DIE TODESSCHWADRON:
The Death Watch, Teil I
Captain Piett sah Kilian finster nach, als sie die Brücke verließ, vermutlich mit einem Auftrag, den Lord Vader ihr erteilt hatte. Normalerweise schien sich die gesamte Brückencrew wohler zu fühlen, wenn sie sich in der Nähe des dunklen Lords aufhielt.
Jetzt würden sie wieder damit anfangen, sich die Hälse zu verrenken, um unauffällig (wie sie glaubten) nachzusehen, ob Darth Vader immer noch an den Sichtluken aus Transpariastahl stand und die Galaxis betrachtete oder ob er die Brücke inzwischen ebenfalls verlassen hatte.
Piett war so in seine Überlegungen vertieft, dass er erst dann bemerkte, dass er inzwischen Gesellschaft bekommen hatte, als ihm die Blicke der Techniker und Offiziere in der Brückengrube auffielen, die irgendetwas knapp neben bzw. hinter ihm fixierten. Jetzt fiel ihm auch das Rasseln von Vaders Atemmaske auf …
Piett drehte sich um und verneigte sich.
„Lord Vader.“
„Was beschäftigt Sie?“
Piett schluckte. Das war gar nicht gut. Piett wusste nicht, was er von den Gerüchten halten sollte, dass Lord Vader Gedanken lesen konnte. Der Mann (wenn es ein Mann war) wusste manchmal Dinge, die er eigentlich nicht wissen konnte. Er, Piett, sollte sich angewöhnen, leiser zu denken. Oder aber, besser noch, in der Gegenwart des dunklen Lords, überhaupt nicht zu denken …
„Nun?“
Piett verwarf den Gedanken, den Oberkommandierenden anzulügen, in dem Augenblick, in dem er aufflackerte. Vader anlügen ging nicht. Mehr als ein junger, unerfahrener Offizier war von Vader gewürgt oder geschlagen worden, weil er ihn in irgendeiner lässlichen Sache angelogen hatte. Irgendwie merkte er das. Vielleicht konnte der dunkle Lord ja doch Gedanken lesen …
Piett stählte sich gegen das Unvermeidliche.
„Kilian“, sagte er. „Sie trägt ihre Uniform nicht den Vorschriften gemäß. Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber …“
Vader verstand. Kilian „vergaß“ nur zu gerne, ihre Kappe zu tragen und ließ stattdessen ihr dunkles Haar lieber lang über die Schultern fallen. Ein Anblick, den er mit Wohlgefallen betrachtete.
Weshalb er bisher nichts weiter dazu gesagt hatte.
Vader seufzte innerlich. Natürlich hatte Piett Recht. Wenn er hier Kleinigkeiten durchgehen ließ, die anderswo sofort gemaßregelt wurden, würde langfristig die Disziplin leiden. Auf einem Sternenzerstörer ließ es sich nur auskömmlich leben, wenn sich alle an Regeln hielten.
Vader hakte die Daumen hinter den Gürtel.
„Sie sind sich unschlüssig, ob Sie die Dienstvorschriften auch auf Kilian anwenden sollen.“
Piett nickte zögernd.
„Nun Captain“, sagte Vader und wandte sich zum Gehen, „Setzen Sie sich durch.“
„Kilian.“ Piett stand auf dem Laufsteg und sah mich missbilligend an. „Wie oft haben wir Ihnen schon gesagt, dass Sie Ihre vollständige Uniform tragen sollen?“
Der Job als Vaders persönlicher Adjutant setzte nicht zwingend voraus, Uniform zu tragen, ich hätte ebenso gut in Zivilkleidung zum Dienst erscheinen können, z.B. lange, hochgeschlossene Kleider in gedeckten Farben oder aber die hier üblichen Roben und Gewänder.
Ich hatte mich aber für die Uniform entschieden, und das hieß, die vollständige Uniform. Jedoch war ich nicht an das Tragen von Kopfbedeckungen gewöhnt und „vergaß“ deshalb nur zu gerne, die dazugehörige Kappe zu tragen.
„Mehrmals“, räumte ich ein, Zerknirschung heuchelnd.
„Sieben Mal“, sagte er streng.
So oft?
„SIEBEN“, widerholte Piett verärgert.
Und ich hatte diese Hinweise ignoriert. Wohlwissend, dass die Imperiale Sternenflotte Vorschriften rigoros durchsetzte. Vorschriften, die in aller Regel ihren Sinn und Zweck erfüllten.
„Commander“, befahl Piett. „Geben Sie ihr drei Streiche!“
Bevor ich mich versah, trat mir jemand von hinten die Beine weg, so dass ich hart auf die Knie fiel und zog mir anschließend den Rohrstock übers Kreuz.
Drei Mal.
Die Demütigung vor Publikum war schlimmer als die Schläge an sich, und genau das war Sinn und Zweck der Übung.
Vader gegenüber verzichtete ich auf Beschwerden oder Jammerarien, da er nicht gut auf Probleme ansprach, die man sich selber eingebrockt hatte, obwohl ihm natürlich die blutunterlaufenen Striemen auffielen.
Captain Piett kann Euch nicht durchgehen lassen, was bei anderen bestraft wird …
Die aktuelle Mission der Einsatzgruppe Black führte in den Mandalorianischen Raum, direkt nach Mandalore.
Der Planet liegt im Äußeren Rand und ist von Extremen geprägt: Teile Mandalores sind mit dichtem Dschungel bewachsen, daneben gibt es weitläufige Wüsten, fruchtbares Ackerland findet man hingegen nur wenig.
Mandalore ist der Heimatplanet der Mandalorianer und wird als das Zentrum ihrer Kultur betrachtet, auch wenn viele der in der Galaxis verstreut lebenden Mandalorianer ihn niemals persönlich besucht und das Volk hier auch nicht seinen Ursprung hat.
Die Mandalorianer definieren sich, im Gegensatz zu den meisten anderen Völkern der Galaxis, nicht explizit über Spezies oder Herkunft, sondern über eine gemeinsame Ideologie und Identität.
Sie waren dem Kodex des Resol’Nare, den Sechs Handlungen, verpflichtet: seine Kinder als Mandalorianer erziehen, die traditionelle Rüstung tragen, Selbstverteidigung, dem Wohl des Clans dienen, Mando’a sprechen und sich dem Mand’alor anschließen, wenn dieser zu den Waffen ruft.
Die Ursprünge der mandalorianischen Kultur liegen bis heute im Dunkel, wobei die ältesten Zeugnisse über siebentausend Jahre alt sind. Die Geschichte der Mandalorianer selbst ist wechselvoll: so lösten sie beispielsweise die Mandalorianischen Kriege aus, während derer sie nur knapp der Vernichtung entgingen.
Danach lebten sie lange Zeit abgeschieden vom Rest der Galaxis, bis sie von „Mand’alor dem Unbezähmbaren“ erneut in den Krieg geführt wurden, um ihr Reich zu vergrößern.
Die Mandalorianer betrachteten diesen Krieg als eine Art Kreuzzug, überfielen und plünderten aber meist nur völlig überraschte Welten und rotteten dabei verschiedene Spezies vollständig aus. Anschließend forderten sie die Alte Republik heraus und schreckten dabei auch nicht vor dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen zurück, bis sie schließlich von republikanischen Truppen unter dem Jedi Revan bei Malachor V vernichtend geschlagen wurden.
Aber auch danach war diesem Volk kein Glück beschieden und es kam, noch zu Zeiten der Alten Republik, kurz vor den Klonkriegen, zum Mandalorianschen Bürgerkrieg.
Mandalorianer, die nicht auf den Heimatwelten lebten und hier normalen Berufen nachgingen, zogen damals wie schon ihre Vorfahren als Söldner, Kopfgeldjäger oder Attentäter umher.
Solange die Credits stimmten, spielte es für diese Männer (und manchmal auch Frauen) inzwischen keine Rolle mehr, für wen sie aus welchen Gründen in den Krieg zogen, man sah nichts Unehrenhaftes oder Verwerfliches darin, seine Fähigkeiten demjenigen zu verkaufen, der am meisten zahlte.
Mandalorianer waren zu Handlangern krimineller Größen verkommen, hatten sich auf Piraterie oder das Plündern und Schikanieren wehrloser Zivilisten auf abgelegenen Welten verlegt.
Zwar betrachteten die „sesshaften“ Mandalorianer die Arbeit als Söldner, Kopfgeldjäger oder Attentäter als legitim, gleichzeitig wollte man aber kriminellen Umtrieben Einhalt gebieten. Schließlich erließ Jester Mereel einen neuen Kodex, der die Mandalorianer zurück zu einem ehrenhafteren Verhalten führen sollte: Ehre, Ethik und Moral sollten nicht mehr verkauft werden, die Mandalorianer sollten sich wieder auf ihre alten Werte besinnen.
Diese Reformen stießen auf großen Anklang. Damit wiederum waren nicht alle Mandalorianer einverstanden, vor allem jene nicht, die lukrative Beziehungen zu Verbrecherorganisationen wie z.B. der Schwarzen Sonne unterhielten, sich in ihrer Rolle als gefürchtete Kopfgeldjäger oder marodierende Gangs gefielen und die deshalb nicht bereit waren, den damit verbundenen Wohlstand oder die gewonnene Macht aufzugeben.
Schließlich erklärte der Söldner Tor Vizsla, dass er und andere ihre Art zu leben fortsetzen und sich darin nicht einschränken lassen würden. Terror, Macht und Profit waren die höchsten Ideale dieser Gruppe, die sich fortan „Death Watch“ (= Todeswache) nannte. Zum Zeichen des Protests begann die Death Watch, in großem Stil verschiedene Welten heimzusuchen, wobei sie u.a. von der Schwarzen Sonne unterstützt wurde. Ihnen entgegen traten die „Wahren Mandalorianer“, die sich dem neuen Kodex verpflichtet sahen.
Innerhalb kürzester Zeit entbrannte ein auf brutalste Weise geführter Bürgerkrieg, der auf zahlreichen Welten ausgetragen wurde und der erst endete, als von beiden Fraktionen nur noch wenige Kämpfer am Leben waren.
Durch diesen Bürgerkrieg und die nur kurze Zeit später stattfindenden Klonkriege erlitten die Mandalorianer schwerste Verluste an Menschen als auch an Material. Schließlich zogen sich die überlebenden Kämpfer ins Privatleben zurück oder verdingten sich wieder als Söldner, Kopfgeldjäger oder Attentäter. Lernen durch Schmerz.
Denkste.
Vader war nicht zum Spaß hier …
Die Schiffe der Todesschwadron fielen über Mandalore aus dem Hyperraum und Vader machte sich unverzüglich auf den Weg nach Keldabe, um mit dem Mand’alor, Fenn Shysa, zu sprechen.
Währenddessen besichtigte ich zusammen mit Kommandant Praji und Kommandant Jir das größte, bekannteste und wichtigste Unternehmen des Planeten: MandalMotors. Die gigantischen Hallen und Türme der Fertigungsanlagen dominierten das Stadtbild Keldabes, MandalMotors war einer der wichtigsten Arbeitgeber des Planeten.
Während der Klonkriege baute das Unternehmen Schiffe sowohl für die Separatisten als auch für die Alte Republik, weshalb man MandalMotors eine gewisse Söldnermentalität vorwarf.
Nach den Klonkriegen übernahm das Imperium die Kontrolle über das Unternehmen, was bei vielen Mandalorianern auf Widerspruch und Kritik stieß, sporadisch aufflackernden Protest erstickte das Imperium aber bereits im Keim …
„Aber wir können der Death Watch keinen Einhalt gebieten“, sagte Fenn Shysa und fragte sich, wie lange er dem dunklen Lord noch Rede und Antwort stehen konnte, ohne Schwäche zu zeigen. „Diese Männer haben sich bereits vor langer Zeit von uns losgesagt. Aus Sicht der meisten Mandalorianer, gleich, ob sie irgendwo in der Galaxis als Kopfgeldjäger tätig sind oder ob sie hier ansässig sind, folgen die Männer um Vaz Vizsla nicht mehr dem Resol‘Nare.“
Mandalorianer waren aufrechte Krieger. Kopfgeldjäger. Vielleicht auch Söldner oder Attentäter. Aber ganz bestimmt keine Zivilisten schlachtende Marodeure, die ihre Verbrechen zur persönlichen Bereicherung begingen. Nein, die Mitglieder der Death Watch waren keine Mandalorianer mehr …
„Wenn Sie das sagen.“ Vader spürte in den Worten des Mand’alors keine Lüge, Fenn Shysa war von dem, was er sagte, absolut überzeugt. „Doch wenn Sie der Death Watch keinen Einhalt gebieten können, dann werde ich das tun.“
„Der neue Airspeeder ist eine echte Wucht.“
Wir, also Praji, Jir, ich selbst und ein paar Sturmtruppler, standen vor der Fähre zusammen und Praji berichtete den Sturmtrupplern gerade von den Probefahrten, die er und Jir mit einer der neuesten Entwicklungen MandalMotors unternommen hatten.
„Hat echt Spaß gemacht, das Teil zu fliegen.“
„Was hat Spaß gemacht zu fliegen?“
Die Männer standen schlagartig stramm und verneigten sich, als Vader unter ihnen auftauchte.
„Der neue Airspeeder von MandalMotors“, sagte Jir. „Wir haben uns überlegt, ob es ein Einsatzgebiet für ihn in der Flotte geben könnte.“
Vader sah Jir lange an und der Kommandant schaffte es tatsächlich, ein gleichmütiges Pokerface aufrecht zu erhalten.
„Das habt ihr nicht“, grollte Vader. „Kilian?“
Ich reichte ihm mein PAD.
„Der Speeder kann luftdicht verschlossen werden und verfügt über eine eigene Sauerstoffversorgung.“
Wäre also gut geeignet für Atmosphären, die für Menschen giftig waren. Vader scrollte durch die technischen Spezifikationen.
„Ich habe mir darüber hinaus Bildmaterial von Testflügen und ähnlichem geben lassen sowie ein unverbindliches Angebot. Sie wären bereit, der Sternenflotte einen Nachlass von bis zu fünfundzwanzig Prozent einzuräumen, je nach abgenommener Stückzahl.“
Vader sah auf und musterte Praji und Jir.
„Ich bekomme von Ihnen beiden bis morgen früh einen Bericht.“ Vader wandte sich ab und betrat die Fähre.
„Kilian wird heute Abend übrigens keine Zeit haben, Ihre Berichte zu schreiben …“
Anschließend flogen wir in die Knochenstadt zu weiteren Gesprächen mit Admiral Miltin Takel.
Die Knochenstadt war eine antike Festung, die kurz nach der Besiedelung durch die Mandalorianer von eben diesen erbaut worden war. Es wurde behauptet, dass sie auf bzw. aus den Knochen von Mythosauriern errichtet worden war.
Das war natürlich nur eine fromme Legende. Aber in die Struktur der Stadt waren sichtbar die Überreste dieser riesigen Urzeitmonster eingearbeitet, außerdem war es Mode, ihre Skelette in Eingangshallen auszustellen, meist in kämpferischer Pose.
Takel selbst war eine Nummer für sich. So hielten sich hartnäckige Gerüchte, dass er latent machtempfindlich sei und eine eigenartige Vorliebe für nichtmenschliche Frauen hege.
Stand man ihm gegenüber und wusste die Symptome zu deuten, dann erkannte man den Glitbeißer.
Glitzerstim steigerte die Wahrnehmung bis hin zu kurzzeitig aufflackernden telepathischen Fähigkeiten (was die Gerüchte über Takels angebliche Machtempfindlichkeit erklärte) und machte hochgradig süchtig.
Unabhängig davon galt Takel ein strategisches Genie, was erklärte, warum man ihm sowohl die Drogensucht als auch die Frauengeschichten durchgehen ließ.
„Wir konnten die Death Watch bislang nicht ausfindig machen“, sagte Takel an Vader gewandt. „Entweder gibt es einen Verräter oder sie haben jemanden in ihren Reihen, der sich mit Profiling auskennt und mit dessen Hilfe sie die Fehler vermeiden können, die sonst zum Eingrenzen und Auffinden ihres Aufenthaltsortes führen würde.“
Kriminelle neigten im Allgemeinen dazu, ihre Verbrechen nach einem bestimmten Muster im Umkreis ihres Wohnortes oder Lebensmittelpunkts zu begehen. Weshalb man sie anhand dessen ausfindig machen konnte. Selbstverständlich funktionierte das auch im größeren Maßstab, so z.B. beim Auffinden der Operationsbasen von Piraten.
„Haben Sie Hinweise darauf, warum die Death Watch in den letzten Jahren wieder aktiv geworden ist?“, fragte Vader.
„Brauchen Mandalorianer Gründe dafür, sich auf einen dummen idealistischen Kreuzzug zu begeben und alles zu vernichten, was sich ihnen in den Weg stellt?“
Takel nahm Bezug auf Mand’alor den Unbezähmbaren.
„Das ist bereits Jahrtausende her“, wandte ich ein, „Seitdem leben die meisten Mandalorianer friedlich auf ihrer Heimatwelt oder sie werden als Söldner oder Kopfgeldjäger aktiv.“
„Dumme Fotze“, schnaubte er.
Ich löste in einer einzigen fließenden Bewegung mein Lichtschwert vom Gürtel, zündete es und hielt ihm die weiße Klinge unter die Nase.
Takel prallte zurück.
„Man hält Sie für ein strategisches Genie“, sagte ich. „Trotzdem konnten Sie den Stützpunkt der Death Watch bisher nicht ausfindig machen.“
Vader beobachtete unseren Disput entspannt und mit hinter den Gürtel gehakten Daumen.
„Admiral Takel“, sagte er milde. „Sie sollten meinen Adjutanten nicht verärgern.“
Takel sah unsicher von Vader zu mir und wieder zurück.
„Mandalorianische Söldner oder Kopfgeldjäger folgen einem Kodex“, sagte ich und beschloss, die Beleidigung zu ignorieren. „Das macht sie berechenbar. Die Death Watch hingegen hat sich bewusst von Mandalore losgesagt. Wie kann man da die Verbrechen der Death Watch den Mandalorianern anlasten?“
Wie überhaupt die Verbrechen von Einzelnen einem ganzen Volk?
Ich bin ganz gewiss nicht das, was man in meiner Heimatwelt einen Gutmenschen nennt. Aber manche imperiale Offiziere machten es sich definitiv zu leicht …
Vader hatte zwei weitere Sternenzerstörer angefordert, die die Todesschwadron bei der Jagd nach der Death Watch unterstützen sollten: die Vigilance (= Wachsamkeit) unter Captain Sloane und die Iron Fist (= Eisenfaust) unter Captain Zsinj.
Der Captain der Vigilance entpuppte sich als dunkelhäutige Frau, deren legendäre Zähigkeit und Härte im krassen Gegensatz zu ihrer zierlichen Erscheinung stand. Da war bestimmt schon mehr als einer drauf reingefallen …
Zsinj glänzte hingegen durch Abwesenheit. Vader ließ die Devastator, die Avenger, die Stalker und die Vigilance in den umliegenden Systemen nach der Death Watch suchen bzw. Spuren sichern und Hilfe leisten. Die Executor blieb hingegen mit der Conquest und der Tyrant im Orbit Mandalores und wartete auf Ergebnisse. Und auf Zsinj‘ Erscheinen.
Nach und nach trafen die Berichte ein, denen zufolge die Death Watch bei ihren Überfällen zunächst alles Wertvolle plünderte, meist die Aurodiumreserven der Banken sowie Waffen, Technologie und Lebensmittel. Danach legte sie die von ihnen überfallenen Städte in Schutt und Asche und das aus keinem anderen Grund als den, weil’s Spaß machte …
Die Zahl der Todesopfer ging bei solchen Aktionen schnell in die Hunderttausende oder gar Millionen, weil die Leute nicht nur an der unmittelbaren Gewalteinwirkung starben, sondern auch infolge der zerstörten Infrastruktur und weil Hilfe in abgelegenen Gebieten nicht schnell genug eintraf.
Schließlich stach die Avenger unter Captain Needa mitten ins Wespennest und erwischte die Death Watch beim Angriff auf einen namenlosen Planeten im Quellii-Sektor. Die Mannstärke der Death Watch und die Aggressivität ihres Auftretens ließ sich daran ermessen, dass die Avenger unter schweren Beschuss geriet und auf allen Kanälen um Hilfe rief …
Der Planet, dem der Angriff der Death-Watch gegolten hatte, war eine dieser typischen Kolonialisten-Welten, wie sie sich in der Galaxis zu tausenden fanden.
Irgendwann vor ein paar Jahrhunderten von ein paar unerschrockenen Abenteurern besiedelt, die die Herausforderung suchten und in Freiheit leben wollten, war die Bevölkerung inzwischen auf ein paar Millionen angewachsen, es gab eine Hauptstadt mit Raumhafen und Industrie, einige weitere Städte und viele kleine Siedlungen, die Landwirtschaft oder Bergbau betrieben.
Davon konnte man auskömmlich leben, allerdings war der Ertrag nicht groß genug, um davon eine wirkungsvolle Verteidigung zu finanzieren.
Ein gefundenes Fressen für die Death Watch, die mit zwei alten Venatoren, einem Providence-Zerstörer und einem kleinen Siegesklasse-I-Sternenzerstörer angerückt war, um zu morden, zu plündern und zu vergewaltigen. Was einst eine lebhafte planetare Metropole war, sah jetzt aus wie Würzburg am Ende des Zweiten Weltkriegs …
„Woher hatten sie eigentlich diese Schiffe?“, fragte ich. Das war in der Tat eine gute Frage. Wir, also Vader, ich, Praji, Jir, Admiral Ozzel und die Kapitäne Piett, Wermis, Needa, Zedd, Alima, Lennox und Sloane, saßen in einem der Besprechungsräume der Executor und diskutierten das weitere Vorgehen.
Zuvor hatten wir den Angriff der Death Watch auf die Avenger analysiert sowie die anschließende Vernichtung dieser Schiffe durch die zur Hilfe herbeigeeilte Todesschwadron. Einen Sternenzerstörer auf Grund zu schicken hätte der Death Watch den Respekt sämtlicher Verbrecherorganisationen der Galaxis eingebracht.
Was übrigens den betreffenden Planeten zusätzlich noch weiträumig verseucht hätte – die an Bord eines Sternenzerstörers (und jeden anderen Raumschiffes) eingesetzten Chemikalien waren hochgradig giftig und hätten die Biosphäre nachhaltig geschädigt.
Nach dem Ende der Klonkriege waren die Schiffe der KUS entweder verschrottet oder meistbietend an planetare Regierungen verkauft worden, später dann viele der alten Venatoren und ein Teil der ebenfalls veralteten Siegesklasse-I-Sternenzerstörer.
Eine kleine Flotte wie die, auf die wir gestoßen waren, kostete im Erwerb und laufenden Unterhalt so viel, dass sich nur wohlhabende Planeten ein paar dieser Schiffe leisten konnten.
„Das ist bedeutungslos“, meinte Ozzel.
„Das finde ich nicht“, widersprach ich. „Wer der Death Watch diese Schiffe verkauft hat, könnte auch anderen Gruppierungen Kriegsschiffe verkauft haben. Heimlich, ohne dass wir davon wissen.“
„Das wäre dann eine Angelegenheit für das ISB“, urteilte Ozzel.
Es war offensichtlich, dass ich ihm wieder einmal auf die Nerven ging.
Needa ging dazwischen.
„Wichtiger ist die Frage, ob wir die Death Watch vollständig ausgelöscht haben oder nicht.“
„Ich bin davon überzeugt, dass wir nur den kleineren Teil der Flotte der Death Watch ausgeschaltet haben“, sagte Vader.
Ozzel teilte diese Ansicht nicht.
„Nur den kleineren Teil? Sie hatten vier Großkampfschiffe!“
„Die nur mit dem allernotwendigsten Personal bemannt waren, um sie zu fahren und um Planeten oder andere Raumschiffe zu attackieren“, entgegnete Sloane.
Das war auch die Einschätzung des angeforderten Räumkommandos gewesen. Für die Sicherheit der Raumfahrt war das Bereinigen von Schlachtfeldern eine Notwendigkeit, außerdem barg man die Leichen und sicherte die Wracks bzw. die Trümmer für die Wiederverwertung.
Fast zeitgleich war ein Reparaturschiff KDY’s eingetroffen, um die Gefechtsschäden an der Avenger zu bereinigen und die volle Einsatzbereitschaft wieder herzustellen.
Vader beendete die Diskussion.
„Wir haben die Death Watch geschwächt“, sagte er und erhob sich. „Aber sie sind noch irgendwo da draußen. Findet sie. Und dass mir die Schiffe diesmal keine Kratzer aufweisen, wenn ich wiederkomme …“
DIE TODESSCHWADRON:
The Death Watch, Teil II
Die Iron Fist war zu diesem Zeitpunkt im Dathomir-System stationiert, wo sie den namensgebenden Planeten bewachte. Beziehungsweise dafür sorgte, dass niemand diesen Planeten wieder verließ.
Von Mandalore aus war Dathomir nicht weit entfernt, aber „nicht weit“ war ein relativer Begriff, vor allem, wenn es keine regulären Hyperraumrouten zwischen beiden Planeten gab, sondern man seinen Weg in vielen kleinen Sprüngen einzeln berechnen musste.
Zsinj war intelligent und unter den Besten der Absolventen seines Jahrgangs an der Akademie gewesen.
Aber sein Dossier sprach davon, dass er ein pathologischer Lügner war. Zu cholerischem Verhalten neigte. Er war rachsüchtig, arrogant und durch die eine oder andere Hochstapelei aufgefallen.
Zusätzlich und letztendlich zeichnete er sich durch eine gewisse Renitenz aus. Was Zsinj tun wollte (oder auch nicht) das tat er (oder auch nicht). Es war mir ein Rätsel, wie man jemanden mit so einer Persönlichkeitsstruktur das Kommando über ein Waffensystem wie einen Sternenzerstörer geben konnte.
Allerdings war diese Stationierung mitten im Nirgendwo und die Bewachung eines Gefängnisses war weder ruhmreich noch prestigeträchtig …
Vader hatte nicht ernsthaft vor, Zsinj zu töten.
Trotz (oder gerade wegen?) seines Wesens war Zsinj gut vernetzt und das wollte Vader nutzen, um über den Umweg „Zsinj“ genau die Sorte Angst und Schrecken zu verbreiten, die absoluten Gehorsam generiert.
Gleichzeitig diente diese Aktion dazu, die Effektivität der Tarnvorrichtung zu testen, über die die Executor verfügte.
Wir fielen also mit aktivierter Tarnvorrichtung aus dem Hyperraum und schwenkten unbehelligt in den Orbit über Dathomir, näherten uns in Schleichfahrt der Iron Fist – und wurden tatsächlich nicht bemerkt. Gemessen an den Standards der Imperialen Sternenflotte waren die Brückenoffiziere darüber regelrecht aus dem Häuschen, Admiral Ozzel meinte, dass die Tarnvorrichtung jeden einzelnen Credit Wert sei, den das Imperium für sie bezahlt habe. Wo der Mann Recht hat, hat er recht …
Das ISB hatte herausgefunden, dass Zsinj mit der ständigen latenten Furcht lebte, von einer holografischen Projektion getötet zu werden.
Das war absurd – holografische Projektionen besaßen keinerlei Substanz und die Person, deren Abbild projiziert wurde, war in aller Regel viele Klicks, wenn nicht Lichtjahre entfernt.
Und genau hier setzte Vader an. Damit der Plan funktionierte, mussten wir unser Vorgehen genau koordinieren: die Executor setzte sich hinter die Iron Fist (besser wäre vor ihr gewesen, aber trotz Tarnung wäre ihnen garantiert die enorme Strahlenbelastung aufgefallen, die von den Triebwerken der Executor verursacht worden wäre), Vader verließ das Schiff mit einem Jet-Pack und infiltrierte die Iron Fist über eine der Wartungsklappen.
Ich wartete währenddessen im privaten Übertragungsraum Vaders die veranschlagte Zeit ab und wählte dann Zsinj an.
Vader war ein begnadeter Hacker und Programmierer und hatte vorher verschiedene Spielereien programmiert, die u.a. das Herkunftssignal kaschieren (Zsinj würde glauben, dass die Übertragung von Coruscant kam) sowie einen Avatar von sich selbst, den Zsinj während der Übertragung sehen würde.
Meine Aufgabe war das Steuern des Avatars und das Führen des Gesprächs mithilfe eines Stimmenmodulators. Dass Vader eintreffen würde, ohne von der Mannschaft der Iron Fist bemerkt zu werden, war eigentlich keine Frage, ein starker Machtnutzer wurde nicht gesehen, wenn er nicht gesehen werden wollte …
An Bord der Iron Fist, Hauptbrücke
„Captain“, meldete der Kommunikationsoffizier, „Lord Vader wünscht über den Status des Schiffs informiert zu werden.“
Diese Meldung hätte vielen Sternenflottenoffizieren den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Nicht so Zsinj.
„Legen Sie das Gespräch in meinen privaten Übertragungsraum“, befahl er und verließ die Brücke, um das Gespräch mit dem Oberkommandierenden zu führen.
Vermutlich wollte Vader wissen, warum er sich nicht der Todesschwadron angeschlossen hatte. Für Zsinj war der Grund dafür klar ersichtlich – das Zertreten von Ungeziefer überließ man am besten anderem Ungeziefer und fegte hinterher die Reste zusammen. Die persönliche Ansprache durch den Oberkommandierenden schreckte ihn nicht. Vader hatte begriffen, wer die Männer waren, die das Rückgrat der Imperialen Sternenflotte bildeten.
Mehr beunruhigte Zsinj – wenn er es denn vor sich selbst zugegeben hätte – dass er dieses Gespräch über das HoloNet führen musste.
Zsinj selbst hätte nicht sagen können, woher dieses ungute Gefühl rührte, jedes Mal, wenn er das HoloNet nutzte.
Was, wenn das holographische Abbild plötzlich einen Blaster hob und auf ihn feuerte?
Das Wissen, dass das technisch völlig unmöglich war, half nicht im Geringsten, die unterschwellige Angst auszulöschen. Zsinj schauderte. Aber auch dieses Gespräch würde vorübergehen …
An Bord der Executor,
Lord Vaders privater Übertragungsraum
Ich begann das Gespräch mit Zsinj und behielt dabei immer die Uhr im Auge. Noch zwanzig Sekunden.
„Captain Zsinj“, sagte ich.
Fünfzehn Sekunden.
„Wir haben Sie über Mandalore vermisst“, fuhr ich fort.
Zehn Sekunden.
„Ich hoffe, Sie haben dafür eine zufriedenstellende Erklärung …“
Fünf Sekunden …
An Bord der Executor, Hauptbrücke
Captain Piett stand neben Lieutenant Venka an der taktischen Waffenkonsole. Beide Offiziere starrten angestrengt auf die Uhr. Lord Vader hatte sich vollkommen klar ausgedrückt. Bei diesem Unternehmen kam es auf exaktes Timing an. Nichts durfte schiefgehen. Noch fünfzehn Sekunden … zehn .. fünf …
„Feuer!“, befahl Piett bevor er sich umwandte und rief: „Enttarnen!“
An Bord der Iron Fist,
Zsinjs privater Übertragungsraum
Vader war es gelungen, sich unbemerkt in Zsinj‘ privaten Kommunikationsraum einzuschleichen, wo er auf den Captain der Iron Fist wartete.
Der dunkle Lord wartete noch etwas länger.
Sah, wie Zsinj den Raum betrat. Beobachtete, wie dieser die Übertragung entgegen nahm.
„Captain Zsinj. Wir haben sie über Mandalore vermisst. Ich hoffe, Sie haben dafür eine zufriedenstellende Erklärung …“
Vader war beeindruckt. Kilian traf seine Gestik, seine Wortwahl und seinen Sprachduktus genau, ein computergenerierter Avatar alleine hätte für eine glaubwürdige Täuschung nicht genügt.
Vader machte sich bereit und wartete auf die Ablenkung, für die die Turbolaser der Executor sorgen würden.
Dann würde er schnell auf die Übertragungsplattform treten, Kilian gleichzeitig die Verbindung beenden und Zsinj‘ irrationale Befürchtungen würden scheinbar Gestalt annahmen …
An Bord der Executor, Hauptbrücke
Das Feuer der Exekutor schlug in die Schilde der Iron Fist und weckte die Mannschaft schlagartig aus ihrer Routine.
Piett bemerkte Geschützstellungen und Turbolaser, die zur Executor schwenkten.
Wagt es nicht, dachte er, kam aber nicht umhin, die schnelle, furchtlose Reaktion zur positiv Kenntnis zu nehmen.
„Senden Sie unseren Transpondercode und die Standardgrußbotschaft“, befahl er.
Jetzt konnte er nur hoffen, dass das Timing funktioniert hatte …
An Bord der Iron Fist,
Zsinjs privater Übertragungsraum
„Captain Zsinj“, sagte Vader, „Wir haben Sie über Mandalore vermisst. Ich hoffe, Sie haben dafür eine zufriedenstellende Erklärung …“
Zsinj stählte sich. Vor Vader durfte man nicht winseln.
„Die Death Watch ist wie Ungeziefer“, antwortete er selbstbewusst. „Am besten lässt man sie durch anders Ungeziefer vernichten.“
Eine leichte Erschütterung lief durch die Iron Fist. Das Schiff stand unter Beschuss? Irritiert griff Zsinj nach seinem ComLink, sah einen Augenblick lang weg. Das reichte Vader, um die Plattform zu betreten, während dessen erlosch die Übertragung fast zeitgleich.
„Captain Zsinj“, sagte Vader, trat vor, packte Zsinj am Hals und hob ihn hoch.
Zsinj riss vor Entsetzen die Augen auf und strampelte mit den Beinen, um sich zu befreien – erfolglos.
Endlich realisierte er, dass das holographische Abbild Vaders von der Übertragungsplattform getreten und ihn im Würgegriff hielt.
Der Captain der Iron Fist war vieles, aber kein Feigling.
Der rationale Teil von ihm verwarf den Gedanken, dass die holographische Projektion des dunklen Lords soeben von der Übertragungsplattform getreten war, während der irrationale Teil seines Geistes in Panik aufschrie.
„S-sir?“, stammelte er und rang nach Luft.
Vaders schreckliche, grauenhafte Maske näherte sich seinem Gesicht.
„Wenn der zweite Mann nach dem Imperator, der Oberkommandierende der Flotte, Ihnen einen Befehl erteilt, dann werden Sie diesem Befehl künftig Folge leisten. Haben Sie das verstanden?“
Machtfähigkeiten hin, Machtfähigkeiten her – auch ein Darth Vader war nicht in der Lage, HoloNet-Übertragungssignale zu nutzen, um sich zur Übertragungsplattform eines beliebigen Empfängers zu teleportieren.
Damals nahm ich an, dass Vader Zsinj lediglich den Schneid abkaufen und darüber hinaus ganz im allgemeinen Angst und Schrecken verbreiten wollte.
Machtspielchen.
Nach dieser Nummer kam Zsinj anstandslos mit nach Mandalore, das imperiale Gefängnis auf Dathomir würde bestimmt eine Weile ohne die Überwachung durch einen Sternenzerstörer auskommen. Und er wagte es nie wieder, Vader Befehle zu ignorieren oder in Frage zu stellen …
Während wir nach Mandalore unterwegs waren, erreichten uns die ersten Lage- und Statusberichte der Todesschwadron. Sie hatten ihre Suche in den umliegenden Systemen wieder aufgenommen und fahndeten systematisch nach der Death Watch. In diesem speziellen Fall war es nicht möglich, kleine Siedlungen oder arme Planeten von vorneherein auszuschließen, denn die Death Watch beging ihre Verbrechen nicht nur, um sich zu versorgen und zu bereichern, sondern auch, weil sie sich darin gefielen, eine gefürchtete Gang zu sein …
Aber die Todesschwadron fand nichts.
„Das gibt es nicht“, hörte ich Admiral Ozzel zu Captain Piett sagen. „Irgendwo müssen sie doch sein.“
Andererseits war eine dünn besiedelte Region wie der Quelli-Sektor nicht bis ins letzte kartographiert, es mochte dutzende kleine, nicht registrierte Siedlungen oder Niederlassungen geben, von denen eine das Rückzugsgebiet der Death Watch sein mochte.
ISB, Büro Armand Isards, Coruscant
„Das wird Lord Vader nicht zufriedenstellen.“ Armand Isard konnte seine Besorgnis nur schwer kaschieren.
„Er kann von uns nicht verlangen, was selbst er mit seinen, nun, wie soll ich sagen, Fähigkeiten nicht herausfinden konnte.“
Wulff Yularen gehörte zu den wenigen imperialen Offizieren, die den dunklen Lord nur wenig fürchteten.
Yularen ging sogar hin und wieder der Gedanke durch den Kopf, Vader von irgendwoher zu kennen, aber er schaffte es nie, den Finger darauf zu legen.
Dann wiederum dachte er, dass das absurd war – niemand wusste, wer oder was „Lord Vader“ eigentlich war, der finstere Begleiter des Imperators, der so plötzlich nach dem Ende der Klonkriege an dessen Seite aufgetaucht war.
Die Sorge Isards hielt er jedoch für übertrieben. Sie hatten herausgefunden, wer der Death Watch Kriegsschiffe verkauft hatte – ein regulärer, vom Imperium lizensierter Händler, der planetaren Regierungen veraltete Schiffe zur Verteidigung ihrer Welten verkaufte.
Gut genug, um eine wirksame Verteidigung gegen Piraten darzustellen (nicht einmal das Imperium konnte überall sein, dazu war die Galaxis viel zu groß). Aber nicht gut genug, um gegen die größeren, besser bewaffneten und mit stärkeren Schilden ausgerüsteten Sternenzerstörer zu bestehen …
Dem Händler konnte man nicht einmal Vorwürfe machen, selbst wenn sich die Emissäre der Death Watch als solche vorgestellt hätten, es gab kein Gesetz, welches ihm verbot, Kriegsschiffe an jedermann zu verkaufen, der die nötigen Credits dafür aufbringen konnte.
Das wiederum war eine der Fragen, die offen blieben: Woher hatte die Death Watch die Credits für den Kauf so vieler Schiffe, die das Budget der meisten planetaren Regierungen gesprengt hätte?
„Wir glauben, dass sie uns aus dem Weg gehen oder sich vor uns versteckten“, fasste Captain Needa die Meinung der anderen Kapitäne der Todesschwadron zusammen.
Vader, Admiral Ozzel, Captain Piett und ich saßen in einem der Konferenzräume, die anderen Kapitäne waren per Konferenzschaltung als Hologramme anwesend.
Mir begann aufzufallen, dass die anderen Needa gerne als Sprachrohr vorschoben.
Ich hatte Captain Needa bisher als einen sehr höflichen, sehr pflichtbewussten Offizier kennengelernt und fing an, mir Gedanken zu machen. Vermutlich gab er sich nur deshalb dafür her, weil es sonst niemand wagte …
„Sie beschränken sich auf den Quelli-Sektor?“, vergewisserte ich mich, nachdem ich die Berichte über die bisher erfolglose Suche nach der Death Watch ebenfalls gelesen hatte.
Vader gab mir oft Sachen zur Kenntnis, die mich eigentlich gar nichts angingen oder die sogar streng geheim waren.
Mir fiel keineswegs immer etwas Intelligentes dazu ein, aber Vader war an abweichenden Meinungen interessiert (was vielleicht darin begründet lag, dass nur wenige Menschen in seiner Umgebung es wagten, abweichender Meinung zu sein).
„Bisher ja“, sagte er.
Ich verstand das nicht. Früher hatte ich angenommen, dass es praktisch nichts gab, das Geheimdiensten entging, vor allem, wenn sie gut vernetzt waren. Jetzt lernte ich, dass dem nicht so war. Selbst automatisierte, flächendeckende Überwachung und Auswertung konnte nicht alle Lücken füllen.
Zwar hatte das ISB inzwischen herausgefunden, wer der Death Watch die Schiffe verkauft hatte. Aufgefallen waren diese Transaktionen jedoch nicht. Der Händler hatte sich zwar über die enormen Summen gewundert, die der Käufer für die fast zwei Dutzend Kriegsschiffe aufbringen konnte, dachte sich aber nichts weiter dabei.
Warum gab es keine Meldepflicht für auffälliges Geschäftsgebaren? Woher kamen die vielen Credits? Warum verliefen alle Spuren im Sand? Warum beschränkte sich die Death Watch auf eine nur wenig wohlhabende Gegend wie den Quelli-Sektor? Fragen über Fragen und keine Antworten …
Wenn die Death Watch der Todesschwadron aus dem Weg ging, dann konnte man sie vielleicht auf anderem Wege davon überzeugen, sich zu stellen.
Vader appellierte an das Selbstverständnis der Death Watch, deren Mitglieder sich zumindest früher einmal als Mandalorianer begriffen hatten und forderte Vaz Vizla zum Duell.
Ein Kampf Mann gegen Mann.
Niemand konnte seine Identität vollständig leugnen, Vaz Vizla nicht und seine Männer auch nicht.
Und genau deshalb würde sich Vizla dieser Herausforderung stellen.
Täte er es nicht, stünde er in den Augen seiner Leute als Feigling da.
Ein Feigling, der nicht mehr würdig war, die Death Watch zu führen …
Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Vaz Vizla die Herausforderung annahm und die Death Watch über Mandalore auftauchte, wohin sich die Todesschwadron inzwischen wieder zurückgezogen hatte …
Auf Mandalore gab es eine ganze Reihe malerischer Ruinenstädte. Vader und Vaz Vizla bestimmten eine davon als Arena für ihr Duell.
Nur Darth Vader und Vaz Vizla.
Keine Beobachter, keine Sekundanten, keine Wachen.
Vader hatte mir irgendwann einmal erzählt, dass ein Mandalorianer namens Jango Fett es tatsächlich geschafft hatte, seinem damaligen Meister Obi-wan Kenobi ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Vizla schien jedenfalls zu glauben, gegen Darth Vader bestehen zu können
Vader sah die Angelegenheit nüchterner – es war damit zu rechnen, dass Vizla irgendwelche Tricks in der in der Hinterhand hatte …
Sowohl die Todesschwadron als auch die Flotte der Mandalorianer sammelte sich weitläufig und wie zufällig über der Wüstenregion, die Vader und Vizla gewählt hatten, um ihr Duell auszutragen.
Ein Duell auf Leben und Tod.
Ich wollte nicht, dass Vader ging.
Aber als wir uns zusammengetan hatten, musste ich akzeptieren, dass Vader als Krieger lebte und die Risiken eines Kriegers einging.
Weshalb ich mich in Contenance übte. Aber es gelang mir natürlich nicht, meine Besorgnis vor Vader zu verbergen.
„Sorgt Euch nicht“, sagte er, „Die Macht ist mit mir. Dieser Tag wird lange in Erinnerung bleiben. Er wird nicht nur das Ende Vaz Vizlas sehen, sondern auch das Ende der Death Watch.“
Das war so ein typisches Männerding: Vader hatte es geschafft, die Death Watch nach Mandalore zu locken. Ein Kampf zwischen ihm und Vaz Vizla wäre an sich nicht mehr nötig gewesen, Vader hätte der Todesschwadron jederzeit den Befehl geben können, die Schiffe der Death Watch zu vernichten.
Aber er hatte ein Duell angeboten, Vizla hatte angenommen, und deshalb würde das Duell auch stattfinden. Vader war ein Mann, der zu seinem Wort stand.
Von freiem Geleit war allerdings nie die Rede gewesen …
Vader ging. Und das Warten begann.
Vader bewegte sich allein und zu Fuß auf die Ruinenstadt zu, die er und Vizla für ihr Duell gewählt hatten.
Ein Shuttle hatte ihn hierhergebracht und war gleich wieder abgehoben.
Vader glaubte nicht im Mindesten, dass Vizla sich an Abmachungen halten würde.
Das psychologische Gutachten, welches das ISB über Vizla erstellt hatte, vertrat dieselbe Ansicht. Außerdem schwang die Absicht der Täuschung deutlich durch die Macht.
Vader wollte das Überraschungsmoment nutzen und hatte die Piloten den Anflugvektor so wählen lassen, dass er das Shuttle unbeobachtet verlassen und seinen Gegner aufsuchen konnte.
Natürlich würden Vizla nicht alleine sein.
Er, Vader, war dafür bekannt, zu seinem Wort zu stehen. Warum seine Gegner so oft glaubten, dass er sie schonen würde, wenn sie Unterstützer mitbrachten? Ihm Fallen stellten?
Egal.
Vader ließ sich von der Macht leiten und bewegte sich in Richtung des ehemaligen Stadtzentrums. Nah. Sie waren so nah.
Von den Gebäuden der ehemaligen Metropole standen fast nur noch die Außenmauern, die Dächer waren schon vor langer Zeit eingestürzt. Vader nutzte die Macht, um sich auf die Mauerkrone zu katapultieren.
Das war auch so eine Sache, die er nicht verstand. Sie sahen nie nach oben …
Ich stand auf der Brücke der Exekutor und beobachtete den Planeten unter mir.
Natürlich konnte man von hier oben nicht erkennen, was sich auf der Oberfläche abspielte.
Und doch wollte ich diesen Platz nicht aufgeben.
Mir kam in den Sinn, dass, sollte Vader nicht wiederkommen, ich nie wieder diesen Platz einnehmen würde.
Was sollte eigentlich aus mir werden, sollte Vader getötet werden, heute oder an einem anderen Tag?
Närrin, schalt ich mich.
Was aus mir werden sollte? Ich würde so leben, wie ich vorher gelebt hatte.
Ich hatte Freunde. Jen. Und Silk. Freundschaft war in den Kreisen, in denen Jen sich bewegte, nichts Leichtfertiges. Auch Silk hatte mir ihre Freundschaft erst nach längerer Zeit und nur sehr zögernd geschenkt.
Aber ohne Vader wäre alles nichts, Weiterleben würde eine Bürde sein …
Vaz Vizla hatte eine große, weitgehend freie Fläche gewählt.
Seine Männer verbargen sich um ihn herum, nutzen einzelne, stehengebliebene Säulen, um sich den Blicken eines arglosen Beobachters zu entziehen.
Vader nahm sie durch die Macht so deutlich wahr wie durch seine Augenlinsen.
Ihre Begierde, zu kämpfen. Sich einen Namen zu machen, indem sie ihn töteten. Ruhm zu gewinnen.
Sie waren größere Narren, als er angenommen hatte.
Vader bewegte sich lautlos auf den Mauern, brachte sich in eine bessere Position. Bin gleich da …
Vader sammelte sich. Einatmen. Ich bin eins mit der Macht. Ausatmen. Die Macht ist mit mir.
Vader sprang.
Vizla hatte nie vorgehabt ein faires Duell auszutragen.
Er war mit mehreren Männern gekommen und hatte Drohnen in der Luft gehabt, eine davon eine kleine Kameradrohne.
Auch wenn Vader inzwischen längst schon wieder wohlbehalten an Bord gekommen war und die Todesschwadron die Schiffe der Death Watch unter Feuer genommen und in Schlacke verwandelt hatte, blieb mir doch mehrmals fast das Herz stehen, als ich mir die Aufzeichnungen ansah.
Vader sprang mitten unter sie, wehrte mit dem Lichtschwert Blasterbolzen und Drohnen ab, entriss ihnen mit der Macht weitere Waffen und warf sein Lichtschwert, welches zu ihm zurückkehrte wie ein Bumerang, dabei tötete er Vaz Vizla und seine Männer mit einer Selbstverständlichkeit und Präzision, die den Betrachter eher an einen sorgfältig choreographierten Schaukampf glauben ließ …
DIE TODESSCHWADRON:
Revans Rückkehr
„Jetzt wird es sich bald zeigen, ob die Gerüchte der Wahrheit entsprechen.“
Ich stand mit Admiral Ozzel und Captain Piett an den Sichtluken der Executor und sprach mit ihnen über die Gerüchte, die immer weitere Kreise zogen: Revans Rückkehr. War der legendäre Jedi tatsächlich zurückgekehrt?
Die öffentliche Meinung dazu war gespalten: schlichtere Naturen, die immer noch dem Jediismus verhaftet waren, begrüßten seine Wiederkehr, vergaßen dabei aber, dass Revan – soweit bekannt – mehrmals die Seiten gewechselt hatte.
Die Intelligenz sowie das Militär vertraten eher die Meinung, dass das Ganze nur ein haltloses Gerücht war, das sich immer mehr verbreitete und dabei immer größer wurde.
Der Rest der Galaxis glaubte an erstklassige Unterhaltung. Dazu bei trugen die verschiedenen HoloNet-Sender, die Preise für die Erbringung von Beweisen ausgelobt hatten, bekannte HoloNet-Größen über die historische Person Revan diskutieren ließen, Dokumentationen oder HoloVids ausstrahlten.
Vader war diese Sache so wichtig, dass er die Todesschwadron zum Kern und Ausgangspunkt der Gerüchte vorstoßen ließ: das Hapes-Konsortium.
Da es keine direkten Hyperraumrouten von Mandalore nach Hapes gab, nutzte Admiral Ozzel diese Gelegenheit, um die Brückencrews der Todesschwadron erneut mit vielen „rein-raus-Übungen“ zu erfreuen.
Hapan war das Verwaltungszentrum des Hapes-Konsortiums. Jeder, der hier Handel treiben wollte, war per Gesetz dazu verpflichtet, seine Geschäfte inner- und außerhalb des Konsortiums auf Hapan abzuwickeln, weshalb sämtliche Mitgliedswelten des Konsortiums Botschaften auf Hapes unterhielten, was wiederum zu einer erstaunlichen Dichte an Palästen und anderen Prunkbauten führte.
Hapes war eine absolutistische, matriarchalische Monarchie, die von der Königinmutter mit List und Tücke geführt wurde.
Plötzlich schweiften die Blicke Ozzels und Pietts ab und schienen etwas hinter mir zu fixieren, dann fanden sie plötzlich Gründe, das Gespräch zu beenden und mich zu verlassen.
„Ich muss unten nach dem Rechten sehen“, sagte Piett und ging in Richtung Brückengrube.
„Ich habe noch zu tun“, sagte Ozzel, verneigte sich leicht und wandte sich zum Gehen. „In meinem Büro.“
Ich betrachtete weiter den Weltraum.
„Vader“, sagte ich, als ich das Atemgeräusch des dunklen Lords neben mir hörte. „Jetzt habt Ihr sie vergrault …“
Die Schiffe der Todesschwadron hatten kaum die ihnen zugewiesenen Parkorbits eingenommen, als ein Shuttle den Hangar der Executor verließ und nach Hapes-City flog.
Die Königinmutter ließ es sich nicht nehmen, Lord Vader, den Stellvertreter des Imperators und Oberkommandierenden der Imperialen Sternenflotte, eine Audienz zu gewähren.
Das war ein typisches Beispiel diplomatischen Sprachgebrauchs. Niemand im gesamten Galaktischen Imperium hätte es gewagt, Darth Vader nicht zu empfangen.
Da man sein Verlangen, mit der Königinmutter zu sprechen, nicht zurückweisen konnte, gewährte man ihm eben eine Audienz.
Im Hapes-Konsortium tat man gerne so, als ob man immer noch die isolationistische, von den Nachbarn gefürchtete Großmacht wäre, aber das war längst Geschichte.
Das Imperium duldete die Illusion, dass das Konsortium immer noch von Hapan aus regiert wurde und die derzeitige Königinmutter war klug genug, das nicht in Frage zu stellen. Dazu bei trugen die Sternenzerstörer, die über Hapan stationiert waren und die immer wieder zu Patrouillenflügen durch das Konsortium aufbrachen und dort nach dem Rechten sahen.
Natürlich empfing man auch sie gerne als „Gäste“ …
Vader ließ seine Fähre direkt vor den Palast der Königinmutter landen und marschierte mit einer Abteilung Sturmtruppen zur Audienz. Politik war dafür verantwortlich, dass er diesen Unsinn mitmachen, die Form wahren musste …
Dabei gaben es die realen Machtverhältnisse nicht im Mindesten her, sich dieser Inszenierung zu beugen.
Im Thronsaal warteten neben der Königinmutter Verwandte und Berater sowie die üblichen Schmarotzer und Parasiten, wie man sie an jedem Königshof fand.
Vader ignorierte sie.
Nach den Begrüßungsfloskeln kam Vader zur Sache.
„Welcher Natur ist das Problem, das meine Anwesenheit notwendig macht?“
Die Königinmutter sah erstaunt auf. „Wir haben den Imperator wissen lassen, dass Revan …“
Vader schnitt ihr mit einer ungeduldigen Handbewegung das Wort ab. „Ich habe nicht nach Revan gefragt, ich habe nach der Natur des Problems gefragt.“
„Revan …“
Zorn wallte in Vader auf und er spielte kurz mit dem Gedanken, die Königinmutter mit der Macht zu würgen.
Der Zorn Vaders galt aber nicht allein der Königinmutter. Vader hielt es für unmöglich, dass eine Person, die vor tausenden Jahren gelebt und seither in den Unbekannten Regionen verschollen war, wiedergekehrt war.
Der Imperator sah das anders und ihm ging es vermutlich darum, eine potentielle Bedrohung auszuschalten oder einen weiteren Verbündeten zu gewinnen, seine, Vaders, Befehle waren diesbezüglich eindeutig: sollte Revan tatsächlich wiedergekehrt sein und ließ er sich nicht für ihre Sache gewinnen, dann sollte das Revans Tod sein.
„Das Imperium hat die Gerüchte gehört. Was tut dieser angeblich wiedergekehrte Jedi, dass meine Anwesenheit notwendig ist?“
Die Königinmutter sah sich verunsichert um. „Ich … verstehe diese Frage nicht?“
Vader beschloss, ihr auf die Sprünge zu helfen. „Stört diese Person den Schiffsverkehr? Begeht Akte der Piraterie? Überfällt abgelegene Siedlungen?“
„Nun, eh, nein, nicht, dass wir davon wüssten.“
„Weigert er sich wenigstens, Zölle und Steuern zu entrichten?“
„Ich … ich …“, stotterte die Königinmutter, von Vader völlig aus dem Konzept gebracht.
Vader war sehr ungehalten. „Dann stehlen Sie mir nicht die Zeit!“
Während Vader mit der hapanischen Regierung konferierte, schlenderte ich mit Kommandant Praji und Kommandant Jir durch die Straßen Ta’a Chume’Dans, wie die Stadt eigentlich hieß.
Trotzdem und weil sich viele Nicht-Hapaner mit der Aussprache schwer taten, war die Stadt hauptsächlich unter dem Namen Hapan-City bekannt.
Das unauffällige Sammeln von Lage- und Stimmungsbildern sowie ungefilterten Informationen hatte sich bewährt. Wir trugen Zivilkleidung und gaben die staunenden Hinterwäldler – solchen Leuten beantwortete man doch gerne ihre naiven Fragen …
Eine schönere, sauberere und gepflegtere Stadt als Hapan-City hatte ich meiner Lebtag nicht gesehen und gab es nach allgemeinem Dafürhalten in der gesamten Galaxis auch kein zweites Mal.
Das Zentrum bestand aus eleganten, bunt beleuchteten Wolkenkratzern aus Transpariastahl, die Außenfassaden der Gebäude der historische Altstadt waren reich mit Perlen, Perlmutt oder Aurodium verziert, die Straßen und Gehwege bestanden aus bunten Mosaiken oder waren mit matt schimmernden Platten aus Buntmetall oder fein strukturiertem Stein ausgelegt.
Und die Stadt war sauber. Es gab keine Graffiti, keinen Vandalismus und keinen Dreck.
Natürlich auch keine Bettler, Straßenkinder oder streunende Haustiere.
Schließlich setzten wir uns in eine gut besuchte Kaffeebar und bekamen erwartungsgemäß bald Gesellschaft.
„Setzen Sie sich doch zu uns“, bot ich an, „Wir werden nicht mehr lange bleiben.“
„Sie haben ja ordentlich was feiern“, vermutete Praji nach einem Blick auf die bestellten Getränke der Neuankömmlinge.
Die vier Hapaner waren gut gelaunt und gaben bereitwillig Auskunft über ihr Gewerbe und den guten Geschäftsabschluss, den sie gerade getätigt hatten.
„Ich war bisher der Meinung, dass das Konsortium ein überaus sicherer Sektor ist“, begann ich das Gespräch umzulenken. „Aber im Orbit haben wir mehr als ein halbes Dutzend imperiale Sternenzerstörer gesehen.“
„Dann kriegen sie ja endlich mal den Hintern hoch, diese faulen Säcke“, sagte einer.
„Habt ihr dieses Monsterschiff gesehen, das sie dabei haben? Soll ein Vermögen gekostet haben …“
„Ja, im Ausgeben unserer Steuergelder sind sie großartig!“
„Wobei kriegen sie denn endlich mal den Hintern hoch?“, fragte Praji und mimte dabei äußerst glaubwürdig das unbedarfte Landei.
„Revans Rückkehr“, sagte einer der anderen Männer.
„Revan? Wie der aus der HoloNet-Serie?“, fragte Praji. „Ihr verarscht uns doch, oder?“
„Eine semi-mythologische Gestalt, von der keiner weiß, ob sie wirklich existiert hat“, urteilte Jir. „Das ist wenig glaubhaft.“
Praji und Jir waren typische Opfer imperialer Propaganda. Die meisten Menschen hatten die machtbegabten Zauberer inzwischen fast vollständig vergessen, selbst dann, wenn sie sie persönlich noch erlebt hatten.
Anderen war der Orden der Jedi nur vom Hörensagen oder auch gar nicht bekannt und sie verwiesen alles Übernatürliche deshalb per se ins Reich der Legende.
Woher kam eigentlich das plötzliche Interesse an einer historischen Gestalt wie Revan? Eines der wenigen Dinge, die man sicher über Revan zu wissen glaubte war, dass er in den Unbekannten Regionen verschollen war. Eine Steilvorlage für seine angebliche Widerkehr …
Vader war in den letzten Tagen nicht wirklich gut drauf. Genauer gesagt, seit er eine Unterredung mit dem Imperator gehabt hatte. Er war mäkelig und reizbar und machte seiner Umgebung, vor allem aber Admiral Ozzel, das Leben schwer.
Schließlich redete er.
„Der Imperator will sich die Machtfähigkeiten Revans dienstbar machen, sollte er tatsächlich wiedergekehrt sein.“
„Ist das ein Problem? Palpatine hält sich doch auch Mara Jade und die Inquisitoren.“
„Deren Machtfähigkeiten sind begrenzt. Im Grunde zählen sie nicht, da der Orden nach wie vor immer noch aus jeweils zwei Mitgliedern besteht.“
Einem Meister, der die Macht hält und einem Schüler, der sie begehrt.
Andererseits war Vader kein Schüler mehr.
Und ob er wirklich die Macht begehrte?
Vader war zu Palpatine übergelaufen, weil er Ordnung und Sicherheit wollte, etwas, das der Orden der Jedi trotz aller Bemühungen nie hatte sicherstellen können …
Die Regel der zwei war von Darth Bane vor mehr als tausend Jahren eingeführt worden.
Palpatine als Meister könnte das natürlich jederzeit wieder ändern und sich z.B. weitere Schüler nehmen und Vader gleichzeitig als seinen Vollstrecker behalten.
„Der Imperator könnte das ändern“, schlug ich vor.
„Das wird er nicht.“
So wie Vader das sagte, klang es sehr endgültig.
„Ihr glaubt, dass der Imperator Euch ersetzen will?“
„Kanzler Palpatine war mein Freund“, sagte Vader. „Auch noch der Imperator, in den ersten Jahren.“
Dann hatte Vader herausgefunden, dass Palpatine ihn benutzt und absichtlich seine Kräfte geschwächt hatte. Gleichzeitig wusste Vader, dass ihm damals noch die politischen Fähigkeiten fehlten, das Imperium zu regieren, Palpatine hingegen war ein Meister des Intrigierens und Taktierens.
Deshalb, und nur deshalb, war alles so geblieben, wie es war. Revan hingegen würde dieses fragile Gleichgewicht empfindlich stören.
„Würde sich ein Mann wie Revan überhaupt Palpatine unterordnen?“
Revan war ein Jedi, der den Orden verraten und die Seiten gewechselt hatte.
Mehrmals.
Er hatte Schlachten geschlagen und ein Imperium begründet. Dann war er in den Unbekannten Regionen verschollen. Auch wenn sich Parallelen mit Vaders Leben aufdrängten – Revan würde mit seinem (biologischen) Alter und Kenntnissen keine Position als Schüler akzeptieren.
Vader hingegen hatte sich Palpatines Lehre unterworfen, weil er die Macht haben wollte, die stetigen Kriege zu beenden, die die Galaxis regelmäßig heimsuchten.
Revan hingegen war, sollte er tatsächlich wiedergekehrt sein, eine Variable mit mehreren Unbekannten.
Und deshalb würde Vader die Befehle des Imperators ignorieren und Revan in jedem Fall töten, sollte er seiner jemals habhaft werden.
„Sie sind hier, um das Hapes-Konsortium zu schützen. Stattdessen halten die Bewohner dieser Welt Sie für indolent.“
Vader hatte die Kapitäne der drei Sternenzerstörer antreten lassen, die im Hapes-Konsortium stationiert waren, und rüffelte sie.
„Kilian, was genau waren die Worte, die die Hapaner verwendet haben?“
„Sie halten die Imperiale Sternenflotte für eine Bande fauler Säcke.“
Man sah den dreien an, dass sie lieber überall, nur nicht hier sein und Vader Rede und Antwort stehen wollten.
„Das ist nicht wahr“, begehrte ein jüngerer Captain auf. „Wir gehen regelmäßig auf Patrouille. Auch in die nicht kartographierten Systeme, in denen man jederzeit von umhertreibenden Asteroiden getroffen werden kann und …“
Vader trat vor. Der noch verhältnismäßig junge Offizier schluckte schwer, schaffte es aber, nicht vor Vader zurückzuweichen.
„Das will ich hoffen. In Ihrem Interesse.“
„Sir, darf ich offen sprechen?“, fragte einer der älteren Kapitäne.
Vader machte eine zustimmende Geste.
„Es gab keinerlei Überfälle im gesamten Konsortium. Wir haben uns umgehört. Recherchen angestellt. Belohnungen ausgelobt. Aber niemand wollte diesen ominösen Revan und sein Schiff tatsächlich gesehen haben. Sir, wir jagen ein Phantom.“
„Der Imperator glaubt, dass es ihn gibt. Wollen Sie ihm das persönlich mitteilen?“
Bei diesen Worten trat Vader näher an den Captain heran und dieser wich vor Vaders hoch aufragender Gestalt zurück.
So intensiv, wie Vader die Offiziere piesackte, war er mehr als nur schlechter Laune …
Die Todesschwadron und die drei hier stationierten Sternenzerstörer schwärmten aus und suchten nach Revan. Ein weiteres Mal. Ein Unterfangen, das letztendlich zum Scheitern verurteilt schien, denn auch ein verhältnismäßig kleiner, gut kartographierter Bereich der Galaxis wie das Hapes-Konsortium bot immer noch viel zu viele Verstecke für jemanden, der nicht gefunden werden wollte.
An sich operierte ein Sternenzerstörer alleine, nur in Ausnahmefällen sah man sie zu zweit oder zu dritt.
Eine schnelle Eingreiftruppe wie die Todesschwadron, die buchstäblich mit allem fertig wurde, was diese Galaxis an Gefahren bot, war die absolute Ausnahme.
Zuerst hatte ich ja angenommen, dass man bei einem Sternenzerstörer ein ähnliches Konzept verfolgte wie bei einem Flugzeugträger, was bis zu einem gewissen Grad auch stimmte.
Aber ein Sternenzerstörer brauchte keine Begleitflotte, die ihn schützte, nicht einmal einen Einsatzgruppenversorger, jedes dieser Schiffe hatte Vorräte für die nächsten Jahre an Bord.
Nur die Executor war über Hapan-City zurückgeblieben, um weiter Druck auf die planetare Regierung auszuüben …
„Ortung“, schrie einer der Männer an den Stationen, die unablässig die Umgebung der Avenger scannten. „Antiker Kreuzer der Interdictor-Klasse voraus.“
„Wir haben sie“, frohlockte Needa. „Informieren Sie Lord Vader.“
„Sir, er springt in den Hyperraum“, meldete ein anderer Brückenoffizier.
Needa verfluchte sich selbst für den voreiligen Befehl, Lord Vader zu informieren.
„Folgen Sie ihm!“
Sowohl Needa als auch seine Männer wussten, dass das möglich, wenn auch gefährlich war.
Trotzdem widersprach niemand, das Jagdfieber hatte sie gepackt, sie wollten unbedingt ihrem finsteren Herrn den Interdictor zu Füßen legen.
„Informieren Sie Lord Vader ständig.“
Der alte Kreuzer schenkte der Avenger nichts, aber Needa ließ sich nicht abschütteln, die Brückencrew gab alles.
Ein weiterer Grund für diesen engagierten Einsatz war die Furcht vor dem dunklen Lord.
Der Interdictor versuchte mit allen Mitteln, den Sternenzerstörer loszuwerden, was ihm aber immer schwerer fiel, da die Avenger die besser geschulte, routiniertere Crew hatte.
Nach dem vierten Blindsprung durch den Hyperraum hatte die Avenger soweit aufgeholt, dass sie das antike Kriegsschiff noch in Normalraum stellen konnte.
„Feuern Sie auf seine Antriebssektion“, befahl Needa.
„Mehrere große Asteroiden voraus“, brüllte gleichzeitig einer der Männer von der Ortung.
„Ausweichmanöver“, rief Needa.
Hatte sich heute alles gegen ihn verschworen?
Das wiederum führte dazu, dass die Kanoniere nachjustieren mussten und sie den entscheidenden Sekundenbruchteil zu spät feuerten, während die Avenger durch das Ausweichmanöver so viel Zeit verlor, dass sich das Sprungfenster buchstäblich vor ihrer Nase schloss …
„Die Avenger meldet, dass sie ihn verloren haben“, berichtete KomScan. „Sie konnten seine Antriebssektion beschädigen und glauben, dass er nicht weit kommt.“
„Setzen Sie Kurs auf den vermuteten Aufenthaltsort des Interdictors“, befahl Vader und Piett beeilte sich, dem nachzukommen.
„Der Imperator hatte recht“, sagte Vader leise zu mir. „Es gibt ihn also doch.“
Dann schwieg er länger.
„Trotzdem habe ich das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt.“
Als die Executor schließlich aus dem Hyperraum fiel, leitete Piett sofort Suchmaßnahmen ein, wenig später gesellte sich die Avenger zu uns. Vader befahl den anderen Schiffen der Todesschwadron, sich uns anzuschließen und wir führten ein umfangreiches Suchmanöver durch.
Während sie das taten, dachte ich nach.
„Selbst wenn Revan Jahrtausende in Stasis oder im Kryoschlaf verbracht hat – sein Schiff war in dieser Zeit doch den Bedingungen des Weltraums ausgesetzt, oder?“
Vader wandte den Kopf in einer bestätigenden Geste.
„Und?“
„Die Strahlung, größere oder kleinere Beschädigungen der Außenhülle durch Asteroiden und so weiter … wäre ein Schiff unter solchen Bedingungen überhaupt sofort einsatzbereit?“
Es stellte sich heraus, dass es in der gesamten bekannten Galaxis nur einige wenige Werften gab, die sich auf das Herrichten und Aufrüsten antiker Schiffe auf moderne Standards spezialisiert hatten, und eine davon befand sich im Hapes-Konsortium.
Der Rest war denkbar einfach: Wir begannen sinnigerweise mit der Werft vor Ort, übermittelten alle technischen Daten und man war nur zu gerne bereit, uns vollumfänglich Auskunft zu geben – aber ja, dieses Schiff hatten sie hier vor nicht allzu langer Zeit in einem ihrer Docks gehabt. Sehr schönes Schiff übrigens. Und so gut erhalten …
Piett wurde angesichts des ausufernden Redeflusses des Werftleiters zunehmend ungeduldig – nun sagen Sie schon, wer der Eigner dieses Schiffes ist …
Wenig später sammelte sich die Todesschwadron wieder über Hapes. Und dort warteten wir.
Schließlich tauchte das persönliche Schiff Prinz Isolders auf und Vader ließ die Yacht mit Traktorstrahlen erfassen und an Bord der Executor ziehen.
Das war im Rahmen der diplomatischen Gepflogenheiten zwar etwas grob, der Prinz wurde jedoch mit allen ihm als Mitglied der königlichen Familie zustehenden Ehren empfangen und sofort in den Besprechungsraum geleitet, der intern nur „der kleine Thronsaal“ hieß.
Hier standen mehrere Stühle im Oval, auf einem davon saß Vader und ich daneben, außerdem waren noch ein paar Offiziere und Sturmtruppler anwesend.
„Prinz Isolder“, sagte Vader. „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?“
Der Prinz war ein junger, hochgewachsener Mann mit blonden Haaren und blauen Augen. Jetzt schluckte er schwer.
„Bei was genau, mein Lord?“
Er hatte die Gerüchte gehört, dass Lord Vader Gedanken lesen konnte …
„Vorzugeben, dass Revan widergekehrt ist“, sagte Vader streng.
„Das, also nein, das ist nicht wahr“, widersprach Isolder.
„Das ist nicht wahr?“, warf ich ein. „Wir haben die Werft ausfindig gemacht, in der man den antiken Interdictor restauriert und neu ausgerüstet hat. Man war dort sehr kooperativ und hat uns den Namen des Eigners bereitwillig mitgeteilt.“ Ich machte eine Pause. „Die Avenger hat das Schiff angeschossen. Wie haben Sie es eigentlich zurückgeschafft?“
„Aber ich habe doch gar nicht vorgegeben, der wiedergekehrte Revan zu sein“, klagte der Prinz. „Wir, ein Freund und ich, haben das Schiff entdeckt. Es war so gut erhalten und so ließ ich es bergen und herrichten. Wir haben eine Brückencrew und ein paar Techniker und Ingenieure angeheuert und fanden es interessant, es zu fahren. Ich habe nie vorgegeben, etwas anderes zu sein als ich selbst. Bis wir von den Gerüchten hörten, hatten sie sich schon längst verselbständigt. Und mit dem beschädigten Antrieb haben wir es nur mit viel Glück zurückgeschafft.“
Vader gab ein undefinierbares Geräusch von sich. „So etwas wie Glück gibt es meiner Erfahrung nach nicht.“
Es war nicht zu fassen: Die ganze Aufregung rund um Revans Rückkehr hatten wir vermutlich einen Raumpiloten mit zu viel Phantasie zu verdanken, der zufällig gesehen hatte, wie Isolder mit seiner neu hergerichteten Antiquität ein paar Manöver flog …