19.
Die Situation in der Halle selbst hatte sich verändert.
Vier gedrungene, breite Gestalten, die von hier oben aussahen wie Maschinenkolosse aus rotschwarzem Metall, über und über von geometrischen Auswüchsen überkrustet wie lange versunkene Schiffe von Korallen bedeckt werden, standen unten inmitten der Leichen und Verletzten, inmitten der Trümmer … und während ich noch hinschaute, bewegten sich seitlich angebrachte, schwarze und klobige Tentakelarme, die offenbar vollständig gepanzert waren, und aus ihren Enden zischten grüne Energieschleier.
Diese ungeheuerlichen Kreaturen, was auch immer sie sein mochten, wanderten kaltblütig, ohne auch nur die geringste Emotion zu zeigen, durch das Meer aus Schutt, Leichen und verstümmelten Shassluur, und sie lösten ohne Unterschied alles auf, was ihnen in den Weg kam. Das nämlich war die Wirkung dieser Energieschleier. Die grüne Energieform – zweifelsohne Desintegratorenergie – vernichtete alles rings um sie: Glastrümmer, Gesteinsreste, zerborstenes Mobiliar, Tote … und Verwundete, die qualvoll aufschrien, während sie bei lebendigem Leibe in kaltes, molekulares Gas aufgelöst wurden.
Ich stierte ungläubig, mit offenem Mund keuchend, weil ich nicht glauben mochte, was ich sah. So etwas … also … so etwas TAT man doch nicht! Es gab doch ein Völkerrecht … diese Kreaturen DURFTEN so etwas nicht machen! Das war … also, das war MORD! Das war ein Kriegsverbrechen … das … das …
„Ich glaube nicht, dass diese Wesen das interessiert, Träger Coshtuur“, wisperte die KI in meine Ohren und ließ mich schreckhaft zusammenzucken und laut aufschreien. „Ich habe übrigens die Sprechverbindung in eine einseitige verwandelt. Wir können noch angesprochen werden, aber selbst nicht mehr senden. Das erscheint mir nicht vernünftig zu sein. Wir könnten entdeckt werden, und meine höchste Priorität hat Euer Überleben.“
Offensichtlich hatte ich meine Worte fassungslos laut ausgerufen. Da war es schon ganz gut, dass meine Anzug-KI die Lautsprecherverbindung ausgeschaltet hatte. Ich legte keinen Wert darauf, ebenfalls in grünliches Gas verwandelt zu werden. Und so würde es geschehen, wenn diese Monster auf mich aufmerksam wurden. Dazu bedurfte es keiner Phantasie …
Die schwarzen Gestalten, die etwa so hoch sein mochten wie ich – nur eben dreimal so breit und von Kopf bis Fuß in schwarzes Metall geschmiedet – , vollendeten ihr grauenhaftes Werk. Sie waren dabei so geschickt, dass sie das Mosaik des Bodens beinahe unbeschädigt ließen. Diese monströsen, ungeheuerlichen Kreaturen, gegen die vermutlich selbst Artillerie machtlos gewesen wäre, „reinigten“ auf diese Weise einen Platz von rund zehn Taay Distanz rings um Kleines´ leuchtende Sphäre, die sie allerdings selbst nicht antasteten. Der Bote selbst bewegte sich und seinen Schwebesessel nicht. Er sagte auch nichts.
Kleines sah diesem Morden ungerührt zu.
Ich konnte es einfach nicht fassen.
Als die vier Ungeheuer – viel später erst erfuhr ich, dass ich leibhaftige Xesroy jenseits ihrer Kampfschiffe gesehen hatte – schließlich mit ihrer furchtbaren Aufgabe fertig waren, bildeten sie einen Kordon um Kleines, so eng, dass er nicht entkommen konnte. Mir war aus Gesprächen mit meinen Kollegen vom Diplomatenteam, das mich und Kleines nach Tuwihry begleitet hatte, bekannt, dass sein Schwebesessel nicht genügend Kraftfeldenergie besaß, um einen Senkrechtstart zu versuchen. Und nur so wäre er dem Kordon entronnen. Er schien es aber darauf gar nicht anzulegen.
Von meiner erhöhten Position wirkten die schwarzgepanzerten Vollstrecker nun wie ein kurzarmiges Kreuz mit Kleines im Zentrum. Die Situation schien im Patt erstarrt zu sein, aber das war leider wieder mal eine meiner typischen trügerischen Hoffnungen.
Dann nämlich … dann … erklangen diese schweren Schritte von neuem.
Mein Mund trocknete aus, als der Anführer dieser Ungeheuer in Sicht kam.
Es handelte sich um ein humanoides Wesen, jedenfalls vom physiologischen Grundaufbau. Zwei lange, kräftige Beine, schmale Hüften, nach oben breiter werdender Rücken mit breitem Kreuz. Von den Schultern gingen – wie bei uns Allis – zwei lange, starke Arme aus, die in ganz normalen Händen endeten. Der Kopf sah eigentümlich kantig aus …
Komischerweise war ich außerstande, die Grenzen seiner Kleidung zu erkennen. Oder der Kleidung generell. Erst beim zweiten Blick, als sich der Widerschein von Kleines´ Sphäre auf dem Wesen spiegelte, begriff ich, was das bedeutete: es war vollständig in schwarzes Metall gepanzert, genau wie die plumpen, bedrohlichen Xesroy, die über keinerlei sichtbare Wahrnehmungsorgane verfügten und in ihrer Position mehr denn je wie klobige, tentakelbewehrte Metallschränke wirkten. Jeder Zoll Körperoberfläche des Neuankömmlings war in Metall gehüllt, es gab keine Öffnungen. Vielleicht im Gesicht, das ich gerade nicht erkennen konnte, aber sonst ni…
In dem Moment drehte sich das Wesen um und schaute durch den Saal.
Ich konnte nur mühsam einen erschrockenen Aufschrei unterdrücken.
Sechs grüne, dreieckige Augen glühten emotionslos auf wie Leuchtdioden. Sie waren in Form einer umgekehrten Pyramide im schwarzen, spitz nach unten zulaufenden Gesichtspanzer geometrisch exakt angeordnet, der eine vage gesichtsähnliche Form besaß. Es gab so etwas wie einen Mund, der aber mehr wie ein Sprechgitter wirkte, und eine flache Erhöhung, die vielleicht eine Nase andeuten sollte.
Ansonsten aber war auch hier allein das schwarze, polierte Metall vorherrschend.
Dieses Antlitz war so entsetzlich allifremd, dass ich kaum zu atmen wagte. Es wirkte … konstruiert. Ja, wirklich konstruiert. Denn diese Anordnung der Augen konnte nicht von der Natur herrühren, und in der Form der grün glühenden Blickfunken kehrte die Struktur der auf der Spitze stehenden Pyramide wieder. So etwas war nicht auf natürliche Weise entstanden, da war ich mir völlig sicher.
Einen Moment lang hatte ich darüber hinaus die beklemmende Empfindung von etwas unsagbar Bösem, das in dieser Panzerung steckte, und ich begriff, dass ich wahrscheinlich sterben würde, wenn diese Maske gelüftet würde, wenn das, was in der Panzerung steckte, in Kontakt mit der Umwelt kam. Scheinbar war es weniger ein Panzer, der das Innere vor der Umwelt schützte, sondern es verhielt sich umgekehrt: die Umwelt wurde vor dem geschützt, was das Wesen und die Essenz dieser monströsen Kreatur darstellte.
Ich war daher heilfroh, dass dieses Wesen nicht nach oben schaute. Es jagte mir eine ungeheuerliche Angst ein, und ich verstand eigentlich augenblicklich, dass das kein Roboter sein konnte. Dass das alles keine Roboter waren.
Wen ich hier direkt vor mir hatte, und diese Erkenntnis reichte aus, mich vollkommen zu paralysieren und in die Inaktivität zu verbannen, das konnte stattdessen nur eins sein: einer der legendären Feinde selbst, die sonst niemals in Erscheinung traten.
Ein Troohn!
Einer der geheimnisumwitterten HERREN DES IMPERIUMS.1
Ein Todfeind Oki Stanwers, des Lichts, ein Todfeind von Klivies Kleines und mir.
Und Kleines war ihm ausgeliefert.
Spätestens jetzt konnte ich keinen Muskel mehr rühren vor Grauen.
20.
Was dann geschah, erscheint mir auch heute noch wie ein unglaublicher Fiebertraum. Aber ich kann wirklich nur wiedergeben, was ich gehört und gefühlt habe, und selbst wenn ich freimütig zugebe, dass ich vieles nicht begriffen habe, was passierte …, doch ich schwöre bei Oki Stanwer, den Sieben Lichtmächten und allen Doktrinen des OKI-STANWER-GESETZES, dass alles der Wahrheit entspricht.
Die schwarze, ganz in Metall geschmiedete Gestalt wandte sich wieder um und trat langsam, selbstsicher und absolut ruhig vor Kleines´ Energiesphäre hin. Die Art der Bewegung schuf den Eindruck, als ob dieses Wesen nicht in einer Art von Panzerung steckte, sondern als wenn diese Panzerung auf obskure Weise ihre Haut sei. Sie erwies sich auf beunruhigende Weise als geschmeidig, blieb aber doch so kantig an vielen Stellen, dass es sich zweifelsohne um eine Form von Panzerung handeln musste.
Während sich der Troohn umdrehte, fielen mir weitere Einzelheiten in seiner Erscheinung auf. In einem Hüftgurt befanden sich – schrecklich ähnlich wie bei uns Allis – zwei Schusswaffen, und zwischen den Schultern wölbte sich ein kleiner, eckiger Tornister, der aber nicht so aussah, als diente er der Luftversorgung. Es war vermutlich mehr ein drahtloser Energietransfer-Generator für die Waffen. Eine Art von Lebenserhaltungssystem erkannte ich bei dem Troohn nicht.
Klivies Kleines drehte den Schwebesessel selbsttätig so, dass er direkt das unheimliche Gesicht des Troohns ansehen konnte.
So maßen die beiden so ungleichen Wesen einander eine kleine Ewigkeit – der hochgewachsene Troohn, der vielleicht anderthalb Köpfe größer war als ich, und Kleines, der feiste, aufgeschwemmte BOTE des Lichts. Meine bange Hoffnung, der Bote würde nun gegen den Troohn zu kämpfen versuchen, sich zu befreien suchen … das alles wurde hinfällig. Er tat es nicht.
Und dann begann das, weswegen ich dies alles als Fiebertraum bezeichne.
Sie redeten miteinander.
Und ich verstand alles.
Ich weiß, das hört sich verrückt an, weil ich ja die Troohn-Sprache noch niemals gehört hatte, aber es verhielt sich tatsächlich so: ich verstand akustisch, was sie redeten. Vom Inhalt her kann ich das nicht beschwören, da blieb mir einiges dunkel. Aber was ich eigentlich sagen möchte – meine Anzug-KI konnte nichts davon begreifen. Sie hat nur eine Diskussion im troohnschen Dialekt aufgezeichnet, eine Diskussion, die BEIDE SEITEN in diesem Dialekt führten. Woher Kleines ihn kannte, ist mir bis heute ein Rätsel. Zumindest dann, wenn die Worte des Troohns Lügen waren, worauf ich bis jetzt immer noch hoffe. Und warum ich das alles verstehen konnte, weiß ich auch nicht.
Das jedenfalls, was der Troohn mit seinen Worten andeutete, KANN ich einfach nicht glauben. Das ist schlicht unmöglich. Er muss einfach gelogen haben. Er muss einfach. Denn wenn das stimmt, was er sagte, dann … dann … verliere ich meinen Glauben.
Oder meinen Verstand.
„So also ist der Moment gekommen, auf den ich so lange gewartet habe“, erklärte der Troohn langsam, und er klang weder triumphierend noch hasserfüllt, sondern vielmehr, als ob … er einen lange gehegten Traum realisierte. Wie ein Bürokrat, der das Sollziel erreicht hat, dankbar nickt und sich wieder von neuem in die Arbeit stürzt.
Ich begriff das nicht, erst recht nicht, warum ich seine Worte überhaupt verstehen konnte.
Für Kleines waren diese Worte offensichtlich ebenso kryptisch. Dennoch hielt er sich gut und bewahrte, wie es sich für einen hochrangigen Diener des Lichts gehört, selbst in dieser krisenhaften Situation seine kühle Gelassenheit. Zu dem Zeitpunkt bewunderte ich ihn dafür noch.
„Du bist offenkundig ein Troohn.“
Der Troohn nickte andeutungsweise, mit der generösen Ruhe des selbstsicheren Siegers. Er war von einer schrecklichen Gelassenheit erfüllt, die mich verstörte. „Oh ja, SPLITTER, ich bin ein Troohn. Teil des Ewigen Reiches, Teil der Ewigen Ordnung. Wie auch du ein Teil davon bist.“
„Hier liegt offensichtlich ein Irrtum vor“, korrigierte das feiste Botenwesen langsam, ohne auf die seltsame Namengebung durch den Troohn auch nur im Mindesten einzugehen. Der kluge Diplomat geht nicht gleich in die Defensive, sondern bleibt stets in der Offensive. „Du sprichst mit Klivies Kleines, dem Boten der Sieben Lichtmächte und der direkten diplomatischen Kontaktperson der Baumeister …“
Der Troohn fuhr etwas zusammen, und als er Kleines unterbrach, klang seine Stimme schneidender als zuvor, beinahe konnte man sagen: empört. „Sprich mir nicht von den Baumeistern, diesen Verbrechern!“
Kleines kam dem Wunsch nach, ließ sich aber nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Moralisch, das sah ich ganz genauso, befand er sich in der besseren Lage. „Dann erkläre mir, weshalb ihr hier erschienen seid und solch ein Blutbad unter den Shassluur und meinen Begleitern angerichtet habt. Dies ist ein amoralisches Verhalten, für das ihr zur Rechenschaft gezogen werdet …“
„Es ist nichts Unmoralisches daran, DEGENERATION zu zerstören“, lehnte der Troohn rundherum ab und schüttelte damit die Verantwortung für das Massaker, das er und seine Xesroy-Schergen angerichtet hatten, kaltschnäuzig ab. Es war wirklich unglaublich.
Der schwarzgepanzerte Krieger trat näher an Kleines´ Energiesphäre heran. Selbstsicher verkündete er: „Außerdem vergisst du, SPLITTER, dass du bald kein Sklave mehr sein wirst. Alles, wovon du sprichst, ist gegenstandslos oder wird es bald sein. Dies alles hier wird in Bälde von unseren MINEUREN in absolute Ordnung transformiert werden.“2
Er trat einen halb aufgelösten Shassluur-Leichnam, von dem nur mehr Hüfte und Beine existierten, beiläufig mit seinem gepanzerten Fuß, stieß ihn zur Seite. Ich konnte nicht umhin, bei dieser zur Schau gestellten Gefühlskälte zusammenzuzucken, aber von unten war das nicht zu bemerken. Alle Blicke konzentrierten sich auf Kleines.
Der Troohn bemerkte kryptisch: „Das hier alles … das ist nichts. Nichts gegen die Ewigkeit der Absoluten Ordnung. Wir befinden uns im Bereich der Entartung, doch dies hat bald ein Ende. In Kürze werden wir die Reise in den Ursprung antreten, und du wirst mit mir kommen.“
Der Troohn drehte sich wieder zurück zu Kleines´ Leuchtsphäre. „Du sollst erfahren, wer dich von deinem kläglichen Los erlöst hat, SPLITTER, das du hier in der Sklaverei zu erdulden hattest. Du wirst mir dafür danken, wenn du deine gegenwärtige Lage später recht bedenkst und verstehst. Mein Name ist Shrektarr. Vor über zweihundert Jahren haben mich die REGENTEN von Vrungortan dazu ernannt, der JÄGER zu sein, der dereinst den SPLITTER heimbringt.“3
Er fixierte Kleines offenbar mit seinen sechs Höllenaugen und fügte an: „Dich.“
Ruhig schritt er um die Leuchtsphäre herum, und Kleines´ Schwebesessel folgte der Bewegung so, dass die so unterschiedlichen Wesen einander immer im Blick hatten. Währenddessen fuhr der Troohn, den ich aus unbegreiflichen Gründen heraus problemlos verstehen konnte, fort mit seiner Rede:
„Du bist Teil der Absoluten Ordnung, bist es immer gewesen, bis dich die Verräter stahlen, die du Baumeister nennst. Diese Verbrecher und Häretiker, die wir alle transformieren werden. Keiner von ihnen wird seinem gerechten Schicksal entgehen. Sie haben sich lange genug gegen den Ursprung und die Absolute Ordnung versündigt.“
„Mir scheint“, wandte Kleines ein, und fast erschien es mir, als spreche er ironisch, obwohl das völlig irreal gewesen wäre, weil man in dieser Lage eine derartige Emotion einfach nicht mehr zeigen konnte, „mir scheint, dieses Ziel kannst du nur über meine Leiche erreichen. Ich habe nämlich nicht die geringste Absicht, dir zu Willen zu sein. Und mein Tod kann kaum deine Absicht sein.“
Der Troohn namens Shrektarr lachte ein böses, rostiges Lachen, das mir durch Mark und Bein fuhr und meine Angst wieder explodieren ließ. Es hörte sich so … so … schrecklich selbstsicher an. Hätte ich das gekonnt, wäre ich vermutlich aufgesprungen und schreiend davongerannt. Aber ich konnte mich überhaupt nicht bewegen, was auch ganz gut so war – solch ein kopfloses Verhalten hätte mich binnen Sekunden vom Leben zu Tode befördert, da machte ich mir gar keine Illusionen.
„Du machst dir keine Vorstellung davon, wie sehr entartet du bist, SPLITTER“, meinte der Troohn dann mit einer herablassenden Hochmütigkeit, die an Beleidigung grenzte. „Deshalb erzählst du solch närrische Dinge, anderenfalls wäre dir die Paradoxie deiner Worte sofort evident. Natürlich könnte ich dich töten … aber ich denke, dies ist nicht der Weg, wie du heimkehren sollst. Heimkehren würdest du dann auf jeden Fall, aber verunreinigt … und du sollst in Reinheit und strahlender Glorie heimkehren in deine Heimat namens TOTAM!“
Ich dachte, man zieht mir den Boden unter den Füßen weg.
Wäre es so gewesen, hätte ich nicht überraschter, verstörter und ungläubiger sein können. Ich lag stocksteif auf der Empore zwischen dem Schutt und den Trümmern ausgestreckt und schnappte nach Luft, weil ich nicht mehr denken konnte, weil mich diese Offenbarung völlig im innersten Kern meiner Überzeugungen traf.
TOTAM … TOTAM war das Böse schlechthin!
TOTAM war jene finstere, verborgene Macht, von der die Baumeister annahmen, dass sie hinter der Expansion der Troohns stand, damit war sie automatisch verantwortlich für milliardenfachen Genozid an wehrlosen Völkern. TOTAM war für uns Allis der Inbegriff des Grauens schlechthin, das absolut Böse.
TOTAM war der FEIND!
Und Kleines … Kleines konnte … konnte wirklich unmöglich … UNMÖGLICH! … von dort stammen. Es GING nicht. Der bloße Gedanke an so etwas war … absurd. Ja, absurd.
Ich wollte das nicht glauben.
Es musste einfach eine monströse Lüge sein.
Der Troohn phantasierte. Er KONNTE nicht die Wahrheit sagen. Er konnte nicht! Kleines würde ihm gleich widersprechen, ihn auslachen, ihn einen Wirrkopf nennen … und mochte es auch seinen Tod bedeuten …
„Ich bezweifle, dass du das vermagst“, sagte er stattdessen nur.
Ich stierte hilflos in die Tiefe.
Was war denn DAS für eine Antwort? WAS WAR DAS FÜR EINE ANTWORT?
Das hatte ich jetzt nicht wirklich gehört, oder? Das konnte ich nicht gehört haben! Warum … warum dementierte er nicht, was der Troohn da faselte? Warum nicht? An diesen Worten konnte doch kein einziges Wort, kein Buchstabe wahr sein …!
‚Nein. Kleines! Bitte … sag mir, dass er Unrecht hat … sag mir, dass er gelogen hat! Bitte! Sag mir das!‘, schrien meine Gedanken voller Verzweiflung. Mein Weltbild zerbarst gerade in Scherben, und ich konnte nichts dagegen tun, außer nutzlose Gedanken vor mich hin zu stammeln. ‚Ich will nicht glauben, was er gesagt hat … ich will nicht … ich will das nicht …‘
Kleines sagte jedoch nichts weiter. Er ließ mich mit meiner Glaubenskrise allein. Ich schluchzte hilflos und hatte Mühe, dem weiteren Gespräch zu folgen, dessen Verlauf ich zu hassen begonnen hatte.
Nun sprach wieder der Troohn. Erneut mit dieser fast aufreizenden Gelassenheit. Fast schien es, als habe er diesen Antwort erwartet. Das war noch unaushaltbarer.
„Mir war klar, dass du nicht glauben kannst. Du bist entartet, SPLITTER, wie ich schon sagte. Nun, ich bin ein Jäger geworden, weil ich dafür prädestiniert war, und selbstverständlich haben wir die Mittel und Wege, deine von den Häretikern herbeigeführte Entartung aufzulösen. Ich wiederhole mich gern: Du wirst uns dankbar sein für die Reinigung von der DEGENERATION.“
Er blickte kurz die Xesroy an. „Emittoren ausfahren!“
Mit schreckgeweiteten Augen sah ich, wie die schwarzen, gepanzerten Brustkörbe der Xesroy sich öffneten und breite, runde Emissionspole aus lamellenblendenartigen Schutzhüllen spiralig aus den Panzerbrüsten herausschraubten und hervorwölbten. Der Eindruck, diese gepanzerten Gestalten bestünden nur aus solchen Lamellen und technischen Innereien, war überwältigend. Zu diesem Zeitpunkt glaubte ich auch noch, es handele sich bei den Xesroy irgendwie im Kampfroboter. Damit lag ich natürlich völlig falsch.
„Du begehst einen Fehler“, sagte Kleines, aber Nervosität lag in seiner etwas zitternden Stimme. War das Angst in seinen kleinen schwarzen Augen? Ich konnte es auf die Distanz nicht erkennen, wollte das aber nicht glauben. Wenn KLEINES Angst empfand, dann waren wir wirklich verloren.
Der Troohn bewegte leicht seinen Kopf, spöttisch, wie mir schien. „Nein, SPLITTER, du bist es, der einen Fehler begeht.“
Im nächsten Moment erlosch Kleines´ Energieschirm – und seine Aura wurde voll wirksam.
21.
Ich habe schon eingangs gesagt, was für eine Wirkung Klivies Kleines´ Aura auf mich gehabt hatte, als ich noch an Bord des Flaggschiffs gewesen war. Aber das war wirklich überhaupt nichts im Vergleich zu dem, was mich jetzt erwartete. Kleines schaltete nicht nur die Generatoren für den Schutzschild ab, sondern er entfesselte offensichtlich auch die ganze Energie seiner primärenergetischen Aufladung.
Der optische Effekt, der dabei wirksam wurde, war etwa der, als würde im Thronsaal des shassluurschen Palastes eine Nova explodieren. Statt Kleines befand sich auf einmal ein gleißender, goldener und blendend weißer Feuerball im Zentrum des Raumes. Ich konnte gar nicht anders als zu kreischen, und ich war später froh, dass die KI meine Wahrnehmungskanäle auf Einseitig geschaltet hatte. Alle Blendfilter wurden aktiviert, und die ganze Umwelt löste sich in Schwärze auf.
Gleichzeitig jedoch wurde ich von einer Woge purer Lust durchlodert, die mich in absolute Ekstase badete. Dass ich mich sexuell in meinem Raumanzug entlud, wieder und immer wieder, das konnte ich überhaupt nicht verhindern. Einen unendlich langen Moment war ich so vollkommen selig, dass ich in diesem Augenblick auch bereitwillig gestorben wäre.
Leider passierte das nicht.
Leider nicht.
Das Erwachen aus diesem Moment der vollkommenen Wonne hätte grausamer nicht sein können. Es war wirklich nur ein winziger, kurzer Bruchteil einer Sekunde, die Kleines´ Aura voll wirksam wurde.
Der Goldglanz wurde von … ja, von ETWAS binnen Sekundenbruchteilen überschattet … doch, das trifft es sehr gut … überschattet und dann geradewegs verschlungen.
Die Ekstase verschwand schlagartig, und die normale Welt kehrte wieder zurück. Das oder das, was davon noch übrig war. Die Blendfilter wurden durch die KI desaktiviert, und als ich, halb ohnmächtig, endlich wieder klar blicken konnte, hatte sich die Szene unten im Saal grundlegend verändert.
Grundlegend.
Und zwar zum Negativen hin.
Ich sah hinab und versuchte zu begreifen, was eigentlich geschehen war … aber es fiel mir wirklich schwer. Nach wie vor war ich ganz benebelt, auf erniedrigende Weise lusttrunken und ermattet. Erst eine Injektion meines Kreislaufstabilisators brachte mich wieder halbwegs zu mir.
Der Troohn hielt etwas … jemanden in seinen Händen, ein schuppenloses, ausgemergelt wirkendes Wesen, das aus dem Nichts erschienen sein musste. Ich konnte mir seine Existenz momentan nicht anders erklären. Ein bisschen kam es mir vor wie ein gehäuteter Shassluur, aber nein … dafür war es erkennbar zu groß. Und Haut besaß es durchaus noch …
Ich suchte stattdessen Kleines. Kleines, dem dieser Gegenangriff einer fremden, unendlich finsteren Energieform gegolten hatte, deren Natur ich nicht zu verstehen imstande war.
Meine entsetzten Blicke erfassten Kleines´ ausgeglühten Schwebesessel, der am Boden lag. Der BOTE selbst war verschwunden. Breite schwarze Schmelzspuren, teilweise noch rot glühend in den Mosaikboden gebrannt, gingen von dem Wrack des Schwebesessels aus, hin zu den vier Positionen, wo die Xesroy standen … nein, gestanden HATTEN.
Alles, was von den schwarzen Kolossen noch übrig war, waren vier unregelmäßige Schmelzlöcher im Bodenmosaik des Saales, umgeben von roter, langsam knackend erkaltender Glut und schwarzer Schlacke. Graue Rauchfäden kräuselten sich hier empor.
Der mächtige Kuppelraum selbst war erfüllt von schwarzem und grauem Rauch, der sich überall nach oben ringelte. Überhaupt, das fiel mir erst jetzt auf den zweiten Blick auf: der Thronsaal wirkte, als sei ein hier Feuersturm durchgetobt. Alles, was aus Holz bestand, brannte, schmorte oder war zu Asche verkohlt. Selbst die Außenseiten der Balustradensäulen, hinter denen ich Deckung gesucht hatte, waren derart verunstaltet. Glühende Gesteinstropfen rannen langsam daran herab und erstarrten, noch während ich hinschaute. Von den Vorhängen und Teppichen war nichts mehr übrig außer Asche.
Ich fragte mich allen Ernstes, welche Energien das gewesen waren, die so zerstörerisch gewütet hatten – die des Boten Klivies Kleines oder die des Troohns. Und ich fürchtete fast, dass es die Primärenergieladung von Kleines gewesen sein musste, und dass uns wohl noch viel Schrecklicheres gedroht hätte, wenn der Troohn seine Xesroy-Geschütze nicht eingesetzt hätte. Schließlich befanden wir uns im neunten Stockwerk des Palastes, das durfte man nicht vergessen.
Dennoch lehnte ich diesen Gedanken konsequent ab.
Kleines war ein Kämpfer des Lichts! Nicht ein Werkzeug des Bösen! Die Zerstörungen MUSSTEN also einfach von dem Troohn herrühren.
Sie mussten einfach.
Warum nur besaß dieser Gedanke keinerlei Kraft? Ich schluchzte wieder.
Hatten wir den Kampf gewonnen?, fragte ich mich dann einen wirren, völlig unlogischen Moment lang. Woher der absurde Gedanke kam, konnte ich im Nachhinein nicht sagen. Es sprach rein gar nichts dafür, schließlich stand der Troohn noch da und Kleines war offensichtlich verdampft, den Worten des Feindes zum Trotz. Wer gewonnen hatte, war also recht eindeutig …
Dennoch, ich kam von diesem bizarren Gedanken nicht los. Bedauerte Kleines … den Boten, der so heroisch gekämpft hatte und im Dienst des Lichts gestorben war, atomisiert durch die vernichtenden Kräfte des Troohns …
„Hast du jemals daran gezweifelt, SPLITTER, dass es so kommen würde?“, sagte der Troohn in diesem Moment und erschreckte mich fast zu Tode. Im ersten Augenblick fühlte ich mich ernsthaft angesprochen.
Wie ein gehetztes Tier huschten meine Blicke wieder zu ihm zurück und zu jenem klagenden, wimmernden Wesen, das er in seinen schwarzen Klauen hielt.
Es war nackt, mager und schuppenlos. Ja.
Doch als es nun matt die Augen aufschlug, hatte ich das Gefühl, mich trete ein Roboter.
„Nein“, flüsterte ich erstickt, scharrte nutzlos über das heiße Gestein der Balustrade. „Nein!“
Es war Kleines.
Dieses schrecklich veränderte, … dieses abgemagerte, halb verhungert wirkende humanoide Wesen … das war der Bote Klivies Kleines. Wie auch immer.
Dieses Wesen hatte der Troohn angeredet.
Mit SPLITTER angeredet, der Anrede, die er allein für Kleines verwendete.
Es gab keine andere Möglichkeit, und jede instinktive Gegenwehr gegen diese Erkenntnis erwies sich als nutzlos.
Ich fühlte zudem nun auf die Distanz noch eine schwache Welle jener euphorisierenden Primärenergie, mit der Kleines aufgeladen gewesen war, aber sie wurde immer schwächer.
Starb Kleines? Die Vorstellung jagte mir Angst ein.
Ich war im Herzen völlig verzweifelt und wünschte mir mehr als alles andere, ich hätte irgendetwas tun können, um ihm zu helfen. Aber weder konnte ich aufspringen und die Treppe hinunterstürmen, um mit dem Troohn zu kämpfen – das hätte ohnehin nur meinen Tod bedeutet – noch war ich imstande, überhaupt irgendetwas zu tun. Ich lag einfach nur da, halb betäubt von der Entfesselung der verheerenden, antagonistischen Energien, und lauschte den Worten des Feindes. Diesem grässlichen Sirenengesang der Finsternis.
„Ich habe diese Falle jahrhundertelang ersonnen, SPLITTER“, sagte der Troohn Shrektarr kühl und gelassen, unerträglich selbstsicher, „und ich ging dabei sicherheitshalber soweit, dass ich nicht warten würde, bis du in unserem Herrschaftsraum deine entartete Energieaufladung entfesseln würdest. Selbstverständlich hatten die Häretiker das so geplant. Sie sind Narren und begreifen überhaupt nicht, dass sie gegen die Schöpfung selbst antreten.“
Jetzt erst bemerkte ich, dass auch von Shrektarrs Körper Rauchfäden aufstiegen. Er musste an der Vorderseite, wo ihn die Energiefülle getroffen hatte, fast rotglühend sein. Dennoch schien er in keiner Weise gehandicapt, beeinträchtigt zu sein.
Mein Grauen vor dieser Art von Kreatur stieg ins Unermessliche.
Gab es überhaupt irgendetwas, was diese Wesen umzubringen vermochte? Ganz offensichtlich jedenfalls nichts von dem, was unser Diplomaten- und Wachtrupp bei sich gehabt hatte. Soweit hatte Kleines auf beklemmende Weise Recht behalten. Unsere Flucht wäre weit zweckmäßiger gewesen als die verzweifelte Gegenwehr, die Ashbaar initiiert hatte.
Er hatte uns alle in den Tod geschickt.
Dann erst ging mir auf, was meine Beobachtung bedeutete. Der Troohn glühte!
Und er hielt Kleines fest und verbrannte jetzt zweifellos seine Arme.
Die Qual auf Kleines´ furchtbar ausgemergelten Gesichtszügen musste von dieser Empfindung herrühren.
Der BOTE sagte irgendetwas Leises, das ich nicht verstehen konnte.
Der Troohn aber lachte darüber nur. „Nein, du bildest dir ein, wir hätten einen hohen Preis gezahlt für deine Festsetzung, SPLITTER. Das ist falsch. Die Xesroy sind zwar tot, aber das wussten sie vorher. Beim nächsten Mal sind sie umso mehr gewappnet. Sie werden zu Scharführern befördert werden für ihre Verdienste.“
Kleines sah ihn gequält an, ratlos, verstört, schmerzerfüllt.
Über die Zoomfunktion sah ich das magere, ausgemergelt wirkende Gesicht, unter dessen angespannter Gesichtshaut ich nun deutlich die Knochen erkennen konnte. Er sah KRANK aus, einfach nur krank. Seine vorher unnatürlich aufgeschwemmte Gestalt war nun, da der Beschuss der Xesroy – so bildete ich mir das jedenfalls ein – alle Körperschichten weggebrannt hatte, die den eigentlichen Hauptkörper bedeckten, nicht gesünder geworden. Er war wirklich kaum mehr als Haut und Knochen. Und dass er nackt war … ja, wie sollte er sonst sein? Der Anzug, den er in seiner aufgedunsenen Erscheinung getragen hatte, war nun erkennbar nutzlos.
Aber was, um alles in der Welt, meinte der Troohn, dieser … dieser … Verbrecher … damit, dass die toten Xesroy BEFÖRDERT würden?
Das war doch absurd …! Tote konnte man nicht mehr befördern!
Ich musste mich da einfach verhört haben.
„Denke über meine Worte vom Ewigen Reich nach, SPLITTER“, sagte Shrektarr gelassen zu Kleines. „Du wirst noch die wahre Unsterblichkeit erfahren, der wir Troohns und Xesroy längst teilhaftig sind. Dann enden all deine Schmerzen. Ich bringe dich jetzt in deine Heimat – nach TOTAM.“
Damit packte er Kleines´, legte seine gepanzerten und heißen Pranken um seine schmächtige Brust und kümmerte sich nicht um den qualvollen Aufschrei seines Gefangenen. Ruhig schritt er, als wiege Klivies Kleines gar nichts, aus dem Trümmerfeld des finalen Kampfes.
So verloren wir Klivies Kleines, den BOTEN Oki Stanwers.
Und so verlor ich zugleich meinen Glauben.
22.
Ich weiß so vieles nicht mehr über das, was direkt im Anschluss geschah. Vermutlich ist das völlig normal. Da sind nur … wirre Blitzlichter, Bilder ohne rechten Zusammenhang … ich kann wahrscheinlich von Glück sagen, dass meine Anzug-KI weiter funktionsfähig blieb, als Kleines´ Energieüberladung stattfand.
Irgendwie brachte sie mich dazu, aufzustehen und die Empore zu verlassen. Vorbei an zahllosen toten Shassluur, die wie Stoffpuppen durcheinandergewirbelt auf den Gängen und Treppen lagen, teilweise von dem ersten Angriff getötet, teilweise den Verletzungen danach erlegen oder von den Energiewellen, die bei Kleines´ Eruption und der nachfolgenden schwarzen Energiefront der aktivierten Xesroy freigeworden waren, liquidiert. Hier war wirklich niemand mehr am Leben geblieben … einzig und allein ich befand mich noch in diesem gigantischen Leichenhaus, und ich musste darum fürchten, dass diese tödlichen Wellen das gesamte Palastareal durchströmt hatten.
Frage mich bitte niemand, warum allein ich überlebt habe. Ich kann diese Frage nicht beantworten. Ich kann so vieles nicht beantworten.
Ich bekenne mich aber schuldig im Sinne der Anklage, wenn mir vorgehalten werden sollte, dass ich mich um die Shassluur hätte kümmern sollen. Das tat ich nicht. Ich war nicht mal imstande, für mich selbst zu sorgen, und meine Reaktionen wenig mehr als die eines umnebelten Tagträumers.
Die letzten Taay die Treppe von der Empore hinab auf das Bodenniveau des Saales stolperte ich und fiel dann in ein breites Loch, das vorhin wohl die Xesroy in ihrem Bestreben gerissen hatten, diese Treppe zu erklimmen. Was mir natürlich das Leben gerettet hatte. Für solche Gewichte waren die Stufen tatsächlich nicht gemacht.
Vermutlich aktivierte die KI kurzfristig meinen Antigrav und rettete mich so, anderenfalls hätte ich mich beim Sturz gewiss ernsthaft verletzt.
Ich entsinne mich vage, dass ich Ashbaar und die anderen suchen wollte. Tränenüberströmt, verzweifelt nach meinen Kameraden jammernd …, ich meine mich zu entsinnen, dass ich aussichtslos an den schiefen, zertrümmerten Türen zerrte und jaulte, weil ich sicher war, meine Kameraden lägen darunter …, so bedauernswert sicher …
Die KI brachte mich schon nach kurzer Zeit davon ab, indem sie schlicht die Automatkontrolle über meine Anzugmotorik übernahm und mich gewissermaßen zum Gefangenen des Anzugs machte.
Ich wütete zwar im Innern weiter, aber die KI war so klug, zu merken, dass ich beim besten Willen nicht zurechnungsfähig war. Wäre ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte gewesen, hätte ich sicherlich leicht die KI überreden können, die Automatkontrolle wieder rückgängig zu machen, aber so benommen, wie mein Zustand war, sah ich mich dazu gänzlich außerstande.
Die KI brachte mich also in Sicherheit. Oder in ein Trümmerfeld, das nur vorgeblich Sicherheit war.
Wir kamen in das Treppenhaus … ich habe mir nachher, als ich den Palast verlassen hatte, Bilder davon angesehen, die die Aufnahmeoptiken des Anzugs machten, und ich erkannte fast nichts mehr wieder. Daran erinnern, dass ich dort entlang gekommen war, konnte ich mich nachher nicht.
Das Treppenhaus entpuppte sich als ein einziges Schlachthaus. Die Wände bespritzt von Shassluur-Blut und noch unangenehmeren Dingen, die Treppen grässlich bedeckt von Leichenteilen der silaari-ähnlichen Palastgarde, denen weder prächtig geschmückte Uniformen noch hochgezüchtete, für diesen Fall allerdings fast possierlich anmutende Feststoffgeschosswaffen geholfen hatten.
Die Xesroy hatten sie einfach niedergemäht wie Panzer, die über automatische Maschinengewehre verfügten.
Was auch immer sie für ein Waffensystem verwendet hatten – eine Salve hatte stets genügt, jeden Widerstand auszuschalten. Überall.
Und sie hatten reichlich davon Gebrauch gemacht …
Der grässliche Anblick dehnte sich über das gesamte Treppenhaus und etliche purpurn gefleckte Hallen und Gänge aus. Überall nur Chaos, Tod und Leichen. Trümmer, herausgerissene Türen, zerborstene Pracht, die nun überhaupt keinen Nutzen mehr erfüllte. An manchen Stellen züngelten Brände. Fenster waren von Druckwellen zerschmettert, von Trümmerteilen aufgespießte Shassluur lagen reglos da wie Stoffpuppen, unter sich dunkelrot glitzernde Seen, die über Treppenabsätze tropften und Teppiche mit neuen Mustern versahen.
Ich ertrug das alles selbst aus der Distanz nicht, als ich diese grauenhaften Aufzeichnungen anschaute. Ich schluchzte, wimmerte, benahm mich so alli-unähnlich wie nur irgend möglich. Aber das hätte jeder an meiner Stelle getan. Wenigstens jeder Alli, der noch halbwegs bei Verstand war. Die nächsten Stockwerke, durch die mich die Anzug-KI mit dem automatisch geführten Anzug lenkte, war ich außerstande gewesen, die Umgebung zu beobachten, weil meine Nerven schlicht versagten. So erklärte sich wohl – in Ergänzung mit den beiden Energieschocks, die über mich hinweggeflutet waren – , weshalb ich erst wieder eine klare Erinnerung besaß, nachdem ich aus dem Eingang heraustrat.
Als wir (also die Anzug-KI und ich, will ich damit sagen) dann das Schlossportal passierten, das ebenfalls durch brachiale physische Gewalt nach innen eingedrückt worden war, stürzte weit hinter und über uns der Thronsaal in einer mächtigen Kaskade von Donner, Rauch und aufwirbelnden Trümmermassen in sich zusammen. Die Wucht des Einsturzes drückte die Mauern des Palastes nach außen, die ohnehin schon durch die Erschütterungen und Attacken gelitten hatten.
Ich hastete, so schnell es möglich war (optimiert von der Anzug-KI, natürlich) über einen Innenhof, während rings um mich herum Trümmer einschlugen, und ich schaffte es gerade noch in ein offenstehendes Gebäude, bevor Säulenreste den ganzen Platz hinter mir aufwühlten. Glastrümmer, Teile der Dachkonstruktion, Stoffbahnen und Leichen folgten und verwandelten den Hof in ein weiteres Trümmerfeld, das sich beinahe hüfthoch mit Schutt füllte. Atemlos und vor hysterischer Angst wild hechelnd drückte ich mich an die zitternden Mauern hinter mir und wünschte nichts sehnlicher, als dass diese Wand nicht auch noch einstürzte.
Ich hatte Glück, sie hielt stand.
Dennoch war das kein Grund zur Erleichterung – wenn ich geglaubt hatte, hier draußen würde ich irgendwie Hilfe finden, die Shassluur zur Zusammenarbeit bewegen können, so sah ich mich furchtbar getäuscht. Die Wahrheit sah so aus, dass ich nächste Stunde weitgehend orientierungslos durch ein apokalyptisches Schlachtfeld wandelte.
Die Xesroy, musste ich rasch verstehen, hatten hier draußen auf ihrem Weg zum BOTEN keinerlei Rücksicht gekannt, sondern sich rigoros den Weg freigekämpft. Und alles, was sie zurückgelassen hatten, waren Leichen und Ruinen gewesen. Vieles schien einfach nur zerstört worden zu sein, weil es suspekt aussah oder weil Xesroy und Troohns generell shassluurische Architektur hassten. Ob es sich um Dienst- oder Verwaltungsbauten handelte, um Küchen, Wäschereien, Handwerksbetriebe, Reparaturwerkstätten, Mannschaftsquartiere … einerlei – alles war beinahe dem Erdboden gleichgemacht und in eine monotone Schuttwüste mit nur wenigen „markanten“ Punkten verwandelt worden.
Viele Gebäude, die meine Alli-Kameraden und ich in den vergangenen Stunden und am gestrigen Tag noch amüsiert passiert hatten, standen lichterloh in Flammen. Niemand war da, der die Glut löschte, und es war absehbar, dass der gesamte Palast abfackeln würde, nur hier und da entdeckte ich, gleich grauenerfüllt wegschauend, verdorrte Shassluur-Glieder, die aus dem Schutt ragten und noch schwelten.
Nein, hier lebte niemand mehr.
Und wer immer dies halbwegs unversehrt überstanden hatte, war zweifellos geflüchtet, erfüllt von Hysterie und Entsetzen. Mitzuerleben, wie die eigene militärische Streitmacht so gänzlich chancenlos gegen das Grauen von den Sternen war, desillusionierte mehr als alles andere. Also ließen die überlebenden Shassluur ihren Herzog im Stich und retteten ihr eigenes Fell.
Mir war es seltsam gleichgültig. Ich war vom Schock vollkommen betäubt und wurde ohnehin von meinem Anzug ferngelenkt, der in dem Chaos den schnellsten Weg zum Landeplatz des Bodenkommandos suchte.
Als wir ihn fanden, begriffen wir freilich, dass die Probleme erst begonnen hatten.
Der Landeplatz erwies sich nämlich als Hauptangriffsziel Nummer eins der Troohns und Xesroy: von ihm war nur ein Trümmermeer aus glasierten Kratern übrig, von denen noch immer Rauch aufstieg. Alle Gebäude ringsum waren durch rücksichtslosen Xesroy-Beschuss eingeäschert und nur noch glühende, hohle Ruinenfassaden. Das Landeboot und die Begleiteskorte hatten sich in zerborstene Metallfetzen aufgelöst, hier und da lagen verstümmelte, verkohlte Leichen der zurückgelassenen Allis.
Keine Überlebenden.
Keine Fluchtmöglichkeit.
Die KI löste für einen Moment die Kontrolle der Anzugmotorik, und ich fiel einfach auf die Knie, umklammerte nutzlos meinen Helm mit den Händen, jaulte wie ein getretenes Tier. Ich schluchzte und heulte mir die Seele aus dem Leib, ohne dass das auch nur im Mindesten etwas nützte.
Dies war kein Alptraum, begriff ich jetzt, ein für allemal.
Ein für allemal.
Nein, dies war kein Alptraum.
Es war die Wirklichkeit.
Und ich war der einzige, der hier noch am Leben war.
Noch.
23.
Sehr schnell musste ich verstehen, dass die Gefahr nicht vorbei war.
Sicherlich – der Troohn Shrektarr hatte sich mit seinem Gefangenen, mit Klivies Kleines (ob er tatsächlich von TOTAM stammte?, fragte ich mich später. Aber wie um alles in der Welt war er in die Hände der Baumeister gelangt, WENN das stimmte? Und wann? Wieso hatten sie das nie erzählt? Warum war dann gerade er, ein früherer Feind, zum BOTEN gemacht worden? War Kleines einst ein Troohn gewesen? Lauter so verrückte Gedanken, und nichts davon ließ sich klären), auf den Weg zurück ins furchtbare Terrorimperium gemacht … aber er hatte sich so aufreizend viel Zeit gelassen. Niemand, der in Eile war, handelte auf diese Weise, ganz gleich, ob er eine fremdartige Mentalität besaß oder nicht. Es gab elementare Standards des Verhaltens, und an die waren auch sicherlich die Troohns gebunden.
Das ließ also schlimmste Befürchtungen zu.
Als sich mein Schock langsam löste, wisperte ich kaum verständlich, ganz heiser von dem Gejammer und Geschluchze, meiner KI zu, sie solle Funkkontakt mit der Flotte aufnehmen. Irgendwie. Denn es musste doch mit den Mächten der Finsternis zugehen, wenn nicht irgend jemand einen Versuch unternahm, mich hier wegzuholen.
So dachte ich in dem Moment. Ich war eben naiv.
Himmel, ging es mir durch den Kopf: wir hatten neben der SULVAASCH mehr als ein Dutzend Kampfschiffe als Begleiteskorte. Wie ich sagte: über zehntausend Elite-Allis, die da oben auf solche Zwischenfälle vorbereitet waren. Außerdem gab es rings um das Herzogtum von Voy-Xenn schließlich zwölf Sonnensysteme, die einen stellaren Fächer um Tuwihry bildeten. In jedem System waren schon seit geraumer Zeit jeweils 44 Kampfschiffe des BOTEN-Trosses verborgen, die sofort eingreifen konnten, wenn wir hier in Gefahr geraten würden. Zudem, falls das fehlschlagen würde, gab es in jedem dieser unbesiedelten Systeme noch in Stellung gebrachte Installationstruppen und Wachkommandos, die über Transmitterverbindungen von nahen ZYNEEGHAREN verstärkt werden konnten.4 Allein das waren schon zusammen mehr als eine Million Allis, die auf alle Eventualitäten vorbereitet waren.
Die Troohns konnten doch nicht einfach ALLES vernichtet oder unterlaufen haben! Das konnte ich mir nicht vorstellen! Es war einfach … unvorstellbar! Niemand konnte solche Macht besitzen. Niemand.
Ich wollte das nicht! Ich glaubte es nicht!
Seien wir realistisch: ich WOLLTE es mir nicht vorstellen, klammerte mich wie ein kleines Kind, das nichts von der Welt versteht, an die geringsten, aberwitzigsten Hoffnungen. Doch je mehr Zeit verging, desto schlimmer wurde die Erkenntnis, desto drückender und unausweichlicher das Wissen, dass die Troohns diesen Überfall mit absoluter Präzision geplant und durchgeführt hatten. Die KI bekam keine Verbindung. Nicht zur SULVAASCH, nicht zu den Begleitkreuzern, nicht zu den Sondennetzen im System. Zu nichts und niemandem.
So, wie es aussah, würde uns vom BOTEN-Konvoi niemand helfen.
Weil niemand mehr da war, der noch lebte.
Es mag egoistisch klingen, wenn ich das erwähne, kleinlich vielleicht … aber vielleicht kann man das verstehen: ich hatte Angst um Thashii. Schreckliche, quälende Angst, und sie wurde mit jeder verstreichenden Sekunde, die wir keinen Funkkontakt bekamen, immer stärker, drängender, unerträglicher.
Ich ertappte mich, wie ich ruhelos über den schuttbedeckten Landeplatz wanderte, weil ich einfach nicht ruhig dastehen oder herumsitzen konnte. Dabei bemühte ich mich allerdings, in einem Teil des weitläufigen Areals zu bleiben, wo keine Leichenteile meiner Kameraden herumlagen. Deren Anblick hätte ich nicht ertragen. Die bloße Vorstellung, dass meine süße, warme, erotische Thashii vielleicht in diesem Moment nichts anderes mehr war, außer vielleicht, dass ihre Überreste vakuumgefroren waren, war so unerträglich, dass mich das bloße Antippen dieser Vorstellung zurückzucken ließ.
Besser gar nicht dran denken!
Thashii war auf der SULVAASCH, natürlich, das war ja ihre Dienststelle in der allischen Flotte … und zweifelsohne musste das Kommandoschiff des BOTEN das erste, direkteste Angriffsziel für unsere Feinde sein.
Der Gedanke indes, sie könne ebenso schlagartig überfallen worden sein wie die Metropole Noolidan oder der Palast …, und sie könne dieser Attacke ähnlich zum Opfer gefallen sein wie die Wesen ringsum … diese Überlegung war und blieb für mich unerträglich.
‚Thashii kann nichts passiert sein‘, versuchte ich mir energisch einzureden. ‚Sie ist eine kluge, kampfbereite Frau. Sie ist nicht dumm … sie wird natürlich erkennen, wenn Kampf zwecklos ist und …‘
Meine Gedanken brachen entsetzt ab und flackerten zu Ashbaar zurück.
Nein.
Nein, das war eine ganz üble Erkenntnis.
Ich blendete sie gleich wieder aus, aber hartnäckig kehrte sie wieder, als ob sie mit einem elastischen Seil an meine Oberflächengedanken gebunden war und sich nicht im Sumpf meiner wirren Vorstellungen dauerhaft versenken ließ. Schreckliche Gedanken, die schlimmste Folgerungen zuließen. Meine Blicke wurden glasig, während ich durch die Trümmer und Rauchfäden rings um mich herum gleichsam hindurchsah und mich schockartig erinnerte:
Auch Ashbaar war unbestreitbar ein intelligenter Allisoldat gewesen, pflichtbewusst, loyal, kampferprobt. Aber er war jetzt auch ein toter Allisoldat. Kampferprobt und für den Kampf mit den Xesroy dennoch völlig unterbewaffnet. Jemand, der Dummheit mit Ehre verwechselte. Für einen Waffengang mit einem derartig gnadenlosen Gegner, der keinerlei Respekt vor Leben irgendwelcher Art besaß, war er nicht gerüstet gewesen, nicht einmal näherungsweise, weder waffentechnisch noch mental.
Würde Thashii denselben Fehler begehen?
Kämpfen, obgleich es sinnlos war, nur weil sie meinte, es seien damit Ehre und eine Gehaltserhöhung verbunden? Eine lächerliche Vorstellung, über die ich in diesem Augenblick nicht im Mindesten lachen konnte.
Ich wollte, ich KONNTE das nicht glauben!
Ich KONNTE ES EINFACH NICHT!
Doch nicht jemand, dessen wunderbaren Körper, dessen hinreißende Liebeskünste ich noch wenige Stunden zuvor so herrlich genossen hatte … nein … nein … und nochmals nein … ich wollte nicht glauben, konnte nicht glauben … sie DURFTE nicht so borniert und kurzsichtig sein …
Allerdings musste ich eingestehen, dass ich meine eigene Handlungsweise nicht hätte prognostizieren wollen – vor den Erlebnissen und apokalyptischen Anblicken, mit denen ich jetzt konfrontiert war. Vermutlich hätte ich mich selbst ebenfalls in den Kampf gestürzt, hätte man mir die Möglichkeit dazu gegeben. Vielleicht.
Die bloße Vorstellung war bestürzend.
Als ich mich ein wenig von dem allseitigen Schrecken erholt hatte (soweit das unter diesen Umständen überhaupt möglich war!) und die KI mir erschreckenderweise noch immer lapidar erzählte, sie bekäme keinen Kontakt zur SULVAASCH, da folgte ich ihrem wenig nützlichen Ratschlag, einen anderen Standort zu suchen, und wanderte aus dem brennenden Palastareal heraus.
Es war in der Tat sinnvoller, zwischen mich und diesen ausglühenden und zerberstenden Trümmerhaufen, der mehr und mehr in sich zusammenstürzte, ein wenig Abstand zu legen. Das Donnern, Tosen und Prasseln ringsum hielt unvermindert an. Immer wieder stürzten hochgereckte, schlanke Türme, die das Inferno bislang überstanden hatten, wie untergehende Schiffe in sich zusammen und erzeugten jedesmal mächtige Eruptionen von Schutt, Staub und fauchenden Flammenzungen. Das Prasseln zerplatzender Fensterscheiben drang immer öfter an die Anzugmembranen, mit denen ich die Geräusche der Umgebung hörte.
Es war wirklich besser, mich von dieser Stätte des Todes zu entfernen. Ich brauchte einen ruhigen, abgeschiedenen Ort, wo ich mich wenigstens ein bisschen regenerieren konnte. Vielleicht gab es eine solche Örtlichkeit hier noch irgendwo.
Ich brauchte trotz schnellen Trabs fast zwei Stunden, bis ich die Eingangspforten des Palastes erreicht hatte. Das lag hauptsächlich an der verheerenden Veränderung der Gebäude und daran, dass ich notgedrungen weite Umwege laufen musste.
Die Umgebung glich auch weiterhin einem permanenten Alptraum: diese bizarren violetten Blitze, die ich gesehen hatte – offensichtlich Kampfstrahlen der Xesroy und Troohns – waren hier unglaublich wirkungsvoll eingeschlagen, und hier stand buchstäblich kein Stein mehr auf dem anderen. Die ganzen äußeren Festungswälle waren eine einzige amorphe Masse aus Ziegeln und brennenden Holzteilen. Die Glut bildete eine regelrechte Feuerwand, die jeden Annäherungsversuch erfolgreich abwehrte und Shassluur gleichsam geröstet hätte. Ich konnte sie allein deshalb durchqueren, weil ich meinen Energieschirm anschaltete und durchschwebte.
Als ich die Ruine des Palastes hinter mir gelassen hatte, riet mir die Anzug-KI, den Energieschirm aktiviert zu lassen.
„Warum?“, erkundigte ich mich irritiert und erschöpft zugleich. Ringsumher war der Rauch des Brandes unglaublich dicht. Er schien sich aus zahllosen, nicht erkennbaren Quellen zu speisen, und der Palast war wohl nur einer gewesen …
„Die Stadt brennt.“
„Was?“ Ich mochte nicht glauben, was ich da hörte.
Musste denn jeder Schrecken, den ich erlebte, noch übertroffen werden?
„Die Metropole Noolidan brennt“, wiederholte die KI lakonisch, aber etwas eindringlicher. Sie war nun seltsam vertraulich, aber irgendwie fiel mir das kaum auf. „Ich empfehle, dass du dich zu den Talrändern hin orientierst. Der Brand wird noch Stunden wüten, und es gibt für dich nichts, was du tun kannst, um das zu ändern. Höchstens sterben.“
Ich war wieder wie vor den Kopf geschlagen.
Matt entsinne ich mich noch, an diesem Punkt meiner Flucht darüber nachgedacht zu haben, dass dieses Vorgehen der Troohns und Xesroy eindeutig dem galaktischen Völkerrecht widersprach, dass man unbewaffnete Zivilisten nicht beschießen durfte und Flüchtlinge und zivile Ansiedlungen im Falle von Kampfhandlungen ausdrücklich zu verschonen seien … aber ich nahm dann an, dass den Troohns solche Unterschiede gar nicht zu Bewusstsein kamen.
Sie „ernteten“ ganze Völker, hatte ich gehört, und was sie zurückließen, war im günstigsten Falle eine planetare Schuttwüste.5 Meist ließen sie nicht einmal das zurück, sondern rissen die Sonnensystem gleich ganz ein.6
Völlig benommen stimmte ich daher dem Vorschlag der KI zu, ließ die Anzug-Automatsteuerung wieder anspringen und schwebte wenig später quer über das Tal hinüber zu den halb entwaldeten Höhenzügen, von wo aus ich einen furchtbar aufschlussreichen Blick auf die Verwüstungen hatte, die die Troohns angerichtet hatten.
Die gewaltige Metropole, die wir gestern beim Anflug beobachtet hatten, war in der Tat schrecklich verändert. Sie brannte nahezu vollständig lichterloh, und nur an wenigen Stellen sah ich kleine „Rinnsale“ von Shassluur-Flüchtlingen, die in heller Panik das Tal verließen. Es waren geradezu erschreckend wenige. Ich hoffte, dass die meisten der Silaari, wie ich sie liebevoll bei mir nannte, die Flucht geschafft hatten, aber es war nicht sehr wahrscheinlich.
Die beiden Flüsse waren irgendwie aus der Bahn geraten. Weite Teile der Randgebiete Noolidans glitzerten quecksilbern durch die Wasser, die sich ihren neuen Weg durch Straßen und Viertel suchten und alles auf ihrem Weg ertränkten. Möglicherweise war diese Flussbettveränderung ursächlich durch die Erdstöße zustande gekommen, die die Aktivierung der troohnschen Waffensysteme ausgelöst hatten.
Ich entsann mich unbehaglich meiner vollkommenen Überraschung, als ich den violetten Blitz des Angriffs gesehen hatte, ohne zu realisieren, worum es sich dabei eigentlich handelte. Die Luftdruckwelle hatte die meisten Shassluur im Thronsaal umgebracht, entweder direkt oder durch die Glastrümmer, die sie mit sich führte, die tektonische Gewalt hingegen zeichnete sich verantwortlich für die vielen Narben im Tal, eingestürzte Gebäude und eben – wahrscheinlich – für die Überflutung weiter Teile der Metropole.
Überall in der Stadt konnte ich zudem, wenn Windböen die dichte graue Rauchglocke auffächerten, glasierte, noch immer mächtige, glühende Krater erkennen. Manche von ihnen emittierten durch das Einströmen von Wasser grauweiße Türme aus Dampf, die Zeugnis davon ablegten, wie gewaltig die Hitze in den so eingebrannten Kesseln noch war.
Die Dimensionen der Verwüstung erwiesen sich als atemberaubend, unerträglich.
„Sie haben die Stadt bombardiert“, flüsterte ich entsetzt. Völlig fassungslos blieb ich stehen und stierte einfach nur, auf eine Weise, die mir im Nachhinein völlig dumm vorkommt. Angesichts dessen, was ich schon erlebt hatte, wirkte sowohl diese Bemerkung wie mein ganzes Verhalten so gänzlich absurd. Vielleicht sprach ich diese Worte nur, um irgendetwas sagen zu können. „Völlig wehrlose Wesen … das sind Ungeheuer …!“
„Ja“, stimmte die KI bereitwillig zu. „Das haben wir immer gewusst. Die Baumeister und die Führung der Allis waren sich über die Natur der Troohns immer im Klaren und …“
„Ach, sei still!“, fauchte ich. „Ich habe mit mir geredet!“
Beklommen und von ziellosem Zorn erfüllt, zugleich von einem aktionistischen Handlungsdrang, der kein rechtes Ventil fand, stapfte ich zwischen rauchenden Baumstümpfen hangaufwärts. Selbst hier hatte die Vernichtungsenergie der Troohn-Schergen gewirkt und gewütet.
Energiestrahlen mussten die Hänge des weiten Talkessels förmlich geröstet haben. Aber das Feuer hatte hier im Laufe der letzten Stunden alle Vegetation verzehrt und war dann als Wand der Vernichtung unaufhaltsam weitergewandert, von keinerlei Löschtrupp gestoppt. Wahrscheinlich hätte nichts, was vor Ort war, solch eine Flammenwalze anhalten können.
Ich stapfte, knöcheltief in Asche und pulverisiertem Boden gleichsam watend, zwischen den kargen, schmorenden Resten der Pflanzungen entlang und wunderte mich überhaupt nicht, gelegentlich die ausgeglühten Gerüste shassluurischer Fahrzeuge zu entdecken, mit denen wahrscheinlich die Schösslinge transportiert worden waren. Von den Pflanzkolonnen, die sicherlich auch politischen Sträflingen bestanden hatten, konnte ich nichts mehr entdecken. Der Feuersturm musste sie buchstäblich eingeäschert haben.
Grauenhaft.
Als ich endlich den Kamm des Hügels erreichte, verschnaufte und mich umschaute, sah ich erwartungsgemäß, dass die Flammenwände in den Nachbartälern wüteten und hier neue Rauchwolken entfesselten. Die Front der Verwüstung raste gleich einem glühenden Todesboten über die Hügelkämme und Talauen, und selbst grüne Vegetation setzte der Hitze nur kurzfristig Widerstand entgegen. Ich war wirklich froh über die Sauerstoffversorgung meines Anzuges. Anderenfalls hätte ich gewiss wenigstens eine Rauchvergiftung erlitten. Ohne die Anzugkühlung wäre es hier oben ebenfalls unaushaltbar gewesen, wie die rauchende Asche schlagend bewies.
Hinter mir verwandelte sich die große, übervölkerte Metropole Noolidan restlos in ein Flammenmeer, in dem immer wieder funkenstiebend größere Gebäude in sich zusammenfielen, sofern sie durch die Erschütterungen, die der Beschuss erzeugt hatte, nicht ohnehin schon eingestürzt waren. Es war ein Anblick der Apokalypse, auf den ich mit stieren Augen minutenlang starrte, ohne mir dessen recht bewusst zu sein. Ich brauchte lange, um mich mit dieser grässlichen Verwandlung der Welt, der Schonungslosigkeit der allgegenwärtigen Verwüstung auch nur halbwegs anzufreunden.
Es war ein Alptraum, der Realität gewonnen hatte und sich weigerte, ins Reich der Schrecken und Nachtmahre zurückzukehren. Dies war jetzt die Welt, in der ich zu leben hatte. Oder zu sterben.
„Sag mir“, verlangte ich schließlich zu wissen, als ich erschöpft auf einen Felsen niedersank, an einer Position, von wo aus ich gut die weitere Umgebung überblicken und nicht überrascht werden konnte, „sag mir, KI, warum war der Troohn so gelassen? Wie konnte er das Unternehmen durchführen …? Wir sind 96 Lichtjahre von der FRONT entfernt! Hatte er keine Angst, dass ihm der Rückweg abgeschnitten wird?“
Diese erstaunlich überlegten Worte zeigten deutlich an, dass meine zerrütteten Nerven sich etwas beruhigten und ich wieder realistischen Einschätzungen zugänglich wurde. Es war auch höchste Zeit dafür, das begriff ich zu diesem Zeitpunkt indes noch nicht. Die Erkenntnis brauchte aber nicht lange.
Die KI überlegte eine Weile und antwortete dann, meine schlimmsten Ahnungen bestätigend: „Ich fürchte, nein, Träger Coshtuur. Er hatte keine Angst vor einem Abschneiden des Rückweges. Ihr müsst euch wohl damit abfinden, dass dies nur der Anfang einer neuen Expansion des Terrorimperiums ist. Sicherlich ist dieser Troohn mit einer bestimmten Mission hierher gekommen … aber er ist nur die Vorhut. Die Front wird brodeln, wie die Baumeister dies sagen, und dann dehnt sie sich hierher aus.“
„Nach TUWIHRY?“, schrie ich ungläubig aus.
Mein maßloses Entsetzen kehrte so schnell zurück, als sei es niemals verschwunden gewesen. Voller Grauen sprang ich auf und starrte von Furcht gepackt um mich, als hätten die Troohns schon die nächsten Höhenzüge umzingelt. Die eben noch halb unter Kontrolle gebrachte Panik war sofort wieder da, sprang mich wie ein wildes Raubtier an. Atemlos hakte ich nach: „Schlagartig? Sie dehnt sich SCHLAGARTIG hierher aus?“
„Alle Indizien sprechen dafür. Wir sollten schnell von hier verschwinden.“
Nun, das war wirklich ein eminent hilfreicher Vorschlag, fand ich in diesem Moment. Wenn mir jemand erzählte, wie ich das anstellen sollte, von hier zu verschwinden, dann würde ich das auch sofort tun. Nur leider blieb mir die Anzug-KI auf die drängende Frage, wie ich das denn machen sollte, notwendig die Antwort schuldig. Sie bekam noch immer keinen Kontakt, weder zum Flaggschiff noch zu irgendeinem der Konvoischiffe, und unser einziges Hilfsmittel, den Planeten zu verlassen – die Fähre, mit der wir gelandet waren – , war zerstört worden.
In dem Feuerkessel von Noolidan ging derzeit auch alles zugrunde, was an shassluurischer Technik vielleicht hilfreich gewesen wäre. Nicht, dass ich diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung gezogen hätte – allein die Körpergröße der Shassluur vereitelte derlei Fluchthilfe.
Mir wurde dadurch auf grauenerregende Weise eins klar: wenn wir nicht bald eine Chance bekamen, diese Welt zu verlassen, dann würde Ashbaars Schicksal und das der zahllosen Shassluur im Palast sowie in der von Kriegsschrecken heimgesuchten Stadt Noolidan und vermutlich aller Shassluur dieses ganzen Herzogtums von Voy-Xenn auch das meine sein: der grässliche, unaufhaltsame Tod durch die Hand der unerbittlichen Schergen des Terrorimperiums der Troohns.
Und niemand, absolut niemand würde von Klivies Kleines´ Schicksal erfahren.
24.
Die Meteore erschienen eine gute Stunde später am Himmel, als ich schon alle Hoffnung aufgegeben hatte. Leider flößte mir diese furchterregende, überraschende Himmelserscheinung keine neue ein.
Es handelte sich um fahle Funken am bewölkten Firmament, die von blassem Gelb zu strahlendem Rot und dann gleißendem Weiß übergingen, immer tiefer durch die dunstige Himmelssphäre sanken, wobei sie ein hohes Pfeifen und bald ein schrilles Heulen von sich gaben, bevor sie dann mit Wucht in die ausgebrannten Höhenzüge im Umland von Noolidan einschlugen.
Ich warf mich zu Boden, sobald ich begriff, was da vor sich ging.
Die Erschütterungen waren, verglichen mit dem Inferno, das hinter mir lag und die Metropole Noolidan wie den Palast immer noch in ausgebrannte Ruinenfelder verwandelte, beinahe vernachlässigbar. Dennoch löste der Aufprall der himmlischen Geschosse natürlich Lawinen aus Geröll, Asche und Glut aus. Ich war auch ganz froh, so weit oben auf den Hügeln zu sein und nicht tiefer. Hinter mir versanken ganze Hänge taaredweit in hoch aufstiebenden Aschewolken. Es wirkte, als verwandelten sie sich selbst in Vulkane, aber diese Täuschung war begreiflich.
„Was genau geschieht da oben?“, schrie ich gegen das Getöse an, das sich rings um mich erhob.
Der rollende Donner der Lawinen und das Explosionsgeräusch der Einschläge, viele Taared weit rings um Noolidan und meinen Standort grollte wie der Zorn der Götter. Die heidnischen Shassluur, die davon hörten, würden vor Angst wahrscheinlich halb verrückt werden. Ich machte mir hingegen Sorgen, die Meteore – oder was immer das genau war – würden mich treffen können. Statistisch hatte das aber nur eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit für sich.
„Tuwihry wird einem kosmischen Bombardement aus Trümmern ausgesetzt, würde ich sagen“, erklärte der neunmalkluge Rechner. Er fügte allerdings an: „Wenn ich die Resistenz der Trümmer bedenke, dürfte es sich dabei um Metall handeln, also vermutlich um Wrackteile von zerstörten Raumschiffen.“
Ich wollte das nicht hören. Nicht das.
Die einzigen Schiffe, die hier in der Gegend waren, waren unsere eigenen. Es schien sehr unwahrscheinlich zu sein, dass Troohn- oder Xesroy-Kampfschiffe dort oben geschlagen worden waren. Nicht nach dem, was ich hier unten erlebt hatte. Diese Kerle waren, was den direkten Kampf anging, fast unschlagbar.
Die Vorstellung indes, dass alles, was von der SULVAASCH und ihrem Konvoi geblieben war, gerade als zerfetzte Metalltrümmer vom Himmel auf diese verwüstete Welt niederprasselte, war unerträglich für mich.
Thashii!
Gütiges Licht, ich dachte so sehr an Thashii, dass ich kaum mehr berechenbar war. Ja, vermutlich bin ich ein egozentrischer Narr, aber ich kann nichts behaupten, was ich nicht auch wirklich gedacht habe. Das wäre närrisch.
Und meine Gedanken waren bei Thashii, meine Tränen galten ausschließlich ihr. Ich glaube, in diesem Moment, wirklich erst in diesem Moment, da schloss ich dieses warme, wunderbare, erotische Kapitel meines Lebens für immer ab, begriff den persönlichen Verlust, den ich erlitten hatte.
Aber die Wunde werde ich immer in meinem Herzen mit mir tragen. Immer.
Thashii, du wirst unvergessen bleiben, ich schwöre es dir …
Das Bombardement … dauerte mehr als eine Stunde an, und wahrscheinlich war es einfach nur einer Form der morbiden Neugierde zuzuschreiben, dass ich dann schließlich jene Entscheidung traf, die mich letztlich überleben ließ.
Als endlich wieder Ruhe eingekehrt war – wenn man in diesem glutgeschändeten Inferno auf den rauchenden, aschebedeckten Hängen rings um den weiten Talkessel von Noolidan von Ruhe reden konnte – , rappelte ich mich in meinem ganz aschegrauen Raumanzug auf und ließ mir von der KI den Weg zur nächsten Absturzstelle beschreiben.
Verrückt, nicht wahr?
Aber wie schon im Thronsaal dachte ich – das, was ich SEHEN konnte, würde nicht so schrecklich sein wie das, was sich meine Phantasie AUSMALTE. Vielleicht stimmte das, vielleicht nicht, in jedem Fall brauchte ich Gewissheit. Vielleicht suchte ich Thashii … ich kann es nicht mehr sagen. Ich war da etwas wirr und nicht mehr ganz beisammen.
Zu viele Schocks in zu kurzer Zeitspanne nacheinander …
Ich wanderte durch eine ausgebrannte, infernalische Landschaft von entsetzlicher Monotonie, eine Wüstenei der vollkommenen Zerstörung, bar jeden Lebens. Dabei hielt ich mich stets auf den Hügelkämmen und achtete sowohl auf die unübersichtliche Bodenstruktur vor mir als auch ein wenig auf den Himmel, wo sich immer finstere Wolken zusammenballten. Am Horizont zuckten bereits weiße Blitze, und rollender Donner hallte mit deutlicher Verzögerung über das Tal.
Bald würde es hier sturzbachartig regnen, das war ganz klar zu sehen. Der entfesselte Hitzesturm hatte die Atmosphäre in Turbulenzen versetzt und das natürliche Klima gestört. Sobald die Glutwolke sich verteilte und die hochgewirbelte Asche die hohe Stratosphäre erreichte, musste sich Feuchtigkeit daran kondensieren, zu den Wolkentürmen ballen und schlagartig entladen. Das konnte nur noch Minuten entfernt sein. Wenn ich mich dann nicht auf den Hügelkämmen befand, würden mich die entstehenden Schlammlawinen zu Tal zerren und umbringen.
Wir erreichten die erste Absturzstelle gerade, als die ersten Tropfen fielen.
Das noch immer glühende Metall des Wrackteils, das hier einen Hang Dutzende von Taay lang aufgewühlt hatte, zischte und umgab sich mit einer Dunstwolke, als die Regentropfen es trafen. Wenn ich das richtig identifizieren konnte – schwer genug wegen der Brandschäden und Verformungen durch jene Explosionen, die den natürlichen Zusammenhalt der Maschine zerfetzt hatten – , dann handelte es sich bei diesem Wrackteil um den Überrest eines Triebwerks.
Eindeutig eines allischen Triebwerks.
Benommen und ratlos erteilte ich das Kommando, weitere Trümmer zu suchen. Der Himmel mag wissen, was ich mir davon versprach. Die KI legte allerdings keinen Widerspruch ein, vielleicht deshalb nicht, weil sie dies als eine Form von „Arbeitstherapie“ verstand, mit der mein Geist vor dem drohenden Wahnsinn geschützt wurde.
Ein Wahnsinn, der unweigerlich über mich kommen würde, wenn ich die Ausweglosigkeit der Situation in voller Stärke begriff. Und da eine Anzug-KI unter anderem die Aufgabe hat, die Sicherheit ihres Trägers zu gewährleisten, gehört die Aufrechterhaltung der mentalen Stabilität nach Möglichkeit auch dazu – hier musste sie freilich improvisieren. Für solche Extremsituationen war die KI nicht programmiert worden.
Als wir das fünfte Wrackteil erreichten, prasselte der Regen in voller Stärke auf uns nieder, eine harte, kalte, mit Hagel durchmischte Naturgewalt, die auf mich einprügelte und mich in meinem Anzug zu verbissenen, wütenden Protestschreien animierte. Der erbarmungslose Regen verwandelte die Welt ringsum in eine reine, graue Gespensterkulisse aus Dampf, Schmiere und Nässe, und obwohl ich von der KI auf dem Pfad des geringsten Widerstandes und der minimalsten Gefahren geführt wurde, kam es doch des öfteren vor, dass ich dennoch ausrutschte und lang hinschlug. Ich klammerte mich an verkohlten Baumresten fest, um nicht hangabwärts gespült zu werden, kämpfte mich wieder hoch und rappelte mich immer wieder auf, immer wieder, wie eine Marionette, und ähnlich gefühllos kam ich mir auch inzwischen vor.
Der Weg zu dem nächsten Wrackteil schien in diesem neuerlichen Inferno ewig zu dauern, ich konnte kaum die Hand vor Augen sehen …
Und dann fand ich statt eines Wrackteils an Position 5 die Kapsel.
25.
Im Nachhinein kommt es mir auch vor wie ein Traum, unwahrscheinlich, unglaubhaft. Aber so ist das oft im Leben, dass das, was uns irreal oder gänzlich unplausibel erscheint, Gestalt annimmt und Wirklichkeit wird. Politische Mandatsträger werden gewählt, denen man keine Chance ausgerechnet hätte, Revolutionen, die normalerweise mit Blutvergießen ohne Maß einhergehen, verlaufen unblutig, Gesetze werden beschlossen, die absoluter Unsinn sind … solche Dinge passieren ständig.
Und manchmal werden auch Wunder Realität.
Einem solchen Wunder verdanke ich mein Leben.
Ich muss dazu noch etwas mehr sagen, zu den Kapseln, damit man versteht, wie viel Glück ich hier eigentlich hatte …
Also, ein Alli-Kampfschiff besitzt traditionell Rettungskapseln. Zwar sind sie im Grunde genommen pro forma vorhanden, denn in den meisten akuten Gefechtssituationen, insbesondere im Zusammenhang mit Kämpfen gegen das Terrorimperium der Troohns, gibt es für die Besatzung schlicht keine Zeit, sich in Sicherheit zu bringen.
Wir Allis sind eben Krieger und ziehen es im Angesicht der Gefahr wirklich nicht vor, zu flüchten, obwohl es manchmal intelligenter wäre. Die meisten Allis – ich rechne auch meine Geschwister dazu – begreifen sich als potentielle Helden. Helden wie Ashbaar. Das habe ich aber erst auf Tuwihry gelernt.
Dennoch: diese Kapseln sind natürlich für den Fall der Fälle vorhanden. Sie dienen dazu oder sollen dazu dienen, Besatzungsmitglieder eines havarierten Schiffes in Sicherheit zu bringen und sind in bescheidenem Maße flugfähig. Natürlich besitzen sie keinen Matrixantrieb, dafür sind sie zu klein.
Diese Rettungskapseln, ellipsoide Gefährte aus hochverdichtetem Spezialkunststoff, die Platz für einen oder zwei Allis bieten, extrem hitzeresistent und mit einem autonomen Lebenserhaltungssystem ausgerüstet, sind dafür gedacht, auf Planeten zu landen und im Notfall auch wieder in den Weltraum zu starten und dort auf Rettung zu warten. In ihnen kann man bis zu 14 Tagen in einer Quasi-Stasis ausharren, bis Rettung erfolgt.
Wenn ein Schiff der allischen Streitkräfte havariert, trifft der SENSORKERN des Schiffes automatisch die Entscheidung, die Kapseln auszustoßen. Denn wenn man damit vielleicht auch nicht mehr den eigenen Besatzungsmitgliedern helfen kann, so ist es durchaus möglich, anderen Havaristen der eigenen Flotte Unterstützung zukommen zu lassen. Meist überspielt der SENSORKERN auch einen Teil seiner eigenen Daten in die autonomen KI-Kerne der Kapseln und rettet auf diese Weise einen Teil seines Ego vor der Vernichtung.
Sollte ein Schiff in der Nähe eines Planeten havarieren, so ist in der Regel die erste Reaktion einer Rettungskapsel, diese Welt anzusteuern und sich so dem direkten Zugriff des Feindes zu entziehen. Im Weltraum ist man immer sehr angreifbar, auf dem Planeten gibt es Tarnmöglichkeiten und vielleicht Überlebenschancen für die Insassen.
Diesen automatischen Reaktionen verdankte ich es, dass zahlreiche Trümmer, die den Planeten Tuwihry getroffen hatten, im Grunde genommen keine waren, sondern vielmehr Rettungskapseln. Ich schätzte, dass es ein paar hundert sein mochten, die hier planetenweit niedergegangen waren. Viele würden die verängstigten Shassluur in Angst und Schrecken versetzt haben.
Hier jedoch gab es keine Shassluur mehr.
Hier befanden sich nur meine Anzug-KI und mich, und wir standen im strömenden Regen und knietiefen Morast an dem Hang, in den sich die ursprünglich weiße, jetzt von schwarzen Riefen überzogene und versengte Rettungskapsel eingegraben hatte. Sie war etwa zur Hälfte im Boden versunken, glühte aber nicht mehr. Der Regen musste sie schon gut abgekühlt haben. Das erleichterte natürlich, was ich zu tun beabsichtigte.
Ich begann ganz automatisch, das mehr als vier Taay lange Gefährt aus dem Schlamm zu graben, wie besessen und doch zugleich vorsichtig, weil ich nicht wollte, dass die sehr aerodynamische Kapsel den Hang hinunterrutschte, der hier immerhin eine Neigung von fast dreißig Grad aufwies. Der Boden des Tales war fast hundertdreißig Taay entfernt. Wenn die Kapsel da hinunterstürzte, würde sie vermutlich in den lehmbraunen Fluten des dahinströmenden Wildbaches verschwinden. Und wenn sie mich mitriss, konnte ich leicht erschlagen werden. So viel sollte mich meine Rettungsmöglichkeit dann doch nicht kosten …
Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis ich den Einstieg freigelegt hatte. Dann überspielte meine Anzug-KI unseren Identifikationscode, und mit einem begeisterten Auflachen sah ich, wie die Lichter der Rettungskapsel auffunkelten und der Einstieg sich zischend öffnete.
Immer noch vor Erleichterung lachend, wahrscheinlich etwas hysterisch, rutschte ich in den Sitz hinein, einen leeren Sitz … keine Ahnung, was ich getan hätte, wenn ich einen toten Kameraden hier vorgefunden hätte, wirklich, keine Ahnung …
Ja, ich kam mir schmutzig vor, und es drangen Regen und etwas Schlamm mit in das Kapselinnere, aber das war mir wirklich vollkommen gleichgültig. Das Luk schloss sich über uns, und ich lag bäuchlings in der Rettungskapsel, glücklich und zufrieden.
Als ich schließlich nach dem Check des Bordstatus und der Prüfung der inneren Atmosphäre den Helm abschraubte, erfüllte ein schrecklicher Gestank das Innere – ein beißender, scharfer Gestank nach Asche, Schlamm und Rauch, der natürlich an mir und meinem Anzug haftete. Aber man konnte sich daran gewöhnen, ich musste mich daran gewöhnen. Es gab keinen Platz zum Umziehen und auch keine Möglichkeit der Reinigung an Bord.
„Ich bin … Diplomatenaspirant Coshtuur“, sagte ich mit schrecklich heiserer Stimme. „Mitglied des BOTEN-Korps zur Kontaktaufnahme mit dem Regenten des Herzogtums von Voy-Xenn … melde mich zurück. Bring mich in Sicherheit!“
„Willkommen, Diplomatenaspirant Coshtuur“, sagte die Kapsel-KI mit einer Sanftheit, bei der ich fast wieder hysterisch aufgelacht hätte, weil sie so völlig irreal klang. Wie eine Stimme, die man in einem Traum hört, während man als lebenslang Gefangener in einem Kerker hockt, täglich der Folter unterworfen. Sie hatte so gar nichts mit dem Chaos, Grauen und Tod ringsum zu tun. „Die Rettungseinheit SULVAASCH-111 kann den Planeten wieder verlassen, allerdings empfange ich keine Transpondersignale vom Flaggschiff oder weiteren Flotteneinheiten. Vielleicht ist es deshalb sinnvoller, auf dem Planeten …“
„Ich sagte: bring mich in Sicherheit!“, schrie ich auf. Ich gebe zu, hier gingen die Nerven mit mir durch. Ich ertrug keine Verzögerungen mehr, alles, was ich wollte, war: Weg von hier. Weg! „Hier unten sind wir nicht sicher. Bring mich hoch in den Orbit! Sofort!“
„Es gibt keinen Grund, erregt zu sein, Diplomatenaspirant Coshtuur. Ich gehorche natürlich Eurem Befehl, aber ich gebe nur zu bedenken, dass ich keine Transpon …“
„Tu einfach, was ich gesagt habe! Sofort!“
„Wie Ihr wünscht, ehrenwerter Coshtuur.“
Ich sank erschöpft in die Polster zurück, registrierte kaum das Zischen der Gurte, die mich festschnallten. Stattdessen verlor ich das Bewusstsein.
26.
Man sagte mir, als ich hier in der Medostation erwachte, ich hätte fast 48 Stunden durchgeschlafen und, wie mir der Alli-Arzt Sraitoor erzählte, „das Aufregendste“ verschlafen. Dieser Idiot – Entschuldigung – hat wirklich keine Ahnung. Er mag ja fachlich in Ordnung sein, aber von dem, was ich hinter mir habe, weiß er überhaupt nichts …
Die Rettungseinheit SULVAASCH-111 brachte mich wie befohlen in den Orbit von Tuwihry und wenig später auf halben Weg zu einem der Monde des Planeten. Das war deshalb wichtig, weil weitere Myriaden von Trümmern sonst unseren Weg gekreuzt hätten und Kollisionsgefahr bestand. Da ich bewusstlos war, reagierte meine Anzug-KI für mich und interagierte mit der Kapsel-KI.
Dutzende von Stunden driftete die Kapsel durch den Raum, und die Ortungsinstrumente registrierten zunehmend starke Gefügeerschütterungen in den benachbarten Sonnensystemen, ohne sie „begreifen“ zu können. Heute weiß ich, dass es sich um ganze Konvois von MINEUREN handelte, die die umliegenden Sternsysteme für die Okkupation durch das Terrorimperium vorbereiteten. Tuwihry ließen sie Zeit, da hier aller Widerstand sichtbar gebrochen worden war und es kein weiteres Ziel mehr gab. Die Shassluur stellten, da sie die systemüberschreitende Raumfahrt nicht kannten, kein Problem – sie konnten nicht flüchten.
Ja, sie konnten nicht flüchten … dazu muss ich gleich noch etwas sagen …
Dieser Aufschub an Zeit für Tuwihry war jedenfalls mein Vorteil.
Fast 48 Stunden nach dem Terrorangriff der Troohns auf Tuwihry, der die ganze Welt ins Verderben gestürzt hatte, erschien ein Suchschiff der Baumeister im Sonnensystem und belegte es mit einem intensiven Ortungsscan. Dabei stieß es automatisch auf das Rettungssignal meiner Kapsel und fischte vierundzwanzig weitere Allis in Rettungskapseln aus dem All.
Während ich mit der SULVAASCH-111 an Bord genommen wurde, erbebte der Weltraum, und ein MINEUR der Troohns brach aus dem Hyperraum, wobei er gleich eine ganze Heerschar von Xesroy-Angriffsschiffen mitbrachte. Das Suchschiff der Baumeister nahm mich an Bord, brach die Mission ab – verurteilte dabei einundvierzig weitere signalgebende Rettungskapseln und ihre Insassen zu Vernichtung und Tod – und brachte sich in Sicherheit.
Nur deshalb bin ich hier und heute imstande gewesen, diesen Bericht zu geben.
Ohne die Unterstützung durch die Medikamente und die Mentalscanner hätte ich natürlich nicht so ausführlich berichten können. Ich bin jetzt sehr erschöpft … ich hoffe, ihr könnt die ganzen Stockungen und Wiederholungen aus dem Bericht löschen, damit er … na ja … eine vernünftige, lesbare und verständliche Version ergibt.
Ja, ich weiß natürlich auch, der Bericht ist an vielen Stellen egoistisch …, vielleicht habe ich mich nicht stets so verhalten, wie sich ein vorbildlicher Diplomaten-Aspirant verhalten sollte, und wahrscheinlich … also, wahrscheinlich bekomme ich auch einen negativen Eintrag in meine Akte, weil ich Ashbaar nicht geholfen habe …, schließlich habe ich ja seinem Befehl zuwider gehandelt …, und auch Kleines … also, ich meine, dem BOTEN … konnte ich nicht helfen …
Aber ihr müsst das so sehen: hätte ich anders gehandelt, eben wie Ashbaar oder vielleicht meine Kameradinnen und Kameraden an Bord der SULVAASCH …, dann hättet ihr hiervon gar keine Kenntnis bekommen. Außerdem hat es mir Kleines ja ausdrücklich befohlen, zu überleben und zu berichten …
…wie? Ihr macht mir gar keine Vorwürfe?
Danke. Danke.
Aber …, wenn ich noch eine bescheidene Bitte äußern darf … könnt ihr nicht was für die Shassluur tun? Ich meine. .. auf Tuwihry sitzen Hunderttausende, MILLIONEN von ihnen fest und haben eben nicht die Chance, die ich besaß.
Die allischen Rettungskapseln kann man nur mit unserem Armeecode öffnen, und den haben sie nicht. Sie können mit ihren primitiven Raumschiffen nicht mal das System verlassen … die Xesroy werden ihre schleichenden, lahmen Kisten einfach so abschießen, wie … ja, wie taktische Ziele in unseren Simulatoren … sie haben keine Chance gegen die Xesroy … und wenn viele von ihnen auch wenig vorbildhaft sind, ich meine … man kann sie doch nicht alle zum Tode verurteilen, nicht wahr? Sie sind doch lernfähig. Ihr korrupter Herzog ist tot, vielleicht sind die anderen imstande, ein demokratischeres Leben zu führen? Das muss doch möglich sein. Man muss ihnen doch eine Chance geben …
Kann die Front nicht noch zurückgedrängt werden? Nur da? Für ein paar Tage?
…
Warum nicht? Bitte, warum denn nicht? Ich verstehe das nicht! Ihr könnt doch dieses Volk nicht einfach zum Tode verurteilen, nur weil es keine vernünftige Technik … das geht doch nicht … ich will das nicht glauben …!
…
Ich will diesen Gedanken, den ich jetzt habe, eigentlich nicht denken, aber … aber bei euren Worten muss ich unwillkürlich an die Bemerkung dieses Troohns denken … daran, dass er die Baumeister Verräter genannt hat. Ich stehe loyal zum Oki-Stanwer-Gesetz, alles, was ich getan habe, meine ganze Laufbahn bestätigt das … aber dieses Handeln, das ihr jetzt an den Tag legt, das lässt mich doch daran zweifeln, dass hier alles gesagt wird, was gesagt werden sollte … und dann ist da auch immer noch die Frage von Kleines´ Ursprung.
Wenn ihr schon nicht den armen Shassluur helfen wollt, könnt ihr mir dann wenigstens diese Frage beantworten?
Sagt mir – stammt Klivies Kleines tatsächlich von TOTAM? Und wie kam es, dass ich diesen Troohn hören und verstehen konnte? Das begreife ich nicht. Was verschweigt ihr mir? Was?
Was tust du da, SENSOR? LASS DAS …! Nein …
Epilog:
Als der Bericht des Alli Coshtuur abgeschlossen und die notwendige Betäubung ausgeführt worden war, notwendig deshalb, weil er anfing, wirklich gefährliche Fragen zu stellen und Loyalitätszweifel zu entwickeln, da stellte der SENSOR, jener glimmende Formenergiewurm, der den Bericht aufgenommen hatte, sicher, dass Coshtuurs Erinnerung entsprechend modifiziert werden würde, um diese problematischen Erinnerungen auszulöschen. Danach entfernte er sich behutsam über seine glitzernden Matrixpunkte wieder aus dem Raum. Es sah aus, als würde die lange, weißschimmernde Schlange aus Formenergie sich scheibchenweise in der Luft des Medozimmers entmaterialisieren und wie durch einen Zaubertrick von selbst auflösen.
Das hatte natürlich nichts mit Zauberei zu tun. Es war angewandte Technik.
Nahezu gleichzeitig materialisierte er im Zentrumsbereich des ZYNEEGHAR 9018, der bereits in den Matrixflug übergegangen war. Hierhin war das Scoutschiff der Baumeister geflogen, und man hatte, nachdem die Identität Coshtuurs unzweifelhaft feststand, sofort die Befragung in die Wege geleitet.
Die Ergebnisse der Befragung, teilweise unterstützt durch psychische Tiefensondierung, so dass zahlreiche Bilder aus dem Kortex in das Speichergedächtnis des SENSORS übergegangen waren, rechtfertigten die Handlungsweise vollkommen. Die Daten waren außerordentlich bedeutsam. Und sie warfen interessante Fragen auf, nicht nur für Coshtuur, sondern auch für den SENSOR selbst.
Der Baumeister Garas erwartete den SENSOR. Der Baumeister war ein bläulich glänzender Metallquader, wie es eben jeder Baumeister war. Er schwebte etwa einen Taay über dem Boden und vollführte auf mehreren Denkebenen zahllose Auswertungsprozesse gleichzeitig. Dennoch wandte er nach dem Erscheinen des SENSORS einen wesentlichen Teil seiner Aufmerksamkeit ausschließlich ihm zu.
Was ist deine Meinung?, erklang die lautlose Stimme des Baumeisters direkt in den Dateneingangskanälen des SENSORS. Außenstehende hätten von der Unterhaltung akustisch nichts mitbekommen.
#ist meine meinung gefragt oder eher eine risikoeinschätzung?#, konterte der Formenergie-Roboter nüchtern.
Der Baumeister bewegte sich ein paar Zentimeter lautlos. Er machte einen etwas ungehaltenen Eindruck. Deine Meinung.
#coshtuur ist traumatisiert. die ereignisse im tuwihry-system haben ihn schwer in seiner entwicklung zurückgeworfen. ich halte seine ursprüngliche einteilung für diese mission nach wie vor für einen fehler. was konkret sollen wir daraus gelernt haben, außer dass es möglich ist, dass allis den angriff der troohns überleben können?#
Die Bemerkung schien den Baumeister fast zu amüsieren, wiewohl das kaum spürbar war. Allein SENSOREN, die zum Teil seit Jahrtausenden mit dem minimalistischen Gestus der Baumeister vertraut waren, konnten solche geringfügigen Stimmungsnuancen verstehen. Andere Wesen, hauptsächlich Lebewesen von anderen Intelligenzvölkern, mussten Baumeister für überaus gefühlskalte Kreaturen halten. Was natürlich falsch war.
Oh, weitaus mehr, als dir bewusst ist, sagte Garas. Vielleicht sollte ich dir ein paar vertrauliche Informationen darüber zukommen lassen, was im Tuwihry-System WIRKLICH passiert ist.
Der SENSOR fühlte eine synthetisierte Emotion, die er sonst selten spürte: Neugierde.
Die Worte des Baumeisters Garas ließen schon jetzt erkennen, dass Tuwihry und damit auch der Verlust des BOTEN weitaus mehr gewesen war als nur ein schreckliches Massaker. Die Pläne der Baumeister, das musste er sich immer wieder vergegenwärtigen, umspannten mitunter Millionen und Milliarden von Jahren, und kaum ein Lebewesen lebte lange genug, um diese Verknüpfungen zu realisieren.
#es war ein plan?#, artikulierte er eine Frage.
Ja, es war ein Plan.
#er hat uns mehr als eine million allisoldaten gekostet. vor jedem gericht der alliierten streitkräfte würde man die verantwortlichen zum tode …#
Man würde, bei Kenntnis der genauen Hintergründe, die Verantwortlichen für alle Zeiten zu Helden ernennen, widersprach der Baumeister ruhig.
Als das überraschte Schweigen des SENSORS eine Weile anhielt, ergänzte er freundlich: Wenn man den Plan kennt. Aber dieser Plan wird noch eine ganze Zeitlang ein Geheimnis sein.
#darf ich den grund dafür erfahren?#
Wir wollen TOTAM aufhalten.
#nun … das ist unser ansinnen schon seit mehr als dreitausend …#
Garas unterbrach ihn auf der Stelle, und diesmal klang er deutlich ungehalten. Halt mich nicht für dumm. Dies ist kein solcher Allgemeinposten, wie du vielleicht annimmst. Folge mir ein wenig, während ich dir die Hintergründe entwickle. Du wirst sehen, dass dies alles seinen Sinn hatte, all die Leiden, all die Massaker, all die Tragödien.
Die beiden so ungleichen Wesen begaben sich auf einen gemächlichen Wanderkurs entlang einer mehr als zehntausend Taared langen Ringbalustrade um den Kern des ZYNEE-GHARS, in dem die schwarzrote Glut eines manipulierten, teilnormierten Neutronensterns brannte. Helle Lichtblitze zeigten arbeitende Schöpfungshelfer an, die geduldig ultrakomprimierte Quasi-Neutronensternmaterie abschöpften und in Formreservoirs transmittierten, wo ultraverdichtete Verbundstoffe geschaffen wurden.
Der SENSOR wurde entgegen der Erwartung nicht etwa immer länger, vielmehr verlagerte er einfach seine Matrixpunkte. Es sah für Uneingeweihte so aus, als tauche die glitzernde Formenergieschlange, waagerecht in der Luft schwebend, immer wieder mit dem hinteren Teil ins Nichts ein und erscheine funkenstiebend etwas weiter vorne. Diese ruckartige Bewegung war natürlich eine optische Täuschung. Weniger intelligente Wesen hielten so etwas für schiere Zauberei. Auch das hatte damit natürlich nichts zu tun.
Garas erzählte ruhig. Die Geschichte begann eigentlich vor mehr als zwei Millionen Jahren, zu einer Zeit, als die Lichtmächte einen Plan ersannen, in diesem Universum frühzeitig TOTAM zu lokalisieren. Wie wir heute wissen, schlug dieser Plan fehl, denn wie schon einmal drang TOTAM auf unbegreifliche Weise irgendwo in das Schöpfungsraster des zweiten Universums ein und nistete sich hier wie ein Virus parasitisch ein.
#ja, irgendwo im reich der troohns#, ergänzte der SENSOR.
Richtig, stimmte Garas bereitwillig zu. Und da allein die Kampfgrenze über siebenhundert Millionen Lichtjahre groß ist, ist es natürlich eine ganz einfache Sache, eine einzelne Welt zu finden, die offensichtlich gravitationsneutral ist … ja, das ist eine Form von Sarkasmus, ich weiß.
Wir sind heute kaum schlauer als damals nach unserem ersten Kontakt mit den Troohns. Eine unangenehme Wahrheit, die wir gerne vor unseren Bediensteten verschweigen. Allerdings wissen wir heute mit Gewissheit, dass TOTAM dahinter steckt.
Garas gab einen seltsamen Laut von sich, der fast wie ein Seufzen wirkte. Er war ungewöhnlich emotional.
Der SENSOR registrierte das mit Besorgnis. Der jahrhundertelange Kampf gegen die Troohns schien bei den Baumeistern enorme psychische Schwierigkeiten zu induzieren – plausibel, denn diese Wesen waren es einfach nicht gewohnt, dass es irgendetwas gab, das ihnen mehr als ein paar Jahre oder vielleicht Jahrzehnte Widerstand bieten konnte. Aber gegen die Troohns kämpften sie nicht nur bereits Jahrhunderte – sie verloren gegen sie seit Jahrhunderten! Und es schien keine Wende in Sicht zu sein.
Kein Wunder, dass sich unter Baumeistern Stresssyndrome und Erschöpfungsmuster ausbreiteten. Es gab Theorien unter den korrespondierenden ZYNEEGHAREN, dass TOTAM womöglich auf einen Ermüdungskrieg hinarbeitete und die Troohns deshalb weiter expandieren ließ. Leider war die Wahrscheinlichkeit dafür sehr hoch.
Der SENSOR lauschte Garas´ Worten weiter.
Als allmählich klar wurde, dass die Troohns auf traditionelle Weise nicht mehr aufzuhalten sein würden, setzten die Lichtmächte einen Plan um, den man verschlagen nennen könnte. Sie ersannen eine Falle. Vor ziemlich genau 1288 Standardjahren Alli-Zeitrechnung zitierten sie Klivies Kleines in den ZYNEEGHAR NULL, um ihn, wie es genannt wurde, „auf Herz und Nieren zu prüfen“.
#aber das war nicht alles#, erkannte der SENSOR klug.
Richtig, gab Garas freimütig zu. Er wirkte beinahe erleichtert, darüber reden zu können, und sei es auch nur zu einer energetischen Maschine. Der SENSOR machte sich noch einen besorgten Eintrag. Kleines wurde manipuliert. Die speziell konfigurierten SENSOREN, die danach sofort annihiliert wurden, veränderten die Schwingungsfrequenz von Kleines´ Primärenergieüberladung minimal. Er selbst merkte davon nichts, und auch niemand sonst. Oberflächlich blieb alles beim alten.
Garas seufzte wieder. Aber von da an war unser braver BOTE eine Bombe.
Das stellte, gelinde gesagt, eine Überraschung dar, mit der der SENSOR nicht gerechnet hatte. Er fragte noch einmal nach: #eine bombe?#
Oh ja. Nicht eine von der Art, die explodieren würde. Er ist für das Licht definitiv ein zu kostbares Wesen dafür, einzigartig wie auch Oki Stanwer. Aber wir wussten, dass TOTAM danach streben würde, das Ungleichgewicht auszutarieren.
#dass TOTAM Kleines zurückholen würde? das war allgemein bekannt?#
Offensichtlich war Coshtuurs Bericht zumindest in diesem Punkt zutreffend gewesen: Klivies Kleines stammte von TOTAM, war einst Teil TOTAMS gewesen.7 Das, was der Troohn „SPLITTER“ genannt hatte.
Die Implikationen waren äußerst beunruhigend.
Sie befanden sich jetzt in Höhe eines mächtigen Eingangsportals in den Kernbereich. Ein mehr als hundertfünfzig Taay hohes Dreiecksschott, das mit der Spitze nach unten wies – der Grund lag in der Weltanschauung der Baumeister verborgen und die Bauweise rief, da dieser Grundsatz unbekannt war, stets Unverständnis hervor – wies zum schmal wirkenden umlaufenden Steg, auf dem der Baumeister und sein energetischer Begleiter unterwegs waren.
Aus dem schwarzen, rotlichtern und gleißend weiß umloderten Singularitäts-Kern des ZYNEEGHARS stieg ein Schwarm energetischer Schöpfungshelfer8 empor, die die Baumeister auch bei der Realisierung von Raumquadranten unterstützten. Bis sie mit ihrer Fracht, teilgenormter Materie aus dem Kern der Singularität, das aufgleitende Schott passiert hatten, schwieg Garas. Danach erst setzte er die Unterhaltung fort.
Der Baumeister bestätigte sehr gelassen die Vermutung des SENSORS. In Baumeisterkreisen konnte Kleines´ Herkunft offenbar schon lange kein Geheimnis mehr sein. Dass der BOTE selbst davon wusste, musste man indes eher anzweifeln. Vermutlich hatten die Lichtmächte Kleines´ diesbezügliche Erinnerung gelöscht.
Ja, es wurde erwartet. Die Troohns ließen sich damit mehr Zeit, als wir dachten, und sie waren äußerst gründlich. Aber schließlich kam Tuwihry, und sie MUSSTEN zuschlagen. Der Plan ging auf.
Die bloße Vorstellung, dass die Baumeister Klivies Kleines´ Entführung GEPLANT hatten, dass sie die Millionen Toten von Tuwihry billigend in Kauf genommen hatten, grenzte dessen ungeachtet an ein Verbrechen. Es war schlicht ungeheuerlich.
Allein der Tatsache, dass der SENSOR kein gut ausgeprägtes moralisches Bewusstsein besaß, war es zu verdanken, dass er keine Vorhaltungen machte. Es hätte wahrscheinlich auch seine sofortige Auslöschung bedeutet. Baumeister reagierten in dieser Beziehung sehr sensibel auf Kritik.
#ich verstehe, dass es euer bestreben war, kleines in die gewalt des feindes gelangen zu lassen#, gab der Formenergiewurm zu. #aber mir geht der sinn dieser maßnahme noch ab. bekanntlich ist nie eine expeditionsgruppe aus dem feindbereich zurückgekehrt. Insgesamt 292 ZYNEEGHARE und mehr als eine halbe million schiffe …#
Garas unterbrach ihn, bevor der SENSOR die Liste der Verluste der alliierten Streitkräfte Oki Stanwers gegen das Terrorimperium aus den zurückliegenden Jahrhunderten vervollständigen konnte. Du brauchst keine Allgemeinplätze zu wiederholen, ich kenne die Zahlen der Verluste. Die Verluste der letzten Tage hingegen waren wohl kalkuliert. Und natürlich sind die Troohns und TOTAM derselben Ansicht wie du. Dass wir eine strategische, enorme Niederlage erlitten haben und einen unglaublichen Blutzoll.
Das ist Absicht.
Siehst du, fuhr der Baumeister nach einer Weile des nachdenklichen Schweigens fort, der größte Trumpf TOTAMs ist natürlich seine Verborgenheit. Niemand von uns kann auf Distanzen von Millionen Lichtjahren TOTAM lokalisieren … aber was wäre wohl, wenn wir nur noch eine fragliche Distanz von einigen Dutzend Lichtjahren zu durchsuchen hätten? Meinst du nicht, dass wir dann erfolgreich sein könnten? Sehr schnell erfolgreich?
#wahrscheinlich schon#, gestand der SENSOR ein.
Eine Ahnung erwachte in seinen energetischen Neuronen.
Dies also ist der finale Plan, gab Garas nun bekannt: Kleines wird, davon gehen alle Hochrechnungen aus, nicht nur zu einer zentralen Welt der Troohns gebracht werden, sondern nach TOTAM selbst. Dort oder in der direkten Umgebung wird unausweichlich eine Überladung mit TOTAM-Energie stattfinden, damit Kleines von den letzten Resten der Primärenergieüberladung gereinigt werden kann. Dies jedoch wird eine deutlich messbare Schwingung von Primärenergie auslösen, die durchs gesamte Universum spürbar ist.
Wider Willen war der SENSOR von der Weitläufigkeit und Präzision dieses Planes beeindruckt. Jetzt war das Verständnis vollständig. #und ihr lokalisiert auf diese weise TOTAM!#
Exakt. Was bedeutet, dass wir endlich das ultimative ZIEL vor Augen haben. Dann kann der PLAN FINALE starten, für den wir schon seit Jahrhunderten Streitkräfte zusammenziehen.
Sage mir selbst: wenn Tuwihry ein Ende des ewigen Krieges gegen die Troohns möglich machte und in unmittelbare Nähe rückte, wäre dies dann den Preis nicht wert, den wir gezahlt haben? Ich denke doch. Jede Familie wäre stolz darauf, dass ihre Söhne und Töchter Teil jenes ultimaten Opfers wurden, mit deren Hilfe der Krieg beendet wurde. Sie werden uns nicht verfluchen, sondern uns danken.
Und da die Troohns exakt so gehandelt haben, wie wir ausrechneten – und sie zweifelsohne der Ansicht sind, dass wir sie nicht verfolgen können, weil wir das nie erfolgreich getan haben … deshalb wird dieser Plan von Erfolg gekrönt sein.
#und coshtuur?#
Was soll mit ihm sein?
Der SENSOR konkretisierte seine Bemerkung. Dieser Punkt schien ihm noch ungeklärt zu sein. #nun, es ist doch auffällig, dass er als einziges mitglied des alli-korps sowohl eine primärenergetische entladung in nächster nähe als auch eine offensichtlich entropische schockwellenfront überlebt hat, die durch die sich selbst atomisierenden xesroy ausgelöst wurde … die wahrscheinlichkeit, dass zufällig ein alli solche gewalten übersteht …#
Garas lachte. Ja, wahrlich, er lachte!
#was ist daran so komisch?#
Ich bin froh, dass du kein Alli bist, SENSOR, gab der Baumeister freimütig zu. Sehr froh. Ein Alli hätte mich sicherlich zu töten versucht angesichts der von dir angestellten Vermutungen, denn sie sind zutreffend.
#coshtuurs einsatz war ebenfalls teil des plans?# Das kam jetzt überraschend.
Natürlich. Wir haben seit Jahrhunderten geplant, TOTAM mit Hilfe dieses Langzeitplanes zu lokalisieren, und natürlich brauchten wir dafür Zeugenaussagen. Es ist meinem Kollegen, dem Baumeister Nogon zu verdanken9, dass er auf die Idee kam, ein allisches Gen mutieren zu lassen, und zwar so mutieren zu lassen, dass die Ausprägung später zu einer Stoffwechselinstabilität führen würde. Diese Mutation ist sehr selten, und da sie in verschiedenen Habitaten bei Fruchtbarkeitskontrollen zum Einsatz kam, ist es später schwierig, die Träger dieses mutierten Gens aufzufinden.
Die Ausprägung, die wir brauchen, ist aber unweigerlich so auffällig, dass wir die Träger früher oder später bei den Rekrutentests finden und aussortieren. Sie empfinden das selbstverständlich mehrheitlich als dramatische Einschränkung ihrer patriotischen Pflicht. Wir klären sie nie darüber auf, dass gerade SIE mit ihrer Stoffwechselproblematik dem Licht mehr helfen als eine ganze Legion motivierter Soldaten.
Coshtuur ist einer von etwa zwei Millionen Allis, die im Laufe der letzten zweihundert Jahre gezielt so geschaffen wurden, wie sie für diesen Zweck benötigt wurden – als Berichterstatter für den Fall von Klivies Kleines´ Raub durch die Troohns. Die Stoffwechselkrankheit ist eine Nebenwirkung der weitgehenden Immunisierung gegen entropische Schockwellen, wie wir sie immer erwartet haben.
#hat kleines nie verdacht geschöpft?#
Garas lachte erneut. Bedenke, was du verlangst, SENSOR. Kleines ist ohne Frage ein höchst intelligentes und gefährliches Wesen, ein sehr hilfreiches Werkzeug. Aber was sollte er sehen? Er sah immer nur junge Diplomatenaspiranten, die seinen Dunstkreis bald wieder verließen. Und natürlich blieb ihm die Stoffwechselanomalie verborgen.
Von sich aus redeten die Aspiranten darüber nie, dafür hatten sie viel zu viel Ehrfurcht vor Kleines … und sie befürchteten außerdem wohl, er würde sie als „nicht belastbar genug“ abweisen, wenn sie ihm davon erzählten. Eine realistische Befürchtung, wie mir scheint.
Kleines´ gezielt herbeigeführte Primärenergieüberladung und seine dadurch hervorgerufene Aura hat solche Wünsche in den Aspiranten stets unterdrückt. Auch in Coshtuur. Sie wollten nur in der Nähe dieser euphorisierenden Aura bleiben, und dafür mussten sie ihre genetische Schwachstelle notwendig verschweigen.
Jeder dieser Aspiranten hätte derjenige sein können, der diesen Bericht überbrachte … dass es Coshtuur war, ist ein schlichter Zufall. Entscheidend ist allein, dass der Plan funktionierte. Das ist alles, was du wissen musst. Und ich brauche nicht zu betonen, dass von dieser Unterhaltung nie ein Wort diesen ZYNEEGHAR verlassen wird.
Das war Garas´ letztes Wort in dieser Angelegenheit.
Auf diese Weise wurde das ungeheuerliche Blutopfer von Tuwihry gerechtfertigt, jedenfalls intern. Nach außen hin galt diese Schlacht als ein furchtbares Gemetzel und als eine der grässlichsten Niederlagen des Lichts.
Als bald darauf die massiven Feindattacken gegen die Galaxis Twennar begannen und die Troohn-Kolonnen gegen die bekannten Reiche der Sterneninsel marschierten, da endlich erklang, mit deutlicher Verspätung indes, jener legendäre Impuls von Klivies Kleines´ Umpolung im Reich der Finsternis, klar akzentuiert und in all seinen Streuwellen von mehr als tausendvierhundert ZYNEEGHARE rings um die FRONT angemessen, die diesen Punkt eindeutig ausfindig machten.
Dieser Impuls machte, ganz wie geplant, das finale Angriffsunternehmen endlich möglich, das sich zu einem Wettlauf mit der Generaloffensive der Troohns entwickelte. Aber diese Geschehnisse sind wieder eine andere Geschichte, die eine eigene Darstellung erfordert …
ENDE
© 2005 – 2007 by Uwe Lammers
Für WORLD OF COSMOS formatiert in 3 Teilen am 2. März 2025
Nachformatiert am 6. Oktober 2025
1 Vgl. hierzu auch die Shonta-Abenteuer in der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, begonnen 2003.
2 Wie das aussieht, kann man in der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, begonnen 2003, nachvollziehen, wo MINEURE in Aktion beobachtet werden können.
3 Vgl. TI-Bd. 40: „Schergen des Terrorimperiums“, 2006 (noch nicht als E-Book veröffentlicht).
4 Vgl. TI-Bd. 40: „Schergen des Terrorimperiums“, 2006.
5 Vgl. dazu die TI-Bde. 2: „Das ausgeplünderte System“ und 3: „Vhentars Schicksal“, beide 2003.
6 Vgl. dazu die TI-Bde. 32: „Krisenherd Xoor’con“ und 33: „Sturz ins Stahlherz“, beide 2005.
7 Vgl. zu Klivies Kleines´ Vorgeschichte den Roman „DER ZATHURAY-KONFLIKT“, 1991.
8 Diese Helfer kann man beispielsweise in Aktion erleben in OSM-Ebene 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (1983-1998), Bd. 85: „Pfadfinder in der Urzeit“, 1996 (OSM-Band 1054).
9 Mehr über den Baumeister Nogon ist in der OSM-Serie 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), begonnen 2003, zu erfahren.