Comicbesprechung von Roland Triankowski
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Ich mag Perry Rhodan, ich mag Comics und ich mag Kinderbücher – beste Voraussetzungen also, dass mir der Perry-Rhodan-Kindercomic “Der kleine Perry” besonders gut gefällt. Mit entsprechender Vorfreude hatte ich dem Erscheinungsdatum entgegengefiebert, seit die erste Ankündigung durchs Netz geschwirrt war. Zumal hinter dem Projekt Olaf Brill und Michael Vogt stecken, die ich bereits von ihrem wunderbar skurrilen Robotermärchen-Comic “Ein seltsamer Tag” kenne und über alle Maßen schätze.
Inzwischen liegt “Der kleine Perry” vor und ich hatte ausreichend Gelegenheit, mich von seiner Qualität zu überzeugen. Im Folgenden will ich versuchen, mein Urteil in Worte zu fassen. Doch zunächst einmal zum Inhalt.
Perry startet wieder einmal durch
Wäre hier eine Spoilerwarnung angebracht? Ich bin mir nicht sicher, zumindest dürften die Grundzüge der Handlung allen Perry-Rhodan-Fans wohlbekannt sein, denn “Der kleine Perry” ist im Grunde eine Neuerzählung der klassischen Geschichte der ersten Heftromane – allerdings mit einem ganz besonderen Dreh. Nicht nur einem, will ich hinzufügen. Und diese neuartigen Verknüpfungen und Interpretationen alter Handlungsstränge sind durchaus überraschend.
Um für die angepeilte Zielgruppe als Identifikationsfigur dienen zu können, tritt Perry Rhodan hier als kleiner Junge auf, der sich zusammen mit seinem ungewöhnlichen Haustier Gucky zum Startplatz der Mondrakete “Stardust” aufmacht. Seine Mutter ist die Konstrukteurin des Raumschiffs und als großer Weltraum- und Raumfahrtfan möchte er gern den Start verfolgen – hätte die Rakete am liebsten aber noch einmal von innen gesehen. Aus heiterem Himmel – und zu diesem Zeitpunkt noch unerklärlich – erfüllt sich dieser Wunsch.
Natürlich erfolgt der Start just in dem Moment, in dem der kleine Perry und Gucky an Bord sind. Sie sind auf dem Flug zum Mond also dabei. Die reguläre Besatzung besteht aus den (erwachsenen) Astronautinnen und Astronauten Reginald Bull, Ras Tschubai, einer gendergeswappten Dr. Manoli und Dr. Hamilton. Die ersten drei sind Variationen von Romanfiguren aus der Originalserie, letztere ist eine Hommage an die gleichnamige Informatikerin, die die Steuersoftware der realen Apollo 11 Mission programmiert hat.
Kurz vor Erreichen des Erdtrabanten wird die Stardust durch einen geheimnisvollen Energiestrahl scheinbar attackiert und muss notlanden. Dort findet man das ebenfalls notgelandete Raumschiff der außerirdischen Arkoniden vor. Die Geschichte des ersten Kontakts zwischen Menschen und Aliens folgt also der Romanvorlage.
Spätestens jetzt beschreitet “Der kleine Perry” aber eigene Pfade. Perry und Gucky sind zunächst auf eigene Faust in dem Arkonidenraumschiff unterwegs und treffen als erstes auf – die ebenfalls kleine – Thora und kurz danach auf ihren Vater Crest. Die beiden Arkoniden sind allein auf dem vollautomatisierten Forschungsschiff unterwegs, hatten aber ein ähnliches Malheur wie die Stardust.
Reginald Bull verhält sich zunächst etwas aggressiver, er vermutet, dass der Angriff von den Arkoniden kam und droht, mit der Bewaffnung der Stardust anzugreifen. Perry und Thora tragen jedoch schnell zur Befriedung der Situation bei. Crest versichert, als unbewaffneter Forscher unschuldig zu sein und erläutert die eigentliche Mission der Arkoniden.
Und zwar sei man auf der Suche nach einem wandernden Planeten, der von einem hochentwickelten Geistwesen bewohnt sei und die Arkoniden vor langer Zeit besucht habe. Man beschließt, sich gegenseitig zu helfen und die Suche gemeinsam fortzusetzen. Dabei stellt sich heraus, dass eben jenes Geistwesen längst vor Ort und für die Havarie der Stardust sowie der Arkoniden verantwortlich ist.
Das Wesen offenbart sich Perry, Thora und den anderen und fordert sie zur Lösung mehrerer Rätsel auf, um sich würdig für die kosmischen Geheimnisse zu erweisen, die es offenbaren kann. Und so machen sich die Freunde – allen voran die kindlichen Helden – an die Aufgaben und lösen sie selbstverständlich mit Bravour. Die folgenden Abenteuer führen sie kreuz und quer durchs Sonnensystem, bis sie schließlich den Wanderplaneten erreichen und über die kosmischen Zusammenhänge zwischen dem Geistwesen sowie Guckys Herkunft und Fähigkeiten aufgeklärt werden. Als Belohnung gibt’s für alle ein kleines biologisches Upgrade: die Freunde können von nun an alle Sprachen verstehen und müssen kaum Beeinträchtigungen auf anderen Planeten fürchten. Zudem werden die Erwachsenen auf Kindesalter verjüngt, sodass sie allesamt auf Augenhöhe ins nächste kosmische Abenteuer aufbrechen können.
Worum es dabei geht, werden wir jedoch erst im zweiten Band erfahren, der bereits in Planung ist.
Gelungene Verjüngungskur
Wie bereits angedeutet hat mich “Der kleine Perry” schwer begeistert. Angefangen mit den wunderbaren Zeichnungen von Michael Vogt, die der munteren Geschichte ordentlich Leben einhauchen. Die Panels sind dynamisch und detailverliebt gestaltet und stecken voller Anspielungen und Easter-Eggs für Rhodan- und Science-Fiction-Fans. So spielt der kleine Perry anfangs mit Tintins Mondrakete, marsianische Statuen erinnern stark an eine gewisse Looney-Tunes-Figur und man entdeckt in etlichen Bildhintergründen zahlreiche aus der Perry-Rhodan-Serie bekannte Aliens und Raumschifftypen.
Das alles ist Folge der hervorragenden Zusammenarbeit von Zeichner und Autor, denn diese Detail- und Zitierfreude ist auch in der Handlung zu erkennen. Ich finde, es gelingt sehr gut, etliche Elemente der Originalserie kindgerecht umzudeuten. So wird aus Perrys legendär schneller Auffassungs- und Reaktionsgabe ein Wortschwall ohne Punkt und Komma, mit dem er als erster eine knifflige Situation durchschaut. Es gelingt, die Friedens- und Verständigungsbotschaft der alten Heftromane ohne Bezug zum Kalten Krieg zu vermitteln und aus dem Versprechen der Unsterblichkeit wird eine Verjüngungskur für die Erwachsenen.
Am besten hat mir aber die Neuinterpretation des Kosmischen Rätsels und die hier vorgenommene Verknüpfung der Superintelligenz ES mit dem Schicksal der Mausbiber gefallen. Das ist eine richtig clevere Idee, ich mag so etwas.
Da mein eigener Nachwuchs längst der avisierten Zielgruppe entwachsen ist, kann ich leider keine Aussage darüber machen, wie gut “Der kleine Perry” für Kinder funktioniert. Ich jedenfalls freue mich außerordentlich auf den zweiten Band und wünsche dieser Variation unseres kosmischen Lieblingshelden noch zahlreiche Abenteuer.
Der kleine Perry – die Eckdaten
- “Der kleine Perry 1: Das Geheimnis des Wanderplaneten” von Olaf Brill (Text) und Michael Vogt (Zeichnungen)
- ISBN: 978-3-551-76017-3
- Preis (Hardcover): 16,- €
- Carlsen Verlag, Hamburg 2023
- Altersempfehlung: ab 8 Jahre
- “Der kleine Perry” beim Carlsen Verlag