Julius von Voß

INI“ – Ein Roman aus dem 21. Jahrhundert

erschienen im Original im Jahre 1810

Übertragen und Korrekturgelesen von Göttrik

Viertes Büchlein: Reise außerhalb Europas

Nun wurde der Vertrag geschlossen, und das künstliche Eiland bezogen. Niemand bat um günstigen Wind. Als die Ladung aufgenommen war, lichtete man die Anker, legte die Triere vor, befreite das Eiland vom Grunde, und fuhr unter dem jubelnden Nachruf der Menge ab. Nach wenigen Stunden sahen unsere Reisenden die hohe blaue Felsenküste von Portugal nicht mehr.

Guido war entzückt.

Freilich raubte die kalte Jahreszeit der Reise manches Angenehme. Im Sommer wäre sie viel reizender ausgefallen. Aber so lebte man bereits in der Mitte des Novembers, in Lissabon freilich nicht unbehaglich empfunden, doch desto mehr, als man in den nördlicheren Gewässern anlangte. Da gewährten die entlaubten bereiften Bäume und das falbe, mit dürren Blättern bestreute Gras auf der Insel, eben keinen freudigen Anblick mehr, auch war sie binnen kurzem ganz mit Schnee bedeckt. Der Inhaber hatte indessen auf das Vergnügen seiner Passagiere geachtet, mehrere lebendige Hasen, Füchse, Kaninchen verborgen, von denen er jetzt welche heraus ließ, damit man sie jagen könne. Einige der Reisenden belustigte das weidlich, doch Guido nicht, wohltätige Schonung gegen Tiere lag in seiner Lebensart. Er blieb meistens bei Gelino im Zimmer, mit Wissenschaften die Zeit verkürzend.

Auf der hohen See wüteten einige Stürme, die Balken der Gebäude krachten, die Wellen spülten ihren weißen Schaum über die Ufer. „Seid unbesorgt“, rief der Pilot: „Es hindert unsere Fahrt nicht!“ In der Tat war es auch so.

Die Walfische schwammen dann tiefer, als die Wogen vom Sturm bewegt wurden, so wenig ein Boot am Kräuseln eines Baches leidet, wurde auch das Eiland vom hohlen Gewühl des Atlantus verletzt. Haus und Speicher widerstanden.

Mit großen Reusen fingen die Knechte täglich kleinere Seefische in großer Menge, welche sie in einer Art von Futterbeuteln, von eines Zeltes Größe, den Walfischen gaben. Diese zehrten dann, ihren Lauf nicht unterbrechend, die künstliche Insel. Zeigten sie sich einmal widerspenstig, wollten eine andere Richtung nehmen, als der an großen, mit Winden versehenen Pfählen hängende, Zügel vorschrieb, neckten einander beißend, oder wollten, dem Instinkt folgend, der Fischjagd obliegen, strafte man sie durch zackige Mastbäume deren Streiche ein Hebel auf sie fallen ließ. Die bändigenden Eisenstangen in ihren Rachen wogen mehrere Zentner, und ließen ihnen, scharf durch die Maschinen angezogen, die Lust des Ungehorsams bald vergehen.

Nur vierzehn Tage währte die Fahrt, dann lag man auf der Reede von Philadelphia. Sie war schon mit Eis überdeckt, aber das Eiland brach sich sowohl Bahn, als die Walfische unter dem Rande dahingleitend, ihn leicht hinweg bröckelten. Dennoch fuhren die Reisenden auf Eisschlitten zur Stadt, frohlockten über das Vollbrachte und wurden mit freudigem Gruß bewillkommnet.

Gelino war froh, diese Reise überstanden zu haben. Sie hatte ihn mehr geängstigt, als er sich anmerken ließ.

*

Die Stadt Philadelphia hatte einen großen Umfang und viele Schönheiten der Baukunst aufzuweisen. An Reichtum und Vergnügungen gab sie keiner Stadt in Europa von ähnlicher Größe etwas nach, übertraf sie sogar. Denn die Kultur in Nordamerika hatte eine Stufe erreicht, welche den Vorrang der europäischen streitig machte. Dies konnte auch nicht anders sein, da diejenigen Mittel, welche einen raschen Gang der Bildung begründen können, den Einwohnern schon in sehr früher Zeit zu Gebote standen. Die ganze Halbinsel von der Honduras-Bai, bis weit hinter der Beringstraße und Kap Lisburne hinauf, wie an der östlichen Seite hinter der Baffin Bay, Grönland noch eingeschlossen, war nach einem schon frühen glücklichen Kriege, zu einem glücklichen Staat vereint, dessen viele weitläufige Lande, jedes seine demokratische Regierungsform hatte, und wieder durch einen, dem europäischen ähnlichen Föderalismus, sich zur vollkommenen Gesamtkraft verbanden. Man war auch durch die Vorteile einer bequemeren Weltverbindung bewogen worden, die neue europäische Sprache einzuführen.

Von der Hauptstadt Washington sprach alles, wie von einem Theben oder Babylon, die Ufer der Ströme Lorenz, Niagara, Ohio, Mississippi, u. s. w. waren mit neuen Wohnplätzen übersät. Mexiko, Louisiana, Florida waren irdische Paradiese, nördlicher konnte man den Zustand der Dinge mit jenem in Spanien, Frankreich oder Britannien vergleichen. An der Hudson Bay erblickte man die Landeinrichtungen von Polen oder Moskau wieder. Im Junern des Landes waren die wichtigsten neuen Entdeckungen gemacht worden, der Unterschied zwischen Nadovessiern, Huronen oder Überkömmlingen aus der alten Welt schwand immer mehr, da diese Voölker durch Heiraten sich verschmolzen und ihre Sitten ausgeglichen hatten, doch war dies vielleicht auch der Grund, weshalb die Nordamerikaner, in der Mehrzahl, an Schönheit den Europäern nachstanden.

Guido und sein Lehrer schoben es aber bis zum künftigen Frühling auf, das Land zu durchwandern. Es sollte zudem sehr flüchtig geschehen, dann wollten sie nach Südamerika, jetzt ebenfalls ein eigenes Reich, dann nach Ulimaroa, dies war ein Name, den der schwedische Geograf und Kartograf Daniel Djurberg 1776 dem Inselkontinent Neuholland gab. Er adaptierte den Namen von Olhemaroa, einem Wort der Ureinwohner, das er in einer Ausgabe der Zeitschrift Hawkesworth mit einem Bericht von den Reisen des Captains James Cook gefunden hatte. Danach sollte es zu den ostindischen Eilanden und China gehen. Auch einen Besuch am indischen Kaiserhofe zu Kalkutta gedachten sie abzustatten, und dann, über Persien die Reise um den Erdball zu vollenden. Afrika sollte ausgeschlossen bleiben, weil schwere politische Missverständnisse, schon einige Zeit zwischen den Höfen von Neu Karthago und Rom obwaltend, eine bedenklichere Ansicht gewannen.

Für die Gegenwart fassten sie den Entschluss, einer Reise zum Nordpol beizuwohnen, wovon einst schon in St. Petersburg die Rede gewesen war. Sie fanden mehrere Gefährten, die sich eben in Philadelphia dazu bereit erklärten. Niemand sparte an den nötigen Summen, und so trat man den Weg bald an.

Über das alte Land der Eskimos flog die Gesellschaft in Luftfahrzeugen dahin, ließ die Hudson Straße unter sich liegen. Weiterhin war die Kälte in der hohen Region zu empfinden. Man stieg nieder und bediente sich der Schlitten mit Rentieren. Sie fanden bis über Jones-Sund hinaus noch Anbau, freilich nur in zerstreuten Hütten von Einwohnern, die im Sommer sich vom Fang der Meeresfische und im Winter von jenem der Robben, Seekühe und Amphibien nährten. Einen Beweis, dass der Mensch nach und nach den Willen aller Tiere beherrschen könne, fanden sie hier dadurch abgelegt, dass die Wölfe gezähmt und angelehrt waren, den Dienst der Hunde bei den Wohnungen zu versehen. Auf den Jagden bediente man sich ihrer allerdings mit noch größerem Vorteil. Und die Eisbären, in so furchtbarer Gestalt, und einer Wildheit, von der Niemand sonst sich würde haben träumen lassen, sie sei je zu bändigen, fand man in Ställen, um mit ihnen dort zu reisen, wo selbst das Rentier oft erfror, nämlich jenseits des achtzigsten Grades nördlicher Breite.

Die Einwohner, die man wegen ihrer unglaublichen Abhärtung ehern hätte nennen mögen, ritten auf diesen gesattelten Eisbären und legten artige Strecken zurück, wer aber aus milderen Himmelsrichtungen kam, fürchtete, sie nicht lenken zu können, oder auch die zu strenge Kälte im Freien, ließ sie vor die Schlitten legen.

Fast gegen den zweiundachtzigsten Breitengrad gab es noch ein Dörfchen, bewohnt von Verwiesenen aus Nordamerika. Ihre Häuser waren auf hohe Säulen gebaut, an welche Treppen hinauf gingen, um nicht von der, wohl an fünfzig Schuh Höhe reichenden, Verschneiung überdeckt zu werden. Man sah bei dem allen hier Wohlsand, durch den Handel mit Kristall vom Pol, der schon bei den Nordländern jener Hemisphäre zur Sprache kam, erzeugt, daneben durch den Gewinn, welchen sie von neugierigen Reisenden, welche alljährlich ankamen, zogen.

Man hielt alles für diese bereit, was ihnen zu Vollbringung ihres Vorhabens nötig war. Die Schlitten, mit Teppichen aus dichtem Pelzwerke überall versehn, mit Fenstern aus sehr dickem Kristall, mit kleinen Öfen, deren Züge an den Wänden umher geleitet waren, und die vermöge ihrer guten Einrichtung nur eines geringen Feuermaterials aus Papier bedurften, ließen die entsetzliche Kälte vergessen. Der Schnee hatte eine gefrorene Decke, über welche sie dahingleiteten.

Meer oder Land waren vollkommen gleich. Einem Schlitten, den etwa vier Wanderer einnahmen, folgte ein zweiter mit Lebensnotwendigkeiten für die ganze Dauer der Reise. Sie bestanden aus Suppentafeln, Gallerten, Austern, Fischrogen und anderen Dingen, die viele Nährkräfte in kleinem Umfang verhießen. Doch nahm man auch Früchte in Spiritus, sogar einiges lebendiges Geflügel mit. Zudem vortreffliche gebrannte Wasser und Weinessenzen. Ein dritter Schlitten enthielt Feuerungsstoffe, da über diese Linie weg, weder Holz noch Gesträuch sichtbar wurden. Ein vierter Nahrung für die Eisbären.

Zwei Grad legte man bei dem geschwinden Lauf der Tiere in vier und zwanzig Stunden zurück, wobei man ihnen achte zur Ruhe gönnte, sie fütterte und ein Pelzzelt über sie aufschlug. Auch vergaß man nicht einen kleinen Ofen hineinzubringen. Sonst hatte die Natur für sie durch die eigne zottige Haut gesorgt.

Aus Hundert Schlitten bestand etwa die Karawane. Es versteht sich, dass die Reisenden schon lange keinen Tag mehr sahen. Doch Schnee, Mondschein, Nordlichter oder Laternen machten, dass man die dauernde Nacht keineswegs als hinderlich empfand, ja von diesem fremdartigen Schauspiele vieles Wohlbehagen der Neuheit genoss.

Magnetnadel und Gestirn deuteten den Weg.

Unfälle störten nicht. Acht Tage noch, seit jenem Dörfchen der Verwiesenen, und der Polarstern schwebte über Guidos Zenit.

Welche Empfindung, auf dem Achspunkte des Erdballs zu stehen, wo der gleichmäßige Sternentanz uns umkreist, und der Vollmond (der unsern Wanderern eben schien) nicht untergeht! Welche Fülle neu angeregter Ideen! Guido umfing den Lehrer mit flammenden Dank, dass er ihm diese Entzückung bereitet habe. Der Alte aber, wenn gleich vielfach in Kleidung, von sibirischen Mäusen, Eidervögeln und Zobeln gehüllt, auch das Antlitz mit einer guten Larve versehen, konnte sich nicht lange aus dem Schlitten entfernen, wogegen der muntere Guido Stundenlang umherschweifte, bis die Erstarrung ihn mahnte, an den Ofen zu fliehen.

Die Reisegesellschaft fand jedoch noch andere Pilger vor, die aus Grönland und Samojeden dem nämlichen Ziele zugeeilt waren. Wechselseitige Unterstützung linderte die Beschwerden, gab den Untersuchungen mancher Art, welche die Naturkundigen — dies waren sie meistens — anstellten, erhöhtes Leben.

Einer darunter hatte eine eiserne Bildsäule Newtons mitgebracht, sie hier aufzustellen. Alle zollten dem Einfall gerechtes Lob. Wohl, riefen sie, gebührt dem Manne gerade hier ein Denkmal, der schon vor vierhundert Jahren der Menschheit die Gestalt dieser Abdachung zu verkündigen wusste.

Doch das Kristallgebirge am Pol ahnte Newton noch nicht. Die zackigen Spitzen erhoben sich aus dem Schnee, wunderbar funkelnd im Strahl des Mondes, oder vom rötlichen Nordlichte erhellt.

Viel Pracht der Menschen, viel hoher Schönheitszauber, der gerne lieblich oder erhaben gestaltenden Natur, war an Guidos Blicken vorübergegangen, allein diese diamantenen Kolosse auf dem unübersehbaren, ebnen, reinen, weißen Teppich, galten ihm dennoch wieder das nie Geschaute, nie Bewunderte.

Sie umringten zuletzt einen tiefen Krater in ihrer Mitte. Es schien ein Vulkan, die Lava am Rande ließ es vermuten. Wichtiger stellte sich ein dichter grauer Nebel dar, aus der Tiefe steigend, und hoch in der Luft nach allen Seiten zerfließend. An diesem Dampf und seiner Vermengung mit dem ganzen Luftkreis der Sphäroide hing die lebendige Sympathie des Magneten, deren Geheimnis aber nicht in diesem Traum der Zukunft aufgedeckt werden kann, um nicht Entdeckern der Wirklichkeit vorzugreifen.

Die Neigung der Nadel hatte mit den inneren Bewegungen des magnetischen Vulkans, die auf das größere oder geringere Sinken der Dampfsäule wirkten, Verwandtschaft. Die Naturkundigen meinten, ein Herabsteigen in den rätselhaften Krater werde noch einst viel wesentlichere Aufschlüsse geben, endlich wohl gar die Anziehungskraft der Erde erklären lehren.

Während die Versammlung mit Instrumenten mancher Art forschte, die Beobachtungen in Schriften niederschrieb, mit älteren verglich, sich neuer Ausbeute freute, (worüber eine Zeit der halbjährigen Nacht dahin floh, die nach dem gewöhnlichen Maß, vierzehn Tage enthält) waren die Männer welche die Schlitten führten, beschäftigt, Kristallblöcke zu brechen, und auf die, zum Behufe dieses Handels, noch mitgenommenen unbeladenen Schlitten, zu laden. Sie hatten diesmal vorzüglich geeignete Werkzeuge mitgebracht und bemächtigten sich auch mancher Stücke von schöner Seltenheit. Guido nahm eins darunter, von ansehnlicher Höhe und Klarheit in Beschlag, er wollte es für Ini kaufen und ihr Standbild daraus fertigen lassen. Er meinte, da dieser Kristall das Gold bei weitem an Glanz überträfe, und dem Diamanten, er möge natürlich oder kunstverfertigt sein, gar wenigen Vorzug ließ, so müsste dies das herrlichste Standbild auf dem ganzen Erdball werden. Und seine Liebe setzte hinzu: „Wie sehr verdient die erste Schönheit auch die gediegenste Verewigung!“

Doch ein furchtbar schauderhaftes Missgeschick brach über Guido herein. Dort so hinaus gewagt aus dem Kreis der Menschen, fand der Pilger auch einen mächtigeren, schwerer zu bekämpfenden Zufall.

Die Reisenden aus anderen Gegenden hatten sich schon entfernt, Guidos Karawane machte sich fertig, den Rückweg. Da will der alte Gelino, dem die Umgebung des Pols ziemlich fremd blieb, weil er sich kaum aus dem erwärmten Schlitten wagte, doch die Glanzkuppen auch noch ein wenig besehen. Sein Zögling schweifte umher; er tritt allein, wohlverwahrt, in das Freie, geht weiter. Durch die Verschiedenheit der Wirkungen ergötzt, will er ohne Zweifel andere Stellungen betrachten, dringt mehr vor, verirrt sich zuletzt in dem Labyrinth. Er wählt eine falsche Richtung, wieder zu den Seinen zu gelangen, wo man unglücklicher Weise seine Abwesenheit spät bemerkt.

Nach einigen Stunden kommt Guido, dessen kräftige Natur sich schon gewöhnt hatte, lange im Freien auszuharren; eben will man abfahren, die Bären sind angespannt. Er findet den Alten nicht, ruft, sucht in der Nähe. Umsonst! Bange um ihn, dringt er weiter und weiter, es koste was es wolle, den Greis aus zu spähen.

Darüber entfliehen Stunden. Die Reisegesellschaft sucht nun beide, doch mit Vorsicht, und den Kompass zur Hand. Gelino wird bald gefunden, doch — starr am kalten Boden. Man bringt ihn zu den Schlitten, erwärmt ihn, wendet Rettungsmittel an. Sie fruchten nicht. Der Greis ist dahin, erlag dem Angriff tödlicher Kälte.

Die Erschrockenen beben nun für den Jüngling, denn so lange schon ist er von der Wärme fern, hat auf Rufen und Zeichen sich nicht gestellt. Ein hohes Feuer lassen sie empor lodern, Schüsse sollen dem Verirrten seinen Weg deuten, seine Diener schweifen weit umher, Guido wird nicht gefunden. Schließlich kann niemand mehr an sein Leben glauben, die Sorge um die eigene Rettung mahnt, abzufahren, denn die Lebensvorräte sind berechnet. Man lässt jedoch, auf den undenkbaren Fall, einen kleinen Schlitten zurück, den Bären davor, Speise, Getränke und Feuerung. Den mag er nehmen und nacheilen, wenn er ja wiederkehrt; keiner der Knechte entschließt sich, zu verweilen.

Guido hat unterdessen auch fruchtlos den Rückweg gesucht, seine Angst um den Alten ihn zu weit in die Entfernung getrieben. Die Schüsse hat er nicht mehr vernommen, kein Feuer erblickt. Endlich, nach vielen bangen Stunden, fast verzweifelt in Gram, das Haar emporgesträubt durch die eigne Not, da er kaum noch ein Glied zu regen vermag, gelingt es ihm, auf den Polarstern blickend und durch schnellen Lauf sein Blut in Bewegung erhaltend, nach dem Platze zu kommen, wo die Karawane stand. Er sieht einen Schlitten, und atmet wieder Hoffnung. Ohne weiter um sich zu sehen, wirft er sich hinein, die wärmere Luft ist das dringendste. Vielleicht kam Gelino selbst, denkt er, und entschlummert auf die schwere Ermüdung plötzlich.

Beim Erwachen, das vermutlich spät erfolgt, ist die Betäubung, welche vorhin über ihn kam und seine Sinne abspannte, gewichen. Warm und regsam wieder, peinigt ihn auch die Angst um den Entbehrten desto mehr. Ob er zurückkehrte? Hinaus zu fragen!

Er meidet den Schlitten, wird aber keinen anderen finden. Keine Antwort auf sein Rufen. Was heißt das?

Wer nennt jedoch des Armen grausenden Schrecken, da er, kaum im Mondlicht lesbar, die Worte an den Schlitten geheftet fand: „Unglücklicher! lebst Du noch, so folge eilig. Der Bär ist der Schnellste, wird uns einholen. Notwendigkeiten ließen wir Dir. Feuer sollen von Zeit zu Zeit brennen, dass Du so weniger vom Pfade irrst.“

Guido wusste nicht, ob er träume. Ihm schauderte in der grässlichen Einsamkeit. Wo ist mein Lehrer? Nahmen sie ihn mit? Warum davon nichts? O Himmel! nein, der hätte mich nicht zurückgelassen! Und doch was soll ich tun? Ich muss nachfliegen!

Er blickte in die Richtung des Wegs. Eine Flamme winkte in der Ferne. Sein Kompass, wohl bezeichnet, lag im Schlitten. „Wohl an!“

Nun gedachte er die Zügel des Bären zu ergreifen. Entsetzen! grausames Entsetzen! Der Bär lag erfroren da!

Guido glaubte, eine Ohnmacht von vielen Stunden müsse diesem Augenblick gefolgt sein, denn als er wieder klar denken konnte, sah er von jener fernen Flamme nichts mehr.

*

Die Reise wird im fünften Büchlein fortgesetzt!