandten hatten, um die sie sich Sorgen machen mussten …
Achillea
36.000 Klicks über dem Nordkontinent
„Wir müssen Pelagon informieren“, sagte Lady Bathos. Pelagon war die Hauptwelt des Tapani-Sektors und Sitz des Hauses Pelagia. Lady Bathos und ihr junger Verwandter waren an Bord des Patrouillenbootes gegangen, um sich mit dessen Captain zu beraten.
„Und den Imperialen Senat.“
Balasch Elint war genauso entsetzt über den Grad an Zerstörung, verstand es aber, dieses Entsetzen hinter einer Maske aus Professionalität zu verbergen.
Er nickte verstehend und setzte die Notrufe ab.
Es würde viel Zeit und noch mehr Credits benötigen, um aus Achillea wieder die Welt zu machen, die sie vor nicht einmal einer Stunde noch gewesen war.
„Wie konnte das passieren?“, fragte Andrasch Cadriaan. „Wir haben die beste Ausrüstung, um uns vor Katastrophen aller Art zu schützen oder zumindest rechtzeitig gewarnt zu sein …“
Eine Frage, die sich Captain Elint und Lady Bathos ebenfalls stellten.
„Vielleicht Sabotage?“, vermutete Elint.
Lady Bathos runzelte missbilligend die Stirn. Es war die Aufgabe des Captains, Schaden von Achillea fernzuhalten. Aber solange man nichts Genaues wusste, hielt man sich mit Verdächtigungen besser zurück …
Captain Piett trat auf Darth Vader zu.
„Sir, wir haben eine eingehende Prioritätsmeldung.“
„Ja?“
„Es scheint sich eine Galaktische Katastrophe unbekannten, vermutlich aber größeren Ausmaßes auf Achillea ereignet zu haben.“
Vader schwieg. Die Macht schien nicht zu wollen, dass er Ryloth aufsuchte …
„Setzen Sie Kurs auf Achillea“, befahl Vader. „Informieren Sie die anderen Schiffe. Wir werden uns der Angelegenheit annehmen.“
Und so kam es, dass irgendwo im Äußeren Rand eine Flotte Sternenzerstörer aus dem Hyperraum fiel, die acht Schiffe ein elegant aussehendes, in Wirklichkeit aber riskantes Wendemanöver ausführten und in Richtung Achillea wieder in den Hyperraum sprangen.