Ein Perry-Rhodan-Hintergrundartikel von Roland Triankowski
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Ein weiser alter Perry-Rhodan-Fan sagte einmal: Es gibt keine Widersprüche in der Handlung, es gibt nur Geschichten, die noch nicht erzählt worden sind. Und so sind tatsächlich über die Jahrzehnte hinweg etliche vermeintliche Logik-, Plot- und Handlungslöcher von den Autorinnen und Autoren durch einfallsreiche neue Geschichten gestopft worden. Freilich werden gleichzeitig auch immer wieder etliche neue Löcher aufgerissen, aber das soll uns hier nicht stören.
Zeigt her euren Kopfkanon!
In den meisten Fällen sind ohnehin Fandom und Lesendenschaft gefragt, um mit ihrer eigenen Fantasie empfundene oder tatsächliche Unstimmigkeiten auszugleichen. Hier kommt das ins Spiel, was gemeinhin Kopfkanon oder Fantheorie genannt wird: eine individuell oder kollektiv erdachte Erklärung für Sachverhalte, die aus dem Originalmaterial höchstens indirekt geschlossen werden kann.
In den Jahrzehnten meiner Fan- und Lesekarriere habe ich mir natürlich auch einen umfangreichen Perry-Rhodan-Kopfkanon zurechtgelegt – und einiges davon sogar in Fanfictions gegossen. Euch geht es sicherlich ähnlich. Ich bin daher neugierig und rufe hiermit auf:
Was sind eure drei liebsten Perry-Rhodan-Fantheorien, seien sie selbst erdacht oder irgendwo aufgeschnappt (dann gern mit Quellenangabe)?
Das darf gern in Form einer Blogparade geschehen (ihr schreibt also in eurem eigenen Blog einen Artikel dazu und verlinkt hierher – wir verlinken natürlich zurück) oder ihr kommentiert einfach hier drunter oder ihr reicht für das nächste WoC einen eigenen Artikel zum Thema ein. Es müssen selbstredend auch nicht dero drei sein, eine genügt vollkommen – und wenn ihr fünf am Start habt, immer her damit! Ich bin gespannt auf eure Theorien, hier sind meine:
Positronik: ein Scherz von Crest
Wie die meisten anderen SF-Veteranen habe auch ich den Begriff “Positronik” die meiste Zeit nie groß hinterfragt. Immerhin ist er auf dem Mist des unfehlbaren Asimov gewachsen, bei Perry Rhodan wird schon seit 1961 mit den Dingern gerechnet und selbst Lieutenant Commander Data hat eine in seinem Schädel. Aber wenn man dann doch mal drüber nachdenkt, fragt man sich schnell: Was soll das eigentlich sein? Dasselbe wie Elektronik, nur dass da Positronen – also Antimaterieteilchen – durch die Leitungen flitzen? Und was soll das bringen, außer einen unfassbaren Aufwand, um diese Positronen an der sofortigen Zerstrahlung zu hindern?
Ich bin sicher, dass es vermutlich in mehreren kanonischen Perry-Rhodan-Romanen Erklärungen gibt, was genau die Positronen in einer Positronik anstellen. Wenn man es sich einfach machen will, erklärt man das Wort schlicht zu einem Teekesselchen und behauptet, dass Positronen in der Teilchenphysik etwas anderes sind, als in der Informatik. Schließlich kommen Protonen auch in Biologie und Medizin vor und bezeichnen dort etwas anderes als in der Physik.
Mir kam vor einer Weile aber eine ganz andere Idee. Woher wissen denn die Terraner, dass die arkonidischen Rechner “Positronik” heißen? Das hat ihnen Crest erzählt. Und welche Sprache hat er dabei benutzt? Größtenteils englisch, damit hat er schließlich auch Perry und Bully als erstes begrüßt. Es ist ebenfalls bekannt, dass sich der alte Arkonide sehr intensiv mit der irdischen Kultur beschäftigt hat, woher auch seine Begeisterung für die Menschen stammt.
Ich behaupte daher folgendes: Im ursprünglichen Satron heißen die Rechner ganz anders, vermutlich schlicht “Rechner” oder “Denkmaschine” oder ähnliches. Als Crest die englische Sprache lernte, hielt er das Wort “Computer” als Übersetzung für unpassend, da all das, was 1971 unter diesem Begriff auf der Erde existierte, so gar nichts mit den Rechenmaschinen der Arkoniden zu tun hatte. Also bediente er sich bei der Fiktion und fand in den Werken von Asimov und Co. das Wort “Positronik”. Ich denke, es entspricht seinem Humor, dass er diesen Begriff als Übersetzung wählte und ihn stets verwendete, wenn er englisch sprach. “Positronik” gehörte dann schließlich zu einem der ersten englischen Begriffe, der in das moderne Interkosmo einging und das ursprüngliche Satron-Wort verdrängte.
Lemurer: von der Insel direkt ins Sternenreich
Die Idee, dass die Menschheit vor langer Zeit schon einmal eine weltraumfahrende Hochkultur war, ist eines der zahlreichen reizvollen Elemente der Perry-Rhodan-Serie – wenn man sie denn als rein fiktionales Konzept betrachtet und nicht als geschwurbelte bare Münze nimmt. Aber das macht ja ohnehin niemand von uns.
Dennoch ist die Idee der “Ersten Menschheit” auch in der inneren Logik des Perryversums erklärungsbedürftig, da seine Historie bis ins 20. Jahrhundert der unseren doch sehr gleichen soll. Auch hier wurden nie irgendwelche archäologischen Hinweise gefunden und selbst nach dem ersten Kontakt mit den menschlichen Arkoniden hatte man bis ins 25. Jahrhundert keinen blassen Schimmer von den 50.000 Jahren zuvor ausgestorbenen Lemurern. (Was zu diskutieren wäre, da ich mir nicht vorstellen kann, dass irdische Genetiker und akonische Historiker das alles nicht längst wussten oder wenigstens ahnten.)
Die Serie selbst beantwortet die Frage mit dem Vernichtungskrieg der Bestien, der alle Spuren des Lemurischen Sternenreichs restlos von der Erde und aus der Milchstraße getilgt hat. Ich möchte dem noch einen weiteren Gedanken hinzufügen, der zudem erklären kann, warum die Lemurische Kultur so homogen erscheint und wieso die “Ersten Menschen” offenbar allesamt körperliche Besonderheiten aufwiesen, die Terraner nicht haben – lemurische Nachfahren wie Tefroder, Akonen und Arkoniden aber schon. Allem voran sei hier die “Paradrüse” im Gehirn genannt.
Meine These ist, dass sich die Lemurer – also die Bewohner des Kontinents Lemuria und ihre Kultur – nie über die Erde ausgebreitet haben, jedenfalls nicht in der Form, dass sie auf den anderen Kontinenten gesiedelt und die dortigen Menschen verdrängt hätten. Einzige Ausnahme dürfte der Kontinent Atlantis gewesen sein, wo es vor 50.000 Jahren keine indigene Bevölkerung gegeben hat. Die Gründe mögen vielfältig gewesen sein: Lemuria war womöglich lange Zeit groß genug, sodass eine Expansion nicht notwendig war. Vielleicht kannte die Lemurische Kultur auch aus religiösen oder anderen Gründen eine Art Erste Direktive, wonach andere Menschenkulturen in ihrer natürlichen Entwicklung nicht beeinflusst werden durften. Oder die Lemurer waren durch ihre lange Isolation auf ihrem Kontinent sehr anfällig gegenüber harmlosen Krankheiten der Menschen in Asien, Afrika und Australien, weswegen sie den Kontakt auch nach der Entwicklung ihrer Hochkultur gemieden haben.
Als raumfahrende Zivilisation richtete sich ihr Expansionsdrang schließlich zu den Sternen – aber auch dort neigten sie dazu, nur “punktuell” auf Planeten zu siedeln und sie nie “in Gänze” zu erschließen. Womöglich auch ein Grund, warum es den Bestien so leicht fiel, überall ihre Spuren auszulöschen – und warum auch die Kulturen ihrer Nachfahren meist sehr homogen und statisch erscheinen.
Auch hier bin ich sicher, dass die Perry-Rhodan-Serie an etlichen Stellen meinen Überlegungen widerspricht. Ich halte sie jedoch für schlüssig genug, um sie in meinem Kopfkanon zu bewahren.
Perrymandering: warum Perry Rhodan immer wieder zum Administrator des Solaren Imperiums gewählt wurde
Mit der Idee, dass der unsterbliche Titelheld der Serie unbedingt auch der dauerhafte Staats- und Regierungschef der Menschheit sein musste, haben sich die Autoren (ja, damals waren es nur Kerle, Marianne Sydow kam erst nach dem Ende des Solaren Imperiums dazu) durchaus ein Ei ins Nest gelegt – zumal der Sternenstaat der Menschheit trotz seiner martialischen Bezeichnung (zum Imperiumsbegriff vielleicht an anderer Stelle mehr) ausdrücklich eine freiheitliche Demokratie und ein Rechtsstaat sein sollte. Hinzu kommt, dass die Herren, wenn sie denn mal demokratische und politische Prozesse beschrieben haben, nicht gerade geschickt vorgegangen sind. Politische Gegner des Helden waren grundsätzlich Schwerverbrecher, die entsprechend zu behandeln waren.
In der Perrypedia ist zu Recht angemerkt, dass die dokumentierte Handlung nur einen Bruchteil der 1.500 Jahre beschreibt, in denen das Solare Imperium existiert hat. Es wäre daher ein legitimer Kopfkanon anzunehmen, dass in den nicht beschriebenen Jahren oft auch andere als Rhodan den Posten des Ersten Administrators oder später Großadministrators innehatten. Dagegen spricht aber vermutlich, dass in der Serie oft von der ununterbrochenen Regentschaft Rhodans die Rede ist. Bin ich mir jedenfalls ziemlich sicher.
Gehen wir also davon aus, dass Rhodan immer und immer wiedergewählt wurde – und das Imperium dennoch ein demokratischer Staat war. Wie hätte das funktionieren können?
Nun, eine Antwort hat niemand geringeres als Klaus Frick bereits vor Jahrzehnten gegeben: Man stelle sich eine Wahl vor, bei der der eine Kandidat eine unsterbliche real existierende Sagengestalt ist – und die anderen Kandidierenden irgendwelche Heinis. Damit ist ein Großteil der Frage vermutlich beantwortet. Aber noch nicht alles, zumal das auf Stabilität bedachte Imperium hier nichts dem Zufall überlassen hat.
Eine weitere Antwort kann man den Romanen selbst entnehmen: mindestens einmal wird eine Verfassungsänderung beschrieben, die großen Teilen der Bevölkerung das Wahlrecht für den Großadministrator entzogen hat. Glaubt ihr nicht? Ich zitiere aus der Perrypedia: “30. April 2930 – Die Verfassungsänderung des Solaren Imperiums tritt in Kraft. Aufgrund der Vielzahl der abfallenden Kolonien und autarken Systeme sind nur noch die Menschen des Solsystems zur Wahl des Großadministrators berechtigt. Ferner wird der Amtsträger nicht mehr vom Solaren Parlament sondern direkt von den Menschen Terras gewählt.” Es war also ausdrückliche Doktrin – zumindest in dieser Phase des Imperiums – für eine stabile Regierung auf der obersten Verwaltungsebene zu sorgen.
Man kann zudem ziemlich sicher sein, dass die Verfassung und das Wahlrecht zwischen den Jahren 1990 und 3499 mehrfach geändert und angepasst wurden, was ja auch in der Realität völlig normal wäre. Ich gehe zum Beispiel davon aus, dass die Gesellschaft und politische Landschaft der geeinten Menschheit kurz nach Gründung des Imperiums noch nicht sonderlich homogen waren. In “Perry Rhodan: Das größte Abenteuer” wird zum Beispiel Fidel Castro als Vertreter des Bundestaats Kuba erwähnt – wie demokratisch der an dieses Mandat gekommen ist, lasse ich mal dahingestellt. In den ersten 50 Jahren ist die Regierung des Solaren Imperiums daher möglicherweise wie die Europäische Kommission heute bestimmt worden, nämlich nach Absprache der Vertreterinnen und Vertreter der Bundesstaaten.
In späteren Verfassungen wird es dann mal eine Wahl durch das Parlament, mal eine Direktwahl und mal eine Wahlleute-Lösung wie in den USA gewesen sein, mal hat man auf das Mehrheitswahlrecht und mal auf das Verhältniswahlrecht gesetzt. Auch die Länge der Wahlperioden wird nicht immer gleich gewesen sein. Bei der deutlich verlängerten Lebenserwartung aller Menschen in späteren Jahrhunderten hielte ich eine Legislaturperiode von zehn Jahren nicht für ungewöhnlich. Schließlich wird Perry bei den meisten Urnengängen gar keinen Gegenkandidierenden – oder nur irgendwelche Spaßpartei-Witzbolde – gehabt haben.
Nun wird es aber mit Sicherheit nicht zu jeder Wahl eine Verfassungsänderung gegeben haben. Hier käme meine Idee des “Perrymandering” ins Spiel. Schon mal von Gerrymandering gehört? Lest euch bei Interesse den Wikipediaartikel zu dem Stichwort durch, ist spannend. Kurz gesagt, geht es darum, in einem Mehrheitswahlrecht die Wahlkreise so zuzuschneiden, dass das gewünschte Ergebnis wahrscheinlicher wird. Klingt jetzt auch nicht sonderlich demokratisch, mit der zur Verfügung stehenden KI-Unterstützung und dem langen Atem der Akteure wird das im Perryversum aber verhältnismäßig subtil umsetzbar gewesen sein.
Meine eigentliche These wäre in diesem Zusammenhang ohnehin die: Das Solare Imperium war zu allen Zeiten und auf allen Ebenen eine rechtsstaatliche Demokratie (von den oben angedeuteten Übergangsjahrzehnten zu Beginn einmal abgesehen) – auf der obersten Verwaltungs- und Regierungsebene überwog allerdings von Anfang an eine Stabilitäts-Doktrin, die ohne großes Zutun der Akteure fast automatisch alles dafür tat, dass eben jene Regierung stabil blieb.
Ich merke schon, man kriegt bei diesem Gedankengang keine allzu befriedigende Kurve mehr. Nehmen wir daher abschließend zur Kenntnis, dass das Solare Imperium längst Geschichte ist und seine Rechtsnachfolger auch auf oberster Ebene stets wesentlich demokratischer daherkamen.
Ihr seid gefragt
Aber nun seid ihr an der Reihe! Zeigt her euren Kopfkanon! Bringt mir eure Fantheorien! Und nehmt meine Überlegungen gern schonungslos auseinander! Ich freu mich drauf.
Weitere Fantheorien
Inzwischen hat die PR-Fantheorien-Sparte Zuwachs erfahren:
- Noch mehr Perry Rhodan Fantheorien von Torben Kneesch
- Perry Rhodan Fantheorien: Die Gehirnodyssee war eine Zeitreise von Torben Kneesch
Tiff
10. Dezember 2023 — 15:50
Hallo, Roland.
Es gibt Fantheorien zu Perry Rhodan? o_O Das war mir zuvor nicht bewusst gewesen.
So spontan fallen mir dann auch keine ein, außer dass die Autoren der Serie der letzten zehn Jahre sehr wenig von Taktik, Strategie und Technologie verstehen.
Ich meine, wo ist der Unterschied, ob manmit der RA direkt per Richtfunk kommuniziert, zum Aussenden einer Sonde, welche die Situation erfassen soll, und dies tut, indem sie mit einem SERUN permanenten Funkkontakt hält? In beiden Fällen hat man eine sichere Verbindung, die nur durch den Energieverbrauch geortet oder entdeckt werden kann, wenn man durch den Richtstrahl durchläuft, und dann auch nur von hochgezüchteter Sicherheitstechnik?
Na, vielleicht gibt es mal von mir einen zweiten Artikel zum Thema.
Aber zu Deinen drei Theorien. Fangen wir bei der letzten an. Perry wurde ohne Unterbrechung für tausendvierhundert Jahre ständig zum Großadministrator gewählt.
Klar. Ist scheiße. Schöner wäre es gewesen, er wäre zwischendurch hier und da mal abgewählt worden, um sich dann die Position demokratisch wiederzuerstreiten. Aber es ist halt so geschrieben worden, und hier tritt das Rollenspielgesetz ein. Scheer hat’s so gesagt, also ist es einfach so. Er hat schlicht und einfach so um die dreihundert Wahlen gewonnen, und das am Stück. Es kann manchmal so einfach sein.
Was die zweite Theorie betrifft, denke ich, hat Scheer das schon schön erklärt. Nämlich dass die Lemurer sich auf die Küsten während der Eiszeit beschränkt haben, von Lemuria mal abgesehen. Davon ist ein Großteil versunken. Und wenn wir dann noch bedenken, was ES mit den im Sternozean “stationierten” Motana gemacht hat. Eine Manipulation der Lemurer liegt hier nahe.
Möglich ist aber auch, da die Erde das Zentrum der Tamane der Lemurer war, dass das Leben auf ebendieser nach der Besiedlung etlicher weiterer Welten ein Privileg wurde und man deshalb als Lemurer nur schwerlich die Erlaubnis bekommen konnte, dies zu tun. Wozu auch? Es gab 123 Tamanien, mehr als genug Lebensraum, und das nicht schlechter als auf der Erde. Deshalb konnten sich die Lemurer auf Lemuria beschränken. Oder entsprechende Spuren der Besiedlung zurückbauen, was ich auch für plausibel halte. Sie haben reduziert, um das Argument des “Platzes” zu konterkarieren. Das ist mein zweitbester Shot zum Thema.
Last but not least Crests Positroniken. Zuerst hatte ich hier absolut keine Idee einer möglichen Lösung. Aber dann drängte sich mir auch hier eine Erkenntnis auf. Die Arkoniden stehen ja anfangs total auf ihre stabile, unveränderliche Technologie, und Neues ist ihnen eigentlich zuwider, sodass es Kunst und neue Forschungen so bei ihnen überhaupt nicht gibt. (Seien wir ehrlich. Auch die Fiktivschirmkunst ist wahrscheinlich so sehr von Überschneidungen durchsetzt nach zwei-, dreitausend Jahren, dass es hier auch Plagiatsklagen zuhauf gibt.) Daher liegt der Gedanke nahe, dass die Mistdinger gar keine Positroniken sind, sondern schlicht und einfach vor zehntausend Jahren so benannt wurden, und die faulen Albinos haben den Namen aus Sturheit einfach so behalten.
Das waren meine Gedanken dazu. Sorry, wie gesagt keine Verschwörungen von mir. Da fällt mir gerade absolut nichts ein.
Viele Grüße,
Tiff
Roland
14. Dezember 2023 — 16:22
Ähm … es gibt seit 1961 Perry-Rhodan-Fans – also gibt es seitdem auch PR-Fantheorien. Fans machen sich Gedanken, interpretieren das Gelesene und füllen im Geiste etwaige Lücken. Ob man das nun Fantheorie, Kopfkanon oder sonstwie nennt spielt doch keine Rolle. Ich meine, Du selbst hast doch den ganzen Kopf voll davon – und setzt dann halt vieles in Form von Fanfiction um. Was bei mir die hidden agenda von Homer G. Adams war, ist bei Dir ES’ Plan, alle sterbenden Terraner in sich aufzunehmen.
Außerdem geht es dabei ja nicht zwingend um “Fehler” in der Handlung. Da habe ich mich womöglich missverständlich ausgedrückt. Die genannten Beispiele sollen keine dezidierten Plotlöcher sein – vielmehr Dinge, die zumindest für mich weiterer Erklärung bedürfen. Und die Erklärungen, die ich mir selbst zurechtgelegt habe, liegen hiermit vor.
senex
13. Dezember 2023 — 16:17
Also, Tiff, das würde ich so nicht sagen. Erinnere Dicn an unsere Diskussion, als ich behauptet habe, das Solare Imperium habe die Regierungsform der Militärdiktatur direkt von der Dritten Macht übernommen.
Roland T. schlägt hier nun eine subtilere Version vor, aber ich meine immer noch, dass selbst die Bezeichnung ‘Imperium’ für sich spricht. Und wir kennen doch nur die ‘offizielle’ Geschichtsschreibung, die eben aus Andersdenkenden Verbrecher macht. Nicht das erste Mal in der Geschichte der Menschheit.
Oder meine Meinung, dass die dritte Macht und das das Sol. Imp. der ersten paar hundert Jahre ziemlich sexistisch sind. Warum soll denn THORA den Raum verlassen, wenn ein Topsider die Uniform ausziehen muss? Hallo? Topsider sind Echsen – und Thora hat vermutlich schon mehr von der Sorte gesehen, als Rhodan zählen kann. Mit oder ohne Uniform.
Roland
14. Dezember 2023 — 16:58
Sind natürlich immer zwei Perspektiven: jene der Autoren (lange Zeit waren es ja nur Kerle) und die der inneren Logik. In der ersteren Perspektive war PR in den ersten Jahrzehnten sehr sexistisch, autoritär und hastenichgesehen. Da gibt es keine zwei Meinungen.
In der Perspektive der inneren Logik will ich es mir schon gern so zurechtbiegen, dass die Helden immer guten Willens waren und sind.
Der Imperiumsbegriff ist in der Tat vielsagend und spannend gleichermaßen. Das Thema wollte ich mir wie gesagt noch einmal gesondert vornehmen. In der Vergangenheit hatte ich mir schon einmal ein paar Gedanken dazu gemacht. Bislang nur grob ausformuliert in einem Kommentar zu einer Podcastsendung. Ich zitiere mich mal selbst:
“Besonders spannend fand ich eure kurze Diskussion über den Imperiums-Begriff. Die These, dass er zumindest in der Popkultur erst seit Star Wars negativ besetzt ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Ich würde – ohne größere Recherche – behaupten, dass er in der SF der 60er-Jahre die durchaus übliche und erst einmal neutrale Bezeichnung für ein (menschliches) Sternenreich war. Bei Dune leben sie in einem Imperium, Asimov benutzt den Begriff und die Liste ließe sich sicher ewig weiterführen. Der Wandel zur negativen Besetzung setzt in der (amerikanischen) SF aber vermutlich nur wenig später ein. 1967 stellte Star Trek erstmals der rechtschaffenen Föderation das schurkische Terranische Imperium aus dem Spiegeluniversum gegenüber.
Ob und wie sehr das mit einem generellen (politisch-historischen) Bedeutungswandel einherging, diskutieren wir aber besser ein andermal. (die Pferde zerren schon wieder an meinen Zügeln)
Warum heißt Perrys Staatengebilde jetzt so? Rein sachlich erfüllt es mindestens zwei Eigenschaften eines Imperiums: Es ist ein Vielvölkerstaat (aus menschlicher Sicht) und es ist auf Expansion angelegt. Für die PR-Autoren der 60er Jahre (wir müssen hier wieder einordnen) also eine völlig legitime und in der SF dieser Zeit auch übliche Bezeichnung.
In meinem Kopfkanon kommt jedoch noch folgende In-Universe-Erklärung hinzu. In Heft 13 beschwert sich Thora, dass Perry für seine Scharade gegenüber den Topsidern den arkonidischen Titel “Administrator” verwendet. Daraus schließe ich, dass sich auch im späteren Menschenstaat zumindest die Begriffe am arkonidischen Vorbild orientieren – somit auch der Imperiums-Begriff. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass der offizielle Name nie “Solares Imperium” oder “Solar (Solarian?) Empire”, sondern “Sol’Tussan” war.”
Quelle: https://weltendieb.com/stardust-ruft-terra-nr-50-der-einsame-der-zeit-karl-herbert-scheer/#comment-255
senex
15. Dezember 2023 — 9:16
Ich freue mich schon auf die Diskussion, denn ich sehe den Begriff Imperium eher historisch.
Der letzte Hinweis ist allerdings schlüssig. Eine Debatte über den Begriff Imperium sollten wir wirklich abseits von Perry Rhodan führen.
Roland
15. Dezember 2023 — 9:45
Nun, es ist ja auch ein historischer Begriff. Im Rahmen eines fantastischen Fanzines würde ich die Debatte aber schon ganz gern aus popkultureller Sicht angehen. Wobei es auch hier wieder die beiden Perspektiven sind: Welche Bedeutung hat der Begriff für einen Autoren der 40er/50er/60er Jahre – und welche Bedeutung hat er für die innere Logik der Welt und der Figuren? Bei PR behelfe ich mir wie gesagt damit, dass er eigentlich vom arkonidischen “Tussan” entlehnt ist. Wie es sich bei 40k, Dune, im Spiegeluniversum, bei Asimov etc. pp. verhält, wäre aber zu diskutieren.
Ich schreibe auf jeden Fall bald mal was ausführliches dazu. Für das kommende WoC schaffe ich das leider nicht mehr (ist ja schon fast fertig und erscheint nächste Woche). Aber wir greifen das auf.
(BTW: Dass Perrys erster Staat “Dritte Macht” heißt, finde ich auch im zeitlichen Kontext noch viel problematischer. Mal abgesehen davon, wie das im “Original” eigentlich geklungen hätte – “Third Power”? “Third Force”? Schon als Kind habe ich mich immer über die “drei” gewundert, da in den ersten Heften doch bereits drei Machtblöcke beschrieben werden. Wäre doch mindestens die “Vierte Macht” gewesen. Aber das Fass machen wir besser auch ein andermal auf.)
Oliver
9. Juni 2024 — 16:39
Was die Positronik angeht, so findet man dazu etwas ausgerechnet im Chronofossilienzyklus. Da fliegt ein wirtschaftlich benachteiligter Einheimischer von Erendyra mit mehreren Positroniken herum. Demnach haben Positroniken gar keine Leitungen in ihren Äquivalenten von Chips, sondern in deren Innerem herrscht Vakuum und die Positronen werden mit Energiefeldern bewegt.
Persönliche Fantheorie: Man benutzt Positronen, weil man die Teilchen sowieso erzeugen muss und die nimmt, die anders auf elektrische Felder reagieren.
In der Realität haben sie klar einfach von Asimov abgeschrieben.
Oliver
9. Juni 2024 — 16:56
Fantheorie Lemuria:
Die Lemurer gaben alle Kleinsiedlungen auf und beseitigten sie, weil sie störten, und für die Materialien. Ihnen gingen die Leute aus.
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