Star-Wars-Fortsetzungsgeschichte von Rosalinda Kilian, Fortsetzung von Vader und Ich | Teil 2

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IN A GALAXY FAR FAR AWAY

Vaders Motive waren meist vielschichtig und so machte er mich nicht nur aus einem Grund zu seiner Frau. Aber es war schon einer seiner wichtigeren Gründe, dass er nicht mehr leben wollte wie ein Mönch.
Spätere Spekulationen über die wahre Natur unserer Beziehung vergaßen gerne, dass auch Vader nur ein Mann mit den Neigungen, Wünschen und Leidenschaften eines Mannes war.
Für jemanden, der bis vor wenigen Jahren buchstäblich noch in einem anderen Universum gelebt hatte, kannte ich Darth Vader, Dunkler Lord der Sith, zweiter Mann nach dem Imperator und Oberkommandierender der Flotte, inzwischen erstaunlich gut. Obwohl er damals natürlich immer noch eine Gleichung mit ein paar Unbekannten war. Als wir das erste Mal aufeinander trafen, lernte ich das Monster kennen. Auf Vjun hatte er mir den Mann gezeigt. Ich kannte seine frühere Identität als „Held ohne Furcht“, wusste, dass er früher einmal der Jedi-Ritter Anakin Skywalker gewesen war, der sich am Ende der Klonkriege dem späteren Imperator Palpatine angeschlossen und sich dessen Lehre unterworfen hatte. Und dass er dem Imperator geholfen hatte, die Jedi zu jagen und fast vollständig zu vernichten.
Vielleicht stimmte es ja doch, dass Frauen große, böse, gemeine Mistkerle mochten?
Vader war fordernd, besitzergreifend und rücksichtslos, und ich wollte mehr, so viel mehr, und er konnte es mir geben …
Gleichzeitig dachte ich nicht daran, meine Tage mit ein paar Gesellschafterinnen in seinem Palast hier auf Coruscant oder seiner Burg auf Vjun mit Nichtstun, Shopping oder seichten Plaudereien zu verschwenden, ging weiterhin einer regulären Arbeit nach und verdiente mein eigenes Geld.
Wer sich darüber wundert, dass Vader das zuließ, anstatt mich im goldenen Käfig zu halten, versteht die wahre Natur unserer Beziehung nicht.
Ich verbat es mir ausdrücklich, dass er mich für etwas aushielt oder bezahlte, dass ein Geschenk war.
Liebe hat etwas mit Leidenschaft zu tun.
Mit Vertrauen und mit Zuneigung.
Sie fragt nicht, was sie bekommt, sondern was sie geben kann.
Sie zeigt Hingabe und Opferbereitschaft.
Und sie beruht auf Gegenseitigkeit.
Diese Liebe war keine Geschäftsbeziehung und nichts, das man kaufen konnte.
Wer nichts weiter will als Geld, wird auch nichts weiter bekommen als Geld.
Dazu kam, dass Vader ein Mann mit vielen Verpflichtungen war, der sich die Zeit, die er mit mir verbrachte, fast schon stehlen musste. Ich war da, wenn er rief, und sei es mitten in der Nacht.
Das ging eine Zeitlang, dann meinte er, dass ich nach Imperial City ziehen sollte, aber die Mieten im Zentrum lagen weit über meinen finanziellen Möglichkeiten und selbst wenn, würde das nur meinen Weg zur Arbeit ins Verteilerzentrum unverhältnismäßig verlängern.
Vader ließ das Thema fallen, nur um mir ein paar Tage später ein halbes Dutzend Stellenausschreibungen auf den ComLink zu schicken, die alle im Logistikzentrum der Imperialen Sternenflotte zu besetzen waren.
Das war typisch Vader: Er konnte Möglichkeiten eröffnen. Sie ergreifen musste man schon selbst.
Also bewarb ich mich auf diese Stellen. Die Verantwortlichen entschieden aufgrund von Referenzen und in seliger Unkenntnis, wer mir eine dieser Stellen zuschanzen wollte, schließlich nahm ich die, bei der die Wohnanlage für die Angestellten am nächsten zum Republica 500 lag.
Morgen, also eigentlich heute, war mein erster Arbeitstag …

Vader sah Kilian nach, als sie ihn verließ.
Sie war seit langer Zeit der erste Mensch, der weder Wünsche äußerte noch Gefälligkeiten forderte. Sie wollte keine schönen Kleider oder teuren Schmuck. Keine Macht und keinen Einfluss für sich selbst oder andere. Man konnte sie nicht kaufen. Was sie gab, war ein Geschenk. Es war ihr egal, wer oder was er war.
Und aus genau diesem Grund würde er ihr die Galaxis zu Füßen legen.
Wenn er sie nur dazu bewegen könnte, seine Ziele zu den ihren zu machen, ihr volles Potential auszuschöpfen …
Und womit wollte sie stattdessen ihre Zeit verschwenden? Den Job im Logistikzentrum der Imperialen Sternenflotte konnten auch andere tun. Vader griff zum ComLink. Aber es gab Möglichkeiten, ihr vor Augen zu führen, dass das Leben einfacher sein konnte …

Ich nahm frühmorgens die erste Bahn und sann während der Fahrt über einen Namen für Vaders neues Schiff nach.
Alle Kriegsschiffe des Imperiums trugen Namen, die aggressiv für Stolz, Stärke, Kraft und Mut standen. Oder für Vergeltung und Zorn, der vom Himmel regnete: Devastator (Verwüster), Avenger (Rächer), Annihilator (Vernichter), Persecutor (Verfolger), Subjugator (Unterwerfer) …
Auch in der letzten Nacht war ich wieder bei Vader gewesen, kurz nach dem Aufstehen hatte ich ihn an seiner Arbeitsstation entdeckt, vor der er mit nacktem Oberkörper in einem bequemen Sessel saß und die Pläne für sein neues Flaggschiff überarbeitete, den Ingenieuren von Kuat Drive Yards Vorschläge unterbreitete oder über deren Anregungen nachdachte.
Vader unterbrach seine Arbeit und winkte mich heran, ich setze mich auf seinen Schoß und betrachtete die Konstruktionspläne.
Obwohl es in seiner Wohnung Tageslicht gab (ein ungeheurer Luxus in dieser Stadt der kilometerhohen Wolkenkratzer), waren die Fenster verdunkelt und sperrten das erste Licht des frühen Tages aus. Das lag weniger daran, dass Vader unter anderem den Titel „Dunkler Lord der Sith“ trug, sondern daran, dass er sich mir nur in dunklen oder halbdunklen Räumen ohne Kleidung zeigte und selbst dann darauf achtete, mir hauptsächlich die rechte Seite zuzuwenden, da dort seine Brandnarben weit weniger ausgeprägt waren: dünne, feine, leicht durchscheinende Haut, die sich über seinen Körper spannte. Offen gesagt war es mir ein Rätsel, wie er das überlebt hatte …
Ich beobachtete, wie er an seinem neuen Schiff arbeitete, bewunderte die schlanke und elegante Form, die gleichermaßen Schnelligkeit versprach wie Terror verhieß.
Vader wollte, dass ich seiner neuen mobilen Kommandobasis einen Namen gab, der hielt, was ihr Äußeres versprach. Da brauchte ich erst einmal eine Liste, welche Namen es schon …
In diesem Moment rumpelte es laut, Glas splitterte, die Bahn kam ruckartig zum Stehen und die Fahrgäste inklusive mir selbst fielen übereinander. Ich lag recht komfortabel auf einen etwas moppeligen jungen Mann, wohingegen auf meinen Beinen das schwere Gepäck einer Rodianerin gelandet war. Wir rappelten uns wieder auf und zählten unsere Blessuren, der Durchsage nach handelte es sich nur um einen leichten Unfall, es würde bald eine Ersatzbahn kommen, die Sanitäter waren unterwegs.
Sie waren tatsächlich schnell da und kümmerten sich um unsere Verletzungen, in meinem Fall ein paar minimale Schnitte, die von Glassplittern herrührten, dann meinten sie, ich solle noch ein wenig warten und eine Tomographie machen lassen, der mobile Scanner sei schon unterwegs.
Während wir also warteten, bemerkte ich, dass die Sanitäter Unterschiede in der Behandlung machten: wer keine oder nur eine einfache Krankenversicherung hatte, musste warten oder wurde erst gar nicht behandelt. Besonders fiel mir die Rodianerin auf, deren Gepäck auf meinen Beinen gelandet war: sie hatte sich vermutlich den Arm oder das Schlüsselbein gebrochen und sah zunehmend besorgt auf ihr Baby, das offenbar Schwierigkeiten mit dem Atmen hatte.
Ich ging zu ihr hinüber und fragte, was mit ihr und dem Kind sei. Sie sagte, dass sie ihren Arm nicht mehr bewegen könne und ihr Baby krank sei, es sei noch zu klein, als dass seine Lungen die Schadstoffe in der Luft gut ausfiltern könnten, es bräuchte eigentlich eine Atemmaske und Sauerstoff.
Krankenversicherung? Credits?
Nein, hatte sie nicht …
Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, galaxisweit Billionen von Lebewesen die gleiche gute medizinische Behandlung angedeihen zu lassen, wie sie die kleine, reiche Oberschicht der Kernwelten für sich in Anspruch nimmt.
Aber dass man jemanden überhaupt nicht behandelte, nicht einmal notversorgte, weil dieser Jemand keine Krankenversicherung bezahlen konnte, das verstand ich nicht und manchmal wundere ich mich noch heute, wie eine Galaxis, die so reich an Leben, so phantastisch und so schön ist, gleichzeitig so grausam sein kann …
Ich nötigte einen der inzwischen eingetroffenen Ärzte, sich um die beiden zu kümmern, ums Geld solle er sich mal keine Sorgen machen … Der junge Arzt sah mich an, als sei ich nicht recht bei Trost: Geld für jemanden ausgeben, den ich nicht einmal kannte, aber ja, wenn ich unbedingt wollte, so um die tausend Credits für das gebrochene Schlüsselbein, eine Atemmaske und einen Vorrat Sauerstoffkapseln für die schwachen Lungen des Babys …

Natürlich kam ich zu spät zur Arbeit. Aufgrund meiner Blessuren glaubte man mir den Unfall mit der Bahn und mein neuer Chef und machte kein Aufheben um eine eigentlich belanglose Sache, wie sie sich auf Coruscant jeden Tag dutzendfach abspielte.
Er führte mich herum, stellte mich anderen Abteilungsleitern und meiner Abteilung vor und überließ mich dann meinem Schicksal. Learning by doing …
Ich stand einer Abteilung vor, die sich um die Logistik kleinteiliger, meist hochpreisiger und für den Betrieb der Imperialen Sternenflotte unabdingbarer Ersatzteile kümmerte. Also ungefähr der gleiche Job wie vorher, nur jetzt in verantwortlicher Position.
Silk, die Vorarbeiterin und kommissarische Leiterin meiner Abteilung, war nur zu froh, die Verantwortung endlich wieder abgeben zu können und half deshalb gerne mit ihrem Wissen aus.
Wer lässt sich schon gerne von einem wutschnaubenden Captain oder Admiral zusammenstauchen, nur weil so ein Scheiß-Ersatzteil für die Turbolifte ihrer Sternenzerstörer im Lager nicht aufzutreiben war?
Silk war Bürgerin Coruscants und wie ich ein Mensch, die übrigen Mitarbeiterinnen meiner Abteilung hingegen bestanden aus einer bunten Mischung der am weitesten verbreiteten nichtmenschlichen Spezies der Galaxis, die meisten von ihnen waren Kontrakt- oder Kontingentarbeiter, faktisch also bessere Sklaven- und Zwangsarbeiter …

Der Unfall heute Morgen war aber nicht das einzige, was diesen Tag so spannend und interessant machte.
Mehrere Transporter kamen mit Verspätung und ein weiterer erst gar nicht, so dass unsere Abteilung die Waren, die sie kommissionieren sollte, nicht rechtzeitig bekam und wir erst einmal zwei Stunden lang untätig herumstanden.
Silk sah sich die Ladelisten, Lieferscheine und Frachtbriefe auf ihrem PAD an und wurde blass. Dann ging sie mehrmals um die zu kommissionierenden Paletten herum und intonierte dabei eine Art Singsang – es ist nicht dabei, es ist nicht dabei, es ist nicht dabei …
„Silk, reißen Sie sich zusammen und sagen Sie, was das Problem ist“, unterbrach ich sie. Wortlos reichte sie mir ihr PAD. Ich sah die Frachtpapiere durch. Bei den meisten Destinationen fehlte nur der eine oder andere lediglich als mittelmäßig wichtig gekennzeichneter Artikel. Klassischer Fall von Ersatzfrachtbrief und Nachlieferung. Bei der Devastator hingegen alle drei als dringend georderte Verschleißteile für den Hyperantrieb und die Turbolifte.
Die Mitarbeiter des Logistikzentrums der Imperialen Sternenflotte kannten ihre Kundschaft, jeder hier wusste, dass die Devastator das Schiff Lord Vaders war, das war eine Komplikation, die niemand gebrauchen konnte.
Aber es gab hier doch auch mehrere Zentrallager, wo war das Problem?
Silk meinte, dass die Leiter der Zentrallager nur ungern unter Mindestbestand gingen und sich deshalb häufig nicht kooperativ zeigten, wenn sie diese Teile herausgeben sollten.
Mir hingegen war unklar, weshalb der Bestand bei Verschleißteilen so knapp gehalten wurde, dazu konnte Silk aber nichts weiter sagen. Und um die Sache rund zu machen, erhielten wir kurz vor Mittag die Information, dass die Devastator um fünfzehnhundert starten wollte, das war eigentlich nicht mehr zu schaffen …

An fehlender Ware konnten wir nichts ändern (auch wenn wir dafür den Anschiss kassieren würden), aber möglicherweise konnte Captain Wermis den Start verzögern?
Ich rief ihn über ComLink an und schilderte mein Problem. Wermis wünschte mir viel Glück bei meiner Debatte mit dem Lagermeister, empfahl mir eine Cantina, in der Frachterpiloten verkehrten, die hin und wieder für die Imperiale Sternenflotte arbeiteten und sagte mir maximal zehn Minuten zu, die er den Start verzögern könne – nein, mehr war nicht drin, er hatte Lord Vader einmal am Hals gehabt, das reiche ihm, aber glücklicherweise neigte Vader dazu, zu seinen Terminen eher zu spät als zu früh zu kommen …
„Fangen Sie an, die Paletten zu setzen“, wies ich mein Team an, „Erst für die Devastator, dann die drei, die heute Abend Coruscant verlassen werden und dann die übrigen.“
Die Frauen stöhnten auf.
Schon wieder Überstunden.
Überstunden und Nachtschicht …
„Was gibt’s da zu meckern?“, pöbelte ich sie an. „Dafür sind Sie heute Morgen stundenlang untätig herumgestanden. Mein eigener Feierabend wird übrigens auch nicht eher sein als der Ihre.“
„Aber es fehlen die wichtigsten Teile“, wandte Silk ein, „der Termin ist zu knapp und der Transporter in den Orbit wird auf uns nicht warten.“
„Silk“, sagte ich, „Ich arbeite daran. Sehen Sie nicht auf das Problem, sehen Sie auf die Lösung …“

Falls Wermis glaubte, dass ich mich dem Lagermeister gegenüber aufs Bitten und Betteln verlegen würde, dann lag er falsch.
Ein Zentrallager war nun wirklich nicht dazu da, den Mindestbestand zu halten …
Ich griff mir eine Repulsoren-Palette, den alten, verbeulten Landgleiter, der unserer Abteilung gehörte, und die Sullustanerin, die für die Abteilung arbeitete. Tiemis Expertise war auch dringend notwendig, denn sie kannte sich nicht nur im Logistikzentrum gut aus, sondern konnte sich wie alle ihrer Spezies an fast jeden Weg erinnern, den sie jemals gegangen war. Um mal einen Vergleich zu ziehen: eine Personen- und Warendrehscheibe wie beispielsweise der Frankfurter Flughafen war ein Dreck gegen das Logistikzentrum der Imperialen Sternenflotte auf Coruscant …
Tiemi führte mich zum eigentlichen Zentrallager, meine Karte erlaubte den Zutritt und dann nötigte ich den erstbesten Droiden, der mir über den Weg lief, mir die benötigten Teile auszuhändigen.
Wir waren fast schon wieder draußen, als uns der Lagermeister (ein älterer Herr kurz vor der Pensionierung) abfing und anhielt. Was mir einfiel, die Sachen einfach so mitzunehmen?! Wer ich glaubte zu sein?
An Bord der Devastator hatte ich gut aufgepasst, wie die Offiziere miteinander und vor allem, wie sie mit Untergebenen umgingen und hielt es jetzt ebenso: ich behandelte den Lagermeister von oben herab mit der Option, bei Wohlverhalten freundlicher zu sein. Außerdem wies ich darauf hin, dass die entnommenen Teile für Lord Vaders Schiff waren – ob er das lieber mit seiner Lordschaft selbst diskutieren wolle? Im Übrigen würde der verspätete Transport sicher bald eintreffen, diese Teile könne er dann haben …
Er dachte darüber nach und ließ uns dann tatsächlich ziehen, der Verweis auf den gefürchteten Oberkommandierenden war ein Argument, das immer wieder zog. Ich schickte Tiemi mit den Teilen zurück in unsere Abteilung, wenn sich jetzt die Beschaffung eines Transports in den Orbit nicht übermäßig hinzog, konnten wir es vielleicht doch noch rechtzeitig schaffen …

Tiemi hatte mir den Weg zur Cantina so gut beschrieben, dass ich ihn auf Anhieb fand, dort bat ich den Wirt, eine Ansage machen zu dürfen und rief mein Angebot aus: fünf Paletten in den Orbit, fünfhundert Credits bar auf die Hand und keine weiteren Fragen …
Es gab das übliche Gejohle und ein paar sexistische Bemerkungen – für ‘ne schnelle Nummer in meinem Transporter flieg ich deine Paletten umsonst …
Ich verkniff mir jeden weiteren Kommentar und ließ die Sprüche an mir abprallen: wer hier als Frau arbeitete, musste das aushalten, es gab hier weder Political Correctness noch Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.
Aber es fanden sich dann doch ein paar Interessenten, die auch für Credits in den Orbit fliegen wollten und es gelang mir, einem vertrauenswürdig aussehenden älteren Mann von den tausend Credits, die er haben wollte, auf siebenhundertfünfzig herunterzuhandeln. Zweihundertfünfzig jetzt und der Rest an Bord der Devastator – Deal!
Wenn ich weiter so großzügig mit meinem Geld umging, würde ich bald pleite sein (= es war möglich, aber nicht sicher, dass mir das Logistikzentrum die Summe ersetzen würde) …
Ich fuhr mit dem alten Gleiter zurück in unsere Abteilung, hier hatten die Mädels inzwischen die Paletten gepackt und bereitgestellt, dann schafften wir die Sendung zum Landeplatz für die Transporter, wo wir schon erwartet wurden. Kein Wunder, siebenhundertfünfzig Credits für einen simplen Flug in den Orbit waren eine stolze Summe, das sorgte auch bei einem rauen Frachterpiloten für Engagement und Einsatzfreude. Wir verluden die Paletten, ich sprach kurz mit Captain Wermis über ComLink, nein, Lord Vader war noch nicht an Bord, sie erwarteten ihn jedoch demnächst, sicherheitshalber nahm ich ein paar meiner Mädchen mit, falls wir im Hangar der Devastator die Paletten auch noch selbst ausladen und umsetzen mussten …

Der Pilot unseres Transporters kannte jeden Trick und ein paar Leute von der Orbitalkontrolle, so dass wir eher als zunächst befürchtet im Hangar der Devastator ankamen, trotzdem pöbelte uns der verantwortliche Deckoffizier erst mal an – schön, dass wir es einrichten konnten, auch mal vorbeizuschauen, ob wir glaubten, dass Lord Vader auf uns warten würde?! Wir sollten lieber froh sein, dass er sich verspätet hatte …
Ich schenkte ihm nichts – erzählen Sie das dem Wareneingang und einem unkooperativen Lagermeister …
Der Deckoffizier kontrollierte die Lieferung, während er das tat, zankten wir uns weiter, er zählte gerade die letzte Palette, als mir plötzlich auffiel, dass meine Mitarbeiterinnen mit gesenktem Kopf auf allen vieren auf dem Boden lagen.
Ich drehte mich um und stieß mit Vader zusammen. Auch das noch. Wie schaffte er es immer, sich so anzuschleichen? Ich wich zwei Schritte zurück und beugte das Knie:
„Lord Vader.“
„Ich freue mich auch, Euch wiederzusehen“, sagte er sarkastisch und hieß uns aufzustehen. Er hatte schon wieder meine Gedanken gelesen.
„Ihr seid spät“, bemerkte er.
„Ja, mein Lord“, antwortete ich. Das sagte gerade der Richtige.
„Kommt das nächste Mal zur rechten Zeit“, verlangte er.
„Soweit das in meiner Macht steht.“
Weitergehende Erklärungen oder Entschuldigungen konnte man sich Vader gegenüber meist sparen.
Er blieb abwartend stehen, die Daumen hinter den Gürtel gehakt.
„Was stimmt nicht im Zentrallager?“, fragte er dann.
„Kann ich noch nicht sagen“, erwiderte ich, „Aber die Lagerhaltung für Verschleißteile scheint mir zu knapp und die Lagermeister tun sich schwer damit, ihre Waren herauszugeben. Warum auch immer.“
Meine Mitarbeiterinnen lagen immer noch auf ihren Knien (obwohl sie längst hätten aufstehen können) und verfolgten unseren Dialog ungläubig.
„Ich werde mich der Sache annehmen, wenn ich zurück bin“, sagte Vader.
Dann wandte er sich an meine Mädchen (die ihm im wahrsten Sinne des Wortes im Weg lagen):
„Und wenn die Damen jetzt aufstehen und zur Seite treten würden, dann könnte ich an Bord kommen …“

Nach seiner Rückkehr nach Coruscant tötete Vader zwei hochrangige Offiziere und einen ebenso hochrangigen zivilen Angestellten des Logistikzentrums der Imperialen Sternenflotte, entließ ein paar Verantwortliche in den wohlverdienten Ruhestand und beförderte dafür ein paar jüngere Männer aus den nachgeordneten Rängen – enttäuschen auch Sie mich nicht noch einmal …

Der Jedi-Tempel

Der ehemalige Jedi-Tempel und das ihn umgebende Viertel war eines der Dinge, die früher jeder Tourist auf Coruscant gezeigt oder zumindest aus der Ferne mit eigenen Augen gesehen haben wollte.
Vor der Order 66 lebten in diesem Viertel die Leute, die sich um alle im Tempel anfallenden Arbeiten gekümmert hatten, so z.B. die Wartung der technischen Anlagen, Reinigungsdienstleistungen, das leibliche Wohl der Jedi, das Schneidern ihrer Roben oder das Management des Tempels an sich.
Diese Vernachlässigung weltlicher Belange war vielleicht einer der Gründe, die mit zum Fall des Jedi-Ordens beigetragen hatten, die geistlichen Orden meiner Heimatwelt kümmerten sich in aller Regel nicht nur ums beten, sondern auch ums arbeiten.
Nach der Order 66 und dem Ende der Klonkriege hatten diese Menschen sich in alle Winde zerstreut, heute lebten hier hauptsächlich Arbeiter und kleine Angestellte, die dem Gebäude keine weitere Bedeutung mehr beimaßen.
Von weitem sah der ehemalige Jedi-Tempel nicht einmal besonders spektakulär aus – er bestand aus einer weiträumigen Zikkuratbasis mit nach innen geneigten Außenwänden, die nach oben hin aufeinander zuliefen, auf dem Flachdach des Gebäudes befanden sich fünf schlanke Türme, die alle mit hochempfindlichen Sender-Empfänger-Antennen ausgestattet waren.
Ging man allerdings die Treppen zum Hauptportal hinauf, dann wurde einem im Angesicht der Großartigkeit dieses Bauwerkes die Bedeutungslosigkeit der eigenen Existenz eindringlich vor Augen geführt.
Warum der Imperator dieses Bauwerk hatte stehen lassen?
Betrachtete er es als Mahnmal für die Hybris und die Selbstgefälligkeit des Jedi-Ordens?
Als Symbol für ihre absolute, totale Niederlage?
Vader hatte mir nicht nur erlaubt, ihn zu begleiten, sondern er nahm sich die Zeit, mit mir durch das Gebäude zu wandern und mir den Ratssaal, die Kommandozentrale, die Analyseräume und das Archiv bzw. die Bibliothek zu zeigen. Dass er hier, in seinem ehemaligen Heim, zusammen mit der 501. Legion ein Massaker angerichtet hatte, schien ihn nicht weiter zu bedrücken.
Für mich waren diese Ereignisse, die nicht einmal zwanzig Jahre zurücklagen, bestenfalls abstrakt und ich brachte den Mann, den ich liebte, nicht so recht zusammen mit dem Monster, das seine Taten zeichneten. Trotzdem fragte ich mich hin und wieder schon, ob ich mir da nicht etwas vormachte, Vaders Taten rechtfertigte und entschuldigte, meist empfand ich dann ein diffuses Schuldgefühl. Aber vor einem starken Telepathen wie Vader konnte man nichts verheimlichen – ich brauchte mich nicht für Ereignisse verantwortlich fühlen, an denen ich weder beteiligt gewesen war noch die ich hätte verhindern können …

Vaders Besuch im Jedi-Tempel galt nicht allein der Befriedigung meiner Neugier, sondern er benötigte neue Kristalle als Energiequelle für sein Lichtschwert und nein, so ein Lichtschwert funktioniert nicht einfach so mithilfe der geheimnisvollen, magischen Macht.
Die Jedi hatten ihre Lichtschwertkristalle meist aus natürlichen Vorkommen geholt, so z.B. aus den Kristallhöhlen auf Ilum.
Vader hingegen stellte die Kristalle, die er für sein Lichtschwert benötigte, unter Zuhilfenahme der Macht her.
Er ließ mich zusehen, wie er die Matrizen vorbereitete und beantwortete dabei meine Fragen, so erfuhr ich zum Beispiel, dass die synthetischen, roten Kristalle bisher ausschließlich von den Sith benutzt worden waren. Diese Reproduktionen wurden wie gesagt unter dem Einfluss der Macht hergestellt und ein Lichtschwert, welches mit solch einem Kristall ausgestattet ist, besitzt eine weit stärkere Klinge als ein Lichtschwert, das einen natürlichen Kristall als Energiequelle verwendet. Darüber hinaus weisen synthetische Kristalle die Fähigkeit auf, einen natürlichen Lichtschwertkristall brechen und zerstören zu können, jedoch sind Lichtschwerter mit synthetischen Kristallen schwieriger zu handhaben.
Vader beabsichtigte, während des Brennens zu meditieren, und da das anschließende Zusammenfügen der einzelnen Komponenten nicht ganz ungefährlich war, wollte er mich bei diesem Teil der Konstruktion nicht dabeihaben. Also ließ ich mich von ihm dazu überreden, mich noch ein wenig im Tempel umzusehen …

Vader saß mit halb geschlossenen Augen und untergeschlagenen Beinen vor dem Brennofen und meditierte. Die Meditation zählte zwar nicht unbedingt zu seinen Lieblingsbeschäftigungen, aber sie war nützlich und brachte häufig unerwartete Erkenntnisse. Und Ruhe.
Heute … heute hingegen gelang es ihm nicht, sich so tief in die Macht zu versenken, um diese Ruhe zu finden.
Stattdessen dachte er über Kilian nach.
Kilian.
Nicht die erste Frau, die er leidenschaftlich liebte.
Aber die erste, die ihn aufrichtig liebte.
Vader fragte sich flüchtig, ob auch das eine Täuschung war, die Macht konnte tückisch sein, gleich auf welche Weise man sich ihr näherte. Sie hatte die Jedi getäuscht, und sie hatte die Sith getäuscht, wieder und wieder …

Ich fand es erhebend, durch Räumlichkeiten zu streifen, die das Wissen von Jahrzehntausenden enthielten.
Der Imperator hatte den Orden der Jedi auslöschen lassen.
Nicht aber die hier versammelten Inhalte.
Ob ich Vader dazu überreden konnte, regelmäßig hierher kommen zu dürfen und zu lesen? Immerhin bot diese Bibliothek ein fast vollständiges Spektrum des galaxisweiten Wissens. Was für Geheimnisse und Erkenntnisse mochte sie bereithalten?
Barg diese Bibliothek letztendlich vielleicht sogar weit mehr Möglichkeiten in sich als die der Universität von Coruscant? Fand man hier verborgene Zusammenhänge oder geheimes Wissen? Konnte man hier Entdeckungen von Tragweite machen? Nicht, das es irgendeinen praktisch verwertbaren Nutzen hatte, aber es befriedigte die persönliche Neugier.
Dazu kam, dass diese Welt für den Durchschnittsbürger (= die große Mehrheit) nur die seichtesten Nachrichten- und Informationssendungen bereithielt, man die Leute fast schon bewusst von Wissen und Bildung fernhielt und man ihnen stattdessen Unterhaltung und Zerstreuung bot, was diese auch nur zu gerne annahmen …

Padme.
Was hatte ihm an ihr eigentlich so gut gefallen?
Ihre außergewöhnliche Schönheit?
Ihr jugendliches Aussehen?
Ihre guten Absichten?
Ihre Macht?
Aber sie war nicht loyal gewesen.
Hatte sich nicht zu ihm bekannt.
Fürchtete, dass die Beziehung zu ihm ihre Karriere zerstören würde.
Wollte ihm nicht folgen.
Hatte sich abgewandt, als er sich ihr zeigte, versehrt und gezeichnet.
Ließ ihn im Stich, als er sie brauchte …
Kilian war da völlig anders.
Sie war groß und stark, und sie arbeitete hart.
Sorgte sich um die, für die sie verantwortlich zeichnete.
Nebensächlichkeiten interessierten sie nicht.
Alles an ihr war echt.
Es war ihr egal, ob er ihr beim Sex die Haare durcheinander brachte oder ihr Make-up ruinierte, ihre Hingabe war vollkommen …

Die Jedimeisterin Jocasta Nu hatte einst die Behauptung geprägt, dass etwas, das nicht in den Archiven des Jedi-Ordens verzeichnet sei, auch nicht existiere.
Diese Galaxis besaß Millionen Sternensysteme und Billiarden von Lebensformen, da die Behauptung aufzustellen, dass etwas nicht existiert, nur weil es in den Jedi-Archiven nicht verzeichnet ist, zeugt bestenfalls von Ignoranz.
Ein anderer Punkt war, dass es eigentlich als unmöglich galt, Inhalte des Archivs zu löschen oder zu manipulieren, aber auch das entsprach nicht der Wahrheit: Vaders ehemaliger Meister Obi-Wan Kenobi hatte beispielsweise herausgefunden, dass alle Informationen über Kamino gelöscht worden waren, jenen Planeten, auf dem man die Klonarmee gezüchtet und trainiert hatte.
Wer weiß, was für Informationen hier noch verschwunden waren?
Oder manipuliert?
Die Jedi waren auch keinesfalls überall in der Galaxis beliebt oder auch nur bekannt gewesen. Viele Lebewesen fürchteten im Grunde ihrer Herzen die machtbegabten Zauberer, und die von den Jedi praktizierte Lichtschwertdiplomatie tat ein Übriges. Das ist keine imperiale Propaganda. Fragt man nämlich Menschen (und Nichtmenschen), die die Alte Republik noch bewusst erlebt haben, dann bestätigt sich diese Sichtweise.
Die Angst vor Vader kommt nicht aus dem Nichts und ich glaube nach wie vor nicht, dass diese Angst allein daher rührt, dass Vader auf der dunklen Seite der Macht agiert.
Ein Machtnutzer muss eine fast schon unmenschliche Konzentration aufbringen, um sich die Macht dienstbar zu machen, Vader sagte oft, dass es einfacher sei, einen Türmechanismus zu überbrücken, als ihn mit der Macht zu öffnen.
Allerdings war letzteres weit spektakulärer und verbreitete Furcht.
Furcht, die man sich dienstbar machen kann.
Furcht, die Gehorsam generiert.
Furcht, durch die man herrschen kann.
Macht, die man nicht wieder hergeben will, wenn man sie einmal errungen hat. Ein Punkt, in dem sich die Jedi nicht im Mindesten von den Sith unterschieden …

Der Zweck heiligt die Mittel.
Er war sich darüber im Klaren, dass er kein guter Mensch mehr war.
Es war ihm gleich.
Der Imperator hingegen war eine Klasse für sich. Wo Vader nach Sicherheit, Ordnung und Stabilität strebte, suchte der Imperator … ja, nach was eigentlich?
Palpatine war ein geschickter Taktierer. Für seinen Aufstieg zum Imperator hätte er sich nicht der dunklen Seite der Macht bedienen müssen.
Und als er endlich die Macht errungen hatte, strebte er nach noch mehr Macht. Und er, Vader, half ihm dabei. Warum eigentlich?
Er half Menschen, die vor lauter Überdruss und Verkommenheit nicht mehr wussten, welche Perversionen sie als nächstes pflegen sollten. Sogar er selbst hatte bei Hoffesten, nun, Angebote bekommen. Von Frauen. Und von Männern. Manche Menschen schreckten auf der Suche nach Vorteilen oder neuen Reizen buchstäblich vor nichts zurück, Coruscants Oberschicht war verrottet bis ins Mark …

Während ich durch die Hallen des Archivs wanderte, zog draußen ein Unwetter auf und es wurde merklich dunkler, was mich aber nicht weiter störte.
Ich bewunderte die Architektur, die Portraitbüsten und die Deckenfenster, die sehr zur Atmosphäre beitrugen.
Plötzlich bemerkte ich einen hellen Schimmer in einem der Seitengänge, hielt inne und ging zurück, um nachzusehen.
Dort stand ein großer, hochgewachsener älterer Mann mit langen, grauen Haaren, gekleidet in die schlichten Gewänder eines Jedi, durchscheinend und von blauem Licht umflossen.
Zuerst glaubte ich an eine holografische Projektion bzw. die Fehlfunktion eines Holo-Emitters, dann registrierte ich, dass damit etwas nicht stimmen konnte. Außerdem gab es hier keine Holo-Emitter …
„Ich bin Qui-Gon Jinn“, stellte sich die durchscheinende Gestalt vor und deutete eine leichte Verbeugung an. Erlaubte sich hier gerade jemand einen schlechten Scherz mit mir oder war das eine HoloNet-Version von „Verstecke Kamera“? Qui-Gon Jinn war tot. Gefallen während eines Einsatzes.
Trotzdem erwiderte ich seinen Gruß.
„Mein Name ist Rosalinda Kilian. Und Meister Jinn fiel während eines Einsatzes.“
Was immer hier vor sich ging: gleich auf den Punkt kommen.
„Das ist wahr“, räumte er ein.
Andererseits war das Gerede unter den Sturmtruppen, dass es hier spukte, vielleicht doch kein Hirngespinst … Qui-Gon Jinn lächelte versonnen.
„Lasst uns ein Stück gehen“, sagte er und wandte sich ab, um mit mir durch die Hallen des Archives zu wandeln.
„Solltet Ihr nicht lieber mit Vader reden, statt mit mir?“, fragte ich atemlos, als ich ihn erreicht hatte.
„Vader will nicht zuhören“, antwortete er.
„Das wird schon seinen Grund haben“, vermutete ich, „Ihr Jedi wart leichtfertig und habt euch täuschen lassen. Habt nicht erkannt, dass euer größter Feind euch schon längst gegenüber saß. Habt Anakin in seinem Fortkommen behindert, habt einem Mann die Ausbildung zum Jedi aufgenötigt, der dafür nicht geschaffen war. Und alt genug, um sich an ein anderes Leben zu erinnern.“
„Ihr glaubt also, dass die Jedi für ihr Schicksal selbst verantwortlich sind?“, fragte Qui-Gon Jinn. Ich hielt inne. Glaubte ich das wirklich oder versuchte er, mich zu manipulieren?
„Ihr habt Anakin gefunden. Habt geglaubt, dass er der Auserwählte ist. Habt den Jedi-Rat davon überzeugt, dass er die Prophezeiung erfüllen wird.“
Der alte Jedi-Meister blieb stehen und sah mich eindringlich an.
„Eine Prophezeiung, die missverstanden worden ist.“
Qui-Gon Jinn ging langsam weiter und ich ging mit ihm.
„Die Menschen unterteilen ihre Welt in Hell und Dunkel. Finsternis und Licht. Gut und Böse. Aber es gibt nur die eine, lebendige Macht.“
„Nun, diese Einteilung erleichtert vermutlich die Handhabung“, vermutete ich. „Obwohl die meisten Menschen wohl behaupten würden, dass sie das Gute tun.“
„Von einem gewissen Standpunkt aus stimmt das auch“, bemerkte Qui-Gon. „Anakin hat mit der Auslöschung des Jedi-Ordens ein Fanal gesetzt. Aber er hat noch nicht einmal damit begonnen, die Prophezeiung zu erfüllen. Er ist stark in der Macht, so stark, dass er sich sogar ihren Einflüsterungen widersetzen kann.“
„Er will Sicherheit, Ordnung und Stabilität für sein Imperium“, wandte ich ein. „Will die Macht, dass die Galaxis ins Chaos fällt?“
„Bevor etwas Neues geschaffen werden kann, muss das Alte zerstört werden. Deshalb wurde eine Ereigniskette in Gang gesetzt, die dem Auserwählten keine andere Wahl mehr lässt als die Dinge zu tun, die er tun muss.“

Vader verlor sich in seinen Betrachtungen. Er suchte weder nach Erkenntnissen noch nach Visionen, ließ seine Gedanken treiben, völlig unfokussiert …
Viele davon hatten mit Kilian zu tun.
Das Glück, sie gefunden zu haben.
Die unterschwellige Furcht, sie wieder zu verlieren, wie er schon so vieles in seinem Leben wieder verloren hatte.
Und dann überkam ihn eine Vision mit einer Kraft, Eindringlichkeit und Klarheit, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte:
Er sah einen Thronsaal im Zwielicht, Jahre, vielleicht Jahrzehnte in der Zukunft, modifizierte imperiale Siegel an den Wänden, Lichtstrahlen fielen auf einen Thron, der erhöht inmitten des Raumes stand.
Auf dem Thron saß Kilian wie dahingegossen und in helles Licht getaucht. Mehrere Personen knieten zu ihren Fußen, Bittsteller vielleicht, die sich wortreich vorstellten, ihre Namen, Titel und Verdienste nannten.
„Das Imperium hört“, sagte sie.
Dann verließ ihn die Vision. Vader öffnete die Augen und lähmende Furcht ergriff sein Herz. Wenn der Imperator diese Szene ebenfalls voraussah, dann war Kilian tot …

Ich konnte mein Gespräch mit Qui-Gon Jinn nicht beenden.
Ich hörte Vader und drehte mich nach ihm um.
„Wir müssen gehen, sofort“, sagte er, als er mich erreicht hatte.
Irgendetwas war geschehen, und das versetzte Vader in … Angst?
Panik?
Eine geradezu absurd anmutende Vorstellung.
„Aber …“, wandte ich ein.
„SOFORT“, befahl er, packte mich am Oberarm und zog mich mit sich fort. Es gelang mir, mich noch einmal kurz umzuwenden, doch der Machtgeist Qui-Gon Jinns war verschwunden.

Der Imperator schreckte hoch, als das Glas mit dem schweren, süßen Wein auf dem Boden zerschellte.
Er hatte sich für den Nachmittag in seine Privatgemächer zurückgezogen, um einige Vorstudien für ein Projekt zu betreiben, an dem er im geheimen arbeitete, als ihn plötzlich eine Vision mit aller Macht überfiel.
Er sah einen Thronsaal im Zwielicht, Jahre, vielleicht Jahrzehnte in der Zukunft, modifizierte imperiale Siegel an den Wänden, Lichtstrahlen fielen auf den Thron, der erhöht inmitten eines Raumes stand.
Auf dem Thron saß eine ältere Frau, faszinierend und schön anzusehen trotz der Jahre, wie dahingegossen und in helles Licht getaucht. Mehrere Personen knieten zu ihren Fußen, Bittsteller vielleicht, die sich wortreich vorstellten, ihre Namen, Titel und Verdienste nannten.
„Das Imperium hört“, sagte sie.
Dann verließ ihn die Vision.
Palpatine öffnete die Augen und lähmende Furcht ergriff sein Herz. Wie kam es, dass diese Frau auf SEINEM Thron saß? Sie kam ihm vage bekannt vor, als ob er sie schon einmal gesehen hatte …
Er beschloss, sein Projekt vorläufig zurückzustellen und über diese Vision zu meditieren.
Vorher jedoch rief er seine beste Spionin und Attentäterin zu sich.
„Mara Jade“, sagte er, als die junge Frau vor ihm kniete, „wir haben einen neuen Feind.“
„Ja, Meister“, flüsterte sie ergeben.
„Findet ihn“, befahl der Imperator, „Und dann bringt ihn zu mir.“

The Journals of the Whills

Als Vader den Jedi-Tempel verließ, war er außer sich. Inzwischen war es ihm gelungen, wieder zu einer gewissen Ruhe zurückzufinden.
Selbst wenn der Imperator diese Vision geteilt hatte – nach wem sollte er suchen lassen?
Er hatte gut daran getan, Kilian zu seiner Frau zu machen und die Beziehung dann geheim zu halten.
Der Imperator würde vermutlich seine beste Attentäterin auf diese Sache ansetzen oder vielleicht auch einen Inquisitor. Aber sowohl Mara Jade als auch die Inquisitoren waren nur schwach in der Macht.
Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Vader jeden Machtnutzer getötet, dessen er habhaft werden konnte. Er hätte auch Mara Jade töten können, dann aber die besondere Beziehung bemerkt, die sie mit dem Imperator verband. Jetzt hatte er ein Unterpfand für Kilians Leben …
Eigenartig. Warum hatte der Machtgeist Qui-Gon Jinns sich ausgerechnet Kilian gezeigt? Einer Frau, die die Macht nicht wirken konnte, ja, die völlig machtblind war?
Weil er, Vader, nicht zuhören wollte?
Er hatte genug vom Zuhören, viel zu lange war er den Lehren der Jedi gefolgt. Dann den Lehren Palpatines. Und wohin hatte es ihn geführt? Er war zum Spielball mächtiger Interessen verkommen …
Sein Plan, das Universum zu einem besseren Ort zu machen? Der Galaxis Ordnung und Sicherheit zurückzugeben? Doch dieses Streben forderte gleichermaßen planetare Regierungen, Konzerne und kriminelle Banden heraus, denen an einer geeinten Galaxis nichts lag, ja, die ihre Vorteile aus rechtsfreien Räumen zogen. Verbrechen, Ausbeutung, Sklaverei … Wie gerne würde er über die Profiteure dieser Zustände seinen glühenden Zorn ausschütten, sie austilgen aus der Galaxis …

Dass im Jedi-Tempel irgendetwas geschehen war, das Vader zutiefst verstörte, ließ sich schon alleine daran ablesen, dass er seine Wohnung im Republica 500 plötzlich von einer Einheit Sturmtruppen bewachen ließ und sein Diener mich auf sein Geheiß hin auf Arbeit erst einmal krankmeldete.
Über das, was genau ihn dazu veranlasst hatte, den Tempel dermaßen überstürzt zu verlassen, schwieg er sich jedoch beharrlich aus. Vader beruhigte sich wieder.
Und nahm mein eigenartiges Erlebnis im Jedi-Tempel zum Anlass, sich näher mit dem Orden der Whills zu beschäftigen, einer mythischen Gemeinschaft von eng mit der Macht verbundenen Wesen, die man als eine Art Vorgänger des Jedi-Ordens verstehen kann. Über den Orden an sich ist nur sehr wenig bekannt, nur, dass die Whills angeblich herausgefunden haben, wie man eins wird mit der Macht, ohne sein Bewusstsein aufgeben zu müssen und wie man, obwohl man verstorben ist, den Kontakt zur materiellen Welt aufrecht erhält.
Vader vermutete, dass Qui-Gon Jinn auf einer seiner vielen Reisen für den Jedi-Orden durch die Galaxis auf das Geheimnis gestoßen ist, vielleicht auf einen Schamanen, der irgendwo auf einer Randwelt in der Tradition der Whills lebte und den alten Jedi-Meister darin unterwiesen haben könnte. Außerdem gelten sie als die Verfasser der legendären „Journale der Whills“, die angeblich die gesamte, also auch zukünftige, Geschichte der Galaxis enthielten.
Captain Wermis brachte uns ohne weitere Vorkommnisse nach Jedha, ich las die Bücher, die Vader mir gab (eine Art Geschichtskompendium über die Sith im allgemeinen) und als die Devastator nach ein paar Tagen Flugzeit über Jedha aus dem Hyperraum fiel, begab Vader sich als erstes nach NaJedha und scheuchte ein paar imperiale Besatzungstruppen auf.
Jedha selbst befand sich im Terrabe-Sektor im Mittleren Rand, hatte ca. 11,3 Mio. Einwohner und seine Landschaft war größtenteils von Wüsten, Dünen und steinigen Hochebenen geprägt.
Neben der Hauptstadt NaJedha existierte noch eine Reihe kleinerer Städte bzw. Raumhäfen.
Eine abgelegene, gefrorene Wüstenwelt, die als Pilgerstätte für Leute diente, die an die Macht glaubten bzw. selbst machtsensitiv waren und / oder die nach spiritueller Führung strebten.
Die Meinungen der Forscher über Jedha gingen auseinander. Die einen glauben, der Name „Jedi“ rühre vom Namen des Planeten her, die anderen glauben, dass es genau andersherum sei. Einig ist man sich jedoch, dass die Geschichte Jedhas und die der Jedi eng miteinander verbunden war, lange schon vor der Alten Republik beherbergte der Planet eine der ersten Kulturen, die die Natur der Macht erforschten.
Heute war Jedha die Heimat der Jünger der Whills, die sich in der Kirche der Macht trafen, wo sie hauptsächlich spirituellen Widerstand gegen das Imperium leisteten sowie verschiedene esoterische Kampftraditionen praktizierten.
Eine Vorgehensweise, die sicherstellte, dass das Imperium sie auch weiterhin ignorierte …

Vader strafte den imperialen Gouverneur und das Imperiale Verbindungsbüro mit Missachtung und begab sich sogleich zum Tempel des Kyber, um dort seinem Anliegen Nachdruck zu verleihen: Was wussten die Jünger die Whills über die legendären „Journale der Whills“?
Ich begann zu vermuten, dass hinter Vaders plötzlichem Interesse an der Materie irgendetwas steckte, das er im Jedi-Tempel erlebt hatte. Hatte er möglicherweise eine verstörende Vision der Zukunft durchlebt? Das würde sein Verhalten erklären sowie sein Interesse an diesen ominösen Journalen, die angeblich die gesamte Geschichte der Galaxis enthielten.
Weitere Gedanken machte ich mir darüber nicht, sondern schlenderte statt dessen mit Kommandant Praji und Kommandant Jir in Räuberzivil durch die Straßen NaJedhas und sammelte zusammen mit diesen unauffällig Informationen für ein allgemeines Lage- und Stimmungsbild unter der Bevölkerung Jedhas.
Jedhas Bevölkerung setzte sich zum größten Teil aus Menschen zusammen, jedoch war das Straßenbild von Pilgern, Mönchen, Anomidischen Priestern, Schmugglern und Individuen aus den verschiedensten Teilen der Galaxis geprägt. Es herrschte ein geradezu unbeschreibliches Durcheinander an verschiedenen Lebewesen, Gerüchen und Baustilen, es waren so viele Eindrücke, die die Sinne anregten und verwirrten, und wir trugen das unsere dazu bei, das allgemeine Chaos zu vergrößern.
Schließlich setzten wir uns in eine Cantina, bestellten zu essen und zu trinken und tauschten unsere Eindrücke aus. Wir waren uns einig, dass die Leute hier das Imperium zwar nicht mochten, es aber nach Kräften ignorierten, und das beruhte wohl auf Gegenseitigkeit, es gab nur wenige sichtbare Patrouillen.
Schließlich fielen uns zwei Mönche (?) auf, die sich vor dem Restaurant niedergelassen hatten und ihre Mantras sangen – Die Macht ist mit mir, ich bin eins mit der Macht, die Macht ist mit mir, ich bin eins mit der Macht, die Macht ist mit mir, ich bin eins mit der Macht …

Vader betrat den Tempel des Kyber mit einer Einheit der 501. Legion und fand den Lama des Tempels, das Oberhaupt des Ordens der Jünger der Whills, versenkt in tiefer Meditation.
Vader blieb abwartend stehen und sandte eine finstere Botschaft durch die Macht. Der Lama machte keine Anstalten, seine Meditation aufzugeben.
„Ihr habt mich gehört“, grollte Vader. Der Lama öffnete die Augen.
„Lord Vader. Was können wir dem Imperium geben, was es nicht bereits schon hat?“
Vader war irritiert. Wovon sprach der Mann? Natürlich würde er nicht zugeben, das nicht zu wissen, auf gar keinem Fall …
„Ich will es von Euch selbst hören“, unterbreitete Vader dem Lama einen Machtvorschlag und übte gleichzeitig Druck über die Macht auf ihn aus. Der Lama gab auf. Gegenüber einem so starken Machtnutzer war Widerstand zwecklos.
„Abgesandte des Imperators verlangten unsere Aufzeichnungen, wie man eins wird mit der Macht, ohne sein Bewusstsein aufgeben zu müssen.“, erklärte er. „Eine junge Frau mit rotem Haar und geschult in den Wegen der Macht.“
Mara Jade. Der Imperator suchte nach Aufzeichnungen, wie man sein Bewusstsein nach dem Tod in die Macht transferieren konnte?
„Ist das möglich?“, fragte Vader.
Er glaubte nicht, dass dem so war, doch selbst wenn, bezweifelte er die Sinnhaftigkeit dessen. Es gab Machtgeister, ja. Aber ihre Möglichkeiten der Einflussnahme waren bestenfalls gering. Warum dann sein Bewusstsein mit in die Macht nehmen?
„Die Jünger der Whills sind der Meinung, dass das nicht möglich ist.“
„Aber es gibt Machtgeister“, wandte Vader ein.
„Eine Beobachtung, die missinterpretiert worden ist“, erwiderte der Lama. „Es gibt kein Bewusstsein in der Macht. Dennoch kennt die Macht jedes Geschöpf, welches sie jemals hervorgebracht hat und noch hervorbringen wird. Weshalb sie ihre Geschöpfe auch jederzeit wieder aus sich als Reminiszenz erschaffen kann.“
Vader schwieg.
Warum redete er jetzt eigentlich mit dem Lama über Machtgeister und Bewusstseinstransfer in die Macht, wenn er sich eigentlich für die Journale der Whills interessierte? Der Lama interpretierte Vaders Schweigen als Aufforderung, sich weiter zu erklären.
„Oder aber es handelt sich bei den von uns als Machtgeistern wahrgenommenen Phänomenen nur um zufällige Fluktuationen in der Macht.“

„Ob sie damit aufhören, wenn wir ein paar Credits in ihre Schalen werfen“, fragte Praji und beobachtete mit gerunzelter Stirn die beiden Mönche, die immer noch nicht müde wurden, ihre Mantras aufzusagen.
Nahdonnis Praji war der untypische Spross einer Bankiersfamilie, hatte das Familiengeschäft aber insoweit verinnerlicht, als dass er Credits als brauchbaren Ansatz zur Lösung von Problemen sah.
Jir wählte eine andere Vorgehensweise und machte dem Kellner schöne Augen (das imperiale Militär zog eine überdurchschnittliche Anzahl an Homosexuellen an, und auch die Anzahl der Männer, die bereit waren, zumindest vorübergehend solche Beziehungen einzugehen, war erstaunlich hoch. Natürlich war das verboten. Aber solange der Dienst darunter nicht litt, sahen die Offiziere darüber hinweg) und deshalb erfuhren wir, dass es sich bei den beiden Mönchen um „Wächter der Whills“ handelte, Beschützer der Kirche der Macht. Nur, so meinte der Kellner, gäbe es jetzt nichts mehr zu bewachen oder zu beschützen, weshalb die beiden entlassen worden waren und nun überall Ärger machten …
Das war schon mal was, warf allerdings mehr Fragen auf, als beantwortet wurden, also ging ich das Problem auf meine Weise an: ich lud die beiden auf eine Schale Suppe ein, Chirrut Imwe und Baze Malbus waren gerne bereit, sich für eine warme Mahlzeit mit uns an einen Tisch zu setzen.
Ich gab die überdrehte Kernwelten-Touristin, für die sich mich halten mussten, stellte Jir und Praji als „Mitarbeiter“ vor und davon abgesehen jede Menge neugierige Fragen, Praji besorgte eine Flasche einheimischen Schnaps und während ich fragte, sorgten Praji und Jir dafür, dass die Gläser der ehemaligen Tempelwächter nicht leer wurden.
So erfuhren wir unter anderem, dass sich unter dem Tempel des Kyber (wie der Name ja schon andeutete) eine große Höhle mit Kyberkristallen befand.
Ach, das war ja interessant. Kann man diese Höhle besichtigen? Imwe verneinte das, wohingegen Malbus meinte, dass das möglich sei, gegen eine geringe Gebühr (was ihm einen bösen Blick von Chirrut einbrachte).
Also, die Kyberkristalle hatten sich dort befunden, meinte Imwe (der Mann war übrigens blind), während sich Baze inzwischen die Schnapsflasche angeeignet hatte und sich systematisch volllaufen ließ.
Befunden hatten?
Ja nun, das Imperium war gekommen und hatte zunächst die Kristalle aus der Höhle wegschaffen lassen, später dann war jemand anderes gekommen, eine Hand des Imperators vielleicht (eine hübsche Rothaarige, warf Malbus ein), hatte sich alle Artefakte im Tempel zeigen lassen und diese dann mitgenommen. Der Tempel hatte jetzt praktisch all das verloren, was ihn einst zu einem Ort für Gläubige und Pilger gemacht hatte …

Der Lama bemerkte eine gewisse Ungeduld in Darth Vader.
„Ihr seid nicht gekommen, um über Machtgeister und dergleichen zu reden?“, fragte der Lama.
„Nein“, antwortete Vader, „ich bin gekommen um über die Journale der Whills zu reden.“
„Es ist schwierig über etwas zu reden, das man nicht mehr besitzt“, sagte der Lama.
„Die Abgesandten des Imperators haben die Journale der Whills mit sich genommen?“, fragte Vader.
„Nein“, entgegnete der Lama, „Die Abgesandten des Imperators verlangten unsere Aufzeichnungen und alle Artefakte. Die Journale der Whills waren nicht darunter.“
Vader unterdrückte den Impuls, den Lama mit der Macht zu würgen. Konnte dieser Mann ihm nicht einfach sagen, was er wissen wollte?
Der Lama war leicht machtsensitiv und spürte, dass er auf einem schmalen Grat wandelte.
„Das Imperium ließ die Kristalle aus der Höhe fortschaffen, lange bevor die Abgesandten des Imperators hierher kamen.“
Vader packte den Lama mit der Macht am Hals und begann, ihm langsam die Luft abzuschnüren.
„Ich habe nach den Journalen der Whills gefragt und nicht nach den Kyberkristallen“, grollte Vader. Der Lama rang nach Luft und versuchte ebenso verzweifelt wie erfolglos, sich aus dem Machtgriff zu befreien.
„Was?“, fauchte Vader und lockerte etwas seinen Griff.
„Aber die Kyberkristalle, die hier gelagert wurden, enthielten die Journale der Whills“, ächzte der Lama. „Es war uns allerdings nicht möglich, sie zu lesen. Niemand konnte das. Und jetzt sind sie verloren.“

„Böses Imperium“, sagte ich, Illoyalität heuchelnd, „Und was machen die jetzt mit all diesen Kyber-Kristallen?“
So einen frustrierten Ex-Tempelwächter würde das unter Umständen zum Weiterreden motivieren.
„Diese Narren“, sagte Chirrut Imwe, „sie wissen gar nicht, was sie getan haben, allen voran ihr Anführer, Orson Krennic.“
Baze Malbus stimmte Chirrut Imwe lallend zu und nuschelte irgendetwas von Projekt Himmelsenergie, doch dieses Wort ließ Chirrut alarmiert aufblicken. Er hieß seinen Freund schweigen, half ihm auf und verabschiedete sich hastig, uns ratlos zurücklassend.
Das Imperium agierte generell nicht zimperlich. Aber dass es Dinge so offensichtlich stahl? Das war neu. Und eigenartig. Kyberkristalle wurden für Lichtschwerter verwendet und man fand sie außer auf Jedha z.B. auf Mygeeto, Christophsis und Ilum, wo sie natürlich in Höhlen wuchsen. Man konnte sie auch künstlich auf Matrizen ziehen, wie Vader es mir erst neulich im Jedi-Tempel gezeigt hatte, aber dieses Verfahren war nie in industriellem Maßstab angewandt worden, um damit z.B. wesentlich stärkere Laser zu bauen.
Superlaser.
Ich bekam da ein ganz mieses Gefühl …

Vader überdachte die Schilderung des Lamas und den Bericht, den Kilian, Praji und Jir erstellt hatten.
Zusammen mit diesen neuen Informationen fielen ein paar Mosaiksteine an die richtigen Stellen und ein Bild begann sich zu formen. Zwar hatte Vader schon seit längerem gespürt, dass im Imperium etwas vorging, das sie vor ihm verbargen, aber das war … beeindruckend.
Fast schon beängstigend.
Eine Kampfstation, so groß wie ein kleiner Mond.
Mit einem Superlaser, der ganze Planeten vernichten konnte, ermöglicht und betrieben durch die Kyberkristalle, die das Imperium auf Jedha und anderswo in großem Maßstab abbaute oder stahl.
Vader ließ sich in die Macht fallen und sinnierte über diese Monstrosität.
Das absolute Machtmittel. Gebaut unter vollständiger Geheimhaltung von Orson Krennic und überwacht von Großmoff Wilhuff Tarkin, unter dem besonderen, persönlichen Schutz durch den Imperator.
Wie wollte der Imperator eigentlich verhindern, dass Tarkin diesen … diesen, ja, man konnte es kaum anders nennen, diesen Todesstern gegen ihn, den Imperator selbst, einsetzen würde?
Vader hielt Tarkin für einen äußerst fähigen und dabei vollkommen skrupellosen Mann. Wenn jemand persönlichen Nutzen aus dieser Kampfstation ziehen würde, dann Tarkin.
Die Sternenflotte würde durch diese Station an Bedeutung verlieren, wenn auch nicht völlig obsolet werden. Schließlich konnte der Todesstern nicht überall gleichzeitig sein, außerdem war es kontraproduktiv, jeden aufsässigen Planeten vollständig zu vernichten. Mit dem Bedeutungsverlust der Sternenflotte würde auch Vaders Einfluss schwinden. Es wurde Zeit, etwas dagegen zu unternehmen …

Der Lama saß mit untergeschlagenen Beinen in seiner Zelle und schlürfte eine Tasse Tee, den ihm ein Akolyth zubereitet hatte.
War das nicht erstaunlich?
Der Imperator und sein zweiter Mann schienen nicht an einem Strang zu ziehen, agierten ohne das Wissen des jeweils anderen und beider Interesse galt unterschiedlichen Dingen.
Uneinigkeit war häufig ein Symptom des Niedergangs und des Verfalls. Trotzdem konnte er sich nicht so recht darüber freuen.
Noch viel Schlimmer würde jetzt alles werden …

Eine Nacht in Coruscant

Vader saß auf seiner Lieblingscouch und beobachtete Kilian.
Sie ging vor dem großen Panoramafenster auf und ab.
Bewegte sich hin und her.
Hin.
Und wieder her, die Arme verschränkt, den Kopf gesenkt.
Sie war tief in Gedanken.
Vader beobachtete sie besorgt.
Das war der erste, erkannte er.
Der erste Bruchpunkt auf ihrem gemeinsamen Weg, und es würden noch weitere folgen.
Und nur, wenn sie sich aus freien Stücken dazu entschloss, sein Leben weiter zu teilen, dann tat sich ein Pfad auf, der dieser Galaxis eine strahlende Zukunft eröffnete.
Gemeinsam konnten sie es schaffen.
Alles andere führte in die Bedeutungslosigkeit. Oder in die Finsternis.
Gerade ihm als Sith sollte letzteres eigentlich nicht weiter bedrücken, aber … Er hatte der Galaxis Sicherheit und Ordnung bringen wollen, doch Sicherheit und Ordnung kamen nicht von alleine.
Vader war bewusst, dass die beste Herrschaft diejenige war, die auf der Einsicht der zu Beherrschenden basierte. Leider mangelte es häufig an eben dieser Einsicht. Und deshalb herrschte er durch Terror, verbreitete Angst und Schrecken.
Es gab Ausnahmen. Sein langjähriger Diener Vaneé. Und natürlich Kilian …
Er erinnerte sich an die Vision, die er im Jedi-Tempel empfangen hatte. Aus heutiger Sicht konnte er sich keine Ereigniskette vorstellen, die dazu führte, dass sie auf dem Thron des Imperators saß.
Andererseits zeigten Visionen häufig Dinge, die sich dann ganz anders darstellten, als zunächst impliziert …
Seine Betrachtungen wurden unterbrochen, als sie stehen blieb und ihn ansah.
„Also“, sagte sie dann, „Wollt Ihr jetzt mit mir ausgehen oder nicht?“

Das war eine Diskussion, die wir schon öfters geführt hatten.
Ich wäre gerne mit ihm ausgegangen. In Zivil. Ohne Helm, Maske und Rüstung. Was scherte mich seine vernarbte Haut oder dass er außerhalb seiner privaten Räume eine Nasensonde brauchte, um genügend Sauerstoff in seine geschädigten Lungen zu bekommen?
Er wollte nicht.
Ich hatte lange darüber nachgedacht. Verpflichtungen. Erreichbarkeit. Image.
All diese Erklärungen befriedigten mich nicht. Hatte er etwa … Angst? Vader verneinte das vehement. Warum sollten wir weggehen, wir hatten hier doch alles?
Aber das war nicht der Punkt. Ich wollte das, was alle hatten, wenigstens einmal wollte ich mit meinem Geliebten eine Nacht in Coruscant verbringen, ein nobles Restaurant, eine Aufführung im Galaktischen Opernhaus, der Besuch einer Bar und dann, Zuhause, hingebungsvolle Leidenschaft …
Vader zögerte, schien mit sich zu ringen.
„Aber ich habe das noch nie gemacht“, wandte er dann ein.
„Was noch nie gemacht?“, frage ich verständnislos.
Das mit der hingebungsvollen Leidenschaft konnte er nicht meinen, das machten wir jedes Mal, wenn wir uns sahen.
„Ausgehen“, sagte er kleinlaut.
Ich runzelte die Stirn. Eh? Er war noch nie ausgegangen?
„Ich war ein Sklave“, erklärte er, „Wir feierten in Wattos Laden, wenn ich ein Rennen gewonnen hatte. Dann kamen die Jedi, und Jedi gehen nicht aus. Sie feiern auch nicht. Dann verbrannte ich auf Mustafar, und danach habe ich keinen Gedanken mehr ans Feiern oder Ausgehen verschwendet.“
Es war nicht zu fassen: Darth Vader, der Oberkommandierende der Imperialen Sternenflotte und einer der reichsten und mächtigsten Männer der Galaxis, war noch nie in seinem ganzen Leben ausgegangen …
„Das müssen wir ändern“, entgegnete ich deshalb, „unbedingt.“

Vader ließ seinen Diener Vaneé unseren ersten gemeinsamen Ausgeh-Abend organisieren. Vaneé buchte Plätze in einem der besten Restaurants Coruscants, besorgte Karten für die Premiere eines Klassikers im Galaktischen Opernhaus und ließ eine Auswahl maßgeschneiderter Abendgarderoben von einem angesagten Modeschöpfer für mich kommen.
Ich probierte fassungslos ein Dutzend Kleider durch, in verschiedenen Farben, Formen und Materialien, und ein jedes passte perfekt.
Ich entschied mich für ein schlichtes schwarzes Kleid aus einem matt glänzenden Stoff mit einem langen, weiten Rock und einem Ausschnitt, der meine Oberweite auf das vorteilhafteste zur Geltung brachte. Und JEDES dieser Kleider war mit passenden Accessoires, Schuhen, Handtasche, Schmuck und sogar Unterwäsche geliefert worden, diese Dinge mussten ein Vermögen gekostet haben.
Vader und Vaneé sahen sich an, als ich meine Wahl getroffen hatte, dann grinsten sie einander in stiller Übereinkunft an (ich hatte die beiden ja schon länger in Verdacht, dass sie mehr verband als nur die Beziehung zwischen Herren und Diener).
Ich fragte mich, ob mir hier was entgangen war, später gab Vader zu, dass er und Vaneé gewettet hatten – Kilian strebt nicht nach Tand, aber wenn es sich ergibt, dann hat sie einen teuren Geschmack …

Ich hatte zunächst ja befürchtet, dass Vader Ausflüchte finden würde oder auf eine Krise oder einen Notstand irgendwo in der Galaxis hoffte, die seine Anwesenheit zwingend erforderlich machte (und den geplanten Abend obsolet).
Geld spielte für Vader keine Rolle, die ganzen Kleider hatte er kurzerhand mir geschenkt – ich könnte ja ab und zu eines tragen, wenn wir bei ihm zu Abend aßen …
Vader war großzügig.
Im Guten wie im Schlechten.
Im Geben wie im Nehmen.
Im Belohnen wie im Strafen …
Vaneé organisierte mir eine seiner Standesgenossinnen, die hier irgendwo im Republica 500 angestellt war, deren Herrschaft ihre Dienste aber nur selten nachfragte und die sich gerne etwas hinzuverdiente, indem sie mir professionell die Haare machte und Make-up auflegte.
Vader besaß tatsächlich mehrere Abendroben und dazu passende Umhänge mit Kapuze, und zwar aus dem gleichen sündhaft teuren Material wie mein Kleid. Wir passten perfekt zusammen. Ich konnte es kaum glauben. Wir gingen tatsächlich aus …

Der erste Teil des Abends verlief fast reibungslos, wir gingen ins Restaurant (unser Tisch lag etwas versteckt, man hatte aber einen guten Blick aus den Panoramafenstern), man servierte uns ein vorzügliches Mahl zu den in Nobelrestaurants üblichen, maßlos überteuerten Preisen und überließ uns ansonsten uns selbst.
Das Nerfsteak war butterweich, die Beilagen kross, die Dips vollkommen und der Wein superb.
Vader aß zwar das gleiche wie ich, nur mied er den Wein – ein angetrunkener Machtnutzer mutierte gerne mal zu einer Art Deadpool …
Dann stand plötzlich ein kleines Mädchen von vielleicht drei oder vier Jahren an unserem Tisch, starrte Vader an (er hatte tatsächlich die Kapuze zurückgeschlagen) und fragte, warum er so schrecklich aussehe.
Mir blieb fast das Herz stehen. Bevor Vader etwas sagen konnte, stand ich auf, nahm die Kleine bei der Hand und führte sie weg vom Tisch – er hat einen schlimmen Unfall gehabt und wir suchen jetzt Mama und Papa …

Auch im Galaktischen Opernhaus gab es noch keine nennenswerten Probleme. Wir waren so rechtzeitig da, dass wir (also ich) im Foyer noch ein wenig „Leute gucken“ konnten, wir fielen auch nicht besonders auf, es gab hier so viele Berühmtheiten, Exzentriker und Paradiesvögel, dass wir einfach ignoriert wurden – unsere Aufmachung war zu konservativ und zu bieder, um die Aufmerksamkeit der anwesenden HoloNet-Reporter zu erregen.
Die Aufführung selbst war was klassisches, das heißt, die Kulissen und die Kostüme waren historisch angehaucht und die Musik kam nicht vom Datenträger, sondern von einem leibhaftigen Orchester.
Das einzige, was die unterhaltsame Liebeskomödie und die leichte, beschwingte Musik etwas trübte, war das Schnarchen, das von einigen älteren Männern stammte, die von ihren Frauen wohl genötigt worden waren, sich diese Aufführung zusammen mit ihnen anzusehen.
Beziehungsweise physisch anwesend zu sein.
Vader verfolgte die Aufführung aufmerksam, nein, auch ein Theaterstück, ob nun mit oder ohne Musik, hatte er auch noch nie gesehen, Kunst und Kultur hatten nicht auf dem Lehrplan für angehende Jedi gestanden …
Weil das Stück eine Premiere war, blieben wir (wie viele andere Gäste auch) nach der Aufführung noch zur offiziellen Premierenfeier mit Selbstbeweihräucherung, Livemusik und kostenlosen Häppchen, dann wurden wir von einer jungen HoloNet-Reporterin entdeckt, die uns wohl für Industrielle mit zu viel Geld hielt, vielleicht vom Mittleren Rand oder aus der Expansionsregion, die „Coruscant live erleben“ gebucht hatten. Diese Annahme wurde dadurch gestützt, dass ihr unsere Gesichter völlig unbekannt waren und wir gleichzeitig sündhaft teure Kleidung trugen, Vader sich vornehm zurückhielt und vorgab, sie nicht zu verstehen und ich mein bestes Migranten-Basic hervorholte.
Falls die junge Frau sich am nächsten Morgen wunderte, dass ihr die Aufnahme von uns bzw. das Interview abhandengekommen war, welches sie mit mir geführt hatte – nun, Vader hatte ihr zum Abschied noch einen nachdrücklichen Machtvorschlag dagelassen, die Aufnahmen gleich wieder zu löschen …

Anschließend besuchten wir eine vornehme Bar in der Nähe des Galaktischen Opernhauses, in der wir noch einen Drink zu uns nahmen, bevor wir zum Republica 500 zurückkehren und den ganz privaten Teil des Abends genießen wollten.
Doch daraus sollte nichts werden, aber der Reihe nach: Unsere Probleme fingen damit an, dass ein paar Irre sich ausgerechnet diese Bar für einen Raubüberfall plus anschließende Geiselnahme ausgesucht hatten.
Das war in jeder Beziehung dumm, da hier die Oberschicht Imperial Citys verkehrte und eine Geiselnahme sofort die besten Spezialeinheiten der Sicherheitskräfte auf den Plan rufen würde.
Die fünf Männer stürmten also die Bar, schossen mit ihren Blastern wild um sich und verletzten dabei mehrere Menschen (ein Wunder, dass niemand dabei ernstlich zu Schaden kam).
Anschließend forderten die verwahrlost aussehenden, angetrunkenen Subjekte Geld, Frauen und Drogen, gingen bei dieser Aktion aber so unkoordiniert vor, dass dem größten Teil des Publikums wie auch des Personals die Flucht gelang.
Das wiederum rief innerhalb weniger Minuten die vorhin schon erwähnten Spezialeinheiten auf den Pan, die sämtliche Fluchtwege blockierten und nun ihrerseits Forderungen stellen – lassen Sie die Geiseln frei und kommen sie mit erhobenen Händen heraus …
Bei den Gangstern trat nun eine gewisse Ernüchterung ein, weshalb sie ihre wenigen Geiseln (unter anderem Vader und mich) jetzt sorgfältiger bewachten. Vader schien sich gut zu unterhalten, hockte mit uns übrigen entspannt auf dem Boden und ich meine, ein leichtes, fast schon amüsiertes Grinsen auf seinem Gesicht gesehen zu haben. Vader hat manchmal einen etwas eigenartigen Sinn für Humor …
Die Gangster besprachen sich, dann packten sie eine junge Frau, bei der ich mir nicht ganz schlüssig war, ob sie dann nun die Tochter oder die Lieblingshure des Mannes war, in dessen Begleitung sie gekommen war, und einer der Gangster schob sie vor sich auf den Eingang zu, wo er sie wie einen Schutzschild vor sich hielt und der Spezialeinheit seine Gegenforderungen übermittelte: freien Abzug, Geld und ein Fluchtfahrzeug.
Während dieser Mann mit den Sicherheitskräften verhandelte, gaben ihm zwei seiner Kumpels moralische Unterstützung, indem sie in der Deckung der Tür standen und mit ihren Blastern nach draußen auf die Einsatzkräfte zielten.
Vader nutzte diese Gelegenheit für ein Gespräch mit den beiden verbliebenen Männern, die uns bewachten.
„Euer Anführer redet mit den Sicherheitskräften“, säuselte er mit Nachdruck.
Die Männer sahen ihn verständnislos an.
„Sie werden Euch gehen lassen“, fügte er hinzu und verstärkte das Gewicht des Machtvorschlags, den er ihnen gerade unterbreitete, man konnte buchstäblich sehen, wie die Behauptungen Vaders in ihr Bewusstsein sickerten und sie ihnen zunehmend Glauben schenken wollten.
„Ihr braucht diese Geiseln nicht mehr“, erklärte Vader und machte eine abschließende, unauffällige Geste mit der Hand. „Sie können gehen.“
Die derart hypnotisierten (?) Männer geleiteten ihre Geiseln persönlich zum Hinterausgang und wiesen ihnen den Weg, bevor sie wieder zurückkehrten, weil auch vor dem Hinterausgang standen ja die Bullen …

Schließlich stürmte das Einsatzkommando die Bar, die drei Gangster an der Tür wurden niedergeschossen, die Geisel unversehrt gerettet und die beiden, die sich auf das Geheiß Vaders an die Theke zurückgezogen hatten (wo sie nun diverse Alkoholika durchprobierten), wurden verhaftet.
Warum wir geblieben waren? Nun, Vader wollte sich den ganzen Spaß nicht entgehen lassen …
Anschließend zogen wir uns langsam aus dem Fokus des Geschehens, um uns unauffällig zu entfernen, doch dann ertönte plötzlich hinter uns eine strenge, entschlossene Stimme – he, wo glaubt ihr beiden, dass ihr hingeht? Dageblieben …
Natürlich wollten sie uns verhören und unsere Papiere sehen, also zeigte ich artig meinen Ausweis und beantwortete ihre Fragen.
Vader hingegen besaß keinerlei Papiere, stellte sich ihnen als „Lars Quell“ vor und ließ sich ohne jeden Widerstand die Fingerabdrücke scannen. Die übrigens zusammen mit seinem Konterfei an verschiedene Behörden gehen würden, ob etwas gegen ihn vorlag, wenn er schon keinen Ausweis vorlegen konnte.
Habe ich schon erwähnt, dass Vader ein begnadeter Hacker ist? Also ich gab diesen Datensätzen nicht lange …
Zunächst wurden wir von einem der jüngeren Beamten verhört, jetzt aber kam der ältere der beiden auf uns zu, der wohl auch der Leiter des Sondereinsatzkommandos war.
Wo Anthony Tinosso lediglich lästig war, erwies sich Jethro Kips als harter Hund, glaubte nicht, dass „Lars Quell“ keinen Ausweis besaß und begann, Druck auf Vader auszuüben.
Vader entzog sich, indem er auf die Macht zurückgriff:
„Das ist kein Illegaler Einwanderer. Ihr braucht seinen Ausweis nicht zu sehen. Er kann gehen. Nun hauen Sie schon ab …“
Kips wiederholte Vaders Sprüchlein und wirkte dabei etwas desorientiert, wir hingegen folgten seiner Aufforderung umgehend und machten, dass wir zu unserem Speeder kamen.
Zuhause hackte Vader sich als erstes in den Zentralcomputer Coruscants und entfernte den Bericht über die Geiselnahme in der Bar sowie sämtliche damit im Zusammenhang stehende Daten, also auch seine Fingerabdrücke und die Holographie seines Gesichts.
Dann sah er sich die Akten von Jethro Kips und Anthony Tinosso mit zunehmenden Wohlwollen an – solche Leute brauche ich …

„Was soll das heißen?“, fragte Kips.
„Der Bericht und die Daten sind weg?“
Tinosso wiederholte seine Feststellung und bekam dafür von Kips eine Kopfnuss.
„Das gibt es nicht“, entgegnete Kips streng. „Suchen Sie an der richtigen Stelle. Vermeiden Sie Tippfehler. Oder beides.“
Tinosso sah Kips konsterniert an.
„Ja, Boss“, sagte er dann, doch bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwenden konnte, trat beider Vorgesetzter zu ihnen.
„Kips. Tinosso.“, sagte Direktor Wans. „Sie haben um 10:00 einen Termin beim Oberkommando der Imperialen Sternenflotte. Man erwartet Sie. Seien Sie pünktlich.“
Direktor Wans konnte eine gewisse Besorgnis nicht verhehlen. Was wollte das Oberkommando der Sternenflotte von dem Leiter eines Sondereinsatzkommandos und seines Stellvertreters? Seines besten Mannes und dessen vielversprechenden potentiellen Nachfolgers?

Kips und Tinosso wurden von einem Adjutanten empfangen, der sie in die höheren Ebenen des Hauptquartiers der Imperialen Sternenflotte führte.
Dort übergab sie der Adjutant an einen wesentlich höheren Dienstgrad, der sie zu einem Wartebereich in der obersten Etage brachte, wo er sie alleine ließ.
Weshalb sie wohl hier waren? Tinosso hatte keinerlei Vorstellung, malte sich aber bereits die schlimmsten Szenarien in den leuchtendsten Farben aus.
Kips hingegen war der Meinung, dass Tinosso gewiss wieder etwas ausgefressen hatte. Was war es wohl diesmal? Die Tochter eines Admirals? Die Ehefrau eines Sternenflotten-Captains? Aber wieso kümmerte das das Oberkommando?
Dann keimte in Kips ein schrecklicher Verdacht: hatte ER vielleicht weibliche Verwandte, mit denen Tinosso …?

Vader hatte mich kommen lassen, weil ich dabei sein sollte, wenn er Agent Kips und Agent Tinosso ein Angebot unterbreitete, das sie nicht ablehnen konnten.
Ein Adjutant führte die beiden in Vaders Büro und ließ sie Platz nehmen.
Vader thronte hinter seinem Schreibtisch und lobte beider gute Arbeit, während dessen wanderten Kips‘ und Tinossos Augen fast schon automatisch zu mir (Vaders Männer hatten mir eine schwarze Adjutanten/Kommandanten-Uniform ohne Rangabzeichen gegeben, ich stand seitlich hinter Vader und gab vor, auf meinem PAD zu arbeiten).
Natürlich erkannten sie mich.
Kips war allerdings erfahrender und abgebrühter als sein jüngerer Kollege, der nicht mehr an sich halten konnte, auf mich zeigte und rief:
„He, da ist sie ja!“
Vader drehte sich halb zu mir um – Kilian, was habt Ihr wieder angestellt?
„Nichts, Herr“, antwortete ich und gab weiter Mühe, beschäftigt auszusehen.
Kips sah sich genötigt, eine Erklärung abzugeben:
„Sie und ihr Begleiter kamen gestern Nacht in eine Geiselnahme, und er konnte keine Papiere vorweisen.“
„Er war einer der Geiselnehmer?“, vermutete Vader.
„Nein, Herr“, antwortete Kips und fragte sich, wo er da hineingeraten war.
„Lag etwas anderes gegen ihn vor?“, fragte Vader.
„Nein, Herr“, entgegnete Kips. „Allerdings waren heute Morgen sämtliche Berichte, Protokolle und Daten über diesen Mann gelöscht, und auch nicht anderweitig auffindbar oder wiederherstellbar.“
„Kilian?“, wandte sich Vader an mich.
„Ich war mit Lars Quell aus“, antwortete ich.
„Ihr wisst, der begnadete Hacker, auf dessen Dienste Ihr gelegentlich zurückgreift und der keine Papiere hat.“
Vader lehnte sich bequem in seinem Sessel zurück.
„Dann sollte er welche bekommen, damit Ihr bei der nächsten Geiselnahme nicht wieder in Schwierigkeiten geratet.“
Oh. Er wollte wieder mit mir ausgehen?
„Habt Ihr die Verträge für Agent Kips und Agent Tinosso?“, fragte Vader und streckte die Hand nach dem PAD aus, auf dem ich die ganze Zeit herumgetippt hatte (die Verträge für Tinosso und Kips hatte natürlich Vaders Recruiting-Team ausgearbeitet).
„Ja, Herr“, sagte ich und reichte es ihm.
„Kips. Tinosso“, sagte Vader, „Ich brauche gute Leute. Ich möchte, dass Sie beide für die Militärpolizei der Imperialen Sternenflotte arbeiten …“
Das war in der Tat ein Angebot, dass weder Kips noch Tinosso ausschlagen konnten.
Sie dachten beide nur kurz und mehr pro Forma darüber nach.
Geregelte Arbeitszeiten.
Keine Horrorunfälle mehr mit von Spice und Glitzerstim zugedröhnten Oberschichten-Kids.
Keine Bandenkriege.
Dann unterschrieben sie.
Und Vader ging tatsächlich wieder mit mir aus, und das nicht nur einmal …

Fortsetzung folgt …

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